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Rostes geschieht mit Unterwind, also geschlossenem Aschenfall; die Feuerbrückenfläche ist geneigt, der Herdneigung entsprechend. Letzterer bewegt sich auf einem gusseisernen Wagengestell, welches das Zurückziehen des Herdes aus dem Ofen ermöglicht. Die rotirende Bewegung geschieht durch Zahnrad und Schraube; neuerdings will man Getriebeübersetzung geeigneter gefunden haben.

Die Betriebsmaschine hat 0,15 Cylinderdurchmesser bei 0,25 Hub und 100 bis 150 Umdrehungen pro Minute, so dass der Ofen 5 bis 6 Touren machen kann.

Der Herd ist in den vorgelegten Dimensionen auf 300 kg. eingerichtet; Erfahrung hat gezeigt, dass die Arbeit bei grösserem Herde und grösseren Einsätzen von 400 bis 500 kg. besser geht, und hat man neuerdings einen Ofen construirt, welcher 800 bis 1000 kg. hält.

Gewölbe und Arbeitsthür sind wie früher bei den gewöhnlichen Oefen, und es ist bei der Zugänglichkeit des Ofeninneren eine Theilung der Charge in Luppen möglich, unterstützt durch die Rotation des Herdes. Die Quantität des Einsatzes ist daher nicht begrenzt wie bei den rotirenden Oefen mit horizontaler Axe, wo stets nur eine Luppe gemacht werden kann. Die Resultate sind bereits im Versuchsstadium sehr günstig gewesen. Rohe Achsen haben bei der Probe elastische Durchbiegungen von 25mm gezeigt, welche bei anderem Material nicht vorkommen.

Die ökonomische Seite ist gleichfalls günstig, selbst im Versuchsstadium hat sie sich so gezeigt.

1. Der Arbeitslohn war gleich geblieben, trotz der oft verdoppelten Production.

2. Der Kohlenverbrauch, 16 bis 17 hl. für den alten Ofen bei Verarbeitung von grauem Eisen, ist auf 12 hl. gefallen.

3. Die Ausgabe an Eisenschrott zur Bedeckung der Herdfläche ist gering, fast nur ein Drittel des alten Verbrauches; durch Einführen der Wasserabkühlung will man das unnütze Abschmelzen noch mehr vermeiden.

4. Der Abbrand ist von etwa 10 pCt. in den alten Oefen auf 4 pCt. heruntergegangen; Chargen von 500 kg. ergeben stets 480 bis 490 kg. Eisen.

Der Betrieb des Ofens geschieht in folgender Weise: Der neu angefertigte Blechtrog wird zunächst mit Garschlacken aus einem Puddelofenherd ausgepflastert, und dieser Schicht 0,05 bis 0,08 Dicke gegeben.

Nachdem der Herd in den Ofen geschoben worden ist, wobei zu bedenken sein wird, dass ein Anschluss des Herdrandes an die Tragplatte des Gewölbes von 3 bis 4cm genügt, da die Gase des Inneren wegen des Unterwindbetriebes doch stets nach aussen brechen, trocknet man den ganzen Ofen ab und erhitzt ihn nach und nach bis zur Weissgluth.

Man bringt in diesem Zustande Eisenabfälle hinein und verbrennt sie mit einer durch die Thür gesteckten Winddüse. Das sich bildende Oxyd verkittet und glasirt die Oberflächen der, Schlackenpflasterung, während der Ofenherd langsam mit 3 bis 4 Touren gedreht wird.

Durch Kühlen des Herdtroges von aussen her mit einem Wasserstrahl bringt man die zwischen die Schlackenstücke einfliessenden Oxyde zum Erstarren, und bald ist die ganze Arbeitssohle erstarrt, während der Rost gereinigt ist.

Der Verlauf der Charge mit corsischem halbirten Holzkohleneisen, welches glühend eingesetzt wurde, war folgender:

1. Schmelzen auf einem Schlackenherdsatz, ohne Drehung des Ofens (nur zum Behuf der Kühlung durch den fixen Wasserstrahl muss langsam gewendet werden), mit Unterwindbetrieb, 35 Minuten.

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Luppenmachen und Zängen 30

Zurechtmachen des Ofens . 30
2 Stunden 30 Minuten.

