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Ueber letteres habe ich jedoch noch nicht hinreichend zahlreiche Beobach tungen sammeln können und kann es daher vorläufig nur als sehr wahrscheinlich aufstellen.

§. 1671. Eine von diesen Frauen, (506) die gewöhnlich im Finstern sehr gut Odlicht sah, kam eines Tages zu mir in die Dunkelkammer. Zu ihrem und meinem nicht geringen Erstaunen war sie beinahe odblind; sie sah nicht einmal die stärksten Odlichterscheinungen. Vier Wochen nachher kam sie wieder zu mir und sah nun so gut, als je zuvor. Als sie gar nichts sah, war sie ebenso gesund als jeßt, sie hatte nur über etwas eingenommenen Kopf geklagt. Als ich mit Fragen in sie drang, um die Ursache dieses räthfelhaften Gesichtswechsels zu ergründen, theilte sie mir den Umstand mit, daß fie einige Tage zuvor ihr Kind, das sie an der Brust genährt, davon weggenommen und entwöhnt hätte. Da nun die Schwangerschaft und das Säugen die sensitive Reizbarkeit erhöhen, so scheint in der Entwöhnung, welche einen rückwärts gehenden Aft dieser Art ausmacht, ein Grund zu liegen, welcher auch gegen die Sensitivität wirkt, so sehr, daß er sie zeitweilig aufhebt. Diese Beobachtung bedarf der Vervielfältigung, wozu ich bis jetzt Gelegenheit nicht fand.

8) Die Ohnmacht.

§. 1672. Frl. Zinkel (360) gerieth während einer Arbeit in der Dunkelkammer schnell in eine Ohnmacht und fiel in einiger Entfernung von mir zu Boden. Ich bemühte mich, sie zur Besinnung zu bringen. Als ihr das Bewußtseyn zurückkam, war ihre erste Aeußerung eine Verwunderung und ein Bedauern darüber, daß ich die Dunkelheit unterbrochen und Licht ins Zimmer gelassen, d. h. die Arbeit unterbrochen habe. Dieß war aber nicht geschehen, ich hatte nicht geöffnet und die schwärzeste Finsterniß umgab uns beide. Sie aber sah beim Weichen der Ohnmacht so außerordentlich stark alles Odlicht im Zimmer, alle Maschinen, Kasten, Tische, Geräthe und Zimmerwände, wie an einem trüben Tage oder im Dämmerlichte, daß sie im ersten Augenblick glaubte, es sey Tageshelle darin. Diese Helle war aber nur eine odische und ehe eine Minute verfloß, schwand sie ihr wieder aus dem Gesichte, wie ihr Befinden rasch sich wieder herstellte.

Ohnmacht ist also noch ein höheres Steigerungsmittel der Sehkraft als Menstruen und Schwangerschaft; aber es ist kein gesundes, sondern ein aus einem Krankheitszustande herrührendes.

9) Krämpfe.

§. 1673. Es ist eine schwierige Sache, die Sehkraft von Sensitiven in Krankheitszuständen zu beobachten, denn krank kann man sie nicht in die

Dunkelkammer bekommen. Und doch würde hier sehr viel Aufklärung zu schöpfen seyn. Spitalärzte würden da der Wissenschaft große Dienste leisten können, wenn sie sich dieselbe angelegen seyn lassen wollten. Krämpfe, soweit ich von ihrem Verlaufe im Finstern Erfahrungen einsammeln konnte, sind ganz vorzugsweise geeignet, die Sehkraft zu steigern. Frl. Mair (75) hatte oftmals nächtliche Krampfanfälle. Wenn sie dann ohne Licht war, so sah sie die Leuchte des ihr gegenüberliegenden Magnets bei weitem verstärkt, größer, heller, die Polflammen länger, das ganze Hufeisen weißglühend, in Feuer und Flamme, wie sie sich ausdrückte. Frl. Nowotny, Girtler, Weigand, Beyer, Sturmann, Azmannsdorfer, Frau Kienesberger sahen alle bei nächtlichen Krämpfen die Metallgeräthe in ihren Zimmern, Thüren und Fensterbeschläge, Schlüssel, Uhren, Messer, silberne Löffel, besonders aber Magnete vielfach heller und stärker leuchtend werden, als in ruhigen Zuständen. Die Frl. Reichel (15) sah ich mehrmals nach Krämpfen schon in der Abenddäm= merung mit Magnetlicht, das sie sah, spielend beschäftigt.

Der Krampf ist also eines der wirksamsten Verstärkung 8mittel des sensitiven Sehvermögens.

10) Wärme und Kälte.

§. 1674. Wenn die Temperatur in der Dunkelkammer so weit sank, daß die Kühle mißbehaglich zu werden ansing, so sahen auch die höher Sensitiven nicht mehr gut die Leuchten des Odes. Frl. Zinkel (559, 1810) war einst bei mir Winterszeit in der Dunkelkammer, die ich zuvor gut hatte einheizen lassen. Sie sah auch, so lange es warm war, recht gut ihre Hände mit fingerlangen Flammen besett. Da ich aber das Feuer nicht unterhalten konnte und sie in etwas leichten Zeug gekleidet war, so wurde es im Zimmer allmälig kalt und sie fing an, etwas zu frieren. Wie nun die Kälte im Zimmer zunahm, nahm die Sehkraft der Sensitiven gleichen Schrittes ab. Die Kälte schwächt also das sensitive Sehvermögen und eine behagliche Wärme ist unerläßlich, um es in Kraft zu erhalten.

11) Der Katarrh.

