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folgten. Ein Enkel Helmhard Jörger's, Hauptvorfechters der Protestanten unter Ferdinand II., war schon wieder hochbetrauter Minister Leopold's I. Es fand sich, daß gerade die Convertiten die besten Katholiken waren. Die Convertiten vergaßen die Tage der babylonischen Gefangenschaft, begaben sich nach wie vor wieder zur Messe, beteten ihren Rosenkranz, gingen in den Prozesstonen mit als Patriarchen oder Waldteufel, trugen die Kutten marianischer oder seraphischer Brüderschaft, wurden aber wieder so reichbegütert und mächtig wie zuvor. Von den einundsiebenzig Grafen-, Herren- und Rittergeschlechtern, welche sich zur Zeit des westphälischen Friedens noch öffentlich zur protestantischen Religion bekannten, gab es zur Zeit Ma= ria Theresia's nur noch drei in Oberöstreich: eine Linie der Grafen Auersperg, die Grafen Laßberg und die Barone Stockhorn. Sogar die Zinzendorfe, die Familie des Bischofs der Brüdergemeinde, hatte sich 1739, ein Jahr vor des lezten Habsburgers Lode, in der Person des Seniors derselben convertirt und der lezte Zinzendorf folgte unter Maria Therefta 1764. Jene drei Familien hatten noch ihre Güter, blieben aber von allen Anstellungen ausgeschlossen und mit der Religionsübung wa= ren ste nach Dedenburg in Ungarn und an die lutherischen Gesandtschaftscapellen in Wien gewiesen *).

*) Leopold verbot den evangelischen Herren dies Leztere noch ausdrücklich durch zwei Befehle vom 26. Jan. 1683 und 24. Juli 1688; erst seit seinen Nachfolgern ward es erlaubt.

Der neue Adel, den Ferdinand im dreißigjährigen Kriege sich geschaffen hatte und der aus dem Kerne der in Destreich, Böhmen und Mähren dem Kaiserhause treu gebliebenen Familien bestand, der Dietrichsteine, Egggenberge, Trautmannsdorfe, Lobkowize, Breuner, Harrach u. s. w., ferner aus den ältesten Convertiten, wie den Liechtenstein, den Khevenhüller, den Althann, den Kuffstein u. s. w., endlich aus den zahlreichen und reich mit Gütern namentlich in Böhmen dotirten italienischen, spanischen, wallonischen, croatischen militairischen Familien, wie der Colloredo, Collalto, Gallas, Boucquoy u. s. w. — dieser Adel war ein ganz an= derer als die alten Dynaften und Edelherren gewesen waren, es war ein Adel von neucreirten Grafen und Fürsten, der seine Grafen- und Fürstentitel dem Festhalten des katholischen Glaubens oder dem Rücktritt zu demselben verdankte. Ferdinand schuf, wie oben erwähnt, zwanzig bis dreißig neue Fürsten- und gegen slebenzig neue Grafengeschlechter. Seine Nachfolger fuhren in diesem Wege fort. Ferdinand III. fürstete die neucon= vertirten Auersperg, Leopold I. die treu katholisch gebliebenen Schwarzenberg und Fürstenberg und nach der 1683 abgewandten Türkengefahr die bereits unter Ferdinand II. convertirten Esterhazy's: aus den beiden großen Fournéen in und nach dem Jahre der weißen Bergschlacht und in und nach dem Entsahjahre von Wien datirt fast der ganze heutige hohe Adel Oestreichs.

