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Eine der wichtigsten Gesandtschaften war bis zu Eugen's Zeiten, der Oestreich endlich nach Osten Luft machte und auch noch später, die an der Pforte. Mit der Pforte gingen die Verhandlungen nicht durch den Reichshofrath, sondern durch den vom Jahre 1592, aus der Zeit Kaiser Rudolf's II., datirenden Hof= friegsrath. In der ersten Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts war der gelehrte Niederländer Busbecq, der Lehrer des Kaisers Matthias, sieben Jahre lang Gesandter am Hofe des großen Sultan Suleiman und durch seine berühmte Relation von diesem Hofe lernte man erst den Diwan ordentlich kennen, eben so kennen, wie den Hof des Zaaren durch Herberstein's gleichzeitiges Reisewerk. Bis zu Leopold's Zeiten bes forgten die laufenden Angelegenheiten auch in Constan tinopel nur Residenten, wie Reninger, Hoffriegsrath, der sechszehn Jahre, 1650-1666, als solcher fungirte und nach Montecuculi's Sieg bei S. Gotthard 1664 den fatalen Vasvarer Frieden in des Großherrn Gezelt schloß. Von Zeit zu Zeit gingen außerordentliche Gesandtschaften nach Constantinopel, die berühmtesten waren die des Mörders Wallenstein's Grafen Walther Leslie im Jahre nach dem Sieg

6. Gotthard und des Grafen Oettingen im Jahre nach dem Carlowiger Frieden, den er 1699 ge= schloffen hatte. Neben jenen Restdenten und diesen auferordentlichen Botschaftern erscheinen seit 1678 die Intermuntien. Sie wurden seit dem Carlowißer Frieben die stehenden Vertreter des kaiserlichen Interesse beim Diwan. So fungirte Graf Corfiz Uhlefeld,

ehe er 1742 Ginzendorf als Staatskanzler folgte, als Internuntius in Constantinopel.

Stehende Botschafter, und zwar Botschafter ersten Ranges, hielt von langer Zeit her der Kaiserhof nur in Rom beim Papste und bei dem ältern Familienhofe Habsburg's in Madrid. Zu Ferdinand's ll, Zeiten während des dreißigjährigen Kriegs fungirten in Rom als „Ordinar-Gesandte" Italiener, ein Duca Savelli und ein Duca Gonzaga. Unter Leopold I. erscheinen Böhmen, wie Graf Martiniz, der dem Papst Innocenz XII. so fatal war, daß er das,,Mai un Boëme" ausließ. Später ward Sitte, ausgezeichnete Cardinäle mit der Gesandtschaft in Rom zu betrauen: so fungirten unter Leopold noch der berühmte Cardinalbischof von Gurk Baron de Goes und unter Carl VI. der Cardinal Don Alvarez Cienfuegos als MinisterPlenipotentiare des Kaisers in Rom. Gewiegte Männer zumeist waren es, die nach Madrid geschickt wurden: es zählen unter diese unter der Regierung Philipp's H.: Adam Dietrichstein, der Freund Mar' II., unter der Regierung Philipp's III. und IV. die beiden Khevenhüller, Oheim und Neffe, von denen jener sechsunddreißig Jahre lang, dieser vierzehn Jahre lang in Madrid Residenz machte, endlich unter dem legten spanischen Habsburger Carl II. die beiden Grafen Harrach, die bei dem wichtigen Geschäfte der Erledigung der spanischen Succession gebraucht wurden.

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Nach Rußland waren bis zu Zaar Peter's

Besuch in Wien 1697 nur von Zeit zu Zeit außerordentliche Botschafter gegangen, um Allianzen gegen Polen, Schweden und die Pforte zu schließen. Berühmt vor allen waren die beiden Gesandtschaften des gelehrten Sigismund von Herberstein unter Kaiser Mar I. 1517 und unter Carl V. 1526, worauf 1549 zu Wien und 1551 zu Basel und dann noch in mehreren Ausgaben und Ueberseßungen ein Foliant, lateinisch geschrieben, über Rußland von der Hand des berühmten Diplomaten erschien. Unter Ferdinand II. während des dreißigjährigen Kriegs ging nach Rußland der Deutschordens - Commenthur Hans Cobenz 1, unter Leopold I. Baron Blomberg 1684 zur Zeit des Türkenkriegs und Baron Guerient 1699 zur Zeit des Carlowißer Friedens : Guarient edirte wieder ein Buch über Rußland, Pe= ter ließ es, wie ich oben erwähnte, verbrennen.

