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Gehalt, nur Wohnung bei Hofe; ste leben hier in einer Art von Einschließung, da nicht gestattet ist, daß fie zu Assembleen und auf öffentliche Orte in der Stadt gehen dürfen, ausgenommen, wenn eine von ihnen sich verheirathet. Regelmäßig schenkt bei dieser Gelegenheit die Kaiserin ihr Bild in Diamanten. Die drei ersten dieser Fräulein heißen Schlüsseldamen und tragen an ihrer Seite goldne Schlüssel. Höchst spaßhaft ist der Gebrauch, daß diese Damen, so lange ste leben, wenn ste den Dienst der Kaiserin verlassen haben, ihr alle Jahre ein Geburtstagsgeschenk geben müssen. Die Kaiserin hat nur unverheirathete Damen zu ihrem Dienst, ausgenommen die Oberhofmeisterin, die gewöhnlich eine Wittwe aus den ersten Familien ist und sehr alt; fie ist zugleich Gouvernante der Ehrenfräulein."

,,Tags darauf hatte ich eine Audienz bei der Kaiserin Mutter (Eleonore von Neuburg), eine Prin= zeffin von großer Tugend und Güte, die aber sich zu einer übermäßigen Devotion zwingt. Sie nimmt un= aufhörlich außerordentliche Bußacte mit sich vor, ohne jemals etwas gethan zu haben, was sie dazu nöthigte. Sie hat dieselbe Zahl von Ehrenfräulein, die ste bunt sich tragen läßt, während sie selbst fortwährend in Trauer geht, und wahrhaftig nichts kann hier trau= riger sein, als Trauer. Nicht das geringste kleine. Stückchen von Weißwäsche sieht man, alles nur schwarzer Krepp. Hals, Ohren, Backen sind mit einem gefältelten Stück von demselben Stoff be= deckt und das Gesicht, das in der Mitte herausguckt,

sieht aus, als wenn's am Branger sehen müßte."

,,Tags darauf war ich bei der Kaiserin Amalie auf dem Lande. Ich sah dort etwas ganz neues, was an diesem Hofe aber ein ganz gewöhnliches Vergnügen ist. *) Die Kaiserin saß selbst auf einem kleinen Throne am Ende einer schönen Allee im Garten; ihr zu beiden Seiten waren ihre Damen rangirt, an der Spize die beiden Erzherzoginnen, alle hatten in den Haaren Juwelen, und schöne leichte Gewehre in den Händen; in angemessener Entfernung standen drei ovale Bilder, das waren die Scheiben, nach denen fle schossen. Das erste Bild war ein Cupido, der ein Glas mit Burgunder füllt, mit dem Motto:,,Hier ist es leicht, tapfer zu sein!" Das zweite Bild, eine Fortuna, hielt eine Guirlande in der Hand, mit dem Motto: Für die, der das Glück wohl will!" Das dritte ein Schwert mit einem Lorbeerkranz auf der Spize und dem Motto:,,Da ist es keine Schande, bestegt zu werden!" Bei der Kaiserin stand eine vergoldete, mit Blumen bekränzte Trophäe, worauf reiche türkische Tücher, Shawls, Bänder, Schnuren ic. für die geringen Preise hingen. Den ersten Preis theilte die Kaiserin mit eigner Hand aus, es war ein schöner Rubinring mit Diamanten eingefaßt, in einer goldnen Dose. Der zweite Preis war ein kleiner Cupido in Brillanten.

*) Schon zu Seiten der Mutter Leopold's, der stattlichen Eleonore Gonzaga von Mantua, waren die Damenschießen üblich.

Außerdem ein schönes Theeservice von vergoldetent Porzellain, lackirte Kästchen, Fächer und andre kleine Galanterien. Alle Standespersonen von Wien sahen zu, aber die Damen allein durften schießen und die Erzherzogin Amalie erhielt den ersten Preis."