Es gehen also an Zeit 2 Stunden 30 Minuten auf vom Beginn einer Charge bis zum Beginn der nächsten.

Nachdem eine Vergrösserung des Betriebes durch Erweiterung der Apparate auf 900 bis 1000 kg. Haltungsfähigkeit stattgefunden, geht die Arbeit rascher und unter besseren Bedingungen vor sich.

Für Fabrication von Qualitätseisen ergiebt sich ein Abbrand von 3,7 pCt. in einer Quantität von 90000 kg. Production und ein Kohlenverbrauch von 1100 bis 1200 kg. pro Tonne bei Anwendung einer mageren Kohle und 20 pCt. Aschengehalt.

Demnächst ergeben die Bücher der Fabrik gegen die sonstigen Verhältnisse eine Selbstkostenersparniss von 40 Fres. pro Tonne.

Die Versuche mit ordinärem Material, welche auf den Werken der Hormehütte ausgeführt wurden, ergaben im ersten Stadium ein Mittel im Abbrande von 6 pCt. und im Kohlenverbrauche von 700 kg. auf die Tonne.

Die Production variirt natürlich mit den Roheisensorten; mit weissem Puddelroheisen von Pouzin kann man nach der Angabe von Jules Petin Posten von über 4500 kg. verarbeiten, wobei die Operation 2 Stunden in Anspruch nimmt und 94 pCt. ausbringt.

Es macht nach demselben Berichterstatter einen eigenthümlichen Eindruck, 17 bis 18 Luppen aus einem Ofen hervorgehen zu sehen, von denen die letzte ebenso durchgewärmt ist wie die erste, und welche beim Walzen reine und wenig rissige Rohschienen geben.

Versuche, im Pernot'schen Ofen Stahl zu puddeln, haben ebenfalls bessere Resultate ergeben, als in den alten Oefen erzielt zu werden pflegen.

In der Gesellschaft der Civil-Ingenieure zu Paris, welcher durch Molinos die ersten Versuche Pernot's mitgetheilt wurden, sprach sich der referirende Vorsitzende in einer späteren Sitzung sehr günstig über den Ofen aus. Die Erhitzung des Einsatzes namentlich wird als durchaus vollständig geschildert und wird zuzuschreiben sein:

1) dem Effect der Unterwindheizung;

2) der schichtenweis geschehenden Bewegung der Flüssigkeit im Herde;

3) der in den dünnen Schichten sehr energisch auftretenden intermolecularen Verbrennung (Jordan's Bezeichnung für die durch Schlackenreduction geschehende Kohlenstoffoxydation).

Auch die neueste Anwendung des Pernot'schen Ofens auf Gussstahlschmelzung und Fabrication durch den Martinprocess mit Siemens'scher Feuerung und Regeneration hat ganz ausserordentliche Resultate ergeben. Dieselben Generatoren, die den alten Martin - Ofen bedienten, haben in dem Pernot-Ofen die doppelte Menge Stahllegirung fabricirt. Es tritt hierzu aber noch:

1. Die Entkohlungsfähigkeit des Pernot'schen Ofens; man kann dem Bessemern entsprechend arbeiten, dabei aber vor der vollständigen Entkohlung die Schlacke abstechen.

2. Die Unmöglichkeit, dass sich auf dem Boden des Herdes ungeschmolzene Partien bis zuletzt erhalten können; sie werden abwechselnd an die Flamme gebracht und unter das Eisenbad getaucht, also erhitzt und zur Lösung gebracht. 3. Leichte Zugänglichkeit des Herdes beim Besetzen; sobald das Roheisen geschmolzen ist, kann man die zusätzliche Stabeisen- oder Stahlcharge mit einem Male auf die entblösste Herdfläche bringen.

4. Leichtigkeit und Schnelligkeit der Gewölbereparatur; man zieht den Herd zurück, die Abkühlung ist dann in 5 bis 6 Stunden geschehen, und es kann die etwa 10 Stunden andauernde Reparatur beginnen. Man kommt also mit 16 Stunden plus 10 Stunden Anheizen aus, und es wird möglich, die Erneuerung des Gewölbes vom Samstag zum Montag bewirken zu können.

