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zeither als Vertrauensmann Maria Theresia's durch mannichfache Schicksale gegangen und hatte durch seine unerschütterliche Anhänglichkeit an die Monarchin sich in seiner Art so wohl verdient gemacht, daß ihm der Oberbefehl der Armee von ihr nicht vorenthalten wer= den konnte; auch ward Neipperg später, als er in diesem Oberbefehl sehr unglücklich war, in Wien Hoffriegsrathspräsident.

Neipperg hatte zeither nebst anderen Generalen, wie Succow, Graf Olivier Wallis und Graf Heinrich Seckendorf, demselben Seckendorf, der lange Zeit bei Friedrich Wilhelm I. von Preußen das östreichische Interesse glücklichst vertreten hatte, in dem in den letzten Jahren Carl's VI. gegen die Türken angezettelten Kriege höchst unglücklich gefochten. Kaum hatte Prinz Eugen 1736 seine Augen ge= schlossen, so hatte der übermüthige Bartenstein es nicht nur zu dem höchst unpolitischen, sondern auch höchst ungerechten Bruche mit den Türken gebracht: die vermeintliche Pflicht, den alliirten Russen zu helfen, mußte als Vorwand dienen, der eigentliche Grund war die ausschweifende Hoffnung, die Ungläubigen aus Europa verjagen zu können. 1737 hatte der Krieg begonnen und 1739 war er mit dem Belgrader Frieden wieder geendigt worden: in diesem Frieden gingen drei Jahre nach Eugen's Tode alle deffen schönsten Eroberungen im Passarowißer Frieden 1718: Servien und ein Stück der Wallachei und Bosniens muthwillig wieder verloren, selbst der Schlüssel von Ungarn, der Donauhafen Belgrad. Joseph II. äußerte von diesem

diplomatischen Kunststück später: „Man hat kein Beispiel eines so geschlossenen Friedens.“

Die Confusion, die bei der östreichischen Armee= führung sprichwörtlich war, war diesmal so arg ge= wesen, daß der souple, schwache Neipperg, der ge= waltthätige, tückische Wallis und der tüchtige Graf Samuel Schmettau, der Berichterstatter über die= sen Krieg, derselbe, der nachher als Grand Maitre der Artillerie und Chef des Generalstabs in Friedrich's des Großen Armee eintrat, fich die Couriere auffingen und die Depeschen vorenthielten. Zuerst hatte Sedendorf das Commando gehabt: er hatte, wie schen oben erwähnt worden ist, mit dem Generallieferanten Harrucher gemeinschaftlichen Profit gemacht und die Armee an dem Allernöthigsten bitteren Mangel leiden lassen. Darauf hatte Wallis das Commando erhalten: er verlor dergestalt den Kopf, daß er, als der Kaiser ihn mit den Friedensverhandlungen betraute, den Türken über Hals und Kopf Belgrad mit rasirten Werken anbot. Darauf erhielt Neipperg den Auftrag, den eingeleiteten Frieden zum völligen Abschluß zu bringen: er wußte nichts von den Verwilligungen des Grafen Wallis, dieser verschwieg fie aus Tücke. Als nun Neipperg ins türkische Lager kam, sahen ihn die Türken geradezu für einen Spion an. Es kamen hier Scenen vor, wie ste früher vorgekommen waren: der Pascha von Bosnien spie Reipperg ins Gesicht und sagte ihm:,,Du ungläubiger Hund, du sagst kein Wort von dem Hauptpunkt, welchen der Vezier Wallis geboten hat, du Deftreich. VII

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wirst nach Constantinopel geschickt und bestraft werden, wie du es werth bist!" Während Neipperg auf dieser schmachvollen Friedensabschlußmission sich befand, hatte Schmettau unterdessen Belgrad dergestalt in tüchtigen Vertheidigungszustand gefeßt, daß es den Türken faft unmöglich war, es mit Gewalt zu nehmen. Davon wußte Neipperg wieder nichts und verwilligte, um seine Haut in Sicherheit zu bringen, wiederholt nun auch seiner Seits den Türken Belgrad. vollständig compromittirt, daß es gar nicht anders thun ließ, als ihn auf die Festung Gräz zu sehen; Wallis kam gleichzeitig nach Glaz, Seckendorf auf den Spielberg. Der ,,respektable" Bartenstein, der hochmüthige Anzettler des verderb= lichen Kriegs, wüthete gegen Neipperg und meinte: ,,dieser Mann verdient gespießt und nur aus großmüthiger Begnadigung gehangen zu werden.“

