P. VERGILI MARONIS GEORGICON LIBER PRIMUS. Quid faciat laetas segetes, quo sidere terram Der Ackerbau. Einleitung, v. 1—42. Lib. I. 1-5. Angabe des vierfachen Gegenstandes, den der Dichter in diesem Lehrgedicht behandelt. Die Anrede an eine bestimmte Person, wie hier an Mäcenas, ist dem didaktischen Gedichte eigenthümlich, ohne Zweifel weil die mitgetheilte Lehre durch die Beziehung auf eine bestimmte Person an Milde des Tones und an Gemüthlichkeit gewinnt. Was veranlasste den Vergil, sich hier gerade an den Mäcenas zu wenden? 1. quo sidere, wann; die Jahreszeiten wurden nach dem Auf- und Untergange der Gestirne gemessen. 2. ulm. adi. vit., s. z. E. 2, 70. 3. qui cult. hab. Sit pec., welche Sorgfalt die Pflege des Viehs erfor 5 Lumina, labentem caelo quae ducitis annum, 8. Chaoniam. Vor dem Anbau des Getreides lebten die Menschen von Baumfrüchten, besonders von Eicheln (daher βαλανηφάγοι genannt), Ovid. Met. I, 106. Die von Chaoniern bewohnte Gegend um Dodona in Epirus war durch ihre heiligen Eichenhaine berühmt. 9. Poc. Achel. Der Achelous, Grenzfluss zwischen Aetolien und Akarnanien, wird genannt, weil Aetolien sich der ersten Mittheilung des Weinstocks rühmte, indem der König Oeneus, wie Apollod. I, 8, 1 sagt: παρὰ Διονύσου φυτὸν ἀμπέλου πρῶτος ἔλαβε. Uebrigens war es allgemeine Sitte der Alten, den Wein mit Wasser gemischt zu trinken, da, wie Plutarch sagt: ἀφαιρεῖ ἡ κρᾶσις τοῦ οἴνου τὸ βλάπτον οὐ συναιροῦσα τὸ χρή dem Willen des Neptun das Pferd hervor, hernach pflanzte dieses sich selbst fort. Neptunus liess in Thessalien durch einen Schlag mit dem Dreizack das erste Pferd aus einem Felsen hervorspringen und hiess als Schöpfer des Pferdes ἵππιος. 14. cultor nemorum. Aristaeus, Sohn des Apollo und der Nymphe Cyrene, ward besonders zu Cea, einer Insel des ägäischen Meeres, als Apollo vouos verehrt, s. G. IV, 315-558. 16. Lycaeus und Maenalus, s. zu E. 10, 15. 18. Tegeaeus von Tegea, einer Stadt Arkadiens. 19. puer monstrator ar. ist Triptolemus, Sohn des eleusinischen Königs Celeus, den die Ceres den Gebrauch des Pfluges lehrte, s. Ovid. Met. V, 642–61. 20. Ueber Silvanus s. zu E. 10, 24. - ab radice, von der Wurzel an, d. i. sammt der Wurzel, vgl. G. I, 319. Sall. Cat. 10, 1: Carthago ab stirpe interüt. Tuque adeo, quem mox quae sint habitura deorum ipse tibi iam bracchia contrahit ardens Scorpios et caeli iusta plus parte relinquit Quidquid eris, nam te nec sperant Tartara regem 24-42. Anrufung des Octavian, den Rom nach seinem Tode als Gott verehren werde. Zur Beantwortung der Frage, durch welche Züge Vergil hier seine enthusiastische Verehrung des Octav. ausgesprochen habe, ist besonders auf velis in v. 26, cingens mat. t. m. in v. 28, auf v. 31, 34-35 und 36-37 zu achten. mox, weil das Menschenleben kurz ist. 25. invisere. Wie E. 5, 46 die Construction vom Subst. zum substantivirten Infin. überging, so findet hier das umgekehrte Verhältniss statt, indem invisere und curam gleichmässig von velis abhängig sind. Man hüte sich urbis für den Gen. zu halten und die Stelle so zu fassen: ob du die Aufsicht über die Stadt Rom wählen willst. Als früherer Römer musste der vergötterte Octav. ohne alles Bedenken sich für diese Aufsicht entscheiden, und Verg. hätte selbst kein Nationalgefühl gehabt oder es dem Octav. gänzlich absprechen wollen, wenn er die Entscheidung des Octav. als zweifelhaft hingestellt hätte. 27. tempestatumque pot., Gebieter der Witterung, vgl. A. I, 80. III, 528. 28. Der Erdkreis bekränzt den Octav. mit der, der Venus heiligen (s. E. 7, 62) Myrte, d. h. die Menschen bekränzen die Bildsäule des zum Gott erhobenen Octav. 30. Das fabelhafte Thule bezeichnet des Meeres äusserste Grenze. 