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Herren in ihren Wagen auf der Schlossergasse. Sie geriethen sofort auf offener Straße mit den Degen an einander. Dem Marquis, von dem die Ausforberung ausgegangen war, sprang bei einem geführten Stoße auf den Gegner sein Degen, er erhielt nun sechs Wunden auf einmal und blieb auf der Stelle. Baron Geva rettete sich in seinem Wagen glücklich aus der Stadt, er begab sich auf die Güter seiner Anges hörigen und Freunde. Francheville war der Sohn eines der ersten Männer Frankreichs, des Parlamentspräsidenten und ein Liebling der ersten Salons Wiens. Der französische Gesandte Marquis de Seppe = ville that wegen Geva's Bestrafung alle Schritte bei Hofe, aber dieser konnte nichts weiter thun, als an verschiedene Orte Verhaftsbefehle zu schicken.

Auch die Bedienten waren so händelsüchtig, wie ihre Herren. 1682 im Carneval fiel ein bedeutender Cavalier-Bedienten-Tumult vor. Dieser Zeit, heißt es in den Frankfurter Relationen, hielten die beiden Herren Markgrafen von Baden (der Kriegspräsident Her= mann und sein Neffe, der damals siebenundzwanzigjährige berühmte Prinz Louis von Baden) Beiseins der vornehmsten Hof - Cavaliers und Damen einen raren Ballet und darnach eine sehr kostbare Abende mahlzeit, wobei sich aber begeben, daß, indem zwischen den allda anwesenden vielen Laquaien und Dienern und der Stadt-Guardie, so in dreißig Mann stark vor des Herrn Markgrafen Behausung stunden, des Nachts gegen 1/2 zwölf Uhr ein großer Tumult und Streit sich erhube, in solchem nicht allein ein schön

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Kutschenpferd erschossen, sondern auch über zwanzig Bedienten beschädiget wurden, von welchen noch drei selbigen Abends gestorben 2. Folgender Tagen wurde wegen des jüngst zwischen der Stadt-Guardie und ei= nigen Cavaliers - Bedienten entstandenen Tumults zu Wien öffentlich ausgerufen, daß, welche sich künftig dergleichen Ungelegenheiten anzufangen, unterstehen würden, nicht allein auf die Galeeren verdammt, sondern auch Feuer auf sie zu geben, der Stadt-Guardie anbefohlen und erlaubet sein sollte.“ In demselben Jahre, am 1. Juni, wurde ein kaiserlicher Prinz ge= boren, Wien war drei Tage hinter einander erleuchtet. Waren drei Abende nach einander durch die ganze Stadt Wien Lichter vor den Häusern aufgestecket. Der Magistrat ließ aus einem wohlgezierten Springbrunnen dreißig Eimer rothen und weißen Wein laufen und andere Victualien unter das Volk werfen. So ward auch vor des Herrn Colalto Geheimen Raths Haus ein Freudenfeuer angesteckt und dabei unterschiedliche kleine und große Münzsorten ausgeworfen. Ingleichen sah man sowohl vor des Herrn Bischofs, Markgrafens ven Baden, Fürsten von Schwarzenberg, als auch anderer großer Herren Häusern viel Fackeln brennen, wobei verschiedene artliche Figu= ren durch den dahinter gesezten Lichterschein präsentirt wurden. Unter andern, welches merkwürdig, hatte der französische Abgesandte Mr. Seppeville seines Königs Wappen mit einer Sonne darüber und der Umschrift:,,Fulget ubique" vor das mittelste Fen= ster seines Hauses hinausstellen und etliche Fackeln

dabei anstecken lassen. Worüber aber das Volk zu murmeln und sich zu sammeln angefangen, wäre auch, bevorab von denen Studenten um die Mitternacht leichtiglich reas thätliches erfolget, wofern ihnen die Soldaten und Rumorknechte nicht gewehret hätten." Die patriotischen Studenten hatten die Satisfaction, in der Nähe des französischen Gesandten die Rettung der Nationalehre zn erblicken. Ein vornehmer Hofbedienter hatte die Weltkugel illuminirt, darauf die Sonne und über dieser das östreichische erzherzogliche Wappen mit der Ueberschrift:,, Fulget ubique magis", darunter die mystischen Buchstaben: A. E. I. O. U. (Austriae est imperare orbi universo).

