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ganz eng Hand in Hand mit der englisch-holländischen Handelsmyrannei, der Schelde- und Rheinsperre, dem Barrierentract und andern Knebeln und Fesseln, mit denen die klugen Seeratten die erst spanische, dann freichische Landratte in Belgien so fest gemacht hatten, daß sie sich kaum zu regen vermochte. Troz dem aber bedurfte man des kezerischen Defensor fidei und der kezerischen Hochmögenden sehr wegen dem fatalen Geldpunkte. Die östreichische Aristocratie lief Gefahr, wenn die Seemächte ihre Hand von Oestreich abzogen, gewisser Vortheile verlustig zu gehen, die sie either ruhig gezogen hatte, geschüßt durch das famose Privilegium der Machthaber, daß es kaiserlicher Würde nicht anständig sei, die Rechnungen in der Hofkammer einzusehen. Die Gelder, die zeither ungestört aus den Beuteln der Unterhanen in die ihrigen geflossen waren, fonnten einen anderen Weg nehmen müssen, wenn diesen andern Weg das sonst anders nicht zu behauptende Staatswohl gebieterisch erheischte. Der Geldpunkt war ein höchst wichtiger Punkt, der bei der epinösen Frage über das alte politische System in Erwägung kam, so weit es die Seemächte betraf.

Mit Savoyen stand die Frage leichter. Man be= burfte Savoyens als Wächters der Lombardei, wie man die Seemächte als Wächter der Niederlande be

e. Aber auch Savoyens Freundschaft war gar mit wohlfeil erkauft worden. Der pfiffige Victor Amadeus hatte geradezu erklärt: Die Lombardei if mein. Ich will sie aber nur Stück für Stück, wie eine Artischocke, aufspeisen." Wirklich hatte ihm für

feine Allianz eine Landschaft nach der andern überlas werden müssen. Als er im Jahre 1730 abban folgte ihm sein Sohn Victor Emanuel. Für d sen war Maria Theresia leidenschaftlich eingenomm Sie pries ihn und seine ftets guten Dienste, die hinn derum 1735 im Wiener Frieden mit Novara und Zi tona und 1743 in der Wormser Allianz mit dem Pav bis zum Tessin weit besser bezahlt wurden, einst im Staat rath. Kaunis hörte aber kaum darauf, so daß die l hafte Theresia fast außer sich kam. Endlich erw derte Kaunig mit seiner habituellen gefrornen Heiterkei ,,Meines geringen Orts bin ich durchaus einverstande der König von Sardinien habe alle erdenkliche Eige schaften und wäre nur die verwünschte Geograph nicht so wäre er sogar noch obendrein ein ehrlich Mann." Alliirte man sich mit Frankreich, wie Kat nig wollte, so war dem Italiener die Luft der Art schockenspeisung gewehrt.

Als die epinöse Frage wegen der alten oder neue Allianz definitiv im Conferenzrathe zur Sprache fam traf Kaunigen als den jüngsten Conferenzminister dai Votum zulegt. Vorher gaben der Kaiserin, welch präsidirte, ihre Stimmen ab: der Nachfolger des Obristhofkanzlers Sinzendorf, Graf Corfig Uhlefeld, ,, le bon homme," wie ihn Maria Theresta zu nennen pflegte, von seiner rechten Hand, dem zeitherigen Factotum Bartenstein, wiederholt in seinem weit schweifigen, breitspurigen und holprigen Vortrage nachgeholfen und verbessert - sodann der im Scharfsinn etwas Neues plausibel zu finden, nicht gerade ausge

zeichnete Graf Ferdinand Harrach, ein jüngerer Sohn des jüngeren der beiden berühmten spanischen Gesandten, früher Gesandter im Haag, jest Reichshofrathepräsident und der Reichsvicekanzler Graf, pter 1763 erster Fürst Rudolf Joseph Coltoredo. Colloredo war, wie die beiden preußischen Gesandten Graf Bodewils und Baron Fürst in ihren Depeschen ihn zeichnen, ein schöner, hoher, stattlicher Mann, der in den öffentlichen Functionen eine recht würdige Figur und eines der größten Häuser in Bien machte. Früher war er Gesandter an mehreren Eleinen deutschen Höfen gewesen; im Jahre 1727 hatte er die Tochter des Finanzministers Grafen Gundader Starhemberg geheirathet, dieselbe, mit der nachher der Kaiser Franz eine Liaison hatte. Durch den Credit seines Schwiegervaters und auf die Emphehlung des Kurfürsten von Mainz erhielt er die Ans warschaft auf den Reichsvicekanzlerposten und rückte nach dem Tode des Grafen Metsch ein. Nach dem Lode des Kaisers Carl VI. verkaufte er dem Grafen Königsfeld diesen Posten um 50,000 Gulden und dieser trai ihn um denselben Preis wieder ab, als Franz Kaiser wurde. Er war weder geschickt zu den Geschäften, noch befaßte er sich damit. Sein Factotum war der Baron Knorr, der oben geschilderte Schwiegersohn Bartenstein's. Seine beiden Secretaire Mohr und Gundel faßten ihm die Reden ab, die er bei den Belehnungen der Reichsfürsten vorzutragen hatte. Wenn ihm die Geschäftspunkte von den Conferenzen zugeschickt wurden, las er sie oft gar nicht,