Die Dauer der Charge, die Besetzung und Reparatur eingerechnet, beträgt 34 bis 4 Stunden, wobei auf die Chargen 4000 bis 4500 kg. kommen. Man hat es schon zu 4 Chargen in 24 Stunden und auf 19000 kg. gebracht, obwol die Arbeiter noch wenig eingeübt sind.

Der Martin -Siemens'sche Ofen macht bekanntlich selten über 2 Chargen, d. h. etwa 10000 kg. in 24 Stunden. Die Selbstkosten betrugen bei einem Materialpreise von 163 Frcs.:

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ganzen Anlage gegen 300000 Frcs. kosten, drei Pernot'sche Oefen, welche nur 120000 Frcs. beanspruchen, für eine Production von 45 bis 60 Tons, täglich gegenüber.

Resumirt man besonders die Vorzüge, welche das Puddeln im Pernot'schen Ofen vor der Arbeit in anderen rotirenden analogen Apparaten, wie auch in den gewöhnlichen Oefen auszeichnen, so ist es die

1) Steigerung der Arbeitsleistung durch die mechanische Bewegung, verbunden mit der

2) Zugänglichkeit des Herdes während des Betriebes, woraus die Theilbarkeit der Charge und die Production kleiner Luppen hervorgehen.

Die Bequemlichkeit in der Ausfütterung der Oefen ist ebenfalls, den um eine horizontale Axe rotirenden Oefen gegenüber, hoch anzuschlagen.

Die Einführung der Pernot' schen Oefen wird deshalb wol den Schwierigkeiten nicht begegnen, welche anderen analogen Apparaten in den Weg getreten sind, und es verdienen die weiteren Versuche mit denselben die vollste Aufmerksamkeit der deutschen Eisenhüttenleute. *)

Im Anschluss an diesen Vortrag machte Hr. Piedboeuf die Mittheilung, dass er hoffe, in der nächsten Sitzung des Vereines über einen Ofen Pernot'scher Construction berichten zu können, welcher seit einiger Zeit mit gutem Erfolge auf einem belgischen Eisenwerke arbeite. Es wurde deshalb in Aussicht genommen, den Pernot'schen Ofen abermals auf die nächste Tagesordnung zu setzen; daran schloss sich die Aufforderung des Vorsitzenden, den Betrieb der Lauth'schen Walzwerke für Blechfabrication in Erwägung zu ziehen und eventuell nach Anschauung des in der Nähe von Lüttich umgehenden Betriebes darüber gleichfalls in nächster Sitzung zu berichten.

(Fortsetzung folgt.)

*) Tunner hat bereits in der Ausschusssitzung des montanistischen Vereines für Steyermark am 3. Juni 1874 (mitgetheilt in der „Oesterr. Zeitschrift" des Jahres S. 240 und in Dingler's "Polytechn. Journal", Bd. 213, S. 123) den Pernot'schen Ofen als eine glückliche Lösung der Aufgabe des Maschinenpuddelns bezeichnet und besonderes Gewicht dabei auf die günstigeren Verhältnisse des Ofenfutters gelegt und auf die Billigkeit des Einbaues von solchen rotirenden Herden in die gewöhnlichen Oefen. Die für die durchschnittliche Fabrication so ausserordentlich wichtige Theilbarkeit der Charge hat Tunner wunderbarerweise nicht betont.

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Abhandlungen.

Die Wasserverhältnisse grosser Ströme.

(Nach J. J. Révy: Hydraulics of great rivers. The Paraná, the Uruguay and the La Plata Estuary.“ London, 1874. E. & F. N. Spon.)

Auf Veranlassung der Regierung der Argentinischen Republik wurden im Jahre 1871 von dem Verfasser des in der Ueberschrift genannten Buches ausgedehnte hydrometrische Untersuchungen an den grossen Strömen Südamerikas, dem Paraná und dem Uruguay, angestellt, welche die Wassermassen aus den ungeheuren Niederschlagsgebieten östlich der Anden und südlich der brasilianischen Gebirge dem Atlantischen Ocean zuführen. Beide Flüsse vereinigen, sich in einem langgestreckten, mit süssem Wasser gefüllten Meeresbusen, dem sogenannten La Platastrome, an dessen Ufern Montevideo, die Hauptstadt der Republik Uruguay, und Buenos Ayres, die Hauptstadt der Argentina liegen.

