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da schämte man sich doch endlich in Destreich und Maria Therefta ging in die preußische Humanität ein. In Schlesien aber wurden manche altöstreichisch-patriotische Gutsbesizer so erbost, daß sie nichts eifriger wünschten, als das Land wieder von dem schlimmen aigle noir an den alten geliebten Doppeladler zu bringen. Die Verrätherei des Baron Warkotsch im Lager zu Strehlen stammte hauptsächlich aus diesem Patriotismus: es wäre ihm ein Gaudium gewesen, den alten Fris zu öftreichischem Gefängniß zu bringen.

In Ungarn war die Erklärung der Bauern zu ewigen Leibeignen 1514 nach Unterdrückung des gro= Ben Aufstandes der Kurugen erfolgt, die Magnaten dictirten damals den Bauern als Strafe „einen höheren Zins, außer Korn-, Blut- und andern Zehnden, noch das neunte Theil der Ernte und überdem in jeder Woche noch einen besondern Robothentag."

Unter den Bürgern in den Städten und namentlich in der Hauptstadt herrschte noch eine merkwürdige Mischung von Zwang und Freiheit. Streng ward auf Einhaltung der Kleiderordnung gesehen. Eine Bürgersfrau, die eine Haube über ihren Nang trug, stand in Gefahr eingezogen zu werden und die von der Regierung durch das Gesez firirte Eifersucht der Stände unter einander hielt das Gesez selbst aufrecht. Alle Zünfte gingen nach dem alten Herkommen: Bicker lavendelblau, Müller grau, Gerber braun, Eisenarbeiter dunkelblau u.s.w. Das

bei herrschte aber unter diesen herkommenmäßig angezo-2 genen Zunftleuten viel Wildheit der Sitten, ungeheurer Zunftstolz und unaufhörliche Hinneigung zum Fauftrecht. Besonders gewaltthätige Zünfte waren die Fleischhacker, die Fischer, die Maurer, die Steinmeßen in Wien: nicht selten erregten sie schwere Aufstände, seßten fich dabei gegen die Soldaten der Stadt - Guardia und der Rumorwache zur Wehre und es kam zu förmlichen klei- !% nen Schlachten. Das Garnisonregiment der StadtGuardia und die 200 Mann Rumorwache unter dem Rumorhauptmann besorgten den Sicherheitsdienst in Wien, es kam aber zwischen ihnen selbst aus 2 Eifersucht und Händelgeist inmitten der Stadt und noch häufiger in den Vorstädten zu Scharmügeln und fie: schlugen sich zu den entgegengeseßten Parteien der Zünfte. Die Fleischhacker waren eine höchft stattliche Zunft, die denn auch vom Hofe besonders aufgeboten wurde, wenn türkische Gesandte einzuholen waren, dann,, so prächtig und stattlich gekleidet, als jedes nur aufbrin= gen könne," sich zu Pferde zu sehen. Sie und die Roßhändler erschienen dann in ihren Lederkollern mit rothen Schärpen. Wegen ihrer immerwährenden Händel mußten aber diese Fleischhacker durch eigne Briefe zur Urfehde und Abschwörung aller Nache für das, was einem der bestraften Schuldigen unter ihnen widerfah= ren, bei Verlust Leibes und Gutes verwiesen werden. Die Fischer, bei denen sich gezeigt hatte, daß sie den größten Unfug getrieben, sollten weder Sommer, noch Winter einen Mantel, Gugel oder Hut tragen dürfen, sondern bei Sonne und Regen bloshäuptig auf dem Markte stehen,

,,damit sie um so mehr eilten und den Leuten um so beffern Rauf gäben.“

Auch die Wiener Schuster machten viel zu schaffen, sie waren namentlich immer die eifrigsten Feinde der Juden. Sie wagten noch unter Carl VI. zwei schwere Aufstände und wurden erst damals durch Millionen Stockprügel, Verurtheilung Vieler auf die Gas leeren und in die Zuchthäuser und Hinrichtung zweier Rädelsführer gebändigt.

