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Der Hof

Maria Theresia's.

1740-1780.

Maria Theresia.

1740-1780.

1. Die beiden ersten schlesischen Kriege und der öftreichische Erbfolgekrieg.

Als Carl VI. am 20. Detbr. 1740 die Augen schloß, war die östreichische Monarchie im allerschlech= testen Finanz- und Vertheidigungszustande. Es war ganz ebenso, wie vierzig Jahre vorher bei Erledigung der spanischen Erbschaft. In dem kaiserlichen Schat fand Maria Theresia nur 87,000 Reichsthaler. Auf den Papieren des Hofkriegsraths und der Verpflegsbehörde stand zwar ein Kriegsetat von 135,000 Mann, aber nur 68,000 Mann befanden sich effectiv unter dem Gewehr. Davon waren 38,000 in den Niederlanden und in der Lombardei, die übrigen 30,000 lagen zerstreut von den Festungen Siebenbürgens bis zum vorderöstreichischen Breisgau, von Schlesten bis Throl herunter. In Schlesten lagen nur drei Bataillons und zwei Grenadier-Compagnieen, in Böhmen ein Bataillon und eine Grenadier-Compagnie.

Man verließ sich in Wien auf die Friedensliebe des neunzigjährigen französischen Ministers Fleury;

ohne Frankreich schien Baiern ohnmächtig; an den Hauptfeind, Friedrich von Preußen, der schon in der achten Woche nach Carl's Tode Schlesten überschwemmte, dachte man gar nicht. In der Hauptstadt selbst brachen unmittelbar nach des Kaisers Lode wegen hoher Theuerung und Mangel an Lebensmit teln Ende October und Anfangs November 1740 Tumulte aus, die durch Waffengewalt unterdrückt werden mußten. Darauf trat wieder die alte stumpfe Gleichgültigkeit bei dem Volke ein. Die erften ganz friedlichen Verfügungen der Regierung Maria Theresia's erstreckten sich auf das Verbot der Maibäume, den Fasten-Kreuzweg, den Volksscherz des Eselritts in Herrnals und einige Sanitätsvorschriften an der ungarischen Grenze. Noch am 21. November übertrug Maria Theresia ganz friedlich ihrem Gemahle Franz das Großmeisterthum des goldnen Vließes, die Mitregentschaft und die Führung der böhmischen Kurstimme.

Da auf einmal zuckte wie ein Bliß die Kunde in die Wiener Hofburg herein: die Preußen sind in Schlesien; zu gleicher Zeit erschien Baron Gotter in Wien und begehrte in seines Herrn Namen kraft aller Rechtstitel die vier schlesischen Fürstenthümer Liegnit, Brieg, Wohlau und Jägerndorf, wogegen Friedrich ihr gegen alle ihre Feinde sein Heer und seinen Schaß und die Stimme zur Kaiserwahl für Franz bot. Bartenstein entgegnete auf dieses Begehren Gotter's: Wie? der Vater mußte als Erzkämmerer dem Kaiser das Wasch

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becken reichen und der Sohn will jezt des Kaisers Tochter Geseze vorschreiben?" Da zeigte Gotter dem Großherzog Franz einen Brief seines Herrn, worin dieser schrieb: „Will sich der Großherzog zu Grunde richten, so mag er es thun!" Es schien das Eindruck auf Franz zu machen. Aber der böhmische Kanzler, Graf Kinsky, der stolzeste Mann des Hofs, richtete ihn mit den nachdrücklichsten Vorstellungen auf, wie schmachvoll Nachgiebigkeit für den Kaiserhof sein werde. Er drang mit seinen Vorstellungen durch, an denen übrigens, wie der preußische Gesandte Graf Podewils später in einer Depesche vom 24. Mai 1747 an Friedrich den Großen berichtete, die Furcht, einen Theil seiner Revenuen als Kanzler von Böhmen zu verlieren, eben so viel Antheil hatte, als die Ueberzeugung, daß sie dem Interesse seines Hofes gemäß seien. Alle Anträge Preußens wurden stolz verworfen. Damals schrieb Friedrich: Die alte Zeit ist aus. Das System wendet sich. Der Stein ist losgegangen, der auf Daniel's Traumbild aus viererlei Metall abrollen und es zertrümmern wird."

Wilhelm Reinhard Graf von Neipperg erhielt das Commando gegen die Preußen, einer der vielen Hofgenerale, die der jungen Kaiserin schon lange or, che sie den Thron bestiegen, ihre Dienstbeslissen= heit zu erweisen gesucht hatten, der Großvater des Ripperg, der der Erbe des Ehebetts Napoleon's die zweite Heirath der Erzherzogin Maria Luise von Parma ward. Dieser Neipperg war

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