Das Werk bietet in vieler Beziehung Interessantes und Lehrreiches; es führt uns in grossartige und wenig bekannte Flussregionen, schildert die ungebrochene Wildniss der Landschaft, ihren geologischen Charakter und versucht, eine Entstehungsgeschichte jener Gebiete aufzubauen; besonders aber sind es die hydraulischen Verhältnisse der Flüsse und die Ausführung der Wassermessungen, sowie die hieraus abgeleiteten Folgerungen, welche den Inhalt des Buches zusammenstellen.

Um den Leser in die Oertlichkeit einzuführen, sei erwähnt, dass der La Platastrom an seiner schmalsten Stelle etwa 23 engl. Meilen (35km) breit und 125 engl. Meilen (300km) lang ist, dass die beiden Flüsse zuerst ein Deltagebiet durchlaufen, ehe sie in den La Plata fallen, und dass dieses Deltagebiet sich als die Fortsetzung des Meerbusens La Plata darstellt, welcher durch die Niederschläge der Ströme ausgefüllt worden ist. Der Paraná spaltet sich im Delta in eine Menge Arme, von denen der Paraná Guazú der grösste, der Paraná de las Palmas, der südlichste, am meisten geschlossene und befahrene ist. Der Uruguay bildet vor seiner Einmündung mehrere seeartige Erweiterungen.

Bei den höchsten Wasserständen, die 40 bis 50 Fuss (12 bis 15") die niedrigen Wasserstände übersteigen, bilden die Flussthäler häufig und besonders die Deltaländer unübersehbare Wasserflächen. Die Hochwasser halten meistens zwei Monate (September und October) an, manchmal jedoch vereinigen sich diese Wasserstände mit anderen periodischen Anschwellungen des Januar und erzeugen solcherart Hochwasserstände, welche den grössten Theil des Jahres dauern. Der La Plata sowol als die beiden Ströme Paraná und Uruguay, letztere bis über ihr Deltagebiet weg, liegen im Bereiche der aus dem atlantischen Ocean anrückenden Fluthwelle, welche bei Buenos Ayres, je nach der Constellation von Mond und Sonne, etwa 1 bis 2m Wasserdifferenz hervorruft. Ausserdem ist die Oberfläche der Gewässer von der Fülle der aus dem Flussgebiete herkommenden Wassermassen und von der Richtung und Stärke des Windes an der La Plata-Mündung abhängig. Bei östlichen Winden steigt das Wasser, bei westlichen Winden fällt dasselbe, und auf die so gebildeten Wasserflächen setzen sich die von den anziehenden Himmelskörpern abhängigen Fluthwellen auf, so dass die Wasserstände in diesen unteren Stromläufen einen sehr mannigfachen Verlauf nehmen.

Der Paraná ist, wie auch ein Blick auf die Karte zeigt, viel grösser als der Uruguay; er ist grösser als der Mississippi und nach dem Amazonas der grösste Strom der Erde; er führt bei weitem mehr Wasser in seinem Bette als alle Ströme Europas zusammengenommen. Bei der Stadt Rosario, etwa 170 engl. Meilen (272km) von seiner Einmündung in den La Plata, strömt er in einem geschlossenen sehr regelmässigen Bette, welches bei niedrigem Wasserstande eine Breite von 4870 Fuss (1480) und eine grösste Tiefe von 73 Fuss (22) besitzt und hierbei eine Oberflächengeschwindigkeit von

etwa 255 Fuss (77,5) in der Minute zeigt; der Wasserwechsel misst 12 Fuss (3,65), wobei aussergewöhnliche Hochwasser unberücksichtigt geblieben sind.

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Der Uruguay zeigt bei der Stadt Salto (200 engl. Meilen 320km) von der Mündung bei Niedrigwasser eine Breite von 2648 Fuss (805) bei einer grössten Tiefe von etwa 16 Fuss (4,86), aber einem Wasserwechsel bis zum gewöhnlichen Hochwasser von etwa 38 Fuss (11,55). Sein Gefälle ist aber viel grösser (etwa 5 Mal) als das des Paraná, so dass die Oberflächengeschwindigkeit bei etwa einem mittleren Wasserstande und bei einer Wassertiefe von 34 Fuss (10,49) etwa 330 Fuss (100") in der Minute betrug.

