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und damit für gleichbleibende Umlaufzahl und Spannung. Bei solchen Reglern wird die Kontaktplatte so angeordnet, daß die Kontakte, mit denen die Belastungswiderstände verbunden sind, untereinander parallel ein- oder ausgeschaltet werden, je nachdem der Stromverbrauch sich vermindert oder erhöht.

Das Anwendungsgebiet des Thury-Reglers ist mit den vielen vorbeschriebenen Anordnungen noch keineswegs erschöpft. So ermöglicht er noch, die Stromstärke bei der Reihenschaltung von Bogenlampen gleich zu erhalten, indem er den Magnetstromkreis einer Hauptstrom-Erregermaschine mehr oder weniger in Nebenschluß legt, oder indem er die Bürsten in entsprechenden Grenzen verschiebt. Sodann gestattet er, elektrische Oefen selbsttätig zu regeln und die verwendete Spannung oder Stromstärke gleich zu halten, indem er den Abstand der Ofenelektroden mittels einer Aufhängewinde verringert oder vergrößert. Schließlich kann das Getriebe des Thury-Reglers auch für den Fernantrieb verschiedener Geräte benutzt werden, wobei der Strom durch nur zwei dünne Drähte übertragen wird. Da diese Anwendungsarten jedoch nicht mehr im Rahmen dieser Arbeit liegen, will ich darauf auch nicht weiter eingehen. Beziehen sich sämtliche bisher erwähnten Verwendungen des Thury-Reglers auf Fälle, bei denen die Vorrichtung elektrisch, d. h. mit Hülfe einer als Spannungs-, Strom- oder Wattmesser arbeitenden elektromagnetischen Wage regelt, so ist es auch möglich, daß das Getriebe ohne Schwierigkeit in noch viel mannigfaltigerer Weise ausgenutzt werden kann. Vertauscht man z. B. das elektrische Meßgerät mit einem Geschwindigkeitsmesser, so kann der Regler benutzt werden, um die Umlaufzahl eines mit unregelmäßiger Spannung gespeisten Elektromotors gleichbleibend zu halten. Mittels des Thury-Reglers kann auch der Wind- und Wasserdruck, die Förderhöhe usw. von elektrischen Pumpen, Gebläsen, Kompressoren und dergl. durch Aenderung der Umlaufzahl geregelt werden. In diesem Falle leitet ein Manometer aber nicht ein Kontaktmanometer die Regelung ein. Auch der Inhalt eines Flüssigkeitsbehälters kann mittels eines Schwimmers auf bestimmter Höhe gehalten werden. Kurzum, das Verwendungsgebiet des Thury-Reglers ist tatsächlich äußerst umfangreich.

auch

Ein neuerer, etwa seit dem Jahre 1903 auf dem Markte befindlicher und zur Klasse der mittelbar wirkenden Ausführungen zählender Spannungsregler amerikanischen Ursprunges ist der nach seinem Erfinder benannte Tirrill-Regler. Tirrill hat zwei Bauarten von selbsttätigen Spannungsreglern ausgearbeitet, von denen die eine für Nebenschluß- und gemischt erregte Maschinen bestimmt ist, die andre dagegen zur Spannungsregelung solcher Stromerzeuger dient, die von einer besondern Erregermaschine erregt werden. Der Regler kann ohne jede Abänderung für Gleichstrom- wie für einund mehrphasige Wechselstromerzeuger verwendet werden. Gewöhnlich werden die Tirrill-Regler dazu benutzt, die Spannung an den Sammelschienen von Drehstromkraftwerken gleichbleibend zu halten, doch eignen sie sich zum Gleichhalten der Empfängerspannung, der Leistung, des Leistungsfaktors und des Stromes. Ihr Verwendungsgebiet ist also nicht so umfangreich wie das des ThuryReglers, dagegen wird dieser hinsichtlich der Feinheit und besonders hinsichtlich der Geschwindigkeit der Regelung von dem Tirrill-Regler noch übertroffen. Diese Eigenschaften hat der Tirrill-Regler hauptsächlich dem Umstande zu verdanken, daß er entgegen der Arbeitsweise der bisher besprochenen Reglerarten, die, wenn auch mit noch so großer Schnelligkeit, immer nur ein abgestuftes Zu- und Abschalten von Widerstand, also eine schrittweise fortschreitende Regelung herbeiführen, den gesamten Nebenschlußwiderstand plötzlich auf einmal mittels eines einzigen Kontaktes in einem Bruchteil einer Sekunde in dem Erreger-Nebenschlußstromkreis ein- oder ausschaltet. Da die beweglichen Teile des TirrillGetriebes nur eine sehr geringe Masse haben, so ist diese Vorrichtung imstande, alle an den Klemmen des Stromerzeugers auftretenden Spannungsschwankungen schneller als irgend einer der bisher bekannten mechanischen Regler auszugleichen. Diesem Vorteil gegen den Thury-Regler steht jedoch der Nachteil gegenüber, daß er mit elektrischen

Hülfskontakten arbeitet, die zur Aufrechterhaltung der in allen Fällen unbedingt notwendigen Betriebsicherheit trotz ihrer sorgfältigsten Ausbildung, der Verwendung bestbewährten Materiales und der staubdichten Abschließung der gesamten Reglereinrichtung ständiger Ueberwachung und peinlicher Unterhaltung bedürfen. Allerdings sind bei dem Tirrill-Regler Vorkehrungen getroffen, die einer allzu raschen Abnutzung der Kontakte in wirksamer Weise vorbeugen. Der Tirrill-Regler wird von der General Electric Co., der British Thomson-Houston Co. und von der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft in Berlin gebaut. In der vorliegenden Abhandlung ist die Konstruktion der Allgemeinen Elektricitäts Gesellschaft behandelt, deren Schaltung für die Spannungsregelung einer Dreiphasenstrommaschine in Fig. 60 und deren Konstruktionseinzelheiten in Fig. 61 allgemein schematisch wiedergegeben sind.

