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Die Fackel löschte sie in naher Quelle,
Die von dem Feuer ew'ge Glut gewann,
Zum Bade werdend, dessen warme Welle
Die Kranken heilt. Doch ich, im Liebesbann,

Ich fand statt Heilung: Amor's Feuertriebe
Erhitzen Wasser, Wasser kühlt nicht Liebe.

Die drei noch übrigen Sonette der zweiten Abtheilung
von Shakespeare's Sonetten.
No. 128. *)

Wie oft, wenn des Spinetes sel'gen Saiten
Du, meine Musika, entlockst Gesang,
Wenn deine Finger auf- und niedergleiten,
Mein Ohr entzückt der Harmonien Klang,
Neid' ich die Tasten, die im Sprunge küssen
Die zarte innre Hand dir, und in Glut
Stehn meine Lippen, die hier darben müssen,
Erröthend ob des Holzes frechem Muth.
Berührt zu werden so wie die Verwegnen,
Vertauschten Platz und Wesen sie mit Stolz;
Denn deiner Finger holde Schritte segnen
Statt den lebend'gen Lippen todtes Holz.

Da freche Tasten dies beglückt, lass nippen
Sie an den Fingern, mich an deinen Lippen.

No. 142. **)

Lieb' ist mein Sünd'gen, deine Tugend Hassen,
Hass meiner Sünde, sünd'ger Lieb' entstammt;
Doch darf ich neben dir mich sehen lassen,

Gesteh, verdien' ich's, dass man mich verdammt?

Wenn aber ja, sei's nicht dein Mund, nicht deiner,

Der oft entweiht hat seine Purpurpracht,

Besiegelt falschen Bund so oft, wie meiner,

Und Andre um der Ehe Zins gebracht.

*) Dieses Sonett könnte ebenso gut in der Southampton - Abtheilung stehen, passt sogar viel eher in diese.

**) Vor 143 zu setzen,

166)

Dich dürf ich lieben, wie du jene liebest,

Um die dein Auge buhlt, wie meins dich drängt;
Sä' Mitleid in dein Herz, dass, wenn du's übest,
Mit Recht dein Mitleid Mitleid auch empfängt.

Willst haben du, was du mir nicht magst geben,
Sollst du Versagung an dir selbst erleben.

No. 150. *)

Von welcher Macht hast du die Macht erhalten,
Dass deine Schwachheit mir das Herz regiert?
Dass ich zum Lügner muss mein Aug' gestalten
Und schwören, dass den Tag nicht Helle ziert?
Wo hast du's her, dass dich das Schlechte schmücket,
Dass in dem Abschaum deiner Thaten noch
Mich eine Kraft und Kunst an dir entzücket,
Dass mir dein Schlimmstes gilt am höchsten doch?
Wer lehrt dich mehren meiner Liebe Flammen,

Je mehr ich Grund zum Hasse hör' und seh'?
O, lieb' ich auch, was Andre schnöd verdammen,
Verdamme du mit Andern nicht mein Weh:

Wenn mich dein Unwerth machte Lieb' empfinden,
Bin ich's wohl mehr werth, Lieb' in dir zu finden.

Das Zwischenstück No. 126.

Oh du, mein holder Knabe, dessen Hand
Der Zeit die Sichel, Stund und Glas entwand,
Der wuchs durch Welken und das Sinken zeigt
Des Freundes, wie dein Selbst, das süsse, steigt;
Wenn die Natur, Herrin der Trümmerwelt,
Auf deinem Gange stets zurück dich hält,
Bewahrt sie dich, damit so ihr Geschick
Die Zeit vernichte und den Augenblick.
Doch fürchte sie, du Liebling ihrer Freuden!

Sie muss von ihrem Schatz doch endlich scheiden:

Die Rechnung muss, ob spät, beglichen sein
Und sie zu tilgen fordert sie dich ein.

*) Nach 141 zu setzen.

167)

168)

III. Shakespeare.

(John Davies) wörtlich:

Einige sagen, guter Willy, was ich zum Spass singe,

Hättest du nicht zum Spass einige Königsrollen gespielt,

So wärest du ein Gefährte für einen König,

Wärest ein König unter den Geringeren gewesen.

Andere schmähen, aber schmähen, wie es sie gutdünkt;

Du hattest keinen schmähenden, aber einen herrschenden Witz. Und ehrlich säest du, was sie ernten,

Um so ihren Vorrath zu vermehren, den sie bewahren.

(Chettle) wörtlich:

Noch auch lässt der silberzüngige Melicert

Seine honigsüsse Muse eine einzige dunkle Thräne vergiessen,

Um ihren Tod zu betrauern, die seinem Verdienste ihre Gunst zollte Und seinen Liedern ihr königliches Ohr öffnete.

169)

170)

(Shakesp. Son. 29.)

