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nicht behagte, nach Berlin, wohin das Gestirn des großen Friedrich ihn zog. Aber wie Ludwig XIV. den Prinzen Eugen, so verschmähte Friedrich_Loudon aus nicht viel weniger als Caprice, weil ihm sein unangenehmes Gesicht und seine rothen Haare mißfielen. Loudon mußte lange warten, bis er Audienz bei Friedrich erhielt, kümmerlich nährte er sich in Berlin mit Abschreiben. Bei der Audienz, die ihm endlich verwilligt ward, sah ihn der König einen Augenblick scharf an, kehrte ihm dann den Rücken und sagte zu seiner Umgebung:,,La physiognomie de cet homme ne me revient pas!" Auch das gehörte zu dem miraculösen Glücke Destreichs, daß zwei Helden, wie Eugen und Loudon waren, burch den Eigensinn seiner beiden größten Feinde ihm zugetrieben wurden, zwei Helden, die größer waren, als sie jemalen der eingeborne Adel Destreichs erzeugt hat. Von Loudon kam, wie schon erwähnt ist, der Plan zum Ueberfall Friedrich's bei Hochkirch 1758 und 1759 schlug er selbst mit dem Rufen Soltikoff den großen König bei Kunnersdorf in der Nähe von dem Oder - Frankfurt bis zur Vernichtung. Nur die geheimen Befehle, die Soltifoff hatte und die er in den Worten „je n'ai ni ordre, ni envie d'écraser le roi" ausdrückte, retteten Friedrich ficheren Verderben. 1760 eroberte Loudon die ermeßlich wichtige Grenzfeftung Glag und auf eine faft wunderbare Weise, ohne alle Belagerung, durch Escalade in einer dunkeln Nacht, die Hauptfeftung Schlestens Schweidniß. Jezt zum erstenmale

konnten die Oestreicher ihre Winterquartiere in Schle

fien neben Friedrich nehmen.

Nicht wenig that Kaunis sich darauf zu Gute, das Genie Loudon's entdeckt zu haben. Als ihn Friedrich nicht in seiner Armee hatte anstellen wollen, war Loudon im Laufe des ersten schlesischen Kriegs nach Wien gekommen. Hier ging's gar langsam mit seinen Steigen. Sein erster Beförderer war ein Unbekannter in der Antichambre zu Schönbrunn, der ihn ansprach und ihm seine Verwendung anbot: es war dieser Unbekannte Kaiser Franz, durch ihn ward Loudon Hauptmann beim Pandurencorps Trend's. Nach dem Aachner Frieden erhielt er eine Majorstelle in der Grenze. Hier studirte er fünf Jahre Kriegswiffen= schaften und heirathete eine Slavonierin: sie war weder schön, noch reich, noch gebildet, noch gebar sie ihm Kinder, aber fte sezte dem Helden nach seinem Tode ein Grabmonument mit den Worten, die sehr charakte= ristisch für Oestreich find:,,Nec Caesar, nec patria, sed uxor posuit." Als der siebenjährige Krieg ausbrach, sollte er gar nicht mit verwendet werden, er ging nach Wien, um sich zu beschweren. Es war nahe daran, daß er mit einem derben Verweis wegen Insubordination in die Grenze zurückgeschickt wurde, als er durch Elias von Hochstetten, mit dem er von Petersburg her bekannt war, an Binder und durch diesen an Kaunis vorgestellt ward. Von dem Dachstübchen in der Ungergaffe, wo er bei einem Schneider wohnte, aus, kam er als Obristlieutenant unter Browne zu stehen, hier stieg er sehr bald zum Obrist und 1757

bereits zum General: das Patent zu dieser Ernennung fingen die preußischen Husaren bei dem Courier auf, Friedrich der Große schickte es an Loudon mit einem verbindlichen Schreiben. Nach dem Sieg bei Kunnersdorf ward er zum Feldzeugmeister ernannt. Jeder neue Sieg des von Kaunis Hervorgezognen war ein neuer Triumph der Eitelkeit des Staatskanzlers. Der bescheidne, ernsthafte, schweigsame, halb traurige Loudon", wie ihn Gellert einmal mit dem Zusage "fast so wie ich" beschreibt, ward kein Hofgeneral, wie seine Collegen es zum großen Theile, die,, dicke Erelleng" an der Spize, waren, er blieb, was er war, Natursohn, und zog sich nach dem Kriege aus Wien, wo seine ernste magre Figur gar nicht für die große Gesellschaft paßte, seitwärts der Residenz in den Hadersdorf-Park, der ihm gehörte, zurück. Selbst der große Joseph war und zu seinem größten Schaen kleinlich eifersüchtig auf den unscheinbaren Helden, der aber nach dem Schaden von Lugosch die Fahne Destreichs wieder auf Belgrad flattern machte, wie dereinst Prinz Eugen.