Der Tirrill-Regler wirkt, wie schon bemerkt, durch Verändern der Klemmenspannung der Nebenschluß-Erregermaschine bei gleichbleibendem Widerstand im Erregerstromkreise des Stromerzeugers. Der Magnetregler r des Stromerzeugers bleibt hierbei entweder kurzgeschlossen oder wird auf einen gleichbleibenden niedrigen Widerstand eingestellt. Gänzlich fortgelassen kann er indessen nicht werden, da er als Aushülfe oder zum Parallelschalten eines weiteren unbelasteten Stromerzeugers mit einem schon belasteten bei gemeinsamer Erregerstromquelle erforderlich ist. Der Tirrill-Regler wirkt also nicht unmittelbar auf den Erregerstromkreis des Stromerzeugers, sondern nur mittelbar, indem er den Nebenschluß der Erregerdynamo beeinflußt. Das Reglergetriebe befindet sich während seiner Betriebzeit in fortwährender Bewegung, indem ein zum Nebenschlußregler ri der Erregermaschine parallel liegender Kurzschlußkontakt C1, C2 durch einen Hebel a abwechselnd geschlossen und geöffnet wird, der mit 400 bis 1000 Schwingungen in der Minute erzittert. Dadurch wird der im Nebenschlusse der Erregermaschine liegende Widerstand ri andauernd kurzgeschlossen und wieder in den Nebenschluß des Erregers eingeschaltet. Je größer während der Schwingung die Schließzeit gegenüber der Oeffnungsdauer ist, um so größer ist der mittlere Wert des durch den Kontakt fließenden Nebenschlußstromes und um so höher die Klemmenspannung der Erregermaschine. Die Erregerspan

nung wird zwischen einem dem Leerlauf des Stromerzeugers entsprechenden kleinsten und einem bei Vollast erforderlichen höchsten Werte verändert. Für die Wahl der richtigen Reglergröße sind also zuerst diese Grenzen festzulegen, was dadurch geschieht, daß man den Magnetregler kurzschließt, den Stromerzeuger bei Leerlauf und normaler Umlaufzahl auf normale Spannung erregt und die hierfür nötige Erregerspannung mißt. Sodann belastet man den Stromerzeuger mit seiner vollen Leistung und mißt wiederum die Erregerspannung, die der Magnetwicklung des Stromerzeugers zuzuführen ist, um bei normaler Umlaufzahl normale Spannung zu erhalten. Beträgt z. B. die Erregerspannung bei Leerlauf 50 und bei Vollast 90 V, und handelt es sich darum, die Werkspannung gleichbleibend zu halten, so hätte der TirrillRegler die Erregerspannung je nach der Belastung zwischen den Grenzen 50 und 90 V zu verändern. Aendert sich also in diesem Falle die Belastung des Stromerzeugers von Leerlauf bis Vollast, so ist die Erregerspannung um 40 V zu erhöhen; vermindert sich die Umlaufzahl des Stromerzeugers, oder vergrößert sich die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung im Nutzstromkreise, so hat der Regler auch wieder für eine entsprechende Erhöhung der Erregerspannung zu sorgen. Also wird die dem Stromerzeuger zugeführte Erregerspannung zwischen einem niedrigsten Werte, entsprechend dem Leerlauf des Stromerzeugers bei höchster Umlaufzahl, und einem höchsten Werte, entsprechend der Vollast des Stromerzeugers bei kleinster Umlaufzahl und kleinstem Leistungsfaktor, zu verändern sein. Um die einzelnen Stromerzeugergrößen in geeigneter Weise berücksichtigen zu können, baut die AEG den Tirrill-Regler in vier Ausführungen für einphasigen und mehrphasigen Wechselstrom, die je nach der Nebenschlußstromstärke der zu regelnden Erregermaschinen verwendet werden und mit Größe TA1 bis TA bezeichnet werden.

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Nach dem Schema Fig. 60 sind die Kontaktstücke c1, C2 mit einem Kondensator b verbunden. Dieser kleine, nur einige Tausendstel Mikrofarad besitzende Kondensator dient zum Vermeiden der Funken an den Kontaktstellen. Der obere Kontakt c1 ist fest, der untere c2 ist an dem drehbaren Anker a des Differentialauslösers d befestigt. Der Auslöser enthält zwei vollkommen gleiche, einander entgegenwirkende Wicklungen m und n, die beide mit der Erregerspannung gespeist werden. Da die Spule m dauernd mit den Erregerklemmen in Verbindung steht, so ist der Kern e unmagnetisch, wenn auch die Spule n durch Schließen der Hauptkontakte ki, k2 vom Strome durchflossen wird. Sind die Kontakte kı, ka offen, so steht nur die Wicklung m unter Strom; dann wird

Fig. 60.

