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Welschen, nichts Gutes." So berichtete Herr Wolzogen selbst dem Gesandten in Constantinopel David Ungnad *). Zur Zeit Kaiser Rudolf's II. 1582 klagte selbst ein dem Kaiserhofe hochbetrauter TürkenFeldherr Lazarus Schwendi den Tarisschen Postdirector Viechhausen an,,,daß er ihm Corresponden= zen vorbehalten und aufgemacht habe." Es hatte sei= nen ganz guten geheimen Grund, daß der Friedländer nichts Schriftliches von sich gab. Seit den Tagen

Leopold's I. wurde die Methode des Kaiserhofs, die Postintercepte zu nußen, systematisch ausgebeutet. Der Kaiserhof machte auf diesem heimlichen Wege die wichtigsten Funde über eine Masse von deutschen, franzöfischen, ungarischen und anderweiten Intriguen, man orientirte sich bestens über die Macchinationen der Ca= binete, die sich auf die Succession in Spanien, auf die polnischen und schwedischen Königswahlen bezogen. Kam man sehr gefährlichen Dingen auf die Fährte, so erfolgte dann plöglich ein Hauptschlag.

Sogenannte Postlogen befanden sich in allen Central- und Influenzpunkten der verschiedenen Straßenzüge. Ueberall hatte man vertraute bewährte Leute, gewöhnlich vererbten sich die Postmeisterstellen vom Vater auf den Sohn Jahrhunderte durch. So war z. B. auf der Nordstraße von Wien aus auf der Station Stockerau an der Donau eine Familie von Eberl schon seit den Zeiten Kaiser Rudolf's II. ftationirt: Lucas II. Eberl hatte sich durch seine verschiedenen als Courier glücklich

*) Gerlach, türkisches Tagebuch, S. 251.

beendigten Aufträge so ausgezeichnet, daß ihm die Postmeisterstelle zu Theil ward, dazu adelte ihn Matthias 1612; alle nachfolgenden Kaiser bis auf Joseph II. herab bestätigten den Descendenten dieses, Eberl diese Stelle. Einer seiner Enkel Franz, Rittmeister bei den Cuirassieren, führte im Jahre 1683 die dem Herjog von Lothringen zuziehenden polnischen und Reichstruppen durch den Wiener Wald über den Kahlenberg bis vor Wien. Noch 1790 fungirte ein Miael von Eberl als Postmeister zu Stockerau. *) Hauptpläge für die Postintercepte waren im Reiche: Eisenach, Frankfurt, Nürnberg, Augsburg und Regensburg, der Siz des Reichstags ferner die Han= endlich jeestädte, namentlich Hamburg und Bremen die geistlichen Hauptstädte, namentlich Mainz. Ueberall in diesen verschiedenen Postlogen arbeiteten die Leute, wie die Falschmünzer, für das allerhöchste Interesse des Hauses Habsburg-Oestreich. Diese Leute waren hochbetraut und es bildete sich aus ihnen eine ganz besondere Gattung der kleinen östreichischen Aristocratie. Eine ganze Reihe von Familien, die den Tarisschen Bestdienst versahen, parvenirten von da in den öftreidischen Staatsdienst, kamen in die diplomatische Carriere und wurden nobilitirt und baronifirt, einige sogar

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Fine ganze Reihe von Postmeistern ward geadelt, so 18. Bihn, Oberpostamtsverwalter in Wien 1764, Egger, Oberpoftverwalter zu Prag 1761, Appelmann und Bellau, Postverwalter zu Brünn und Gräß, schon 1732

1736 und noch 1793 Athanasius Guggenberger, Bofmeister in Tyrol, sehr vieler anderer nicht zu erwähnen.

gegraft. Zu dieser Menschengattung gehörten unter andern die Vrinz zu Treuenfeld, die von Glied zu Glied die Reichspostdirection in Bremen besaßen und die Lilien, Westphälinger, unter denen besonders der Tarissche Geheime Nath, Präsident und General-Intendant der Posten Franz Michael Florentin Baron von Lilien hervorragte, der in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts die Postwagen, die s. g. Diligencen einführte: Baron Fürst nennt ihn in seinem Wiener Hofberichte von 1754,,den routinirtesten Menschen, den es im Postzweige geben mag." Er ward 1747 baronifirt. Ferner: die 1707 baronifirten und 1819 ge= graften Kurzrock, von denen einer schon unter Kaiser Leopold Resident zu Hamburg war, die Westerhold, die Wunsch und die famose, 1788 baronifirte Famailie Leykam, die namentlich in der Reichskanzlei ihr Wesen trieb, Staatsgaunerei im höchsten Style. Sie brachte Leute, wie den Baron Franz Georg von Leykam, hervor, von denen, wie Graf Friedrich Stadion schrieb, geradezu das gute oder böse Wetter im Reiche abhing" und die Joseph II. nicht einmal eliminiren konnte, weil Leykam's große Connerionen ihm für die geheime Polizei unentbehrlich waren. Bekanntlich wählte der Staatskanzler Metternich aus dieser Glücksritterfamilie, auf die ich noch ein paarmal kommen werde, seine zweite Frau.

