Causa meae cunctis nimium quoque nota ruinae Indicio non est testificanda meo. Ipsa multa tuli non leviora fuga. 100 Quid referam comitumque nefas famulosque nocentes? Indignata malis mens est succumbere, seque Praestitit invictam, viribus usa suis; Oblitusque mei ductaeque per otia vitae 99. Verbinde nimium quoque: 'nur zu sehr'. So gebraucht Ov. oft quoque zur Steigerung eines Begriffs statt etiam; Hor. c. IV 3, 19; epp. II 2, 36. 101. comitum nef.] die Freunde verliefsen ihn im Unglück bis auf zwei oder drei (ex P. II 7, 61 s.). nocentes] indem sie sich an seinem Eigentum vergriffen. 102. fuga] z. v. 63. 105. Ovid hatte in Rom im Kreise vieler befreundeter Dichter ein glückliches, der Dichtkunst gewidmetes Leben geführt; tr. V 3, 9 ss. quique prius mollem vacuamque laboribus egi in studio vitam Pieridumque choro, nunc procul a patria Geticis circumsonor armis. 106. temporis arma] die Waffen, welche die Verhältnisse ihm boten, d. h. Geduld und Ausharren im Unglück: tr. III 1, 10; Cic. Cat. 1, 22; de sen. 3, 9 arma senectutis. 107. terra] die Gefahren der Landreise; Nr. VIII 44. Diese werden zuerst erwähnt, da sie dem Dichter, als zuletzt erlebt, noch in frischer Erinnerung standen; tr. III 11, 59 tot mala sum fugiens tellure, tot aequore passus; Od. 17, 284s., wo Odysseus sagt: κακὰ πολλὰ πέπονθα κύμασι καὶ πολέμῳ; 5, 224. Die zeitliche Aufeinanderfolge ist 105 110 tr. III 2, 11 s. gewahrt. Verg. A. 1, 3; 598. pelago] Ov. hatte auf seiner Fahrt nach Tomi im Adriatischen Meer heftige Stürme zu bestehen. 108. conspic. p.] polus septentrionalis, qui conspicuus nobis est, der Polarstern; der südliche ist uns unsichtbar. 110. Die Geten und Daker (Daer; 4ãos u. Térns; vgl. die Sklavennamen Davus und Geta), thracische Volksstämme, wohnten an den Ufern des Hister, erstere südlich bis zum Hämus, im heutigen Bulgarien und Rumänien, die Daker, den Geten eng verwandt (Plin. 4, 80), nördlich in Rumänien, Siebenbürgen und dem östlichen Ungarn. In Tomi berührten sich beide Völker. Das Land der Σαυρομάται (Συρμάται, Zaquárα) lag nördlich vomSchwarzen Meer περὶ τὴν λίμνην τὴν Mariv (Hippokг. . déo. id. τóл. 24), zu beiden Ufern des Don; Herod. 4, 93 ss. erwähnt sie zuerst. iuncta Getis iuncta orae Getarum. 112. In der Verbannung dichtete Ovid 5 Bücher Tristia (8—11 n. Chr.) und 4 Bücher epistulae ex Ponto (bis 16 n. Chr.), Klagelieder über sein trauriges Geschick. Während er in den Tristien die Namen der Quod quamvis nemo est, cuius referatur ad aures, Nec me sollicitae taedia lucis habent, Gratia, Musa, tibi! nam tu solacia praebes, 115 Tu dux et comes es; tu nos abducis ab Histro, Tu mihi, quod rarum est, vivo sublime dedisti Nam tulerint magnos cum saecula nostra poetas, Cumque ego praeponam multos mihi, non minor illis Freunde, an welche die einzelnen Gedichte gerichtet sind, nicht zu nennen wagt, da zu befürchten war, dafs sie als seine Freunde bei Augustus in Ungnade fielen, richtet er die Briefe aus dem Pontus offen an seine Gönner, da inzwischen der Zorn des Augustus etwas besänftigt war (ex P. I 1, 17 s. rebus idem, titulo differt; et epistula cui sit non occultato nomine missa docet). Nur einen Brief wagt er nicht offen zu adressieren (ex P. 3, 6). Schon hoffte der Dichter, nach Rom zurückkehren zu dürfen, als Augustus starb. Sein hartherziger Nachfolger schenkte den Bitten Ovids kein Gehör. Ovid wusste sich die Achtung der Bewohner von Tomi in so hohem Grade zu erwerben, dass man ihn von allen Abgaben befreite. Da die Tristien u. ep. ex P. alle dasselbe Thema behandeln, sind sie eintönig. Der Dichter gesteht dies selbst ein, auch die Freunde klagen darüber; zu seiner Entschuldigung sagt er (ex P. III 9, 35): laeta fere laetus cecini, cano tristia tristis. Ferner gehören der Zeit der Verbannung an ein Schmähgedicht Ibis, das gegen einen ungenannten Feind 120 125 Siquid habent igitur vatum praesagia veri, 130 I. Amores. Nr. II (am. I 1). Arma gravi numero violentaque bella parabam Par erat inferior versus: risisse Cupido bewusst ist, den unvergänglichen Schatz ihrer geistigen Güter durch ein kostbares Stück bereichert zu haben'; m. 15, 871 ss.; tr. III 7, 9 ss.; Hor. c. 3, 30; Prop. Nr. XXVÍ 9 s. in toto orbe legor] tr. IV 9, 19 ss.; Hor. c. II 20, 13 ss.; IV 9, 1 ss.; epp. I 20, 13; Mart. I 1, 2; III 95, 7; V 13, 3; VI 61; VIII 3, 4; 61; X 9. 