Alle kriegerische Erfolge Loudon's vermochten aber nichts gegen die Hauptnoth, die den Kaiserhof in der eten Zeit des fiebenjährigen Kriegs drängte, die Finanznoth. Friedrich siegte nur, indem er, wie er selbst sagte, den legten Thaler in der Tasche behielt. Die Geldklemme war ungeheuer in Wien, Die prompten Zahler England und Holland ließen sich jetzt schmerzlich vermissen. Alles in Oestreich war erschöpft: eine schwere Vermögenssteuer, Abzüge von

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Civil und Militair, Abzapfung selbst des Clerus, Staatsschuldscheineausgabe sogar das erste Pa= piergeld, die Bancozettel, wurden damals ausgegeben alles half nicht aus. Der Hubertsburger Friede, 1763, mußte zum drittenmal Schlesien, das liebe Schlesien, das der Kaiserin gar nicht aus dem Sinne kam, dem bösen Manne belassen.

Die Verbindung Oestreichs mit Frankreich dauerte noch bis zu dem herben Bruche in der Revolution fort: der französische Gesandte Breteuil war nächst Kaunig der einflußreichste Mann in Wien.

Die zweite große Hauptthat, die Kauniz neben dem Abschluß der miraculosen Allianz mit Frankreich verrichtete und die für Oestreich noch als größeres Mirakel gelten konnte, war die Abschaffung der Leute, die seit Jahrhunderten die geheimen Hauptlenker der Politik des Kaiserhofes gewesen waren, der spanischen Priester. Dem Fürsten gelang es, die so lange allmächtig gewesenen,, Patres Jesu" zu verdrängen, die freilich zulegt so verhaßt, wie einst der Tempelorden geworden waren. Die Aufhebung der Jesuitengesellschaft in Oestreich erfolgte im Jahre 1772. Lange, lange wollte die Kaiserin nicht daran, diese gefürchte= ten Leute auszustoßen. Sie meinte immer und immer, wenn der Fürst sie drängte, doch endlich ihre Einwilligung zu geben: die Jesuiten seien die Vormauer aller Auctoritäten.“ Auf die wiederholten gewichtigsten Vorstellungen des Staatskanzlers, die sie nicht widerlegen konnte, hatte sie nur Thränen

zur Antwort. Endlich behändigte Kaunis Marien

Thereften eine Generalbeichte von ihr, die sie früher ihrem Jesuitenpater Hambacher abgelegt und die derselbe an den Jesuitengeneral Nicci abgesandt hatte. Als Ricci in der Engelsburg gefangen gesezt ward, hatte man sie unter seinen Papieren gefunden und ste war dem Fürsten aus Rom vom Papst Ganganelli zugekommen. Geraume Zeit vorher schon hatte Kauniz noch andre Jesuiten-Arcana von dem Apostaten Joseph Monsperger, einem Jesuiten vierten Grades und Gelübdes erhalten: Monsperger hatte sie in einem zufällig entdeckten Wandschranke in der Gehei= men Kanzlei der Provinz Oestreich im Profeßhause zu Wien (dem zuerst in Deuschland gestifteten) gefunden und dem Fürsten durch dessen Geheimschreiber Harrer, Monsperger's Schulfreund, zustellen lassen. Kauniz hatte sie zurückgelegt und noch mehrere Jahre geschwiegen, weil Manches ihm noch nicht zum Sturze der Gesellschaft reif schien. Kaunig unterbreitete jezt auch diese Papiere seiner Monarchin. Da unterschrieb Maria Theresia endlich.

Kaunis schreibt man mit Recht die allgemeine Unterdrückung der Jesuiten in Europa zu: Pombal, Aranda und Choiseul, die drei Minister, die ste in Portugal, Spanien und Frankreich aufhoben, waren zuvor Botschafter ihrer Höfe in Wien gewesen und hatten von hier ihre Richtung erhalten. In Rom nannte man Kaunig nur,,il ministero eretico“. Der große Kezer Voltaire und der Autor des Tartüfse waren auch seine Lieblingsschriftsteller.

Fürst Metternich kehrte unter gewissen Modi

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