Merkwürdig waren die damaligen Zustände der Juden in Wien. Schon zu Ferdinand's II., des frömmsten katholischen Kaisers Zeiten hatten sie hier einen großen Stand, namentlich bei Hofe. Sie bes wohnten die heutige Leopoldsvorstadt, hatten zwar in der Stadt ihre Verkaufspläge, durften aber nicht daselbst übernachten. Sie mußten Leibzoll zahlen, wie das Vieh, mußten zur Auszeichnung spiße Hüte tragen und einen gelben Fleck am linken Arme. Nichts desto weniger, .,weil sie, berichtet der,, Status regiminis," der Elzevirische Hofschematismus unter Ferdinand II., dem Hofe sehr nüßlich sind und aus andern Ursachen und Gründen duldet man sie nicht nur sehr gern, sondern ste erfreuen sich auch der größten Privilegien und sind durch die größten Protectorien geschüßt." Sie wurden in Wien sehr reiche Leute, durch gute und durch böse Wege. 1667, berichten die Frankfurter Relationen, ward ein Judenrichter Hirschel Mayer gefangen gesezt, der dem Kaiser binnen dreiundzwanzig Jahren nicht weniger als zwei Millionen 200,000 Gul

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den Contributionen seiner Glaubensgenossen entzogen hatte. Er ward mit ewiger Verbannung aus Wien bestraft und man confiscirte sein Vermögen: 70,000 Gulden es ist aber hin dem Bericht der Frankfurter Relationen von,, fieben noch uneröffneten Kaufgewölben," dann von ,,3000 Ducaten" und dann noch von einer großen Perlenschnur. die er in einen Brunnen geworfen," die Rede. Man begnügte sich, gegen Abfindung durch die Finger zu sehen. Von Zeit zu Zeit legte man den Juden in corpore Geld= strafen,,für ihre Verübungen“ auf. Sie kannten aber ihr Terrain sehr wohl. 1668 berichten die Frankfurter Relationen: Am 31. December haben J. K. M. die Niederöstreichische Land - Obristen Stelle Sr. Erc. dem Grafen Sprinzenstein (Hofvicekanzler der Niederöstreichischen Regierung) aufgetragen, welche hingegen desselben Tags von der Wienerischen Judenschaft ,,üblicher Gewohnheit nach" mit einem filbernen vergüldeten Pokal von fünfundzwanzig Marken, dero Ge= mahlin aber, sodann auch die verwittwete Kais serin (die splendide, galante Eleonore von Mantua) eine jegliche mit einem ansehnlich großen Lavor oder Handbeck zum neuen Jahr beschenkt worden."

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Zwei Jahre darauf, im Jahre 1670, wurden die Juden aber doch aus Wien ausgeschafft, nachdem, wie die Frankfurter Relationen berichten, am 28. April 1669 ein furchtbarer Erceß zwischen Juden und Studenten (die nächst den Schustern ihre Hauptfeinde waren) vor= gekommen war. ,,3ft aus der Judenschaft ein Aus

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fall unter die Leute geschehen, wobei acht Christen und darunter ein Spanier geschossen worden, wovon gleich zwei todt geblieben. War also wider die Judenschaft eine sehr große Verbitterung. Besonders aber erregten die Studenten einen starken Tumult wider die Juden, so gar, daß sich die völlige Guarnison ins Gewehr be= geben müssen, wobei zwei Personen durch das Schießen verlegt worden; ward auch alles Ernsts befohlen, daß die Guarnison deßhalb Tag und Nacht verbleiben sollte."

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Darauf kam der Befehl zur Austreibung der Juden, hauptsächlich auf Bitten der ersten Gemahlin Kaiser Leopold's, der spanischen Infantin, die einen blinden Haß gegen die Juden aus ihrem Vaterlande mitgebracht hatte, die der im Tumult erschossene Spanier bei diesen Hasse bestärkte und die der Bischof Kollonitsch nachdrücklichst unterstüßte. Man trieb die Juden aus der Vorstadt, die sie bewohnten, die bis dahin die Judenstadt hieß und jezt in die Leopoldstadt" umgetauft wurde. Ihre Synagoge wurde zu einer katholischen Kirche eingeweiht: am 18. August 1670 legte der Kaiser den Grundstein zur Leopoldskirche.

Es dauerte aber gar nicht lange, so waren die Juden wieder in Wien. Schon Sinzendorf, der Kammerpräsident, wie oben erzählt, ließ sie wieder heimlich ein. Und einer aus ihnen ward gerade der, dem der Kaiser alle Geldgeschäfte mit dem Hofe überließ, der oben erwähnte reiche Hoffaktor Samuel Oppenheimer. Er ward von der Wiener Kaufmannswelt tödtlich gehaßt und im Jahre 1700 ent=

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