Wenn in der Einsamkeit ich wein' und klage,
Ich, den verstiess die Menschheit und das Glück,
Umsonst mit Schrei'n den tauben Himmel plage,
Mich selbst betrachtend fluche dem Geschick,
Und möchte Diesem gern an Hoffnung gleichen,
Dem von Gesicht, dem in der Freunde Zahl,
Möcht' Dieses Kunst und Jenes Macht erreichen,
An grösster Freude finde grösste Qual,

Und dann doch fast mir selbst verächtlich werde,
Denk ich wohl dein und, wie die Lerch' empor
Beim Tagesgrauen steigt von dumpfer Erde,
Singt Hymnen nun mein Herz am Himmelsthor.
Denn deine Liebe kann mich so belohnen,

Denk ich an sie, dass ich nicht tauscht' mit Kronen!

(Shakesp. Son. 111.)

Fortunen zürne, meiner Missethaten

Verschulderin; hat doch gestossen die

Mich auf den Markt des Lebens, wo gerathen

Die Sitten frei und roh! Ja, daher, sieh',

171)

172)

Kommt's, dass mein Name trägt der Schande Zeichen;
Das lässt mein Wesen, wie des Färbers Hand,
Beinahe dem, worin es wirkte, gleichen:

Hab' Mitleid denn und wünsch' mich umgewandt:
Ich, wie ein guter Patient, will Güsse
Von Essig trinken gegen meine Schmach:
Nichts Bittres acht' ich bitter; gerne büsse
Ich doppelt, bessert es die Bess'rung nach.

Hab' Mitleid denn, mein Lieb, und du wirst sehen,
Dein Mitleid schon lässt mich geheilt erstehen.

(Shakesp. Son. 91.)

Der rühmt sich der Geburt, Der des Verstandes,
Der seiner Leibeskraft, Der seines Werths,
Der seines hässlich modischen Gewandes,
Der seines Falken, Hundes oder Pferds;
Und jede Laune hat auch ihr Vergnügen,
Das sie zur höchsten Freude sich ersah;
Doch solche Theile sind mir kein Genügen:
In einem Bessren bessr' ich alle ja!
Mehr als ein Stammbaum ist mir deine Liebe,
Macht reicher mich als Kleiderpracht und Geld,
Ergötzt mich mehr als Pferd und Jagdgetriebe,
Und hab' ich dich, hab' ich den Stolz der Welt
Bedrückt durch das allein, dass du vernichten
Dies Alles kannst und mich zu Grunde richten.

(Spenser) wörtlich:

Und da, obgleich zuletzt, doch nicht der letzte, ist Aetion;
Ein artigerer Schäfer ist nirgends zu finden,

Dessen Muse, voll der Erfindung hoher Gedanken,
Heroisch wie er selber tönt.

173)

(Shakesp. Son. 99.)

Die Glut,

Mit der du deine weiche Wang' bemalest,
Hast du zu tief gefärbt in ihrem Blut.

174)

175)

176)

177)

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(König Heinrich VI. 3. Th. I. 2.)

Ich kann nicht ruhn,

Bis sich die weisse Rose, die ich trage,
Im lauen Herzblut Heinrich's färben wird.

(Uebersetzt von Gildemeister.)

(König Johann II. 1.)

Und wie ein muntrer Jagdtrupp jauchzend, kommt
Altenglands Volk, die Hände purpurn ganz,

Gefärbt in der entfärbten Feinde Mord.

(Uebersetzt von Gildemeister.)

(König Johann IV. 2.)

Prinz Arthur lebt, und diese meine Hand

Ist noch jungfräulich, eine reine Hand,

Noch nicht vom Purpurmal des Bluts befleckt.

(Uebersetzt von Gildemeister.)

Shakespeare's Testament.

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Vicesimo quinto die Martii*) anno regni domini nostri Jacobi, nunc regis Angliae etc. decimo quarto, et Scotiae XLIX annoque Domini 1616.

T. Wmi. Shakspeare.

Im Namen Gottes, Amen! Ich William Shakspeare, von Stratford am Avon in der Grafschaft Warwick gentleman, bei vollkommener Gesundheit und Geisteskräften, Gott sei Dank, mache und verfüge diesen meinen letzten Willen und Testament in folgender Weise und Form, das heisst, erstens: Ich befehle meine Seele in die Hände Gottes, meines Schöpfers, hoffend und sicher glaubend, durch das alleinige Verdienst Jesu Christi, meines Erlösers, des ewigen Lebens theilhaftig zu werden; und meinen Körper in die Erde, davon er gemacht ist. Item gebe und vermache ich meiner Tochter*) Judith einhundert und fünfzig Pfund gesetzlichen englischen Geldes, die ihr in folgender Weise und Form gezahlt werden sollen, das heisst: einhundert Pfund als ihre Mitgift innert einem Jahre nach

*) Ursprünglich Januarii.

**) Ursprünglich Sohn und Tochter, aber dann abgeändert. Das lässt vielleicht schliessen, dass die Abfassung des Testamentes wirklich schon im Januar, vor Judith's Verheirathung (10. Februar) stattfand. Das Legat sollte nicht dem Verlobten, sondern seiner Tochter zu Gute kommen.

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