Die Untersuchungen Révy's erstreckten sich auf eine Bereisung der Ströme, soweit dieselben überhaupt mit Dampfschiffen fahrbar sind, ohne dabei, wie es scheint, geodätische Ortsbestimmungen anzuknüpfen, dann auf Ermittelung der Fluthwellen im La Plata durch längere Pegelbeobachtungen in Buenos Ayres, welche ununterbrochen Tag und Nacht in halbstündigen Zwischenräumen angestellt wurden, und auf die Erforschung der Einflüsse der Gestirne und der Winde auf diese Wellen; hauptsächlich aber erstreckten sich die Untersuchungen auf die Aufnahme von geeigneten Querprofilen der Ströme, sowie auf Geschwindigkeitsmessungen sowol an der Oberfläche des Wassers, als im Inneren der fliessenden Wassermasse. Nivellirungsarbeiten im eigentlichen Sinne sind bei der Unwegsamkeit der sehr oft sumpfigen Ufer, bei dem im Unterlaufe der grossen Flüsse herrschenden ausserordentlich geringen Stromgefälle, wodurch viele Meilen lange Präcisionsnivellements erforderlich gewesen wären, um eine einigermassen sichere Zahl zu finden, und bei der zu Gebote stehenden nur kurzen Zeit leider nicht gemacht worden, wodurch den aus den Beobachtungen abgeleiteten Folgerungen eine sehr zu wünschende sichere Grundlage entzogen wird. Jedoch gelang es durch Zufall, während der Untersuchungen an dem Stromarme Paraná de las Palmas mit Zuhilfenahme correspondirender Pegel- und Geschwindigkeitsbeobachtungen zu Buenos Ayres, zu der Ueberzeugung zu gelangen, dass zu einer gewissen Zeit, als die Mondfluthwelle, welche durch Seewinde erhöht war, die ganze Wasserfläche des La Plata und des erwähnten Stromarmes so gut wie gar keine Bewegung zeigte, also eine horizontale Ebene von ausserordentlich grosser Ausdehnung bildete. Hierdurch wurde es nun leicht möglich, die Oberflächengefälle bei niedrigen Wasserständen auf jenen Strömen zu bestimmen. Man erhielt als Resultat, dass dieses Gefälle bei mittlerer Ebbe in Buenos Ayres die sehr kleine Grösse von 0,44 Zoll pro engl. Meile oder 121300 betrage. Durch continuirliche Beobachtungen der Fluthwellen nach Höhe und Zeit bei Buenos Ayres und an anderen Punkten des La Plata erhielt man ausserdem, unter Voraussetzung, dass bei Durchschreitung einer so grossen, im Allgemeinen gleich breiten und tiefen Meeresbucht, die Fluthwelle sich an jedem Punkte des La Plata in derselben Art auf die mittlere Meereshöhe auf

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setzt, die nöthigen Angaben, um das Gefälle des sich in das Meer ergiessenden La Plata zur Ebbezeit zu bestimmen. Man fand durch diese zweite Methode Zahlen, welche der oben erwähnten sehr nahe liegen und also die ersteren Schlussfolgerungen bestätigten.

Zu den Peilungen bei Aufnahme der sehr breiten und tiefen Querprofile wurde das Loth verwendet, und zur Bestimmung der Entfernungen vom Ufer ein kleiner Spiegelsextant. Das Querprofil wurde an einer Stelle gewählt, an welcher der Strom in regelmässigem Bette eine möglichst lange gerade Strecke durchflossen hat, oder wenn solche nicht zu finden war, wo zwei Stromkrümmungen von entgegengesetztem Sinne in einander übergehen. Die zu messende Linie war durch hohe Flaggensignale, von denen zwei an demselben Ufer in genügend grosser Entfernung von einander standen, bezeichnet, und rechtwinklig zu dieser Linie am Ufer eine abgemessene Strecke, die als Basis der trigonometrischen Messung diente, durch eine weitere Signalflagge kenntlich gemacht.

