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Spanien, den Handel und die gewöhnlichsten Finanzoperationen kannte, aber im diplomatischen Fache den Raijer namentlich in den zweischneidigen Negotiationen mit Spanien oft gewaltig compromittirte, welche den ehrgeizigen Planen des Cardinals Alberoni auf der Ferse folgten und die Seiten des Madrider Hofs durch Ripperda geführt wurden.

Wie Alberoni, dieser abentheuerliche, ruhelose, fühne spanische Premier vom parmesanischen Dorfpfarrer zum Cardinalminister emporgestiegen war, so war auch Ripperda ein Abentheurer und ein Parvenu und zwar einer der verwegenften des an dergleichen Leuten nach dem spanischen und nordischen Kriege überflüssig reichen Jahrhunderts. Er stammte aus Ostfriesland, war Obrist bei den holländischen Generalstaaten und ward von ihnen zu Abschließung eines Handelstractats nach Spanien geschickt, er hatte die Gunft der königlichen Familie erhalten und war in dieser mächtig emporgestiegen, nachdem er vom Protestantismus zum Katholizismus übergetreten war. Spanien hatte im Utrechter Frieden, der den spanischen Erbfolgekrieg schloß, noch nicht mit Oestreich sich vertragen, wünschte aber, nachdem Ludwig XV. den spanischen Hof durch das Zurückschicken der Infantin aufs Empfindlichste beleidigt hatte, um jeden Preis den Frieden mit Deft= reich, um sich an Frankreich rächen zu können. Nipperda ward deshalb nach Wien entsendet: er kam hierher im November 1724 und am 30. April 1725 schloß Realy mit ihm das Larenburger Bündniß und den Frieden zwischen Oestreich und Spanien..

Realp erhielt für dieses Bündniß die östreichisco Grafenkrone, Ripperda die spanische Fürstenschaft. Go bald Ripperda den ersehnten Tractat in der Tasd hatte, verließ er Wien und reiste als Courier nac Madrid. Er präsentirte sich in Courierkleidern de spanischen Majestäten und ward troß der gröbliche: Verlegung der Etikette aufs Beste empfangen: er war zum Minister des Auswärtigen und zum Duc de Rip perda promovirt. Die Gunst dauerte aber nicht lange wie auch das Bündniß nicht lange dauerte, Destreid mußte sich wieder mit seinen alten Alliirten, den Seemächten, sezen. Ripperda verließ später Spanien, ward in Marocco Muhamedaner und Minister und als er zuleht Stifter einer ganz neuen Religionssekte werden wollte, starb er.

In den Unterhandlungen mit Ripperda compromittirte Realp die kaiserlichen Interessen so empfindlich, daß endlich, um es nur nicht wieder zum Kriege kommen zu lassen, welchen er über Alles scheute, keine Zuflucht mehr übrig blieb, als zu leugnen und geradezu zu lügen. Dennoch aber erhielt sich der muntre Catalonier in des Kaisers Gunst. Er war ein Intimus von Sinzendorf und heirathete auch noch 1729, sechsundsechzigjährig, eine stebzehnjährige Gräfin Sinzendorf; der Kaiser schenkte ihm am Hochzeitstage die für 240,000 Gulden erkaufte Herrschaft Lichtenstein. Realp überlebte seinen gnädigen kaiserlichen Herrn noch bis zum Jahre 1741, wo er achtundsiebzigjährig zu Wien starb. Das Geschlecht blüht noch gegenwärtig in Destreich.

