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und aus der man, wie schon erwähnt, die Diplo= maten für Destreich auswählte. Es war eine sehr gothische Behörde, bei der sich gleich bei seinem Regierungsantritt Joseph H. das Geschenkenehmen durch ein sehr starkes Handbillet verbat. Der. Präfident war, seit dem Tode von Windischgrät, seit 1728 Johann Wilhelm, Reichsgraf von Wurmbrand, berühmt als Vater der öftreichischen Genealogie, zugleich Erblandkuchelmeister in der Steiermark. Fr war seit dem Jahre 1701 der erste Graf seines Namens, damals noch Protestant. Zweiundfünfzig Jahre alt, convertirte er sich im Jahre 1722, heirathete im siebzigsten Jahre eine fünfte Frau und starb 1750 unter Maria Theresia, achtzig Jahre alt.

Neben Wurmbrand fungirte in der Reichskanzlei als Reichsvicekanzler Friedrich Carl, Graf Schönborn, Bischof von Bamberg und Würzburg, aus dem berühmten Geschlecht, dem der Mainzer Kurfürst, der nach dem Westphälischen Frieden den Rheinbund des flebzehnten Jahrhunderts geschlossen hatte, angehörte. Auch dieser sein Nachkomme war einer der stattlichsten und prächtigsten Prälaten seiner Zeit, der in Wien eins der größten Häuser machte, wie die oben mitgetheilte Beschreibung der englischen Touristin Lady Montague gezeigt hat. Von seinem großen Vorfahren unterschied er sich aber dadurch, daß er stark antifranzösisch gesinnt und auch bei weitem nicht so tolerant war: er galt für die Seele der großen Antrengung, die die katholische Kirche noch einmal im achtzehnten Jahrhundert machte, im Stillen und ganz

unter der Hand Deutschland wieder katholisch zu machen. Er hatte seine Hände in den Religionsunterdrückungén in der Pfalz, in Hohenlohe, in Salzburg, er bot dem katholischen Herzog Carl Alexander seine Hülfe an, sein Land wieder katholisch zu machen. Er war ein Hauptanhänger vom Obrißthofkanzler Sinzendorf und brouillirte sich mit allen Ministern, ausgenommen Brinz Eugen, um ihm seine Freundschaft zu bezei= gen. Richelieu in seinen Memoiren sagt, daß er den Intereffen des Zaaren ergeben sei und ihm lange wohlgedient habe, nächstdem sei er ein eifriger Anhänger des pfälzischen Hauses und wie fast der allgemeine Ruf ging, für französisches Geld nicht unzu= gänglich gewesen. Er ward durch Bartenstein ver= drängt und starb im Jahre 1746 unter Maria Theresia.

Sein Nachfolger war Rudolf Joseph Graf Colloredo, unter dem der Parvenu und Convertit Baron Knorr, Bartenstein's Schwiegersohn, das Factotum in der Reichskanzlei war.

Reichshofraths-Vicepräsident war Graf Johann Adolf Metsch. Er stammte aus der anhaltischen Branche dieses meißnischen Geschlechts, fungirte früher als anspachischer Envoyé in Wien, convertirte sich wie Wurmbrand und ward wie dieser gegraft. Seine Erbtochter ward die Gemahlin des ersten Füren von Khevenhüller-Metsch.

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Unter diesen drei Prästdial Personen fungirten fünfundzwanzig Reichshofräthe, vierzehn vom Grajen- und Herren- und elf vom Ritter- und Gelehr

ten - Stande. Die Besoldung derselben betrug unter Joseph I. 6000 Gulden, Carl VI. feßte sie 1716 auf 4000 herab. Als Nebenemolumente genossen sie außer den reichlich fallenden Sporteln und Geschenken die Zoll- und Postfreiheit durchs ganze Reich und ebenso hatten sie in ihren Häusern das Asylrecht, wie die fremden Gesandten in Wien.

In der Reichshofkanzlei stand der deutschen Expedition vor ein Edler Herr von Glandorf, der 1725 baronisirt worden war der lateinischen Erpedition ein Edler Herr von Schnappauf, der 1726 mit dem Prädicat,,alter Reichsritter" nobilitirt worden war.