Schaltplan eines Tirrill-Reglers.

deutscher Ingenieure.

nimmt also das Kontaktstück k1 eine bestimmte Gleichgewichtlage ein, die durch die auf den Kern ei ausgeübte elektromagnetische Zugkraft und durch die Gegenkraft der vier Federn bedingt ist. Je tiefer der Eisenkern en in das Solenoid eintaucht, desto heftiger wächst die auf ihn bei gleichbleibender Erregerspannung ausgeübte elektromagnetische Zugkraft; außerdem steigt sie in jeder Stellung des Kernes mit der anwachsenden Erregerspannung nach einem linearen Gesetze an. Wäre also auf den Hebel h1 ein gleichbleibendes oder ein mit der Winkelstellung des Hebels linear veränderliches Gegendrehmoment wirksam, so würde der Kern er beim Anwachsen der Erregerspannung sehr rasch in das Solenoidinnere hineingezogen werden. Dies wird durch die Anordnung der vier Federn verhindert, die beim Aufwärtsschwingen des inneren Hebelarmes nicht alle gleichzeitig gespannt, sondern immer nach einer gewissen vom Hebel zurückgelegten Weglänge eine nach der andern wirksam werden.

Diesem von der Erregerspannung becinflußten Teile des Reglers steht der rechts angeordnete und von der Stromerzeugerspannung beeinflußte Reglerteil gegenüber. Die Fig. 61. Tirrill-Regler.

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Erregermaschine

der Eisenkern e magnetisch, der Anker a angezogen und das Kontaktpaar c1, c2 geöffnet, während es in anderm Falle, bei Berührung von k1 und k2, mittels der am Anker a angreifenden Federf geschlossen wird. Demnach schließen und öffnen sich die beiden Kontaktpaare praktisch gleichzeitig, weshalb im folgenden vom Vorhandensein der Auslöserkontakte und des nur als Zwischenglied dienenden Differentialauslösers vollständig abgesehen und, der Nebenschlußregler unmittelbar durch das Hauptkontaktpaar ki, k2 kurzgeschlossen gedacht werden kann. Der Hauptkontakt hat eine veränderliche Höhenlage, da die Kontaktstücke k1 und k an den inneren Enden der beweglichen Wagebalken h1 und h befestigt sind. An dem äußeren Ende des Wagebalkens hi hängt ein in das Gleichstromsolenoid eintauchender Eisenkern e1. Die Solenoidspule si liegt an den Klemmen der Erregermaschine und wird von einem Gleichstrom durchflossen, dessen augenblicklicher Wert dem der Erregerspannung stets proportional ist. Die auf den Eisenkern ei ausgeübte elektromagnetische Zugkraft ist von oben nach unten gerichtet. Dieser Zugkraft wirken vier Schraubenfedern fi, f2, f3, fi, Fig. 61, entgegen, die am inneren Hebelende sitzen und an vier verschieden langen Hülfshebelarmen angreifen. Der Eisenkern ei wird um so tiefer in die Spule si hineingezogen, je höher die Erregerspannung steigt. Bei jeder Klemmenspannung der Erregermaschine

Wicklung des mit einem induktionsfreien Vorschaltwiderstand in Reihe an die Dynamoklemmen angeschlossenen Wechselstrommagneten s; wird von einem Wechselstrom durchflossen, dessen augenblicklicher wirklicher Wert dem der Stromerzeugerspannung zu jeder Zeit entspricht. Dieses Solenoid übt auf den geblätterten Eisenkern e2 eine von unten nach oben gerichtete Zugkraft aus. Der Kern ist am rechten Ende An seinem linken des Hebels he beweglich aufgehängt. inneren Ende trägt dieser Wagebalken den fest mit ihm verbundenen unteren Hauptkontakt k2 und das als Gegengewicht dienende, mit Schrotkörnern gefüllte Gefäß g. Durch dieses Gegengewicht wird der Kern es nur teilweise ausbalanziert. Die Bewegungen des Hebels werden durch eine Oelbremse gedämpft. Auf den Hebel h2 wirken somit zwei Kräfte drehend ein: die vom Solenoid ausgeübte elektromagnetische Zugkraft und ihr entgegen die Schwerkraft. Im Schema ist noch eine zweite Magnetspule s angegeben, die bewirkt, daß der Hebel h2 sich in jeder Stellung im Gleichgewicht befindet, sobald die vektorielle Summe der Amperewindungen der beiden Magnetspulen einen bestimmten mittleren Wert hat. Bei einer ganz bestimmten, der normalen Stromerzeugerspannung entsprechenden Stellung des Eisenkernes wird auch der Hebel h eine ganz bestimmte Schwebe

