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ein, um zu einem glücklichen Erfolg zu gratuliren und ein Trinkgeld zu lucriren.“

,,Nach Beendigung der Audienzen begiebt sich die Kaiserin in ihr s. g. Spiegelzimmer. Hier findet sie die Damen, die ihr eine nach der andern die Hand küssen und die Kaiserin seßt sich mit ihnen zum Spiel: sie sizen ohne allen Rangunterschied um den Tisch. Hierbei findet niemand Zutritt als der Kaiser, die Brinzen der kaiserlichen Familie, der Oberkammerherr und der Obersthofmeister."

Noch besteht in Wien ein Gebrauch, der von dem aller andern europäischen Höfe ab= weicht. Es giebt keine bestimmten Tage für die Appartements und Zirkel, sondern die Damen schicken zur Ehrendame der Kaiserin, um anzufragen, ob sie aufwarten dürfen und kommen dann zu. der ihnen angesagten Stunde."

jederzeit in den Apparte

,,Um die Zeit des Soupers kommt der Kaiser zur Kaiserin, dann hört das Spiel auf. Die Kaiserin steht auf und die Damen, die nicht zum Souper bleiben dürfen, küssen ihr die Hand. Darauf sehen sich die Majestäten zu Tisch. Das Souper ist ganz so wie das Diner, nur findet es ments der Kaiserin statt. Die Tafel wird nur durch zwei Kerzen erleuchtet, die man drei- oder viermal wegnimmt: eine der Ehrenfräulein verrichtet diese Function. Wenn sie das Licht wegnimmt, macht ste vorher eine tiefe Verbeugung und giebt es dann dem Silberfämmerer, um es zu pußen, mit einer zweiten Verbeugung stellt fte es wieder auf den Tisch. Nach

Beendigung des Soupers wird den Majestäten das Waschwasser präsentirt, die Oberhofmeisterin oder eine Ehrendame reicht dem Kaiser die Serviette und ein i Ehrenfräulein mit dem goldnen Schlüssel der Kaiserin Wenn die Erzherzoginnen mit den Majestäten speisten, wurde ihnen Waschwaffer in derselben Schüffel, in der der Kaiser sich gewaschen hatte, präsentirt, ein Ehrenfräulein überreichte ihnen die Serviette. Sobald der Kaiser sich von der Tafel erhob, präsentirten ihm die beiden ältesten Erzherzoginnen den Hut und der Kaiserin Fächer und Handschuhe; in ihrer Abwesen= heit hatten eine Ehrendame und ein Ehrenfräulein mit dem goldnen Schlüssel diese Function. Darauf küffen die Damen, die stehend dem Souper beigewohnt ha ben, der Kaiserin die Hand, während der Kaiser fich vom Speisesaal in das Spiegelzimmer begiebt. Sobald beide Majestäten hier angelangt sind, zieht sich alles zurück. “

Ihrem Empfange bei den Damen des damaligen Wiener Hofs hat die berühmte Touristin Lady Montague, die Wien drei Jahre früher als Pöllniş, gleich nach dem Utrechter Frieden im Jahre 1716 sah, ein Denkmal gesezt.

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,,Als ich zum erstenmal zu Hof ging, schreibt fte, ward ich in ein Kleid gepreßt und mit allen dazu gehörigen Stücken geschmückt: eine sehr unbequeme Kleidung, die aber Hals und Wuchs sehr vortheilhaft erscheinen läßt. Die hiesigen Moden sind ungeheuerlicher und allem gesunden Menschenverstand widersprechender, als möglich ist sich zu denken. Man

baut gewiffe Gazefabriken auf die Köpfe, die ohngefähr eine Elle hoch sind und aus drei oder vier Stockwer= ken bestehen, und verstärkt das alles noch mit unzähligen Ellen schweren Bandes. Das Fundament dieses Baus ist ein Ding, das sie Wulst nennen, was ohn= gefähr so aussieht, aber viermal dicker ist, als die Rollen, auf die die englischen Milchmädchen ihre Eimer sezen. Diese Maschine bedecken sie mit ihren Haaren und vermischen diese mit einem guten Theile falscher, denn es gilt für eine besondere Schönheit Köpfe zu haben, so breit, daß sie in eine mäßige Tonne hineingeben. Ihre Haare pudern sie ungeheuer, um die Vermischung zu verbergen und befestigen ste mit drei oder vier Reihen Nadeln, wunderbar dick, zwei bis drei Zoll aus dem Haar herausstehend und mit Diamanten, Perlen, rothen, grünen und gelben Steinen. geschmückt. Ihre Reifröcke übertreffen die unsrigen um. mehrere Ellen im Umfang, man könnte einige Acker Feld mit ihnen bedecken. Dieser außerordentliche Anzug erhöht noch und hebt noch mehr heraus die natürliche Häßlichkeit, mit der bis auf Ausnahmen Gott, der Allmächtige, die Wiener Damen ausgestattet hat."

