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penheimer erhielt für die Vorschüsse, die er machte, Anweisungen auf die Landescassen zu seiner Deckung. Der Gewinn, den dieses Hofvorschußgeschäft ihm abwarf, war so enorm, daß endlich der kluge böhmische Hofkanzler Gräf Franz Ulrich Kinsky, der 1699 starb, dasselbe an einen Christen, den Wiener Banquier Gottfried Christian Schreyvogel, bringen wollte. Dies Project verunglückte aber, weil Schrey= vogel dem Hofe durchaus nicht jederzeit und so schnell Geld zu liefern vermochte, wie der durch Connerionen in aller Welt unterstüßte Oppenheimer, der denn nach wie vor, auch nach den großen Tumulten, die gegen ihn ausbrachen, Hoffactor blieb. Um den Schreyvogel zu trösten, ward er 1701 zum böhmischen und 1706 zum Reichsritter promovirt. Als das Haus Oppenheimer in der Zwischenzeit zwischen jenen beiden Tumulten im Jahre 1703 fallirte, mitten im spanischen Erbfolgekriege, bewirkte das, daß der Kaiser auf einmal keinen Credit mehr finden konnte. ,,Es ist alles," schreibt der Markgraf Louis von Baden aus Heilbronn unter'm 15. Juni 1703 an ihn,,,auf die extremität in Geldsachen kommen, so gar, daß ich aus meinem Eignen alles, was ich vermocht, hergeben und mit harter Mühe davon etliche 100 Gulden, denen Nothwendigkeiten einige Artillerie in's Feld zu führen, aufbringen können; des Oppenheimer's in der Welt ausgeschriebenes Falliment macht, daß man nirgend vor keinen Heller Geld noch credit finden kann.“ Der Kaiser erließ Oppenheimer's,, Manquements hal

ber" unter'm 14. April 1704 eine Verordnung, wodurch alle Gläubiger unter ein besonderes judicium delegatum unter Vorfiz des Oberhofmarschalls Grafen Martiniz gewiesen und unter Einräumung ciner Frist von sechs Wochen und drei Tagen ihre Forderungen anzubringen aufgefordert wurden, nach deren Verlauf Niemand weiter gehört und die ergangenen Urtheile ohne alle weitere Appellation und Revision zur Ausführung gebracht werden sollten.

Im Jahre 1706 findet es sich, daß Oppenheimer wieder die Lieferungsgeschäfte für die Armee in Italien im spanischen Erbfolgekriege und die Remontirung der Cavallerie hatte. Das brachte ihn wieder zu Kräften und deshalb brach wahrscheinlich der von den neidischen christlichen Brüdern angestellte zweite Tumult aus.

Neben den jüdischen Haupthoflieferanten fungirten aber auch christliche, denen zuweilen die Adelsehre als Recompens zufiel: so finde ich, daß Thomas Edler von Granger 1722 nobilitirt ward,,wegen vieljähriger Bedienung des Hoffstaats, gemachten Lieferungen und geleisteten Geld-Anticipationen" und das Jahr darauf Wenzel Nedorost, äußerer Rath in Wien, wegen geleisteter Anticipationen."

Kamen große Geldverlegenheiten, wo die Vorschüsse nicht aushalfen, so nahm man zu Anleihen seine Zuflucht. Auch hier ward die Kaiserliche Majestät gehörig überseßt. Und zwar widerfuhr ihr das von ihren eignen Alliirten, den Scemächten. „In Finanzsachen," schreibt Spittler,,,war unter Kaiser Carl VI. die schönste Wirthschaft, die man sich den=

