Die Beziehungen Goethe's zu Spinoza: Vortrag gehalten im Vereine der Literaturfreunde zu Wien

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Hölder, 1878 - 28 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 22 - Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen, Die Sonne stand zum Gruße der Planeten, Bist alsobald und fort und fort gediehen Nach dem Gesetz, wonach du angetreten. So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen, So sagten schon Sibyllen, so Propheten ; Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.
Seite 14 - Was war ein Gott, der nur von außen stieße, Im Kreis das All am Finger laufen ließe! Ihm ziemt's, die Welt im Innern zu bewegen, Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen, So daß, was in Ihm lebt und webt und ist, Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermißt.
Seite 15 - Als gab's einen Gott so im Gehirn, Da, hinter des Menschen alberner Stirn, Der sei viel herrlicher als das Wesen, An dem wir die Breite der Gottheit lesen.
Seite 23 - Es ist ein ewiges Leben Werden und Bewegen in ihr und doch rückt sie nicht weiter. Sie verwandelt sich ewig und ist kein Moment Stillestehen in ihr. Fürs Bleiben hat sie keinen Begriff und ihren Fluch hat sie ans Stillestehen gehängt.
Seite 19 - Man hat mich immer als einen vom Glück besonders Begünstigten gepriesen ; auch will ich mich nicht beklagen und den Gang meines Lebens nicht schelten. Allein im Grunde ist es nichts als Mühe und Arbeit gewesen, und ich kann wohl sagen, daß ich in meinen fünfundsiebzig Jahren keine vier Wochen eigentliches Behagen gehabt. Es war das ewige Wälzen eines Steines, der immer von neuem gehoben sein wollte.
Seite 8 - Nachts, als wir uns schon getrennt und in die Schlafzimmer zurückgezogen hatten, suchte ich ihn nochmals auf. Der Mondschein zitterte über dem breiten Rheine, und wir, am Fenster stehend, schwelgten in der Fülle des Hin- und Wiedergebens, das in jener herrlichen Zeit der Entfaltung so reichlich aufquillt.
Seite 18 - Wer in der Weltgeschichte lebt, Dem Augenblick sollt er sich richten? Wer in die Zeiten schaut und strebt, Nur der ist wert, zu sprechen und zu dichten.
Seite 23 - Erden, In keinem Falle darf es ruhn. Es soll sich regen, schaffend handeln, Erst sich gestalten, dann verwandeln; Nur scheinbar steht's Momente still. Das Ewige regt sich fort in allen : Denn alles muß in Nichts zerfallen, Wenn es im Sein beharren will.
Seite 9 - Dingen' machte mir nicht wohl ; wie konnte mir das Buch eines so herzlich geliebten Freundes willkommen sein, worin ich die These durchgeführt sehen sollte: die Natur verberge Gott. Mußte bei meiner reinen, tiefen, angeborenen und geübten Anschauungsweise, die mich Gott in der Natur, die Natur in Gott zu sehen unverbrüchlich gelehrt hatte, so daß diese Vorstellungsart den Grund meiner ganzen Existenz machte, mußte nicht ein so seltsamer, einseitig-beschränkter Ausspruch mich dem Geiste nach...
Seite 9 - Mußte, bei meiner reinen, tiefen, angebornen und geübten Anschauungsweise, die mich Gott in der Natur, die Natur in » Gott zu sehen unverbrüchlich gelehrt hatte, so daß diese Vorstellungsart den Grund meiner ganzen Existenz machte, mußte nicht ein so seltsamer, einseitig-beschränkter Ausspruch mich dem Geiste nach von dem edelsten Manne, dessen Herz ich verehrend liebte, für ewig entfernen...

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