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stand wegen ihm ein furchtbarer Tumult in der Stad Sein Haus am Petersplaß ward erbrochen, geplünder. viel Geld und Kostbarkeiten geraubt, alle Schrifte und Handelsbücher zu des Kaisers nicht geringer Schaden zerrissen, denn er mußte natürlich erseßen, wa der Hofjude aus der Memorie ansehte, um die Han delsbücher wieder in Gang zu bringen. das präch tigste Geräth des reichen Israeliters ward zum Fenste herausgeworfen, den Weinfässern sämmtlich der Boden ausgeschlagen. In verborgene Gewölbe eingeschlossen rettete Oppenheimer mit den Seinigen mit Müh und Noth das nackte Leben. Erst aufgeführte Kanononen und das Aufknüpfen von ein paar Rädelsfüh rern dämpften die unglaubliche Wuth des Pöbels. Sechs Jahre später kam aber schon wieder ein Judentumult: in der Rossau und Josephsstadt wurden alle Judenhäuser geplündert.

Sehr schlimme und gefährliche Leute waren zu damaliger Zeit die Studenten in Wien. Der besondere Gerichtsstand, der ihnen gehörte und die nach wiederholten Todtschlägen an den Verbrechern gleichwohl geübte Gnade bestärkten fle recht geflissentlich in ihrer Wildheit. Manchem ausgepichten Bösewicht war das fahrende Studentenleben gerade der allerbequemste Deckmantel zum continuir lichen Fechten, Stehlen und Nauben. Den endlich Festgenommenen fehlte es nie an Mitteln zum Entweichen. 1676 melden die Frankfurter Relationen und das Theatrum Europaeum,,grafsirten in den Vorstädten zu Wien bei funfzehn ematriculirte Studenten lange Zeit, welche wegen täglich verübter großer Insolentien, Raub,

Plünderung, Weiberschänden und Mordthaten dem Rumermeister anbefohlen worden. Er brachte endlich zwei zu Gefängniß, der Rädelsführer aber, fünfundzwanzig Jahre alt, wehrte sich gegen vierundzwanzig Rumorknechte, beschädigte einige davon tödtlich und warf sie über den Haufen. Endlich ward auch er gefangen und in Eisen geschmiedet, er flog aber doch mit Hinterlassung der Ketten aus - ,,hatte zu Wien, Gräß und Prag ihrer elf im Balgen und andern Händeln erlegt und ist härter als Stahl und Gisen befunden worden.“

Die Hauptfeinde der Studenten waren nächst den Juden die Schneider. Mit ihnen hatten ste zahllose Gefechte. Es kam dabei nicht selten, wie in dem an= geführten Jahre 1676, vor, daß drei bis sechs Nauf= bolde von Studenten sechszig bis achtzig Schneider flugs aus ihrer Herberge herausjagten und das für fie bereitete Festmahl sich ganz wohl schmecken ließen. Dieselben literarischen Raufbolde stahlen damals der Gräfin Colalto 3000 Ducaten an Gold und Juwelen. Auch die Musensöhne Wiens, wie seine Fleischhacker, lieferten den Soldaten der Stadt - Guardia förmliche Schlachten: drei Jahre vorher, 1673, ward durch eine solche Schlacht der Studenten und Solda= ten sogar die Passions - Prozession der Jesuiten unterbrochen.

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Gegen alle diese Ungeheuerlichkeiten geschah unter Leopold einige Abhülfe. Im Jahre 1688 schon ward der Sicherheit und Bequemlichkeit halber die Straßenbeleuchtung eingeführt und in demselben Jahre Deftreich. VII.