Auf dem Deck eines Dampfschiffes stand der Beobachter mit dem Sextanten und der Gehilfe mit dem bis nahe zum Boden des Flusses reichenden Lothe. Das Schiff durchschritt stromaufwärts die zu peilende Linie, und man liess es dann durch den Strom rückwärts wieder in diese Linie eintreiben. In dem Augenblicke des Durchtreibens wurden der Winkel mit der Basis und die Tiefe des Wassers gemessen. Das Loth hing dann möglichst senkrecht, weil die relative Geschwindigkeit von Schiff und Wasser gleich Null war. Diese Methode, welche schon in ähnlicher Weise von Humphreys & Abbot bei den Messungen am Mississippi angewendet wurde, zeichnet sich durch Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und geringe Vorbereitung aus und wird da stets am Platze sein, wo grosse Strombreite oder grosse Stromtiefe die bekannten Peilleinen und Peilstangen verbieten. Man gebrauchte stets die Vorsicht, während der Messungen am Ufer einen beobachteten Pegel aufzustellen, um die inzwischen eintretenden Wasserschwankungen in gebührende Rücksicht zu ziehen.

Die Geschwindigkeitsmessungen erfolgten im Gegensatze zu den entsprechenden Arbeiten am Mississippi, bei welchen schwimmende Körper verwendet wurden, durch den Woltmann'schen Flügel, den Révy, mit Umgehung des Namens des Erfinders, current meter nennt. Révy ist der Ansicht, dass die Resultate durch die schwimmenden Körper von den störenden Einflüssen des Windes, der Verbindungsfäden bei mehreren zusammenhängenden Schwimmern u. dergl. nicht genügend befreit werden können, und in Folge dessen sehr verschoben und unrichtig werden. Die Schwierigkeiten der Verwendung des Woltmann'schen Flügels bei Beobachtungen der Geschwindigkeiten in grossen Tiefen unter der Wasserfläche sind durch Révy in vortrefflicher und sehr nachahmungswerther Weise überwunden worden. Der von ihm benutzte Flügel hat zwei nach Spiralflächen geformte Flügel von 150mm äusserem Durchmesser, welche auf einer hohlen Metallkugel von 50mm

Durchmesser befestigt sind. Die horizontale Flügelachse besitzt wie gewöhnlich eine Schnecke, welche in zwei Differentialräder mit Eintheilungen als Zählwerk eingreift; dieses kann durch die Vermittelung eines Zugdrahtes und einer Feder ein- und ausgeschaltet, aber auch in dauernden Eingriff gebracht werden. Die Flügelachse ruht einerseits in einem ganz dünnen Zapfen, andererseits stopfbuchsenartig in einem Halslager. Beim Eintauchen des Instrumentes unter Wasser wird durch die erwähnte Kugel bewirkt, dass der Druck der Flügelwelle im Halslager ganz aufgehoben wird, so dass die Reibungswiderstände daselbst ganz verschwinden. Das ganze Triebwerk ist durch eine Glasplatte zugedeckt und liegt in einem Gehäuse, welches mit klarem Wasser gefüllt wird, gänzlich den äusseren Einflüssen entzogen. Zur Ausgleichung der Druckdifferenzen steht das innere Wasser mit dem äusseren durch ein feines Canälchen in offener Verbindung. Der Apparat schwingt um eine verticale Axe und ist mit einer grösseren Fahne versehen, wodurch der Flügel stets dem Strome entgegen gerichtet wird. Der Werth einer Umdrehung des Woltmann'schen Flügels wurde durch directe Versuche an stillstehendem Wasser gemacht; man legte die Gleichung zu Grunde: n=av+ß, in welcher n die Anzahl der Umdrehungen in der Zeiteinheit, v die Geschwindigkeit des Wassers, a und aber constante Grössen bezeichnen. Aus zwei Beobachtungen, wobei mit verschiedenen Geschwindigkeiten der Flügel durch das Wasser bewegt wird, lassen sich die Grössen a und ableiten. Es versteht sich von selbst, dass bei öfterer Wiederholung dieselben genauer gefunden werden. Die Woltmann'schen Flügel in der beschriebenen Construction werden in ausgezeichneter Güte für den Preis von etwa 10 Guineen von den Mechanikern Gebr. Elliot in London verfertigt.