Auch Meuchelmorde auf offner Straße kamen vor. Graf Joseph Paris von Rosenberg, Großvater des ersten Fürsten Rosenberg, des Oberkammerherrn und Lieblings Kaiser Joseph's II., fiel 1685, erst vierunddreißig Jahre alt, unter dem Meuchel= dolch des durch seine heroischen und galanten Avan= turen bekannten Löwen des siebzehnten Jahrhunderts, General Rosen. Rosen war ein geborner Schwede, ein Liefländer und Lutheraner. Er trat in die Dienste des katholischen Herzogs Johann Friedrich von Hannover und convertirte sich. Dann wurde er Gardecapitain unter dem ersten Kurfürsten von Hannover, Ernst August, und begab sich von da nach Bien. Hier machte er sein Glück durch die Damen and stieg bis zum Generalmajor, wie Leibniz, der ihn übrigens einen Mann von Geist und Muth nennt, an den Landgrafen von Rheinfels schreibt.

Rosen war des Grafen Rosenberg Rival um ein Regiment und erdolchte ihn, als er eben von der Danksagung bei Hof nach Hause fahrend aus dem Wagen stieg. Er rettete sich hierauf in ein Minoritenklofter und sollte ausgeliefert werden. Durch eine besondere List entsprang er aus der Haft und seßte hierauf sein Abentheurerleben fort: seine Zeitgenossen nannten ihn nur,, den Tollen." 1696, elf Jahre nach der That, fam er sogar mit den Truppen, die der Kurfürst von Sachsen nach Ungarn schickte, wieder nach Wien und erhielt hier um deffentwillen Pardon. Später, 1704, nahm er bei einem Besuche seines Bruders, der Commandant zu Wittenberg war, ein plögliches gräßliches Ende.

In demselben Jahre 1685, wo dieser Mord Nosenberg's in Wien vorfiel, ereignete sich auch die schauderhafte Ermordung des ältesten Sohns des beim Kaiser hochbetrauten Geheimen Raths Johann Quintin Graf Jörger. Dieser hatte einen Amtmann auf seinen Gütern, mit dem er bisher wohl zufrieden war; plöglich verließ dieser seinen Dienst und suchte einen andern. Da aber derselbe sich nicht sogleich fand, faßte er Verdacht gegen seinen Herrn, daß dieser daran Schuld sei und beschloß eine so nachdrückliche Rache an ihm zu nehmen, daß er zeitlebens daran denken müsse. Graf Jörger, schon ein alter Herr von einundsechszig Jahren, war gewohnt zur Messe bei den Michaelern, nahe bei der Burg, mit seinem ältesten Sohn, einem vielversprechenden Jüngling zu fahren. Der Amtmann stellte sich mit einem gezogenen Rohr

unter dem Mantel an die Thüre der Kirche und indem der Graf mit seinem Sohne aus der Kutsche stieg, schoß er den Sohn neben dem Vater durch den Hals über den Haufen. Auch er suchte sein Asyl in dem Kloster, ward aber, nachdem man ihn durch den Rumormeister mit Gewalt herausgefordert, ausgeliefert und gerädert, froh bei aller Marter, daß er seinen Blan durchgesezt: der alte Graf hat wirklich noch zwanzig Jahre seinen Sohn betrauern müssen. Merkwürdig war, daß, als die Execution vor sich gehen sollte, der Bischof von Wien und der päpstliche Nuntins dagegen protestirten die Execution ward aufgeschoben. Der Maleficant mußte wieder ins Kloster geliefert werden und erst, als die geistliche Obrigkeit ihre Erlaubniß ertheilt, ihn wegzuholen, ging die Hinrichtung vor sich.

Auch außerhalb Wiens fielen in den Provinzialflädten ganz ähnliche Auftritte vor. So ward 1708 Graf Leopold Stubenberg zu Gräz, als er aus dem Geheimen Rath in seiner Kutsche Mittags nach Hause suhr, von zwei Cavalieren angefallen, von einem zum Duell gefordert und als er es ausschlug, meuchelmörderisch umgebracht. 1715 ward der Schloßhauptmann in demselben Gräz, Philipp Seifried Graf Dietrich stein, von seinem gewesenen Laquai mit einer deppelt geladnen Pistole erschossen.

Raufereien und Duelle waren an der Tagesordnung. Rentag den 19. Novbr., heißt es in den Frankfurter Rela= tienen zum Jahre 1674, hielt Herr General Kopp, Obrister zu Bien, eine Gasterei, wobei Herr Graf Ferdinand

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