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ein Edict erlassen, das den Handwerksburschen un andern ledigen Personen aus den niedern Ständen da Degentragen untersagte. Wie wenig aber das Verbo gefruchtet habe, beweist, daß es unter Carl VI. 171 erneuert werden mußte. Zu Kriegszeiten spielten di Studenten eine besonders gefährliche Rolle, so noch im spanischen Erbfolgekriege gegen Frankreich und Baiern, als gleichzeitig die malcontenten Ungarn bis Wien ftreiften. Sonntag am 17. Januar 1706 brach ein Haupttumult in Wien aus, Abends fünf Uhr. ,,Die Studenten, berichten die Lettres historiques, unter dem Vorwand, eine erlittene Unbilde an den Juden (es war wieder Oppenheimer, den der christliche Wiener Kaufmann durchaus stürzen wollte) rächen zu wollen, rotteten sich zusammen und zerbrachen mehr als 300 Laternen in der Nähe der Burg, ohne daß Jemand sie kannte. Sie nahmen auch alle Fackeln weg, die die Laquaien trugen. Die Zahl der Meuterer stieg durch die Populace, die sich ihnen anschloß, dergestalt, daß das Garnisonregiment in der Burg und die Stadtwache Feuer auf ste geben mußte. Sieben fielen, eine größere Zahl ward verwundet und gefan= gen. Was am nachdenklichsten war, war das, daß man mehrere Ungarn und Baiern unter den Gefangenen betraf. Sie waren mit Degen, Pistolen und Keulen bewaffnet. Um den weiteren Unordnungen vorzubeugen, fand man für räthlich, die ganze Bürgerschaft zu bewaffnen, denn die Populace in den Vorstädten hatte sich ebenfalls zusammengerottet und ein schönes Haus und Garten, die einem Juden gehörten, geplün

dert. Von da waren die Meuterer, an 1000 Mann stark, nach Nußdorf gezogen, wo sie das Haus eines andern reichen Juden geplündert hatten und sie würden es ganz ausgeraubt haben, wenn sie nicht von funfzig Reitern, die man hinschickte, behindert worden wären. Man ließ nun Dragoner kommen, die außerhalb der Stadt cantonnirten. Auf die Hauptposten der Stadt wurden Garden gestellt. Den Bürgern ward angesagt, Abends vier Uhr ihre Häuser zu schlie= ßen, zwei Tage lang hielt man die Stadtthore gesperrt. Nichtsdestoweniger hatten die Studenten die Dreistig= feit, ihren Kameraden durch Anschläge wissen zu lassen, daß sie sämmtlich sich den 20. oder 21. Januar auf den Rendezvousplägen bewaffnet einfinden sollten. Sie konnten aber ihre Drohungen nicht ausführen. Die Malcontenten benußten jedoch die Gelegenheit, machten verschiedene Streifzüge durchs Land und trieben bis unter die Thore von Wien Contribution ein."

Die Hauptabhülfe kam erst unter dem legten habsburgischen Kaiser. Unter Leopold hatten noch keine geworbene Söldner nach der Stadt Wien gedurft, wie dies noch heut zu Tage in der City von London als Gesez gilt. Carl VI. nöthigte die Stadt, eigne Casernen, dem Augarten gegenüber, zu bauen: in sie ward ein Dragonerregiment verlegt und dieses patrouillirte nächtlich die Vorstädte durch. In der Burg und Stadt selbst versah noch die Wachen das Garnisonregiment der Stadt-Guardia, das früher unter dem Marchese Cbizzo, der schon 1683 bei der Türkenbelagerung commandirt hatte und 1711 starb, stand und damals

als Carl VI. die Casernen gründete, unter dem Grafen Daun, dem Vater des im ftebenjährigen Kriege berühmten Helden.

Mit dieser stehenden Garnison in Wien ward der communlichen, wie der aristokratischen Unabhängigkeit der Todesstoß gegeben. Die Maaßregel war aber eine Maaßregel der Nothwendigkeit: unter Leopold und noch unter Carl VI. waren die schrecklichsten Dinge auf offner Straße vorgefallen, man hatte Abends, ohne mit Pistolen und Degen bewaffnet zu sein, nicht in der Stadt passtren können, es war sogar periodisch das Standrecht verkündet worden.

Montags den 8. November 1666, heißt es in den Frankfurter Relationen, es war kurz vor dem Einzug der ersten Gemahlin Leopold's, der spanischen Infantin wurde bei Trompetenschalle öffentlich ausgerufen, daß, weil eine Zeit hero wöchentlich zwei, drei bis in vier Personen ermordet worden, kein Mensch, er sei, wer er wolle, nach acht Uhr Abends ohne Licht auf der Gasse sich betreten laffen solle. Derentwegen man zu Verhütung ferner solcher Ungelegenheiten auf den größten Plägen der Stadt Wachthütten, sampt darneben stehenden Schnellgalgen aufgerichtet."

Im Jahre 1682 bekam ein Baron Geva mit einem Franzosen von Rang, dem Marquis de Francheville, bei einem Banquet Streit. Es kam zu einer Ausforderung, die aber dadurch verhindert wurde, daß beide Stadtarrest angekündigt erhielten. Am andern Tage, den 12. Juni, begegneten fich di

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