fen konnte. Gerne bezahlte der Kaiser S p. C., wenn man ihm nur Geld dafür borgen wollte. Nach den Memoiren des Ritters Ker von Kersland hatte er den Engländern zu Versicherung ihres Capitals und der Zinsen die schlesischen Fürstenthümer und den Holländern die ungarischen Quecksilber- Bergwerke verpfändet und doch noch mehr als 8 p. C. zahlen müssen. Große Handelsprojecte wurden gemacht, die allein schon um ihrer monströsen Größe willen nicht gelingen konnten. Lotterieen wurden errichtet, die so schlau eingerichtet waren, daß Niemand, der einseßte, verlieren konnte, und daß doch der Kaiser von dem Profit, den die Lotterie abwerfen sollte, 1730 vorläufig (gleichsam als einen Gewinn, den er selbst gemacht) fast 21⁄2 Millionen Gulden nahm.“ Spittler meint die berüchtigten,, Einhundert privilegirten Lotterieen der Röm. Kais. orientalischen Compagnie," über die in Wien am 29. April 1721 ein ausführlicher gedruckter Bericht ausgegeben wurde, um die getreuen, nur zu treuherzigen Völker Oestreichs herbeizulocken. Es waren Schwindeleien, wie sie Paris in den Actien Law's und England in der Südseecompagnie gleichzeitig hatte. Diese mit der orientalischen Compagnie in Verbindung gesezte ungeheure Lotterie bestand aus hundert Classen, jede zu tausend Loosen und ward alle Jahre viermal gezogen. Die Summe, die ausgespielt ward, betrug 120 Millionen Gulden Rheinisch, so viel betrugen nach dem Bericht die Gewinne und Prämien. Im Jahre 1730 nahm der Kaiser vorläufig 2,250,000 Gulden aus dem Fonds, gleichsam als einen Gewinn,

den er gemacht. Darauf hörten auf einmal alle an= deren Gewinne auf und die Lotterie verlor den Tredit, nur,, die Treuherzigen" spielten noch fort. Das Kaiserliche Patent vom 23. April 1731 versicherte zwar, daß der Monarch die Summe, die er als eine Uebermaaß supponiret," den,,treuherzigen Interessenten“ aus eigenen Mitteln,,, wie es immer der Justiz gemäß ist,“ zurückerstatten werde. Der Bescheid Röm. Kais. Maj. vom 11. Juli 1734 bedeutete aber die Interessenten,,,ratione derer vorhandenen Kriegszeiten sich in denen Umständen der Zeit zu fügen." Und zulest sprach Bartenstein von Versprechungen des Kaisers, wie Bartolus und Baldus: „dieses seien Decrete der Gnade, nicht der Justiz, und man brauche sie nicht zu halten." Ganz zulezt wurden den Interessenten 30 p. C. zugestanden, binnen zehn Jahren zu zahlen, mit laufenden Zinsen zu 4 p. C.

Wie der englische Adel, der so stark Profit zog wie der öftreichische, nur von fremden, nicht einheimischen Treuherzigen, auf die in Schlesten dargebotenen guten Bedingungen hin dem Herrn von Oestreich zu borgen ganz bereit sich erzeigte, ergiebt sich aus einer Notiz in den Lettres historiques Mars 1706, wo berichtet wird, daß die englische Anleihe durch Unterzeichnungen zu Stande kam: der Duc de Marlborough, der Klügfte unter den klugen Leuten der Insel, stand an der Spise mit 16,000 Pf. St. Die Engländer erreichten mit dieser Anleihe einen gedoppelten Zweck, einmal: die guten

Interessen und dann: den rüstigen Betrieb des Kriegs in Italien. Sie sahen sich nämlich ganz wohl vor, daß das Geld zum Kriege verwandt wurde: der Kaiser mußte die Rimessen aus England ausdrücklich nach Italien direct machen zu lassen versprechen.

Noch fehlt ein wesentliches Element in diesem Chaos der Hofzustände Wiens: der Hofbettel. Er schrieb sich aus den Zeiten Kaiser Leopold's her, der geradezu aus Bigotterie ihn zuließ. Der sehr wohl von den Wiener Zuständen unterrichtete Altdorfer Professor Rink läßt sich in seinen zu Anfang vorigen Jahrhunderts erschienenen Lebensbeschreibungen Leo= pold's und Joseph's I. (der aus freilich sehr wohl= feiler olympischer Großmuth noch freigebiger als sein Vater war) darüber so aus:

,,Gegen die Armuth zeigte der Kaiser Leopold so viel Liebe und in derselben Beständigkeit und Geduld, daß es kaum die Nachwelt glauben wird, wenn man ihr die davon gehabten Begebnisse vorlegen sollte. Es theilen sich die Bettler in Wien absonderlich in zwei Classen ein, in die sogenannten Audienz = brüder und in die gemeinen Bettler. Die Au= dienzbrüder sind Leute von guter Herkunft oder doch, die sich davor ausgeben; solche nehmen bei dem Kaiser Audienz, tragen ihm ihren elenden Zustand vor und empfangen aus seiner freigebigen Hand eine Beihülfe, so nach Beschaffenheit in hundert, funfzig, fünfundzwanzig und auch ein Düzend Ducaten beruhet. Der Kaiser, so bei allen Audienzen an dem Tische stehet, hat diese Ver=

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