Die an englischen Lurus gewöhnte Lady Mon= tague läßt der großen Pracht, die ste in den Häusern der Aristokratie in Wien wahrnahm, ihre volle Bewunderung widerfahren. Sie drückt zwar ihr Mißfallen darüber aus, daß die Besizer dieser Häuser die Räumlichkeiten, die sie nicht selbst brauch= ten, vermietheten, wodurch die Treppen, die in der Regel von Stein seien, so schmuzig wie die Straßen würden, fährt aber dann so fort: „Hat man die Treppen erstiegen, so ist man um so mehr von der Pracht der Zimmer überrascht. Sie bestehen gewöhnlich in einer Enfilade von acht oder zehn großen Gemächern, wo Sculptur, Vergoldung und Meublement das übertrifft, was man in andern Ländern in den Palästen der Souveraine zu sehen gewohnt ist. Die Zimmer sind mit den schönsten Brüssler Tapeten bekleidet, die Spiegel bestehen aus prachtvollen Gläsern von erster Größe und sind in Silberrahmen gefaßt, die Tische find lackirt; die Stühle, die Sophas, die Betten, die Fenstervorhänge sind vom reichsten Genueser Sammt oder Damast, und mit goldnen Borden oder Stickereien verziert; die Zimmer enthalten die schönsten Ge= mälde, Porzellanvasen und große Bergcristallkronleuchter. Diesem Ameublement entspricht der gute Ge= schmack und die Pracht an der Tafel. Ich habe schon

bei mehreren Personen von der ersten Gesellschaft ge= speist und mehrmals den Tisch mit funfzig sehr wohl zubereiteten und in Silber aufgetragenen Schüsseln be= deckt gesehen; das Dessert eben so in Porzellan von der größten Schönheit. Was mir am meisten auffiel, war die Mannichfaltigkeit und Vortrefflichkeit ihrer Weine. Der Gebrauch ist, unter das Couvert jedes Gasts eine Liste davon zu legen und oftmals habe ich bis zu achtzehn Sorten gezählt, von denen jede in ihrer Art ganz ausgesucht war.*) Ich speiste gestern in dem Landhause des Vicekanzlers, Grafen von Schönborn, es ist dies eins der schönsten, das ich gesehen habe. Das Ameublement ist vom feinsten und reichsten Geschmack. Der schönste Brokat und Sculptur und Malerei find darin mit Verschwendung ver= wendet; das Haus enthält eine Galerie, die von Seltenheiten, wie Corallen, Perlmutter, dem theuersten Porzellan, Statuen von Alabaster und Elfenbein,

*) Der französische Gesandte Herr von Bussy, der nur auf eine kurze Zeit, um einen Auftrag seines Hofs auszurichten, nach Wien gekommen war, perfiflirte einmal diese Vieleweinetrinkerei in Wien auf eine drollige Weise. Er ließ unter die Teller eine ungemein lange Liste von Weinen legen. Einer der Gäste bezeugte ihm seine höchste Verwunderung, daß er auf die kurze Zeit seines Aufenthalts sich mit so einer erstaunlichen Menge verschiedener Weine ein gerichtet habe. Herr von Bussy erwiederte, er möge nur so gütig sein, die Ueberschrift der Liste nicht übersehen zu wollen. Sie lautete: „Verzeichniß der Weine, die ich nicht habe" auf der Rückseite flanden die wenigen Sorten, mit denen er seinen Gästen aufwarten wollte.

großen Orangen- und Citronenbäumen in vergoldeten Töpfen ganz voll ist. Das Diner war sehr schön und sehr gut zubereitet und der gute Humor des Gra= fen erhöhte noch die Annehmlichkeit. Die Vorstädte von Wien sind unendlich schöner als die Stadt, ste find sehr groß und ganz angefüllt mit prachtvollen Palästen; könnte der Kaiser sich entschließen, auch da zu wohnen, so würde er die Stadt zu einer der größten und bestgebauten in Europa machen."

,,Bei der hiesigen großen Gesellschaft giebt es nur eine gewöhnliche Luftbarkeit: die Assembléen. Oper wird nur bei Hofe und bei gewissen Gelegen= heiten gespielt. Die Wiener Damen, mit Ausnahme der Gräfin Rabutin (gebornen Herzogin von Holstein, Mutter des Premiers Sinzendorf), die alle Abende Assemblée bei sich steht, geben keine regelmäßigen Abendgesellschaften, ste halten nur dann Zirkel, wenn sie die Pracht ihrer Gemächer ausstellen oder die Festtage einer ihrer Freundinnen feiern wollen. In letterem Falle sagen sie an, daß die Assemblée an dem und dem Tage bei ihnen stattfinden wird zur Feier des Festtags von der Gräfin *, dem Grafen *. Diese Tage nennt man Gallatage und alle Verwandte oder Freunde der Person, deren Fest began= gen wird, sind verbunden, dabei in ihren schönsten und reichsten Anzügen zu erscheinen. Die Wirthin des Hauses ladet dazu niemanden besonders ein und erwiedert auch nicht den Besuch; jedermann, wer will, geht hin, ohne gebeten oder vorgestellt zu sein. In diesen Assembléen wird stets Eis von allen Gattungen

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