Der sensitive Mensch und sein Verhalten zum Ode. Eine Reihe erperimenteller Untersuchungen über ihre gegenseitigen Kräfte mit Rücksicht auf die praktische Bedeutung, - welche sie für Physik, Chemie, Mineralogie, Botanik, Physiologie, Heilkunde, gerichtliche Bon Karl Freiherrn von Reichenbach, Phil. Dr. & a. 1. Mr., Ehrenbürger feiner Vaterstakt Stuttgart, Ritter des fön. württ. Krenordens, Befißer lais. österr. und kön. württ. Zweiter Band. Stuttgart und Tübingen. 3. G. Cotta's cher Verlag. 1855. R. JU JAN SACHE FALB Vorwort zum zweiten Bande. In dem dreizehnten seiner physiologischen Briefe (zweite Auflage) theilt uns Hr. Prof. Vogt zu Genf seine Meinung über Sensitivität und Od mit, die ich meinen Lesern zum Besten zu geben, nicht unterlassen darf. Er läßt sich dort S. 322 in seiner bekannten eleganten Sprachweise also vernehmen: „Die ganze Reihe von Unsinn, den man unter dem Titel der „odischen Erscheinungen in die Welt hineingequalmt hat, beruhen lediglich auf einer gesteigerten Nervenerregbarkeit, durch welche „Empfindungen und Eindrücke, die in dem gewöhnlichen Leben spur„los vorübergehen, dem Bewußtseyn mitgetheilt werden. Ich habe „eine Frau beobachtet, die durch tagelanges heftiges Erbrechen an „den Rand des Grabes gebracht worden war und wo man eine „Magenkrankheit vermuthete, während nur eine beginnende Schwanger„schaft die Ursache der abnormen Magenreizbarkeit war. Bei gånz„licher Erschöpfung des Körpers war das Nervensystem in einem solchen Zustande gesteigerter Erregbarkeit, daß die Kranke nicht „nur die Tritte der Dorfbewohner hörte, wenn ich sie kaum sehen „fonnte, sondern auch die einzelnen Personen, welche über die Straße "gingen, ihren Tritten nach unterschied. Wie man sieht, brauchte „diese Empfänglichkeit nur noch um ein Geringes sich zu steigern, „um Erscheinungen herbeizuführen, die man, besonders wenn man „mit betrügerischen Personen zu thun gehabt hätte, als magnetisches "Hellsehen würde bezeichnet haben." Dieß ist der nämliche Weltweise, der dann gleich auf der gegenüberliegenden Pagina in folgender weitern Ergießung sich gefällt: 40X1334 " Ein jeder Naturforscher wird wohl, denke ich, bei einiger,,maßen folgerechtem Denken auf die Ansicht kommen: daß ale jene „Fähigkeiten, die wir unter dem Namen ber Seelenthätigkeiten be„greifen, nur Funktionen der Gehirnsubstanz sind; oder, um mich ,,einigermaßen grob hier auszudrücken: daß die Gedanken in dem„selben Verhältnisse etwa zu dem Gehirne stehen, wie die Galle „zur Leber, oder wie der Urin zu den Nieren. Eine Seele anzu„nehmen, die sich des Gehirnes wie eines Instruments bedient, mit ,,dem sie arbeiten kann, wie es ihr gefällt, ist ein reiner Unsinn; u. s. w. Hiemit sehen wir uns wieder einmal von einem dieser gelehrten Herren auf das Feld der Grobheit gezerrt und in die leidige Nothwendigkeit verseßt, auf seinem rauhscholligen Boden mit Widerwillen und Efel gegen Unbill uns zur Wehre zu sehen. In dem Verfahren des Angreifers muß man zweierlei unterscheiden, eine sittliche und eine unsittliche Handlung. Indem er wissenschaftliche Einwürfe erhebt, ist er im Rechte; indem er Grobheit hinzufügt, begeht er ein Unrecht. Die Abwehr hat demnach die zweifache Aufgabe: die Einwürfe bündig zu widerlegen, dann die Beleidigung zurückzuweisen und Grobheit zu bestrafen. Es muß bemerkt werden, daß der Mann, der hier so manierlich als besonnen spricht, derselbe seines vielgenannten Namens ist, welcher ohne eine blasse Idee auch nur von dem politischen Einmaleins zu besißen, den Muth hatte, sich in das deutsche Parlament zu Frankfurt schicken zu lassen; der dann von der Tribune der Paulskirche mit der Prätension von staatswissenschaftlichem Tiefblicke „die ganze Reihe von Unsinn in die Welt hineingequalmt hat," mit der er in knabenhaft politischem Unverstand sein Möglichstes dazu beitrug, Deutschland um die Früchte seiner Bewegung von 1848 zu bringen und bei dem sich die besten und edelsten Männer unseres Vaterlandes dafür zu bedanken haben, daß deutsche Professorenweisheit in Europa spottsprüchwörtlich geworden ist. Eine ähnliche kleine Probe von wissenschaftlichem Tiefblicke scheint nun Hr. Vogt an der Sensitivität und dem Dde ablegen zu wollen. Er wird erlauben, daß wir seine Versuche hiezu ein wenig der Zergliederung unterziehen. Zunächst hält er mir entgegen, daß „die Erscheinungen lediglich auf einer gesteigerten Nervenreizbarkeit beruhe." Sehr wohl; er erkennt also wortgenau ganze Reihe der odischen - |