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servirt, im Winter, wie im Sommer; darauf treibt jeder, was er will, macht Conversation, oder spielt seine Partie l'Hombre, Piquet u. s. w. Hazardspiele find sämmtlich verboten."*)

„Neulich sah ich eine solche Galla beim Grafen Althann (dem Gemahl der spanischen Althann), dem Liebling des Kaisers. Nie in meinem Leben habe ich so reiche Kleider gesehen, aber auch niemals von so schlechtem Geschmack. Stickereien, Gold und Silber find dabei verschwendet, denn der größte Lurus ist, worauf man allein das Absehen richtet; sieht man es einem Kleide an, daß es viel gekostet hat, so ist der Zweck erreicht, man verlangt nichts weiter."

Die Lady schreibt weiter unterm 1. Januar 1717: Der Carneval hat hier seinen Anfang genommen und alle Luftbarkeiten sind in vollem Gange, ausge= nommen die Maskenbälle, die niemals während eines Türkenkriegs erlaubt sind. Die Bälle, die man giebt, find öffentlich, die Herren bezahlen beim Eingang einen Ducaten, die Damen nichts. **)

*) Doch berichten die Touristen, daß viele vom höchsten Adel heimlich Pharaobank gehalten hätten. Unter Kaiser Franz ward das Hazardspiel zugelassen.,,Im Ganzen, schreibt Dutens, englischer Legationssecretair in Turin, giebt es keinen Hof, an dem man höher und nobler spielt, als in Wien.“

**) Der Hauptentrepreneur der Bälle unter Carl VI. war Acriboni, Garderobier des Prinzen Eugen: der Hauptball ward in dem vom Stadtmagistrat zu einer öffentlichen Auberge damals erbauten Meßlgrube am Neuen-Markte gegeben.

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Man hat mir gesagt, daß die Einnahme manchen Abend an 1000 Ducaten betrage. Der Ballsaal ist sehr reich geschmückt. Die Musik würde vortrefflich sein, wenn man dabei nicht Jagdhörner gebrauchte, solche Blasinstrumente sind nach meinem Geschmack nur ein Lärm, der die Ohren betäubt. Dieser Lärm aber gefällt den deutschen Ohren so sehr, daß man keine gute Musik zu haben glaubt, wenn diese Blasinstrumente fehlen. Die Bälle werden jedesmal mit englischen Contretänzen beschlossen. Man tanzt sie zu dreißig bis vierzig Paaren, aber sehr schlecht; man kennt nur fünf bis sechs solche Tänze und die tanzt man regelmäßig schon seit funfzig Jahren. Ich hatte Luft ihnen neue zu lehren, aber das würde mir zwei bis drei Monate Zeit gekostet und ich würde doch meine Mühe verloren haben, ohne ste ihnen begreiflich zu machen."

,,Ich kenne keine Stadt, wo es so wenig kostet, eine vortrefflich bestellte Tafel zu halten. Man hat in Wien alle Arten von Lebensmitteln in bester und reichster Auswahl. Es ist eine Lust, die Märkte zu durchgehen. Sie sind stets mit Geflügel, mit Wildpret, mit Dingen, die wir unter die Seltenheiten rechnen, überflüssig angefüllt, täglich kommt das alles aus Ungarn und Böhmen. Es fehlen ihnen. nur die Meerdelikatessen und sie lieben sie vielleicht um so stärker, als sie sie sich nicht verschaffen können. Austern lassen sie aus Venedig kommen und verzehren fte mit Begierde, fie mögen frisch sein oder nicht."

Zum Schluffe mögen noch einige Curiosa folgen,

die Graf Mailath in seiner östreichischen Geschichte über die lezte Habsburger Zeit mittheilt.

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Auf Bällen der gebildeten Stände wurden die Männer von den Damen zum Tanz aufgefordert. Das erfte und zweitemal mußte man sich mit der Unge= schicklichkeit entschuldigen; forderte die Dame den Herrn zum drittenmale auf, so stellte er sich mit ihr an, wollte er aber nicht tänzen, so führte, er die Dame in die Mitte des Saals, entschuldigte sich noch einmal mit seiner Ungeschicklichkeit und ließ sie stehn. In Ungarn erschienen häufig Masken auf den Bällen, die Maske durfte sich nach zwei Tänzen entfernen, ohne sich demaskiren zu müssen; wenn sie aber noch einen dritten Tanz tanzte, mußte sie die Larve abnehmen und sich zu erkennen geben.".

