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ihnen gut speiste, oder gut bedient worden wäre." Haugwis war für seine Person feineswegs ein guter und strenger Wirth: ohne Glanz und Repräsentation, ohne steten Zusammenfluß von Einheimischen und Fremden in seinem Wiener Palafte, namentlich ohne bie nicht genug zu genießenden Freuden der großen Jagd und des Marstalls auf seinen Schlöffern konnte er sich gar nicht sehen. Er hielt sich eine wahre Unzahl von Jägern, Pferden und Hunden. Seine eigenent beträchtlichen Güter genügten ihm nicht: er pachtete noch die Jagd zu Petronell von einem Grafen Traun um 3000 Gulden. Sein großer Marstall auf seinem Garten in der Josephsstadt in Wien kostete 30,000 Gulden.

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Die äußere Erscheinung des einflußreichen Manues war keineswegs imponirend oder gewinnend, sagt Hormayr.,,Von mittelmäßiger, gedrungener, ja vierschrötiger Statur, scharfem, aber kurzem und reizbarem Gefichte, unaufhörlich mit den Augen zwinkernd, den Ropf schüttelnd und die Achseln zuckend, dazwischen häufig hüftelnd und nießend, war Haug wiß in der That Carricatur." Er steht mehr einem Narren gleich, als einem großen Manne; wenn er spricht, macht er die Augen zu“, seht Fürft in seinem Hofberichte zu. Aber doch, fährt Hormayr fort, hatte Sangwiß ein Recht zu sagen:,,mögen ste mich hasjen, mögen fie mich auslachen nach Belieben wenn sie mich nur fürchten!" und so geschah auch. Er war allgemein verhaßt, bei seiner eignen Kaste am meißten — selbft die eignen Verwandten und Creatu

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ren intriguirten gegen ihn unterstüßten aber scheinbar, ja übertrieben noch sein System, um ihn immer verhaßter zu machen und endlich zu stürzen. — Wo wären auch strenge Ordnung und Evidenz jemals willkommen gewesen? - Aber die Resultate waren für ihn und so starb er im höchsten Vertrauen der Monarchin -1765 furz nach Kaiser Franz." Da sein einziger Sohn vor ihm starb, kamen die Güter an seine Vettern: das niederschlestsche Majorat Krappig erhielt des preußischen bekannten Cabinetsministers Haugwis Vater und das mährische Namjest dessen Bruder.

Es war, wie schon gesagt, die Bureaukratie, welche Haugwiß den übermächtigen Aristocraten Dest reichs und ihrer fast absoluten Herrschaft in den Provinzen substituirte. Er wand ihnen durch die neuen Behörden, die er anstellte, die lange beseffene Gewalt aus den Händen. Der Hofabsolutismus machte jezt sein Bündniß mit der Democratie, um die aristocratische Mittelmacht zu beugen, wenn auch nicht zu brechen das lag gar nicht in Haugwig' Zwecke, denn er wollte die Aristocratie, aber nur geschwächt, gedämpft, noch fernerweit brauchen.

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Die Organe, durch welche die große Operation ganz friedlich vollzogen wurde, waren die neuen Behörden: die Landesgubernien in den ProvinzialHauptstädten und unter ihnen die Kreisämter. Sie sollten die natürlichen, amtlichen Schuß- und Schirmvoigte der Unterthanen gegen die Gutsherren werden. Das eigentliche Volk, die Bauern, wollte man damit

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an den Thron knüpfen. Die Kluft zwischen Unterthanen und ihren Herren mußte immer mehr und mehr erweitert und den Bauern recht zum Bewußtsein ge bracht werden, daß fie eben ihren Herren als natürliche Feinde gegenüberständen. Es war ein einfacher juristischer Kunstgriff, womit man diese große Operation durchseßte. Statt daß früher in Eigenthums- oder Dienstbarkeitsstreitigkeiten durchgehends Seiten der Regierung festgehalten worden war, daß die Präsumtion für den Gutsherrn streite, baß das in Frage gestellte Recht ihm zugebühre und daß deshalb die Beweislast den Unterthanen aufzubürden sei statt dessen hielt die Regierung nun das Brincip feft: jeder geringste possessorische Act, den ein Unterthan für sich anziehen kann, um darzuthun, daß *- sei es durch guten Willen des vorigen oder Nachläfigkeit des jeßigen Grundherrn, oder auch durch Beamtengunst - ein Grundstück, eine Hutung, einen Holzschlag einige Zeit hindurch benußt habe, spricht vor der Hand für sein Recht und so lange nicht Gutsherr das Gegentheil in petitorio ausführt, ist Bauer in seinem Rechte zu schüßen. Damit ward auf die großartigste Weise der ganzen Lehre vom Befig und dem historischen Boden, dem Rechtsboden, eine wäch serne Nase gedreht und es zeigte sich in einem recht umfänglichen erspiegelnden Erempel, daß Recht identisch mit Macht sei.