Man darf übrigens keineswegs glauben, daß die Methode des Kaiserhofs, die Poftlogen als stets bereite furchtbare Fundgruben zu gebrauchen, um hinter die Anschläge und Pläne deutscher und auswärtiger Ca

binete zu kommen, eine exclusiv- kaiserliche gewesen sei. Die deutschen Fürsten ahmten bald nach, namentlich Sachsen schon unter August dem Starken, und besonders unter dessen Sohn, wo unter Brühl ein furchtbares Chiffercabinet bestand, das die preußischen Depeschen intercipirte, worauf Friedrich der Große die bekannte Represalie mit dem Cabinets= fanglisten Menzel gebrauchte. Was der kaiserliche bof that, thaten alle anderen Höfe. ,, Ich glaube, jagt Lang in seinen Memoiren, daß dieselbe Manipulation, die mit der Brieferöffnung in Baiern vorgenommen ward, so ziemlich auch in andern Ländern statt gefunden hat und erkläre mir daraus die Verbindung, warum meistens aus Diplomaten Generalrostmeister oder umgekehrt aus Generalpostmeistern Diplomaten geworden sind.“ Nur die unglaubliche Gutmüthigkeit und höchst blöde Treuherzigkeit der treuge horsamsten Unterthanen des heiligen römischen Reichs juchte lange, lange Zeit die Quelle von Verrath überall, außer gerade da, wo sie so ganz nahe lag.

Nach zweijährigem wohlvernußten Aufenthalte auf feinem Gesandtschaftsposten in Paris, ward Kauniz nach Wien zurückberufen. Es sollte nun hier die Frage Conferenzrathe zu ihrer Erledigung kommen, die con lange angeregt worden war

die Frage, ob seit siebzig Jahren, seit den Tagen der höchsten Grühr vor Ludwig XIV. und seinen Alliirten, den Türfen, den Tagen der Wegnahme Strasburgs und der Belagerung Wiens festgehaltene politische System der Mianz mit den Seemächten und Savoyen oder die

neue Verbindung mit dem 300 Jahre lang feindlich, feit Richelieu todtfeindlich gewesenen Frankreich vorzuziehen sei?

Es hatte jederzeit am Wiener Hofe eine Partei gegeben, die die Abhängigkeit Oestreichs von den Seemächten den Geldbeschaffern drückend gefunden hatte. Schon der Großvater von Kaunis, der alte Graf Dominic, der 1697 den Ryswicker Frieden für Oestreich geschlossen hatte, war gegen den französischen Ambassadeur Marschall Villars in Wien, als England und Holland die f. g. Partagetractate der auf der Erledigung stehenden spanischen Monarchie hervor brachten, in höchster Entrüstung mit der Auslaffung herausgefahren:,,Was, sollen die Holländer Kronen vergeben?" Namentlich England, das seit dem Utrech ter Frieden meerdominirende England, lastete recht schwer mit seiner theuern Freundschaft. Kauniz hatte, als er vor dem Aachner Frieden in London war, die sich auf ihre Nitterlichkeit gegen die Damen stets und noch bis auf die Tage des Damenauspeitschers Haynau herab piquirenden Herren Old England's höflichst bitten müssen, doch nicht das zarte Geschlecht der Kaiserin Königin durch hochfahrendes Wesen so unritterlich verlezen zu wollen." Und Maria Theresia selbs hatte einmal ziemlich laut zu dem bekannten englischer Beißteufel Sir Charles Williams geäußert ,,Bin ich nicht Frau in den Niederlanden, so gut al hier in Wien? Sind sie etwa ein Geschenk, ein blo Bes Pfand Ihres Königs und der Hochmögenden?" Die gute Feundschaft Englands und Hollands gin

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