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lage einnehmen und diese Ruhelage solange einhalten, wie die Stromerzeugerspannung keinen Schwankungen unterworfen wird. Sinkt die Spannung und wird die vektorielle Summe der Amperewindungen der beiden Magnetspulen zu klein, so hebt der Hebel he unter der Einwirkung des Kerngewichtes das Kontaktstück k nach oben; ist sie dagegen zu groß, so wird k2 gesenkt, weil die nach oben gerichtete Gesamtwirkung der Wechselstromspulen auf den Kern es sein Gewicht überwindet. Die mit einer Spannungswicklung versehene Wechselstromspule s ist im Schema mittels eines Spannungstransformators t und die mit einer Stromwicklung versehene Spule s3 mittels eines Stromwandlers ti an den Stromerzeuger angeschlossen. Der Stromtransformator wird jedoch nur dann benutzt, wenn zum Erhalten einer gleichbleibenden Spannung an einem vom Werk entfernt gelegenen Orte eine Uebererregung der Maschine verlangt wird. Soll dagegen die Spannung im Werk unveränderlich gehalten werden, so schließt man in der Regel nur s3 an, während s3 stromlos bleibt. Die Ampere windungszahl des Elektromagneten entspricht dann stets der Stromerzeugerspannung, und der Eisenkern es wie das Gegengewicht g werden so eingestellt, daß der Hebel h bei der gleich zu haltenden Spannung in jeder Stellung im Gleichgewicht ist.

1

Beim

Die Wirkungsweise dieser Reglerart soll nun an einem praktischen Beispiel näher verfolgt werden. Hierbei soll die Werkspannung gleichbleibend gehalten werden und die Erregerspannung je nach der Belastung zwischen 50 und 90 V zu verändern sein. Nach den vorhergehenden Ausführungen entspricht jedem Werte der Erregerspannung eine ganz bestimmte Einstellung des Kontaktes k1. Greift man diejenige Stellung von ki heraus, die der Leerlaufspannung von 50 V entspricht, und denkt man sich vorerst die Wechselstromspule s2 abgeschaltet oder den Hebel h2 in der Stellung festgehalten, in welcher der Kontakt k2 den in der 50 V-Stellung befindlichen Kontakt ki berührt, den Regler aber jetzt mit der Erregermaschine verbunden, so wird deren Nebenschlußregler rı durch den Kontakt ki, k2 kurzgeschlossen und infolgedessen ihre Klemmenspannung solange ansteigen, als der Kontakt k1, k2 durch die am Hebel h1 angreifenden Federn geschlossen gehalten wird. Die Federn sind in Fig. 60 der Einfachheit halber nur als Einzelfeder fi und am linken statt am rechten Hebelende angreifend gezeichnet. Ueberschreiten von 50 V überwindet die Anziehungskraft des Gleichstrommagneten si die Federkraft, öffnet den Kontakt k1,k2 und damit den Kurzschluß zum Nebenschlußwiderstand. Infolgedessen sinken die Erregerspannung und die Zugkraft des Magneten so lange, bis die Feder den Kontakt kı, K2 wieder schließt, worauf die Spannung wieder bis zum abermaligen Oeffnen des Kontaktes ansteigt. Das Oeffnen und Schließen folgt ähnlich wie bei einem Selbstunterbrecher so schnell aufeinander, daß der Hebel h1 mit mehreren hundert Schwingungen in der Minute erzittert. Die Erregerspannung von 50 V wird daher während einer Schwingung nur ganz kurze Zeit etwas über- und unterschritten, so daß ein mit den Erregerklemmen verbundener Spannungsmesser dauernd 50 V zeigt. Wird jetzt der bisher als fest angenommene Hebel h2 in eine andre Lage gebracht, indem das Kontaktstück z. B. gehoben wird, so muß die Erregerspannung auf einen höheren Wert steigen, damit der Gleichstrommagnet S1 die stärker gespannten Federn überwinden und den Kontakt k1,k2 öffnen kann. Sobald diese höhere Spannung erreicht ist, beginnt wieder das zitternde Schwingen des Hebels h1, womit die betreffende Erregerspannung gleichbleibend gehalten wird. Je nach Lage der Kontaktstelle kike stellen also der Gleichstrommagnet s1 und der Hebel h eine bestimmte gleichbleibende Erregerspannung ein, die um SO höher ist, je höher die Hauptkontakte ki, ka liegen.

Wird nunmehr der Hebel h vollständig freigegeben und die Spannungsspule des Wechselstrommagneten durch den Spannungswandler mit den Sammelschienen verbunden, so entspricht die Amperewindungszahl des Wechselstrom magneten der Stromerzeugerspannung. Hat diese bei der augenblicklichen Höhe der Erregerspannung gerade den Wert, der die zum Gleichgewicht nötige Amperewindungszahl des Wechselstrommagneten ergibt, so bleiben, da dies der normalen Stromerzeugerspannung entspricht, bei welcher der Wechsel

