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aunersdorf und Wolkersdorf, die Hohnleiten Dieses Räubernest erhielt sich ganzer hundert Jahre bis man in den vierziger Jahren des achtzehnten Jahr hunderts endlich den Wald zu beiden Seiten der Heer straße aushieb und auf den höchsten Punkt einen be ständigen Reiterposten hinseßte.

9. Neue Einwanderung spanischer und italienischer Familien: Larouc und Realp.

Unter Carl VI. kam eine legte Glücksperiode fü die spanischen und italienischen Edelleute am Wiene Hofe.

Schon seit der ersten innigen Verbindung Oestreichi mit Spanien und Italien unter Carl V. und Fer: dinand I. waren einzelne spanische und italienisch Herren in Destreich eingewandert und hatten sich seß haft gemacht, wie die spanische Familie der Grafen Ortenburg von Salamanca, die 1640 wiede ausstarb, oder doch eine große Rolle bei Hofe gespielt wie die in den Tagen Carl's und Ferdinand's oft genannten Madruzzi aus Wälschtyrol.

Unter Kaiser Rudolf II. finden wir die italieni sche Partei schon sehr stark im Hofdienst und in der Armee vertreten: die Basta und Belgiojoso commandirten gegen die Türken in Ungarn, am Hofe tref= fen wir einen Trivulzi als Oberstallmeister; unter den Mundschenken und Truchsessen waren eine Menge Staliener. Ein Cavriani war wieder Oberstallmeister am Hofe des Kaisers Matthias.

Der dreißigjährige Krieg zog die Italiener massenweise unter die Fahnen des Kaisers: von jenen Tage

wurden die Namen Piccolomini, Gallas, Colloredo, Colalto, Caprara, Caraffa u. s. w. berühmt; im Hoffriegsrath hatte den Haupteinfluß der bekannte Marchese Caretto di Grana. Von Spaniern blieben die jeßt erloschenen Maradas, von Ballonen die noch blühenden Bouquoy's in Oestreich. Wallenstein's Sturz ward von der italienisch-spanischen Partei, die die überwiegende bei Hofe war, veranlaßt, so mächtig war fie. Unter den Mördern des Friedländers kam vorzüglich Graf Leslie, ein Engländer, zu einer großen Carriere, dessen Familie jest ebenfalls ausgestorben ist, aber dem Namen nach bei den Dietrich steinen im Titel fortlebt.

Noch unter Leopold L. galten die Italiener und Spanier ungemein viel bei Hofe: der zur Reichsfürstenwürde promovirte Portia war sein Premier und seine Familie bezeichnete noch der große Eugen als den größten Hemmschuh in allen Geschäften des Kriegs und des Friedens. Die größte Rolle spielten zwei Italiener in Wien: Montecuculi und Prinz Eugen, der größte Feldherr, den Destreich gehabt hat, der sich mit seinem Neffen Thomas seßhaft in Wien machte.

Ein legtes Glück am Kaiserhofe machte die Masse getreuer Anhänger, welche der Kaiser Carl VI. aus seinem an Anjou überlassenen Königreichen Spanien, Neapel und Sicilien mit sich nach Wien brachte. Nach den Memoiren des Herzogs von Richelieu schäßte man diese Masse auf nicht geringer als 20,000 See= Ien. Es befanden sich darunter auch die vier spanim Regimenter Alcaudete, Ahumada, Marulli

und Faber: der Feldmarschall - Lieutenant Anto Diego von Alcaudete errichtete aus dem Re derselben noch 1721 ein Infanterieregiment. Der A hang der eingewanderten spanischen Herren an Diener schaft und dergleichen bildete seitdem einen so anseh lichen Bestandtheil der Bevölkerung von Wien, da Carl VI. ihm 1722 ein besonderes stattliches Hospite stiftete, das spanische Hospital in der Vorstadt Wa ringergasse auf einer Anhöhe gelegen; der dabei gele gene Kirchhof ward der Kirchhof der Schwarzspanie betitelt.