Selbst die liebenswürdige Kaiserin (Elisabeth, die braunschweigische Prinzessin, damals fünfundzwanzig Jahre alt) muß sich in einem gewissen Grade diesen absurden Moden fügen, die sie um alles in der Welt nicht aufgeben würden."

„Ich hatte, der Etikette gemäß, bei der Kaiserin eine Privataudienz von einer halben Stunde und dann

erhielten die andern Damen Erlaubniß zu kommen und aufzuwarten. Die Kaiserin bezauberte mich völlig ; ihre Gesichtszüge sind nicht gerade regelmäßig, ihre Augen sind klein, haben aber einen lebhaften Blick, voller Anmuth; ihr Teint ist der schönste, den ich je sah; *) Nase und Stirn sind wohl gebaut, ihr Mund aber hat einen hinreißenden Liebreiz. Wenn fie lächelt, zeigt er eine Schönheit und Anmuth, daß man sie anbeten muß. Sie hat eine sehr große Menge feines, schönes Haar; **) aber ihre Gestalt! man muß zum Poeten werden, um ihr strenge Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, was sie von Juno und Venus gesagt haben, das erreicht die Wahrheit noch nicht. Die Grazien begleiten sie, die berühmte Statue der Venus von Medicis hat keine zarteren Verhältnisse der Bildung. Die Schönheit ihrer Büste und ihrer Hände ist unübertrefflich. Ehe ich sie sah, glaubte ich nicht, daß es so etwas Vollkommnes in der Natur gäbe und es that mir ordentlich leid, daß mein Rang mir nicht erlaubte, diese

*) Ein ungenannter Tourist im ersten Band der Reisen Bernoulli's erzählt, daß die Kaiserin sich niemals seit ihrer Vermählung im ganzen Glanze ihrer Schönheit habe zeigen. können. An dem Tage selbst, wo sie in Spanien ihre erste Zusammenkunft in Barcellona mit Carl VI. hatte, ward sie so grausam von einer Gattung giftiger Mücken gestochen, daß ihr Gesicht zum Erstaunen aufschwoll und nie wieder ,,zu seiner vorigen Blüthe der Farben gelangte." Dasselbe berichtet der preußische Gesandte Graf Podewils in einer Depesche vom 22. März 1747.

**) es war filberfarbig.

Hände zu küssen; geküßt aber werden fie genug, denn jedermann, der ihr aufwartet, küßt sie beim Kommen und Gehen.“

,,Als die Damen bei der Kaiserin eingetreten waren, sezte sie sich nieder, um Quinze zu spielen. Ich konnte ein Spiel, das ich nie gespielt hatte, nicht mitspielen, aber sie ließ mich an ihrer rechten Seite niedersehen und war so freundlich, mit mir viel mit der ihr eignen Anmuth zu sprechen. Ich wartete jeden Augenblick, wenn die Herren zur Aufwartung eintreten würden; aber hier ist ein Hosempfang sehr verschie= den von dem in England; kein Herr erscheint hier, als der Oberhofmeister, um der Kaiserin die Ankunft des Kaisers zu melden. Seine Kaiserliche Majestät beehrten mich auf sehr verbindliche Weise mit mir zu sprechen; mit andern Damen spricht er aber nie und im Ganzen geht es sehr gravitätisch und ceremoniell zu.“

,,Die Kaiserin Amalie (von Hannover), Wittwe Kaiser Joseph's, machte denselben Abend der regierenden Kaiserin ihren Besuch; es begleiteten sie die beiden Erzherzoginnen, ihre Töchter (Marie Josephe und Marie Amalie), die recht angenehme junge Prinzessinnen sind. Die kaiserlichen Majestäten standen auf und gingen ihr bis an die Thüre entgegen, dann setzte sie sich in einen Armstuhl zur Kaiserin und eben so beim Souper. Hier wurden die Herren zur Aufwartung zugelassen. Die Erzherzoginnen erhielten Stühle ohne Armlehnen. Bei Tafel warteten die Ehrenfräulein der Kaiserin auf, deren es zwölf aus den ersten Familien giebt. Sie bekommen keinen Destreich. VII.

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