stromhebel in allen Stellungen vollkommen ausbalanziert ist, der Hebel he und das Kontaktstück k2 in Ruhe; ist dagegen die Amperewindungszahl zu hoch, so bewegt der Hebel h2 das Kontaktstück k nach unten, womit auch die Erregerspannung fällt, bis die Dynamospannung auf den richtigen Wert gesunken und he wieder in das Gieichgewicht gekommen ist. Steigt die Belastung oder vermindert sich die Umlaufzahl, so daß die Dynamospannung unter die normale Höhe zu sinken beginnt, so wird die Kontaktstelle ki k1⁄2 SOfort durch den Hebel h2 gehoben, k2 wird, solange die Dynamospannung sich unter ihrem Normalwert befindet, mit einer gewissen Kraft an ki gepreßt, die Erregerspannung steigt infolgedessen und mit ihr die Stromerzeugerspannung, bis bei normaler Spannung wieder Gleichgewicht eintritt. Da die Erregung weiter anwächst, wird durch Steigen der Stromerzeugerspannung etwas über die normale Grenze der Kurzschluß von ki, k2 aufgehoben, weil sich h2 infolge des auf ihn nunmehr im entgegengesetzten Sinn einwirkenden Drehmomentes nach unten bewegt und sich von dem Kontakt kı trennt, der unter der Einwirkung der weiter noch wachsenden Erregerspannung immer noch eine kurze Zeit lang ansteigt. Erst wenn die Erregerspannung abnimmt, was durch die Trennung der beiden Kontakte veranlaßt wird, beginnt auch wieder zu sinken. Während dieser Zeit ist die Dyk1 namospannung immer noch im Ansteigen und k2 immer noch im Sinken begriffen. Es muß jedoch ein Zeitpunkt eintreten, bei dem die Dynamospannung zu sinken beginnt, nachdem sie ihren höchsten Wert erreicht hat, und bei dem h2 seine Bewegungsrichtung umkehrt, nachdem er an einer gewissen Endstellung unter der Einwirkung des nunmehr sich ändernden Drehmomentes angekommen ist. Doch kaum hat k2 wieder anzusteigen begonnen, so trifft er den andauernd hinabsinkenden Kontakt k1 auf halbem Wege an, und beide Kontakte berühren sich abermals. Unter dem Drucke, den die beiden Kontakte aufeinander ausüben, wird die den Kontakt ki tragende Blattfeder durchgebogen, und die beiden entgegengesetzten Richtungen zustrebenden Kontakte vollführen unter dauernder gegenseitiger Berührung eine zwangläufige Bewegung auf gemeinsamer Bahn, was solange der Fall ist, bis nicht wieder eine Trennung der beiden Kontakte eintritt und das Spiel von neuem beginnt. Folglich stellt die Spannungsspule si des Wechselstrommagneten in Gemeinschaft mit dem Gleichstrommagneten si stets eine gleichbleibende Stromerzeugerspannung ein. Wie schon bemerkt, wird die Wirkungsweise des Reglers dadurch nicht geändert, daß der Neben schlußregler der Erregermaschine nicht unmittelbar durch die Hauptkontakte kı, k2, sondern mittels des Auslösers d und durch dessen Kontakte c1, c2 kurzgeschlossen wird. Dieser Umweg bezweckt lediglich, die eigentlichen Kurzschlußkontakte kräftig und mit großem Oeffnungswege ausführen zu können, ohne daß die Schwankungen der Erregerspannung zu groß werden. Einen Kondensator auch zu den Kontakten ki, ke parallel zu schalten, hat sich nicht als nötig erwiesen, da hier auch ohnedies Funken kaum sichtbar sind. Um die Kontaktstellen gleichmäßig zu beanspruchen und die Kontaktflächen wenig abzunutzen, wird die Stromrichtung in ihnen nach je 24 st durch zwei kleine Umschalter umgekehrt. Hinsichtlich der von den Hauptkontakten zurückzulegenden Weglänge ist noch zu bemerken, daß sich beim Aendern der Dynamobelastung von Leerlauf bis Vollast und folglich auch beim Aendern der Erregerspannung von 50 bis 90 V der obere Kontakt um rd. 1,5 mm verschiebt, weshalb sich die Stellung von k, bei der er ki gerade berührt, im ganzen auch nicht mehr als um 1,5 mm verändern kann.

Im allgemeinen wählt man den Widerstand des Nebenschlußreglers so, daß die Dynamospannung bei dauernd eingeschaltetem Nebenschlußregler auf 40 bis 50 vH ihres normalen Wertes hinabsinkt. Anderseits wird der Widerstand des Nebenschlusses dadurch möglichst klein gemacht, daß man den Widerstand des Nebenschlußreglers der Erregermaschine vom Regler kurzschließen läßt. Die Widerstandsänderungen zum Erzielen einer möglichst raschen Erregung des Stromerzeugers und zum ebenso raschen Aufheben der Erregung sind also äußerst groß; zudem schwingen die Kontakte mit großer Frequenz, und die Wege, welche diese

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deutscher Ingenieure.

Fig. 62 und 63.

Fig. 62.

Bei sorgfältiger Handregelung.

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Dienste. Er läßt sich ohne jede bauliche Aenderung der Stromerzeuger und Erregermaschinen jederzeit leicht anschließen. Man kann ihn jederzeit ohne Spannungsschwankungen in und außer Betrieb setzen und zwischen selbsttätiger und Handregelung beliebig wechseln.

Die vom Regler gleichbleibend zu haltende Spannung kann auf verschiedene Art geändert werden, und zwar, indem man einerseits das Gegengewicht g vergrößert oder ver

Fig. 64.

Spannungsschwankungen im Kraftwerk der Brikettfabrik Lauchhammer.