Obgleich diese Spaniarden die größten Ausschwei fungen unter der gutmüthigen Wiener Bevölkerung trie ben, kamen sie doch stets ohne Strafe durch, so daj sogar Prinz Eugen gesagt haben soll:,, wenn man nicht einmal einen Spanier bestrafe, so sei er selbst in seinem Palaste vor ihrer Bosheit nicht sicher." Die Ge legenheit fand sich denn auch bald, ein erspiegelndes Erem pel zu statuiren: ein Sicilianer Dr. Grillo hatte seinem Freund, dem Secretair des englischen Gesandten, mit dem Scheermesser früh Morgens die Kehle abge=| schnitten. Die theure Seemacht rührte sich energisch und mußte berücksichtigt werden: Grillo ward gerädert.

Unter den neuen mit dem Kaiser seit seiner Zurückkunft aus Spanien eingewanderten Fremdlingen ragte besonders hervor der Erzbischof von Valencia Don Antonio Folero de Cardona: er war Präfident des Raths der spanischen und italienischen Affairen, kaufte sich den Strozzi'schen Pallast am Ende der Josephstadt und baute sich ihn als Asyl aus; er starb

1724 zu Wien. Ferner: sein Bruder Don Joseph Folch, Präsident des Raths der Niederlande und OberHofmeister bei der frommen Kaiserin Eleonore von Neuburg, er starb 1729 zu Wien, vom Kaiser 1716 zum Reichsfürsten erhoben. Noch glänzen unter den ausländischen Notabilitäten des damaligen Wiener Hofs der Nachfolger des Erzbischofs in der Präsidentschaft des spanisch-italienischen Raths Joseph de Silva, Graf de Monte Santo, aus dem Geschlechte der Grafen von Cifuentes, und als Nachfolger von Don Joseph Folch in der Präsidentschaft des Raths der Niederlande Johann Antonio de Borador, Vicomte de Roccaberti, Graf von Savalla. Weiter: der Graf von Cordova, der Vicekönig des bis 1735 zu Destreich gehörenden Siciliens wurde; der kaiserliche Kämmerer Marchese Roffrano, von dem der Roffrano'sche Garten in der Josephstadt herrührt; Don Alvarez Cienfuegos, Cardinal und kaiserlicher Ministerplenipotentiar zu Rom und der Jesuit Giovanni da Salerno, der Bekehrer des Sohns des starken August, nachmaligen Königs von Polen, welcher zum Danke für die gelungene Converston-1719

den rothen Hut empfing.

Ver Allen sind in Bezug auf den Kaiser zwei Bertrandmänner desselben zu nennen: Emanuel de Silva, Graf von Larouca, der Sohn des por= tugiesischen Gesandten in Wien und der Marquis Realp. Graf Larouca war im innigsten Vertrauen Carl's, ein gewinnsüchtiger, kriechender, äußerst unwifender, aber eben so äußerst verschmitter Mann,

welcher einmal auf die Gewissensfrage, wie er ft denn so lange gegen so viele ihm überlegene Neben buhler zu halten im Stande sei, sehr kühl erwiederte ,,indem ich mir Alles gefallen lasse und mich dafür be danke" (injurias ferendo et gratias agendo). La rouca besaß den esprit de conduite im eminenter Grade. Der jüngere Moser schreibt ausdrücklich:,,3d weiß nur zwei Minister, welche das prudentiale in solchem Grade besessen und benugt haben. Der ein war der Graf Larouca, Minister und Vertrauter von Carl VI., der andere der hessische, später preußische Minister Waiz von Eschen."

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Der zweite spanische Vertrauensmann war der Catalonier Don Raimund a Vilana Berlas, Marquis von Realp, Geheimer Rath und oberster Universal Expeditions - Staatssecretair. Er hatte die Erpedition der spanischen Geschäfte. Er besaß Carl's Wohlwollen und Vertrauen in so hohem Grade, daß er neben Eugen, Sinzendorf und Bartenstein der vierte einflußreichste Mann in Wien war. Althann, der Gemahl der kaiserlichen Favoritin, hatte Realp erhoben, weil er Blößen genug an ihm entdeckte, um ihn immer in Händen zu haben und auch von dieser Seite den Kaiser zu influenziren. Nach Althann's Tode fanden bei Realp jene vertraulichen Abendzirkel statt, in denen Kaiserliche Majestät endlich die spanische Grandezza ablegte, sich gemüthlich und lebensfroh zeigte was er den Deutschen gegenüber niemals gethan hat. Realp war ein ehrlicher, dem Kaiser treueifrigergebener, aber unwissender und hißiger Mann, der nur

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