10. Hof, Civil: uud Militairetat und diplomatisches Gorrs unter Carl VI. nach dem Bestand im Jahre 1732.

I. Hofstaat: A. des Kaisers:

1. Der Oberhofmeisterstab:

Als Obristhofmeister stand an der Spige des gesammten Hofs: Sigmund Rudolf Graf von Sinzendorf, Vetter des Obristhofkanzlers Philipp Ludwig, der seit dem Tode des Fürsten Johann Leopold Donat Trautson 1724, welcher seinerseits 1721 dem Fürsten Anton Florian von Liechten= Hein gefolgt war, fungirte. Sinzendorf war wieder ein glücklicher Convertit, sein oben erwähnter 1677 gestorbener Vater Rudolf, dem Leopold die Kinder geraubt hatte, war noch Reichshofrath augsburgischer Confession gewesen. Der Convertit war zugleich Reichserbschazmeister, Generalfeldmarschall-Lieute= nant, Geheimer Rath, Grand von Spanien erster Klasse und Ritter des goldnen Vließes. Er stammte von der älteren Linie des Hauses Sinzendorf, der Linie Ernstbrunn, war geboren im Jahre 1670 und hatte wie Liechtenstein, der Obersthofmeister vor ihm und Althann, der Oberstallmeister, den Kaiser nach Spanien begleitet. Von 1711–1724 war er Oberfikämmerer gewesen. Im Jahre 1709 hatte er eine Gräfin Nostih geheirathet und nach deren Tode 1737 vermählte er sich mit einer Gräfin Hardegg. Von beiden Gemahlinnen hinterließ er keinen Sohn und starb, siebenundsiebzig Jahre alt, im Jahre 1747. Sinzendorf hatte in seinem Obristhofmeisterstabe wieder eine Menge Reichsgrafen unter sich, von denen die

Unterchargen versehen wurden. Es ressortirten von Oberhofmeisterstabe:

1. Der Obristhofkuchelmeister, der dae Amt, die Speisen auf kaiserlicher Tafel zu rangiren: und überhaupt die Aufsicht über die kaiserliche Hofküche hatte. Dieses Amt versah ein Graf Mollart, aus einem burgundischen Geschlechte stammend, das schon unter Kaiser Mar I. eingekommen war und 1652 den Reichsgrafenstand erhalten hatte. Die Hofküche bestand: aus funfzig Personen, einem Mund-, fünf Meister-, dreizehn anderen, drei Backerei-Köchen u. f. w.

2. Der Obristhofftabelmeister, der den kaiserlichen Truchsessen, wenn sie die Speisen auf die Tafel auftrugen, mit seinem Stabe vorausschritt: ein Graf Hallweil, von einer alten Familie, die aus der Schweiz stammt.

3. Der Obristhofsilberfämmerer, der der das Amt versah, den Kaiserlichen Majestäten das Waschwasser vor und nach der Tafel zu präsentiren und dem die kaiserliche Silberkammer speziell untergeben war: ein Graf Cavriani, aus dem alten aus Mantua eingewanderten Geschlechte.

4. Der Obristho funtersilberkämmerer, ein Graf Kunig und Weissenburg, aus einem Tyroler Geschlechte.

5. Der Hauptmann der kaiserlichen Hat= schierleibgarde: Graf Gundacker Althann. Er war zugleich Geheimer Rath, General und Gouverneur zu Raab, Director über alle kaiserlichen Hofs, Luft- und Gartengebäude und Oberinspector der Ma

ler- und Bildhauerakademie und derselbe, der einst die frohe Nachricht vom Höchstädter Siege nach Wien ge= bracht hatte.

6. Der Hauptmann der kaiserlichen Trabantenleibgarde: Graf Andreas Hamilton. Er war zugleich Hofkriegsrath, General und Gouverneur von Temeswar und stammte aus dem berühmten schottischen Geschlechte, das 1695 den Reichsgrafenstand erhalten hatte und 1776 in dem nach Destreich gefom= menen Zweige wieder erloschen ist.

Beide kaiserliche Leibgarden waren je hundert Mann stark.

Unter diesen Unterchargen des Obersthofmeisterstabs hatte der Obristhofkuchelmeister die meisten Unterbeamten unter sich, die ansehnliche,, Kuchel- und Kellerpartie."

Fernerweit standen unter dem Obrifthofmeisterstabe : Die vier kaiserlichen Mundschenken.

Die zwei Vorschneider.

Die vierzehn Truchseffe, welche die Speisen auftrugen. Die zwei Hofsecretarien.

Der Hofcontrolor.

Die sieben Hof-Medici.

Die drei Hof-Chirurgi.
Ein Hofapotheker.

Die zwölf Hofprediger und Hofcapelläne.

Der Präfect der Hofbibliothek, der gelehrte. Italiener Pius Nicolaus von Garelli, geft. 1739, der zugleich auch kaiserlicher Beichtvater und auch noch

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