Die Gutsherren wurden aber nur mit dem ge= Atrast, womit sie selbst einft gesündigt hatten. hatten den Bauern eine noch ganz andere wächserne

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Nase gedreht. Es war die Nase gewesen, die Kaiser Joseph I. später mit den berühmten Worten ihnen vorhielt: Ist es nicht Unsinn zu glauben, daß die Obrigkeiten das Land besessen, be= vor noch Unterthanen waren und daß sie das Ihrige unter gewissen Bedingungen an die legteren, die Unterthanen, abgetreten hätten? Müßten sie nicht auf der Stelle vor Hunger davonlaufen, wenn Niemand den Grund bearbeitete?"

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Die neuen Behörden, die die amtlichen Schußvoigte der Unterthanen sein sollten, erhielten nächst der Einschärfung, dieser ihrer Amtspflicht stracklichst nachzugehen, beinebens noch einen Auftrag, der allerdings für die Regierung sehr wichtig war, ja der eigentlich Hauptveranlassung gewesen war, daß die Regierung ein Einsehen nahm, die aristocratischen Gutsherren zu überwachen, daß sie nicht die Unterthanen gar arm und geringe machten. Dieser Nebenauftrag war der: das neue Abgabensystem ausführen zu helfen, die sogenannte Contribution zu fixiren.

Das Regiment in Destreich unterscheidet sich we= fentlich von dem in Preußen; während die preußischen Landesherren dafür gesorgt haben, ihre Souveränität durch ansehnliche Domainen zu steifen, waren und sind in Oestreich die Domainen der geringste Theil der Einfünfte der Krone; der Adel und die Geistlichkeit besaß hier die großen Güter und die Landesherren mußten fich an den Adel und die Geistlichkeit wenden, wenn fie Geld und Soldaten bedurften.

Hangwig wollte, wie gesagt, keineswegs die Aristocraten verderben, er wollte sie nur mürbe machen und schwächen. Er wagte gar nicht, alles Bestehende umzustoßen. Man unterhandelte im Jahre 1747 auf das Gewandteste mit den Ständen, die das alte Steuerbewilligungsrecht urkundlich in den Händen hatten. Es handelte sich darum, sämmtliche Naturalleistungen, Nationen, Jourage, Remontepferde, Transportverpflichtung ic. zu Geldsummen anzuschlagen und zu firiren. Das geschah. Die Kaiserin sagte den Ständen darauf ausbrücklich zu:,,binnen des nächsten Jahrzehends souten die Steuern nicht erhöht, doch sollte jezt averflonaliter mehr als bisher bezahlt werden.“ Das hielt man aber keineswegs. Das Ende war, daß man, was man bezweckt hatte, die Steuern allmählig immer höher und höher hinauftrieb und sie dann firirte. Früher hatten die Stände alljährlich bewilligt und die Steuern selbst aufgebracht jest wurden fie auf immerwährenden Fuß gesezt und die Regierung trieb sie selbst ein. Das war während die Aufhebung der Leibeigens schaft, die Einführung des Urbars und die gemäßigte Unterthänigkeit allerdings höchst erfolgreiche Maaßregeln und für die Bauern sehr wohlthätige Maaßregeln waren für die Regierung die erfolgreichste und wohlthätigste Maaßregel. In Böhmen, in Oeftreich, in der Steiermark wurden die. Steuern verdop= pelt und verdreifacht; selbst Ungarn, das früher gar time ftabile Contribution kannte, zahlte im Todesjahre Meria Theresia's 41, Millionen Gulden.

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Indem nun so die Abgaben in die Höhe stiegen,

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