Kontakte zurückzulegen haben, sind sehr klein der größte
Ausschlag des oberen Kontaktes beträgt nur rd. 1/15 bis 1/20 mm,
und der des unteren Kontaktes ist noch geringer, infolge-
dessen wird dieser Regler auch auf die geringsten Span-
nungsschwankungen ansprechen und diese in der denkbar
kürzesten Zeit ausgleichen. Nicht zuletzt beruht die große
Empfindlichkeit des Tirrill-Reglers in der sinnreichen Aus-
bildung des Wechselstromhebels, der nicht zwangläufig bewegt
wird und bei seiner Arbeit keine
Durchbiegungen vorzunehmen oder
Federkräfte zu überwinden hat.
Der Wechselstromhebel befindet sich
vielmehr im labilen. Gleichgewicht
und kann den geringsten Anstößen
folgen. Er wirkt auf den Neben-
schlußregler unmittelbar, ohne einen
erst die Reglerkurbel des Wider-
standes verstellenden Hülfsmotor
oder ohne irgend welche andre ver-
zögernde Hülfsglieder, und ermög-
licht also ein sofortiges Eingreifen im richtigen Augenblick1).
Das gute Arbeiten und rasche Ansprechen des Tirrill-Reglers
auf irgend welche Belastungsschwankungen lassen die Schau-
linien in Fig. 62 bis 64 erkennen, von denen die in Fig. 62
und 63 in einer Fabrik der AEG an einer 1000 KW-Turbo-
dynamo aufgenommen worden sind. Bei sorgfältiger Hand-
regelung und geringen Belastungsänderungen betragen die
fortwährenden Spannungsschwankungen bis 4 vH, während
die Spannung bei eingeschaltetem Tirrill-Regler und bei star-
ken Belastungsschwankungen praktisch unveränderlich ist.
Aus der im Kraftwerk der Brikettfabrik Lauchhammer aufge-
nommenen Spannungskurve, Fig. 64, ist der Einfluß des Reg-
lers ebenso zu erkennen. Der Regler hielt die Spannung

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7 2 3 4 Mittags

6 Uhr

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auf die ganze Dauer vollständig gleich, während bei der Handregelung Spannungsschwankungen um 0,5 vH zù beobachten sind. Der Tirrill-Regler leistet daher insbesondere in sehr ungleichmäßigen Betrieben ausgezeichnete

1) S. a. »Elektrotechnik und Maschinenbau« Wien 1908 S. 421 u. 683.

kleinert, oder indem man die am Hebel h2 angreifende Feder fs, Fig. 61, verstellt. Durch Aendern des Gegengewichtes erhält man zum Herstellen des Gleichgewichtes von h2 eine andre Amperewindungszahl des Wechselstrommagneten, d. h. eine andre Wechselspannung. Durch Verstellen der Feder läßt sich die Spannung in den Grenzen von ± 2vH ändern. Sodann läßt sich dadurch, daß man die Stromspule mit der Spannungsspule in Reihe schaltet und so die Windungszahl des Wechselstrommagneten erhöht oder erniedrigt, die Spannung bis um 15 vH ändern. Falls ein noch größerer Regelbereich gewünscht werden sollte, kann man der Spannungsspule noch einen regelbaren Widerstand vorschalten. Da das Gleichgewicht des Hebels ha mit unverändertem Gegengewicht nur bei einer ganz bestimmten Amperewindungszahl des Wechselstrommagneten bestehen kann, so muß beim Vorschalten eines Widerstandes vor die Spannungsspule und beim Gegenschalten der Stromspule die Wechselspannung steigen. Schaltet man die Spannungsspule mit der Stromspule im gleichen Sinne zusammen, so sinkt die Spannung. (Schluß folgt.)

Sitzungsberichte der Bezirksvereine.
Eingegangen 4. April und 2. Mai 1910.
Aachener Bezirksverein.
Sitzung vom 2. März 1910.

Vorsitzender und Schriftführer: Hr. Stanislaus.
Anwesend 24 Mitglieder und 5 Gäste.

Hr. J. Reintgen spricht über

ein neues Verfahren zur Gewinnung des Ammoniaks aus Kohlendestillationsgasen.

Die Verwendung des bei der Kohlendestillation als Nebenerzeugnis gewonnenen schwefelsauren Ammoniums hat einen großen Umfang angenommen. Es spielt deshalb die Erzeugung dieses Salzes im wirtschaftlichen Leben eine wichtige Rolle. Die Landwirtschaft kann seiner als Düngemittel kaum mehr entbehren, und in der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Kokereien ist sein Geldwert ein wichtiger Faktor.

Ein unentbehrlicher Baustoff der Pilanzen ist der Stickstoff. Mit dem Stallmist und den Gründüngungsstoffen gelangen organische Stickstoffverbindungen in den Boden, können aber als solche von den Pflanzenwurzeln nicht aufgenommen werden. Unter Mithülfe von Bakterien und Pilzen wird aus ihnen Ammoniak gebildet, welches teils von den Säuren des Bodens gebunden, teils, und zwar wieder durch Bakterien, in Salpetersäure übergeführt wird, die sich mit Kalk oder andern Alkalien des Bodens verbindet, Diese löslichen Stickstoffverbindungen werden von den Pflanzen aufgenommen.

Die Umwandlung der organischen Stickstoffverbindungen geht aber nur sehr langsam vor sich. Aus diesem Grunde, und weil die Kulturpflanzen weit mehr Stickstoff zur Erzeugung einer befriedigenden Ernte nötig haben, als in einer Stallmistdüngung gegeben werden kann, genügt diese Düngung nicht. Zu beachten ist ferner, daß große Mengen Stickstoff durch den Verkauf von Bodenerzeugnissen, wie

11. Juni 1910.

auch von Vieh, Wolle usw. aus dem Wirtschaftsbetriebe des Landwirtes fortgeführt werden, die nicht wieder dorthin zurückkehren. Diese Stickstoffmengen müssen durch künstliche Düngemittel wieder ersetzt werden, wenn nicht der Boden allmählich an Stickstoff verarmen soll.