Mit Polen war in älterer Zeit häufiger gesandtschaftlicher Verkehr, aber ebenfalls nur durch Extra= ordinair-Gesandte: die Türkenkriege und die Kosacken= hülfe waren der Anlaß. Während des dreißigjährigen Kriegs fungirten in Polen zwei Schwiegersöhne Fürst Eggenberg's, die Grafen Althann und Mörs = burg. Nach Abgang des Hauses Wasa ging der große Diplomat Christoph Leopold GrafSchaffgotsch, der bei den Jesuiten erzogene Sohn des 1635 zu Regensburg decapitirten Hans Ulrich und der galanten Prinzessin von Liegnig, an den polnischen Hof, er war bei der neuen Königswahl, aus der ein Biast Michael Wisniowisky 1669 hervorging,

der das Jahr darauf Kaifer Leopold's Schwager wurde. Mit Johann Sobiesky schloß 1683 Graf Carl Waldstein die wichtige Triple Allianz gegen die Türken.

Seit dem dreißigjährigen Kriege waren der kaiserliche Resident in Stockholm und der schwedische in Wien wichtige Leute geworden. An Carl XII., um mit ihm wegen der Protestanten in Schlesien zu trac= tiren, schickte Leopold noch einen seiner besten Dis plomaten, den Grafen Wenzel Wratislaw ab. Seit der Catastrophe von Pultawa ward aber die Gesandtschaft in Rußland bei weitem die wichtigste im Norden.

Auf diese althergebrachte Weise hatten seit Kaiser Leopold Graf Strattmann, Graf Kinsky und Graf Harrach und seit Joseph I. Graf Sinzendorf und Prinz Eugen als Obersthofkanzler und erste Minister den auswärtigen Verhältnissen vorgestanden. Sinzendorf starb 1742, eben zu der Zeit des ersten schlesischen Kriegs, als sich wieder das Glück Marien Theresten zukehrte.

Der eigentlich einflußreichste Mann in der Wiener Hoffanzlei war noch immer der Staatsreferendair Bartenstein. Wie die Depesche des preußischen Gesandten Grafen Podewils vom 19. August 1747 be= zeugt, hatte man nach dem Tode des Kaisers Carl VI. seine Ungnade als gewiß angesehen. Das Volk, auf's Aeußerste gegen ihn erbittert, hatte ihn öffentlich. infultirt, ihn mit Koth. und Steinen beworfen. Da aber Niemand da war, der eine genaue Kenntniß der

Geschäfte und Interessen des östreichischen Hofes hatte, muste man ihn aus Noth beibehalten. Doch bes schränkte sich sein Einfluß auf sein Departement und sein Credit war so weit; vermindert, daß kein Conferenzminister und Keiner von der ersten Gesellschaft in Wien ihm mehr den Hof machte und wenn Lente vom ersten Adel und Gesandte noch seine Assembleen besuchten, so thaten ste es nur verstohlen und suchten es sorgfältig geheim zu halten.

Als Sinzendorf gestorben war, ward durch Bartenstein der Kaiserin Sinzendorf's Neffe Graf Cor= fiz Anton von Uhlefeld als der Nachfolger aufgestellt wie er sich ihn wünschte. Die Concurrenten Uhlefeld's waren Graf Philipp Joseph Kinsky, Gundacker Starherberg's Nachfolger als Finanzminifter, und ganz besonders Graf Friedrich Harrach, der ältere Sohn des jüngern der beiden berühmten spanischen Gesandten zur Zeit der Erledigung der spanischen Erbfolge, früher Gesandter in Turin und Res gensburg, dann Premierminister, Obristkämmerer und |_ Hofmarschall in Brüssel bei der Gouvernante der Niederlande, der Erzherzogin Marie Elisabeth, Lochter Kaiser Leopold's, jezt böhmischer Kanzler, der= selbe, der mit Friedrich dem Großen 1745 den Tresdner Frieden schloß, Schwiegersohn des Fürsten Anton Florian Liechtenstein und der UrgroßVater der Fürstin Liegnig, gestorben 1749. Graf Bodewi18 nannte ihn in einer Depesche vom 24. Mai 1747 sans contredit le ministre le plus éclairé de tous ceux qu'il y a à la cour de Vienne,“

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