fondern öffnete nur das Paquet und verflegelte es dann wieder mit seinem Vetschaft; in den Conferenzen conformirte er sich dann dem Votum der Collegen. Seine Geschäfte waren die Lustbarkeiten, Weiber, Jagd und Spiel. Er war einer der galantesten Seigneurs Wiens, piquirte sich den Weibern gefährlich zu sein und hatte mehrere Intriguen, die Eclat machten. Seine Galanterien entzogen ihm die Gnade der Kaiserin, aber der Kaiser liebte ihn sehr. Er zog sich jederzeit mit unendlicher Sorgfalt und mit einer recherchirten Nettig= feit an. Der Reichsvicekanzlerposten brachte ihm nahe an 100,000 Gulden ein, außerdem besaß er sehr große Herrschaften, eine derselben in Böhmen trug ihm 80,000 Gulden. Demohngeachtet stack er tief in Schulden. Er machte die größte Figur in Wien und einen ungemeinen Aufwand, die Weiber und das Spiel kosteten ihm sehr viel. Dabei war er ein sehr übler Haushalter und seine Frau trug nicht wenig dazu bei, ihn zu derangiren. Er erzeugte mit ihr neun Söhne und neun Töchter, feierte mit ihr die goldne Hochzeit, erlebte noch die Regierung Joseph's II. und starb 1788, zweiundachtzig Jahre alt. Fürst schreibt: ,, man muß gestehen, daß Colloredo von allen Geschäf= ten im Allgemeinen Kenntniß nimmt und die Gabe hat leicht aufzufassen, was ihm vorgetragen wird, et ist leicht zugänglich und human.“ Podewils be schränkt legteren Ruhm auf seines Gleichen und set hinzu, daß er ziemlich hochmüthig gegen seine Unter gebenen sich bezeigt haben solle. Im Allgemeinen wa Colloredo en Seigneur wie Sinzendorf und Uhle

feld, der zwar etwas hartnäckig war und sich viel mit dem Parvenu Bartenstein stritt, aber, da er die drei Dinge, die der Erzkezer Luther gelobt hatte, mehr liebte als die Geschäfte, immer und immer wieder dessen Ansichten sich conformiren mußte.

Harrach sowohl als Colloredo legten männlich und sest ihr treugehorsamstes Votum ab: es lautete ganz gleich mit dem des respectabeln Bartenstein, gegen welchen in irgend etwas Widerspruch zu erheben, ihnen doch nie etwas geholfen hatte, wie sie recht wohl aus der Erfahrung belehrt waren. Sodann votirte noch der Oberhofmeister der Kaiserin, der Graf und spä= ter erste Fürst Johann Joseph Khevenhüller, ein kleines, angenehmes, vollendetes Hofherrchen, sehr beliebt bei Kaiser und Kaiserin und immer um ihre Bersonen, Gemahl der reichen Erb- Gräfin Metsch, von deren Vermögen er bedeutende Summen dem Hofe vorgeschossen hatte, früher Reichshofrath und Gesandter bei der Kaiserwahl Franzens, in den Geschäften aber ohne Einfluß, in Allem Bartenstein nachredend, eine teine Null im Staatsrath. Und endlich votirte der jo bes Coronae princeps von Ungarn, Joseph's II., Graf Carl Batthiany, der schönen Lorel Sohn, Tugen's Codizill, den der Schematismus ebenfalls noch als hochansehnliches Glied der Geheimen StaatsConferenz aufführte, von dem aber weder vom Geift Fugen's noch vom Geist seiner Mutter viel zu sehen wat, er war nur ein Mann von ehrenwerthen Grundsägen und eine tapfere Kriegsgurgel, ohne Kenntniß in den Geschäften und Wissenschaften.

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