130. ut] konzessiv. Die Bitte, seine Verbannung wenigstens an einem geschützteren und freundlicheren Ort verbülsen zu dürfen, ward dem Dichter nicht gewährt. Er starb in Tomi im J. 17 n. Chr. oder im Frühling des J. 18 und ward daselbst begraben. 131 s. 'Mag ich meinen Ruhm durch die Gunst der Leser erworben haben oder durch den Gehalt meiner Lieder, jedenfalls hast du, Leser, ein Recht, Dank von mir zu erwarten.' Beachte den Gegensatz zwischen favore und carmine. 132. candide] gütig, nachsichtig: tr. V 3, 53; ex P. III 4, 13; Hor. epp. I 4, 1. II. Der Dichter schickt sich an, in heroischem Versmafs ein episches Gedicht zu singen; da zwingt ihn der schelmische Liebesgott, leichtere Stoffe in elegischem Mals zu wählen. Ovid hat zwei Ausgaben seiner Liebeslieder veröffentlicht, von denen die erste in fünf Büchern etwa im J. 14 v. Chr., die zweite in drei Büchern um das J. 9 v. Chr. erschienen ist. Qui modo Nasonis fueramus quinque libelli, tres sumus heifst es in einem Epigramm, das der uns erhaltenen kürzeren Sammlung voransteht. 2. edere] nicht herausgeben', sondern prodere, 'hervorbringen'; herausgeben emittere (Hor. epp. I 20, 6; Cic. ad fam. 7, 33). 3s. Cupido (puer v. 5) verkürzte jedes Mal den zweiten Hexameter zu einem Pentameter. 6. Pieridum] z. Tib. Nr. VIII 21. 7 ss. 'Keine Gottheit darf ihre Machtbefugnisse überschreiten. So darfst auch du, Cupido, dir keine Macht über die Dichter anmassen; denn diese sind den Musen unterthan. - flavae] so nennt Ov. die Minerva auch f. 6, 652. Z. Cat. Nr. XXVII 63. arma Min.] z. Nr. I 13. Ventilet accensas flava Minerva faces? Crinibus insignem quis acuta cuspide Phoebum 10 Sunt tibi magna, puer, nimiumque potentia regna; An, quod ubique, tuum est? Tua sunt Heliconia tempe? 15 Cum bene surrexit versu nova pagina primo, 'Quod' que 'canas, vates, accipe' dixit 'opus!' Me miserum! certas habuit puer ille sagittas: Uror, et in vacuo pectore regnat Amor. Sex mihi surgat opus numeris, in quinque residat: 8. faces] die Fackeln des Brautzuges. Prop. Nr. XXIV 50. 10. pharetr. virg.] Diana als Göttin der Jagd, ιοχέαιρα. 11. Tib. I 4, 37 s. solis aeterna est Phoebo Bacchoque iuventa: nam decet intonsus crinis utrumque deum. 12. Aoniam] z. Nr. I 39. 15. 'Hast du ein Recht, Cupido, im Gebiete der Musen zu herrschen?' tempe] τὰ Τέμπη, ursprünglich das Thal des Peneios in Thessalien zwischen Olympos und Ossa; dann überhaupt ein Waldthal; so f. 4, 477 Heloria tempe; met. 7, 371. Τέμπη von τέμνειν, weil hier der Flufs das Gebirge durchschneidet. 17 ss. Kaum ist ein neues Blatt ganz ordentlich mit dem Hexameter begonnen, da lähmt Cupido (ille), gar hurtig bei der Hand (proximus), meine Kraft, und statt des zweiten Hexam. kommt nur ein Pentam. zu 20 25 Cingere litorea flaventia tempora myrto, Nr III (am. I 2). Esse quid hoc dicam, quod tam mihi dura videntur 30 quam longa! peregi, 5 Lassaque versati corporis ossa dolent? Sic erit: haeserunt tenues in corde sagittae, Cedimus an subitum luctando accendimus ignem ? Verbera plura ferunt, quam quos iuvat usus aratri, 10 15 6. Verg. A. 4, 67 tacitum vivit sub pectore vulnus. 10. Hor. c. I 24, 19 s. durum: sed levius fit patientia quidquid corrigere est nefas. 11. Den Gedanken hat Ovid seinem Lehrer der Rhetorik Latro entlehnt, wie Seneca contr. II 2,8 s. berichtet. 12. mori] Hor. c. III 21, 23 vivae lucernae. 15. lupatum] oder lupus (lúxos), ein mit Stacheln wie mit Wolfszähnen besetztes Pferdegebifs; daher durum. Val. Fl. Arg. 1, 424 ora freno contundere. |