,,Heirathen wurden, ohne Zuziehung der Kinder, von den Eltern verabredet. Oft hatten solche Zusagen schon in der Kindheit statt und die sich auf diese Weise gleichsam verlobt waren, erfuhren dies oft erst dann, wenn ihnen bedeutet wurde, daß jezt die Zeit des Heirathens da sei. Nun mußte der Bräutigam zu dem ihm bestimmten Fräulein gehen, er trug ihr sein Anliegen vor, ließ sich dies war Vorschrift — auf das rechte Knie nieder und bat um ihre Hand. Das Fräulein, von ihren Eltern schon früher unterwiesen, gab ihm zur Antwort:,,Er möge mit den Eltern reden." Hierauf mußte er ihr die Hand) küffen küssen and sich entfernen."

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,,Am andern Tage erschien er so zierlich gekleidet, als möglich, hielt eine fein gedrechselte Rede, oft in

Versen, brachte seine Werbung an und die Sache war in Ordnung."

,,Wunderbar contraftirte damit die ungarische Art. Unter Carl VI. und auch später fuhren die ungarischen jungen Herren selten, ste ritten meist. Wenn nun ein solcher Gast in einen Edelhof oder in eine Burg einritt, feuerte er im Hof ein Pistol ab. Dies war das Zeichen, daß ein unverheiratheter Mann ge= kommen sei. War das Fräulein vom Hause heirathbar, so erkundigte sie sich nach dem Namen des Gaftes und besprach sich mit der Mutter, oder veranlaßte den verblümten Bescheid auch selbst. War der junge Mann als Schwiegersohn nicht annehmbar, so wurde ein Spanferkel als Braten aufgefeßt; war er gleichgültig, so kam irgend ein anderer Braten auf den Tisch, wenn aber ein Indian (kalekutischer Hahn) aufgetragen wurde, war der junge Mann gewiß, daß er willkommen sei. Nie ist damals in Ungarn vor Tisch ein Heirathsantrag gemacht worden. Wenn der Heirathslustige sich mit einem Brautwerber einfand, mußte er nach Tisch die Gesellschaft unter irgend einem Vorwand verlassen, worauf der Brautwerber seinen Antrag weit ausholend vorbrachte. Manchmal hatten sich Braut und Bräutigam früher gar nicht gesehen."

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7. Ausbildung der neuen öftreichischen Aristocratic, ihre Privilegien und ihre Stellung zum Hofe.

Was in England schon im funfzehnten Jahrhundert die Kriege der Rosen gewesen waren: Ecrafirung des alten Adels und darauf folgende Stiftung eines

neuen; was in Frankreich im sechszehnten Jahrhundert die Hugenottenkriege und ihre blutigste Spize, die Bartholomäusnacht, gewesen war: Ecraftrung des hugenottischen Adels und darauf folgende Organisirung eines streng an den Hof gebundenen katholischen Adels; was endlich im achtzehnten Jahrhundert für Rußland die Regierung Peter's des Großen war, der dem alten Bojaren- und Knesenadel einen ganz neuen Dienstadel substituirte gerade das war in Oestreich im siebenzehnten Jahrhundert der dreißigjährige Krieg gewesen: er hatte die erste protestantische Adelskette mit ihrer allgewaltigen,, Autonomie" niedergebrochen und einen neuen Areng katholischen und fort und fort mit lauter neuen Convertiten vermehrten Hofadel geschaffen.

Es waren jest nicht mehr die alten Dynaften und Edelherren von Oestreich, von der Steiermark und von Böhmen, welche auf ihren mächtigen festen Herrschaftsschlössern als die wahren Herren des Landes, dem Hofe die Spize bietend, wohnten; dieser Adel, die in der Hofgeschichte des ersten Ferdinand geschilderte erste protestantische Adelskette, war zersprengt, hatte seit der weißen Bergschlacht das Land räumen müssen; was damals nicht geächtet und vertrieben ward, war nach und nach verkommen oder verarmt. Die Maßregeln, die Kaiser Leopold schon vor den glücklichen Türkenkriegen gegen die im Lande zurückgebliebenen protestantischen Adelsgeschlechter getroffen hatte ich erinnere an den oben erwähnten Kinderraub am Todtenbette Rudolf Sinzendorf's 1676 - hatten erwirkt, daß die Conversionen, die früher einzeln vorgekommen waren, jezt massenweise fich

nur

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