Als solches künstliches Düngemittel verwendete die Landwirtschaft zunächst den Chilesalpeter, und große Summen wanderten und wandern noch hierfür außer Landes. Auch jetzt noch ist der Bedarf an Chilesalpeter sehr bedeutend.

3

von

Im Jahre 1904 führte Chile 1540 000 t Salpeter aus; davon wurden nach Deutschland 506 172 t eingeführt, also rd. 11⁄2 der Ausfuhr Chiles. Diese Einfuhr hatte einen Wert von 89 846 000 M. Ausgeführt wurden 21075 t im Werte von 3846000 M, mithin wurden in Deutschland 485097 t im Werte von 86 Mill. M verbraucht. Hiervon dienten in der chemischen Industrie rd.. 110097 t für Kalisalpeter- und für Salpetersäurefabrikation, während die Landwirtschaft rd. 375000 t im Werte 66,5 Mill. M aufnahm. Diese letztere Salpetermenge könnte zum größten Teil durch Ammoniaksulfat ersetzt und der dafür an das Ausland gezahlte Betrag der heimischen Volkswirtschaft erhalten bleiben, sofern die Sulfaterzeugung ausreicht. Die Gleichwertigkeit des Sulfates mit dem Chilesalpeter für die Düngung wird allerdings von den Salpeterinteressenten bestritten, von der andern Seite aber ebenso bestimmt behauptet.

Vielleicht ist es auch möglich, den von der chemischen Industrie gebrauchten Chilesalpeter mit der Zeit zum größeren Teile entbehrlich zu machen. Ein von Professor Ostwald in Leipzig gefundenes Verfahren zur Darstellung von Salpetersäure aus Ammoniak soll im Großbetriebe erprobt worden sein.

Nun ist aber auch damit zu rechnen, daß in absehbarer Zeit die Einfuhr des Natronsalpeters aufhört. Trotz der Reichhaltigkeit der chilenischen Lager ist mit ihrer Erschöpfung in nicht zu ferner Zeit zu rechnen. Nach einer Schätzung aus dem Jahre 1904 würden die Lager noch für 44 Jahre, heute also noch für 38 Jahre, ausreichen, vorausgesetzt, daß der Salpeterverbrauch der Welt nicht eine Steigerung der Ausfuhr bedingt. Nun sind allerdings auch Salpeterlager in Venezuela, Kolumbien, Sizilien, Aegypten und Südafrika entdeckt worden, doch bisher nur solche von geringer Bedeutung. Ein ausgedehnteres Salpetervorkommen in Kalifornien gilt als nicht abbauwürdig. Jedenfalls wird eine bedeutende Abnahme der Salpeterzufuhr in nicht zu ferner Zeit als sicher angenommen. Wer kann aber wissen, ob nicht doch noch neue Schätze des wertwollen Minerals entdeckt werden, und durch neue Verfahren auch die jetzt als nicht abbauwürdig geltenden Vorkommen lohnend abgebaut werden.

Wegen dieser drohenden Erschöpfung der Salpeterlager Chiles hat man sich seit Jahren bemüht, andre Stickstoffquellen zu erschließen. Es lag sehr nahe, zu versuchen, den Stickstoff der Luft1) nutzbar zu machen.

Die für uns wichtigste Stickstoffquelle bergen die in unsrer heimischen Erde ruhenden Steinkohlenschätze. Schon seit langem wurde in den Gasanstalten hergestelltes Ammoniaksulfat von der Landwirtschaft als Düngemittel benutzt. Die verhältnismäßig junge Industrie der Destillationskokereien trägt erst seit etwa einem Vierteljahrhundert hierzu bei, sie vermag die Erzeugung noch sehr zu steigern, wenn die Nachfrage der Landwirtschaft sich vergrößert.

Je nach Herkunft der Kohle wechselt auch deren Stickstoffgehalt. Er beträgt im Mittel bei den deutschen Kohlensorten im allgemeinen etwa 1,40 vH, bei den westfälischen Kohlen im besondern 1,5 vH. Leider geht von diesem Gesamtstickstoff nur ein kleiner Teil in das Ammoniak über, nämlich nur 10 bis 14 vH, während der größere Teil im Koks verbleibt oder auch mit dem Gas entweicht. Kleine Mengen

verbleiben im Teer oder treten als Cyan auf. Also nur 0,14 bis 0,19 vH des Kohlengewichtes bilden den Stickstoffgehalt des bei der trocknen Destillation als Nebenerzeugnis erhaltenen Ammoniaks. Auf Ammoniakgas umgerechnet, kann man also eine Ammoniakgasausbeute von 0,17 bis 0,23 vH, im Mittel 0,20 vH des Koksgewichtes annehmen. Die Ammoniakausbeute der Kokereien des Ruhrgebietes soll nach einer andern Angabe 0,30 vH betragen.

Das Ammoniakgas steht zu dem schwefelsauern Ammoniak ungefähr im Gewichtverhältnis 1:4 (genau 34:134). Man kann also bei den Gasanstalten mit einer Ausbeute an schwefelsauerm Ammoniak von etwa 0,80 vH und bei Kokereien mit einer solchen von 1,20 vH des eingesetzten Kohlengewichtes rechnen. In einem Berichte der Grube Anna werden 1,15 bis 1,20 vH auf die trockne Kohle des Aachener Bezirkes angegeben.