31. Tethys (Tηús), des Oceanus Gemahlin, sucht nach der Sitte des heroischen Zeitalters durch reichliche Mitgift den Octavianus zum Schwiegersohn zu gewinnen. Die in den Olymp erhobenen Heroen pflegten hier Verbindungen mit Göttinnen einzugehen. 32. Sollte Octav. eine Stelle im Zodiacus wünschen, wie sie Jul. Caesar eingenommen hatte (E. 9, 47), so weis't ihm der Dichter einen Platz zwischen dem Skorpion und der Jungfrau (bald Erigone, bald Astraea genannt, E. 4, 6. G. II, 474) an, wohin man später die Wage setzte. Schon zieht der Skorpion die Scheeren, Chelas, ehrfurchtsvoll zurück. tardi menses sind die erschlaffenden Monate (des Sommers), vgl. Manil. II, 202: quum sol adversa per astra Aestivum tardis attollat mensibus an пит. 35. iusta plus parte, d. h. mehr als den zwölften Theil des Thierkreises. 36. sperant. Andere LA. sperent. Nec tibi regnandi veniat tam dira cupido, Vere novo, gelidus canis cum montibus humor Cura sit ac patrios cultusque habitusque locorum 39. Den betreffenden Mythus über den Raub der Proserpina erzählt Ovid. Met. V, 385-571, von dem Vergil hier darin abweicht, dass er das als freiwilligen Entschluss der Göttin hinstellt, wozu sie nach Ovid. durch den Spruch des Jupiter gezwungen war. 41. Ignaros viae, s. Einl. p. 17. 42. Ingredere, wandle voraus, sei aus Mitleid mit dem Landmann mein begleitender Schutzgott. I. Geschäfte vor dem Säen, v. 43-99. 1. Zeit des Pflügens, v. 43-70. 43. canis. Beim Schmelzen des Schnees (gelidus humor) nehmen die Gebirge eine aschgraue, schmutzig-graue Farbe an. 43. bis quae solem. In der Regel pflügten die Römer dreimal des Jahres; doch schwereres Land ward, wenn es den Sommer brach liegen sollte', auch viermal aufgebrochen: im Herbste des vorigen Jahres, in dem darauf folgenden Frühling, im Sommer und zuletzt wieder im Herbste, so dass der Acker zweimal dem Frost und zweimal der Sommerhitze geöffnet war. 49. Illius bezieht sich auf seges. ruperunt, füllen bis zum Brechen. Der bei den Dichtern häufige Gebrauch des Perf. in Erfahrungssätzen (vgl. G. I, 136. 330. 375. cet.) ist durch das Streben der Dichter zu individualisiren veranlasst. 50. At. Der Dichter macht sich selbst den Einwurf, dass sich in Betreff des Pflügens nicht so allgemeine Vorschriften, wie er sie in den letzten Versen ausgesprochen hatte, geben lassen. 52. cultus, die Bearbeitung, habitus, die natürliche Beschaffenheit. Da von einem angekauften Acker (ignotum aequor) die Rede ist, so darf man patrios cultus locorum nicht in dem Sinne von cultus patriorum locorum nehmen (s. z. E. 9, 46), sondern der Alles belebende Dichter schreibt auch dem Acker seinen Stammbaum zu: patrii cultus sind also die Bearbeitungen, welche bereits die Vorfahren des jetzigen Ackers erfahren haben. Hic segetes, illic veniunt felicius uvae, Arborei fetus alibi, atque iniussa virescunt Unde homines nati, durum genus. Ergo age, terrae Et segnem patiere situ durescere campum; 66. maturis sol., mit vollen Sonnengluten, vgl. A. X, 257. 68. Der Arcturus ging in der ersten Hälfte des Septembers auf. suspendere ist Gegensatz von deprimere (v. 45). 2. Stärkung des Bodens, v. 71-93. 71-83. Bei grösserem Landbesitz pflegten die Landwirthe einen Theil ihres Ackers abwechselnd ein Jahr brach liegen zu lassen, damit er durch die Ruhe (situ) neue Kraft gewinne (durescere); bei kleineren Gütern wechselte man mit Hülsenfrucht und Getreide. Hülsenfrucht war jedenfalls besser, als Lein, Hafer und Mohn; denn diese zehren das Land mehr aus; jedoch kann man auch diese nehmen, da bei jeder Abwechselung der Saat dem Acker die Arbeit erleichtert wird, nur muss man alsdann die Kräfte durch Dünger ersetzen. 71. tonsas nov., das Brachfeld nach gewonnener Erndte. 55 60 65 70 |