Diese neugeschaffene Aristocratie von Grafen und Fürsten ließ sich denn auch gefallen, was Kaiser Leo pold ihnen erklärte: „daß er den Gehorsam und die Anhänglichkeit seines getreuen Adels vorzüglich darin erkennen werde, wenn der= selbe seine Schlösser und Burgen verlassen und in die Städte und vorzüglich in die Hauptstadt übersiedeln würde." Der neue hohe Adel Oestreichs that demgemäß und wußte von Zeit zu Zeit in der Wiener Hofburg seine Devotion gegen Kaiserliche Majestät mit spanischer Kniebeugung vor den getreuen übrigen Unterthanen auf's Alleranschaulichste zu versinnlichen. Indem man dem Kaiser seine hohe Reputation" beließ, ja den Nimbus derselben noch steigerte, hielt man fort und fort fest an dem Princip, das einmal ein Herr der ersten protestantischen Adelskette, Herr von Tschernembl, dem Kaiser Matthias bei den Verhandlungen über die Capitulationsresolution in einer am 12. März 1609 gehaltenen Rede geradezu und überaus erpressiv ausgedrückt hatte:,,Derjenige Herr ist für keinen hohen Potentaten zu achten, der sich einen König vieler Knechte und Sclaven nennen kann, sondern der über einen ansehnlichen befreiten Adel und privilegirte Stände und Landschaften ein Herr ist. Je höher nun eine Landschaft oder Stände privilegirt, je höher ist derselbe Herr und Potentat und je größer ist seine Reputation." Dieser in England, wo es eine dritte Potenz, die gentlemen, die Gemeinen giebt, sehr

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richtige Saß war in Destreich, wo die zwei obern Stände ihre hohe Stellung über den dritten Stand schon durch den Namen recht eindrücklich versinnlichten *), geradezu eine Proclamirung des Systems der Adelsoligarchie. Die neue öftreichische Aristocratie sprach diesen Sah nicht mehr öffentlich aus, aber sie hielt ihn fest.

Neben dem Ceremoniel der Devotionsbezeugungen genoß der neue hohe Adel Oestreichs wahrhaft fürstliche Rechte dem Kaiser gegenüber und zwar nicht etwa blos mittelalterliche fürstliche Ehrenvorrechte, sondern recht reelle, moderne, einträgliche fürstliche Rechte; solche Rechte, die sich zum Theil für eine gute Landesverwaltung geradezu hemmend erwiesen und deshalb auch abgeschafft wurden, als ein kräftiger Herr die Zügel der Regierung überfam.

Zu den noch mittelalterlichen fürstlichen Ehrenvorrechten der neuen hohen Aristocratie Oestreichs gehörte das Recht, das die Schwarzenberge, Liechtensteine und Dietrichsteine, die Esterhazy's, die Windischgrät, die Harrach, Hardegg, Schlick und die heut zu Tage ausgestorbenen Trautson be= saßen, in ihren alten Herrschaftssigen Ducaten und andere Münzen mit ihrem Bildniß und Wappen prä

*) Im dritten Stande Niederöstreichs hatte die Stadt Bien eine halbe und achtzehn andere Städte und Märkte auch nur eine halbe Stimme. Diese zwei halben Stimmen des dritten Standes waren seine ganze Macht, während im Herren- und Nitterstande jeder Parvenu, der recipirt wurde, seine ganze Stimme hatte.

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gen lassen zu dürfen; ferner das Recht, das Schwarzenberge als Herzoge von Krummau die Esterhazy's in Eisenstadt ausübten, 150 un beziehentlich 200 Mann Leibwache sich halten zu dün fen; der Lehnhof, den viele alte Familien hatten, wi die Liechtenstein, die Starhemberg, die Har rach, die Hardegg, die Traun, die Stubenberg die Weissenwolf, die Zinzendorf und Potten dorf und die Polheim. Die Schwarzenberge die Esterhazy's und die Breuner hatten sogar dai Recht zu adeln, Doctoren, Licentiaten und Notarier zu creiren.

Zu den reelleren, weil sehr lucrativen und deshalb für den Mißbrauch äußerst verführerischen Privilegien des hohen Adels Oestreichs gehörte die Zoll- und Aufschlagsbefreiung von Victualien und Bedürfnissen, welche sich dieser Adel von seinen eignen Gütern mit Pässen zuführen ließ ein solches Privileg genossen z. B. die Starhemberg und die Traun.

Ganz modern exceptionell waren aber die Mauthprivilegien, die Privilegien, auf ihren Herrschaften zu Wasser und zu Lande Mauthen und Zölle zu errichten, die einzelne hohe Adelsgeschlechter sich zu verschaf= fen gewußt hatten. Diese Privilegien waren ganz neu, fle datirten vom Anfang der neuen Adelsherrschaft in Destreich, vom dreißigjährigen Kriege. Das Diplom, das die Harrach von Kaiser Ferdinand II. erhielten, war vom 10. August 1624 und vom 25. August 1625. Später erhielten die Breuner auf Aspern ein gleiches Privileg durch Diplom vom 18.

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