Zulegt war er so

sich Ehren halber

Der von den Muselmännern bespieene Feldherr, welcher nur seinen geheimen Instructionen nachgegan= gen war, die die Hauptperson in Oestreich, die Erbin der Monarchie, ihm zugestellt hatte, ward, sobald Maria Theresia den Thron bestiegen hatte, seines Gefängnisses entlassen und übernahm nun den Oberbefehl gegen Preußen, mit einem kaum 36,000 Mann zählenden Heere, wozu sechszehn Kanonen und 300,000 Gulden in die Operationscaffe geliefert wurden.

Vorerst versuchte man in Wien den neuen Feind auf die kürzeste Manier heimlich auf die Seite zu schaffen. Friedrich der Große schrieb darüber unterm 11.

März 1741 an seinen Ministerresidenten Baron Dandelmann in Mainz:,,Man hat zu Wien, ohne auf die Kriegsgeseze Acht zu haben, welche auch unter den wilden Völkern in Obacht genommen werden, zu den abscheulichsten Schändlichkeiten sich verleiten lassen, Kundschafter, Spione, Banditen ins Lager zu senden, um alle meine Unternehmungen auszuforschen, mich zu verrathen, den feindlichen Parteien zu überliefern und sogar nach meiner Person zu trachten. Das, was die Abscheulichkeiten noch am fürchterlichsten macht, ist das Bekenntniß eines Banditen, welcher genöthigt worden war, in Gegenwart des Herzogs von Lothringen in dent Hofkriegsrathe ausdrücklich dieser Sache halber einen Tid zu leisten, so ich aber kaum glauben kann. Ich gestehe, daß mir dasselbe aus Liebe zu dem Herzog von Lothringen nahe geht, weil ich niemals würde geglaubt haben, daß er dergleichen Unanständigkeiten, welche dem Wienerischen Hofe in der ganzen Welt Schande und Schaden zuziehen müssen, zu verstatten fähig gewesen wäre. Ich sehe mich, wiewohl ungern, genöthigt, so wenig anständige Sachen vor den Namen des östreichischen Hauses und den Urhebern eines so verdammlichen Vorhabens bekannt zu machen. Allein, da dieses zum Unglücke mehr als zu wahr und bewiesen ist, so habe ich Euch hiervon Nachricht geben wollen, damit Ihr solches an dem Orte, wo Ihr Buch aufhaltet, bekannt machen könnt." Baron Dandelmann publizirte hierauf ein besonderes Memorial in Mainz, der Wiener Hof beantwortete es.

Darauf ging der Banditen- und Federkrieg in den wirklichen Krieg über.

Neipperg verlor am 10. April 1741 die Schlacht bei Mollwig und seine Armee löste sich auf in wilder Flucht nach Neiße. Das Land bis Wien lag nun dem Sieger offen, Friedrich's Parteigänger, Ziethen mit seinen Husaren, wagte sich bis Kornneuburg und Stockerau und überblickte von den kahlen Höhen des Bisambergs Wien. Auf die verblendete Sicherheit folgte ein panischer Schrecken in Wien. Alles floh nach Ungarn, nach der Steiermark, nach Klagenfurt in Kärnthen. Die Erzherzoginnen, der Schat, die Archive kamen auf den Gräßer Schloßberg. Am 18. Mai 1741 schloß der französische General Belleisle die Nymphenburger Verträge mit Baiern. Sie lauteten: Die Großherzogin von Toscana erhält Ungarn und das Land unter der Enns nebst Wien, dazu ganz Inneröstreich

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Baiern erhält die Kaiserkrone und Böhmen, das Land ob der Enns und Tyrol nebst dem Breisgau Sachsen erhält Mähren mit Troppau, Jägerndorf, Teschen, dazu den erblichen Königstitel von Sachsen - Polen

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dem König von Preußen bleibt Schlesien — Spanien nimmt die Lombardei, die Niederlande Frankreich. 22 Monate nach Abschluß dieser Verträge erst, über neun Monate nach dem Tode Carl's VI. erst, am 31. Juli überrumpelten die Baiern Passau, den Schlüssel der Donau. Baierische und französische Dragoner streiften nun bis Siegshardskirchen und von den Höhen des Riederbergs sahen nun

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