Noch ressortirten vom Reichshofrath: das Reich 8Tar-Amt und das Wappen-Inspector- Amt, die Reichshofbuchdruckerei und die beiden fais serlichen Fiscale im Reich und in Italien.

3. Die dritte Staatsbehörde war der Hofkriegsrath.

Präsident: Prinz Eugen.

Vicepräsident: der oben schon aufgeführte ,,General Rafttag", der Feldmarschall Graf Lothar Joseph Dominic von Königsegg, aus dem uralten schwäbischen, schon von Ferdinand II. gegraften Geschlechte, früher Gesandter in Paris und Madrid.

Unter ihnen fungirten vierzig Geheime Hofund Kriegsräthe, vierundzwanzig vom Grafen- und Herrenstand - diese Grafen und Barone lebten aber zumeist auf ihren Gütern und fanden sich nur zur

Zeit der Hoffeste im Carneval zu Wien ein und sechszehn Räthe vom Ritter- und gelehrten Stande. Viele berühmte Namen, aber wenig berühmte Perfonen.

Der einflußreichste und mächtigste Mann war beim Hofkriegsrath der oben bei den Personalien Eugen's vorgekommene Parvenu, Baron Weber, das Facto= tum der Gräfin Lorel Batthiany.

4. Die vierte Staatsbehörde war eine neue: die von Carl VI. gebildete Finanz-Conferenz. An ihrer Spize stand der Kaiser selbst und unter ihm der Geheime Conferenzminister, früher schon seit 1704 Hofkammerpräsident, Graf Gundacker Starhemberg, der jüngere Halbbruder des Retters von Wien und griesgrämige Feind Eugen's. Unter dieser Finanz- Conferenz standen nachfolgende zwei FinanzbeFörden:

5. Die alte Hofkammer mit über siebzig Räthen, die je 3000 Gulden Besoldung erhielten. Der Bräsident war seit 1719: Johann Franz Gottfried Graf Dietrichstein, vom ältern Aste Na= benstein der Linie Weichselstädt.

6. Die Universalbankalität, ebenfalls eine neue Behörde, geftiftet 1714; unter. Ferdinand Sraf Rollowrat - Krakowsky, einem Böhmen.

Diese Finanzämter legten die Steuern auf, welche mar ansehnlich hoch, aber nicht unerschwinglich waren. Am meisten drückte der s. g. Aufschlag, eine Accise, die auf die Lebensmittel gelegt war und unter diesen brachten gerade am meisten die nothwendigsten Lebens

bedürfnisse ein, Brot und Fleisch, Wein, Bier u Branntwein. Der Aufschlag, die täglich fallend Handgefälle, standen speziell unter dem s. g. Handgr fenamt und wurden durch die s. g. Beschauer eing bracht. Der Handgraf schöpfte als Richter die er. Notion in Streit- und Straffällen, das Amt vers gewöhnlich einer der Hofkammerräthe, wie z. B. uni Leopold der Ahnherr der Grafen Gatterbur früher Gattermayr benannt, ein Mann, der i Handgrafenamte prosperirte, 1674 fich das Schl Zwölfaring kaufte und deffen Sohn 1717 gegra ward,,wegen der zu den Staatsbedürfnissen geleistet beträchtlichen Darlehen.“ Der Aufschlag datirte sche von den französischen Kriegen unter Leopold, unt dem auch das Tabacksmonopol im Jahre 167 wie oben berichtet worden, um Geld zum kaiserliche Jagdvergnügen zu beschaffen, eingeführt worden wa

Zu diesen sechs obersten Staatsbehörden kame nun noch die sechs Landesregierungen, in welchen nach damaligem Style auswärtige, wie inner Angelegenheiten zur Erledigung famen.

1. An der Spize der öftreichischen Regierun stand der Graf Philipp Ludwig Sinzendorf der Obristhofkanzler und der kaiserliche Statt halter in Niederöstreich Sigismund Friedrich Graf Khevenhüller, Vater des ersten Fürsten, mi an siebzig Räthen.

Unter Sinzendorf arbeiteten in der UniversalGeheimen Staats-Expedition so hieß da

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