1) s. Z. 1908 S. 32; 1910 S. 1464.

Bis zur Einführung der Destillationskokereien waren die wesentlichsten Quellen für die Ammoniakgewinnung aus den Steinkohlen die Gasanstalten, die bei der Reinigung des Gases gezwungen sind, das Ammoniak zu entfernen. Sie verarbeiten in den meisten Fällen das Ammoniak auf konzentriertes Ammoniakwasser oder auf Sulfat. Die Sulfatdarstellung lohnt nur in großen Gaswerken oder dort, wo chemische Fabriken ganz in der Nähe liegen, die das Ammoniakwasser mehrerer Gasanstalten aufnehmen können. Kleinere Gasanstalten begnügen sich mit der Darstellung des verdünnten, 1 bis 3 vH NH, enthaltenden Gaswassers. Man schätzte für 1908 die Sulfaterzeugung der deutschen Gasanstalten auf 40000 t im Jahr. Die gesamte Jahreserzeugung Deutschlands wurde 1908 zu rd. 300 000 t im Werte von rd. 72 Mill. M angegeben. Nach einer Angabe im Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung wird für 1910 die deutsche Sulfaterzeugung sogar auf 400000 t geschätzt.

Im Aachener Bezirk betrug die Sulfaterzeugung: 1897 1898 1899 1900 1901 1902 1093 1904 1908 1076 1095 1064 1092 1119 1333 2650 3462 9500 t.

Sehr lange hat es gedauert, bis in den beiden Ländern, die neben Deutschland die größte Kohlen- und Eisenindustrie aufweisen, in England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika, die Kokerei mit Gewinnung der Nebenerzeugnisse eingeführt war. Die dortigen Eisenindustriellen haben lange an der Ansicht festgehalten, das der Koks der Oefen bei einer Gewinnung der Nebenerzeugnisse im Hochofen nicht zu verwerten sei. Hierzu kam, daß bei dem großen in beiden Ländern, besonders aber in Amerika vorhandenen Vorrat an vorzüglichen Kokskohlen die dringende Notwendigkeit, wirtschaftliche Verkokungsverfahren einzuführen, nicht vorlag. Noch jetzt sind ja dort zahlreiche Bienenkorböfen im Betrieb. Die Zahl der Destillationsöfen nimmt aber ständig zu, und so wird, besonders von Amerika her, eine große Erzeugung an Ammoniaksulfat zu erwarten sein). Die in England erzeugten bedeutenden Mengen Sulfat entstammten bis vor wenigen Jahren fast nur den Gasanstalten.

Die Welterzeugung an Sulfat kann für 1908 geschätzt werden: Deutschland rd. 300 000, t

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was bei einem Preise von 240 M/t 216 Mill. M entspricht. 1908 betrug die Erzeugung Deutschlands also rd. der Welterzeugung.

3

Die ersten Oefen mit Nebenprodukten-Gewinnung im Aachener Bezirk wurden im Jahr 1896 auf Eschweiler-ReserveGrube bei Nothberg gebaut 2).

In Westfalen wurde die erste Anlage 1881 errichtet, die Zahl der Destillationsöfen stieg dort bis zum Jahr 1894 langsam, von da an rasch.

Wie der Stickstoff ist auch der Schwefel ein ständiger Begleiter der Kohle, und zwar wie jener in wechselnder Menge. Der Schwefelgehalt schwankt nicht nur sehr stark in den Kohlensorten verschiedener Herkunft, sondern auch in diesen selbst. Es kann daher nur für den großen Durchschnitt gelten, wenn ein Gehalt von 10 g in 1 cbm Robgas angenommen wird.

Die Gasanstalten sind wegen der schädlichen Einflüsse dieses Schwefelgehaltes gezwungen, denselben möglichst zu vermindern; ihn ganz zu entfernen, ist bisher nicht gelungen, weil in den Kohlengasen außer dem verhältnismäßig leicht zu beseitigenden Schwefelwasserstoff noch andre Schwefelverbindungen enthalten sind, so namentlich Schwefelkohlenstoff. Auch in den bestgeleiteten Betrieben bleibt ein Rest Schwefel im gereinigten Gase zurück, der erst in der Gasflamme zu SO2 und CO2 verbrennt. Es ist schon oft auf die Wichtigkeit der Gewinnung des in der Kohle enthaltenen Schwefels hingewiesen worden. Durch das neue Verfahren erscheint die Aufgabe im wesentlichen gelöst, wenn alle praktischen Schwierigkeiten überwunden sind.

Bisher ging der größte Teil des im Rohgas enthaltenen, und auch des durch die bisherigen Reinigungsverfahren entfernten Schwefels verloren. In den Gasanstalten wird das Rohgas durch Raseneisenerz geleitet, wo der Schwefelwasserstoff von der Reinigungsmasse aufgenommen wird. Ist diese mit Schwefelverbindungen gesättigt, so wird sie an der Luft regeneriert, wobei der Schwefel selbst im Raseneisenerz zu

s. Z 1910 S. 733.

2) Vergl. Z. 1897 S. 1008.

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