Für Oberflächen-Geschwindigkeitsmessungen wurde das Zählwerk fortwährend eingeschaltet, und der Flügel mit einer hölzernen Stange verbunden; die Beobachtungen geschahen dann vom Decke eines vor Anker gelegten Bootes, dessen Lage durch eine Winkelmessung bestimmt wurde. Die Beobachtungszeit wurde ziemlich gross (5 Minuten) gewählt, und jede Beobachtung noch durch eine zweite gleich darauf folgende von kürzerer Dauer bestätigt, um vor groben Irrthümern sicher zu sein.

Zur Bestimmung der Wassergeschwindigkeit unter Wasser ist diese Zusammenstellung des Apparates, an welcher dann das Zählwerk aus- und einschaltbar hergerichtet wird, nur für verhältnissmässig sehr kleine Tiefen praktisch ausführbar, weil der Wasserdruck gegen die Latte bei grösseren Tiefen zu überwältigend, auch das Gewicht der Latte selbst, welche aus einem Eisenrohr zusammengesetzt wurde, zu unbequem wird. Révy befestigte statt dessen den Flügel an einen horizontal nach der Richtung der Bewegung liegenden schmiedeeisernen Stab von etwa 3m Länge, 7mm,5 Breite und 12mm Dicke; dieser hing an zwei dünnen, etwa 2m von einander abstehenden Ketten, die in übereinstimmenden Entfernungen durch eingeknüpfte farbige, abwechselnd

rothe und weisse Zeichen in leicht übersichtliche Längen (von je 1) getheilt waren. Mit diesen Ketten wurde der Flügel in die zu messende Tiefe gesenkt, und durch den Draht das Zählwerk in bekannter Weise ein- und ausgeschaltet.

Es waren nun bei dieser Beobachtungsart zwei Vorsichtsmassregeln zu treffen. Zuerst musste der erwähnte Stab fortwährend horizontal liegen, was leicht durch die Uebereinstimmung der entsprechenden Marken an beiden Ketten in Bezug auf die Wasseroberfläche zu erreichen war. Dann musste zweitens das Verbleiben des Apparates in der Verticalen unter dem Beobachter gewahrt bleiben. Hierzu dienten zwei Leinen, welche mit den Enden des Eisenstabes zusammenhingen und über zwei etwa 50m stromauf und stromab von dem zu messenden Punkte vor Anker gelegte Nachen gezogen waren. Auf einem dritten (am besten zwei neben einander durch ein gemeinsames Gedeck verbundenen) Nachen, der mit den ersteren Nachen durch festgespannte Leinen zusammenhing, stand das Beobachtungspersonal.

Dieser Apparat ist einfach herzustellen und erlaubt in jeder Tiefe, unabhängig von dem störenden Wasserdrucke, die zuverlässigsten Messungen anzustellen; er hat sich vortrefflich bewährt. Um die Bodengeschwindigkeiten zu messen, waren noch mit der mehrfach erwähnten Eisenstange zwei tellerartige Füsse in der Art verbunden, dass der ganze Apparat auf dem Flussboden aufgestellt werden konnte, ohne dass die Flügel denselben berührten.

Der Woltmann'sche Flügel lässt sich in der beschriebenen Anordnung noch dazu verwenden, um die für den Hydrotekten besonders wichtige mittlere Geschwindigkeit des Wassers in ein und derselben Lothlinie unmittelbar zu messen, unabhängig davon, nach welchem Gesetze die Geschwindigkeiten der einzelnen Wasserfäden in dieser Linie sich vertheilen. Lässt man nämlich das Zählwerk fortwährend im Eingriffe und bewegt mit gleichförmiger Geschwindigkeit den Apparat von der Oberfläche bis zum Fussboden und von da aus bis zur Oberfläche wieder zurück in beliebig häufiger Wiederholung, aber stets mit derselben Geschwindigkeit und so, dass stets die entsprechenden Marken gleichzeitig in das Wasser tauchen, also dass der Eisenstab stets horizontal bleibt, so zeigt der Flügel nach der Division mit der verflossenen Zeit diejenige Umdrehungszahl, welche der mittleren Geschwindigkeit entspricht. Es sieht sich dieses ein, wenn man bedenkt, dass der Flügel mit jedem Wasserfaden in gleich dauernde Berührung gekommen ist. Auch lässt es sich durch einen mathematischen Ausdruck leicht erkennen. Bei einer Wassertiefe H ist die mittlere Geschwindigkeit um des Wassers

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