§. 1675. Erkühlung, in welchen Formen immerhin sie vorkommen möge, und der daraus entspringende Katarrh haben überall großen Einfluß auf das sensitive Sehvermögen. Hr. Direktor Heinrich Löw (121) hatte in meiner Dunkelkammer ein gutes mittleres odsichtiges Auge entwickelt. Eines Tages ließ er sich wieder ins Finstere einschließen und zwar in Gesellschaft der Frl. Poppe, deren Sensitivität nur um weniges höher steht, als die

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feinige. Als aber die Fräulein schon recht gut sah, sah, ihr Begleiter noch immer gar nichts. Wir verweilten über vier Stunden im Finstern; Fräulein Poppe sah zu Ende ganz vortrefflich, das ganze Zimmer wurde ihr helle, aber Hr. Dr. Löw blieb beinahe odblind. Es ergab sich, daß er an einem mäßigen Katarrh litt. Als er einige Tage später, nachdem er genesen, wieder zu mir kam, sah er auch wieder vortrefflich. Hr. Leopolder (130 150 152) war zweimal in einem ähnlichen Falle; beide ersten Besuche, die er mir in der Dunkelkammer machte, waren fruchtlos, und ich verzweifelte schon gänzlich an seiner Sehkraft. Als er aber unverdrossen das Drittemal sich in die Finsterniß stellte, bewies er ein ganz gutes Gesicht für Odleuchten aller Art. Beide ersten Male hatte er Schnupfen, das Drittemal war er gesund. Frau Johanna Anschütz (96) war eben in Genesung von einem Katarrh_begriffen, als sie zu mir ins Finstere kam. Sie sah zwar Odleuchten, aber lange nicht so klar, als es ihrer ziemlich hohen Sensitivität entsprechend hätte seyn sollen. Dieselbe Beobachtung hatte ich an Superintendent Paner (32) zu machen, der enrhumirt, weit schwächer im Finstern sah, als dem Maaße seiner Reizbarkeit nach zu erwarten war. Hr. Custos Kollar (24) hatte sich Abends auf dem Wege zu mir her erkältet und fühlte die Folgen davon bald an Eingenommenheit des Kopfes. Den andern Morgen brachte ich ihn noch nüchtern in die Dunkelkammer; es half aber nichts. Troß einer sehr ausgesprochenen mittleren Sensitivität sah er im Finstern fast gar nichts. Sein Zustand ging dann schnell in vollständigen Katarrh über. Bei Frl. Beyer (150) war ein Schnupfen im Anzuge; dieß machte, daß sie bei weitem schwächer und undeutlicher Odlicht fah, als kaum drei Tage vorher, wo sie gesund war. Ein andermal (205), da sie wieder mit Katarrh ins Finstere kam, war sie gleichzeitig in Menstruen; eines hielt dem andern das Gleichgewicht, und ihr Sehvermögen hielt das gewöhnliche Maaß gesunder Tage. Frl. Karhan (109) sah beim ersten Besuche der Dunkelkammer vollkommen gar nichts. Beim zweiten Besuche, einige Wochen später sah sie (15) Odlicht vollkommen gut. Der Unterschied lag bloß darin, daß sie das Erstemal schwach Schnupfen hatte, das Zweitemal gesund war. Das kleine Uebelbefinden einiger Schleimhäute hatte so gänzlich ihr Nervensystem ergriffen, daß sie davon vollständig odblind geworden. - Derselbe Fall trug sich mit Hrn. Dr. Köller (**) zu. Aehnliche Herabstimmungen fand ich bei Frau Jos. Fenzl (92). -Frl. Zinkel (763) war in einen kalten Regen gerathen und litt den folgenden Tag katarrhalen Zahnschmerz. In diesem Zustande prüfte ich sie in der Dunkelkammer. Niemals aber hatte ich sie so schwach an Sehvermögen gefunden, als dießmal. Sie sah alle Odlichte theils nur wie dumpfe Nebel, theils gar nicht. - Frau Heintl (29), im Schnupfen, fah über alle Erwartung schwach im Finstern.

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Jede Art von Katarrh also, von welchem ich schon oben (§. 893)

gezeigt habe, wie nachtheilig er auf das sensitive Gefühlsvermögen wirkt, stumpft auch die Schkraft auffallend stark ab.

12) Geschlossene Augen.

§. 1676. Frau Josephine Fenzl (74) machte mir (Novbr. 1846) in der Dunkelkammer die Bemerkung, daß es ihr vorkomme, sie sehe Odlicht nicht bloß mit offenen, sondern auch mit verschlossenen Augen. Da dieß aus theoretischen Gründen mir nicht ganz unmöglich schien, so machte ich mit ihr einige Versuche in dieser Richtung. Sie sah in der That, wenn sie die Augenlider zumachte, eben so sicher odische Hellen, wie mit offenen Augen; allein dieß ging nur so weit, daß sie Hellen wahrnahm, nicht aber irgend eine Configuration derselben. Es schien also nichts anderes zu seyn, als daß Odlicht im Finstern durch die Augenlieder diffus durchdrang und so in derselben Weise wahrgenommen wurde, wie wir auch gemeines Tageslicht durch die Lider hindurch ins Auge erhalten. Doch fiel es mir als bemerkenswerth auf, daß ein so sehr schwaches Licht, wie das Odlicht, einen trüben Körper, wie die Augenlider zu durchdringen im Stande seyn sollte. Ich wiederholte den Versuch mit Frl. Zinkel (645). Auch diese sah in der That mit verschlossenen Augen Odleuchten. Bergkrystalle erkannte sie an beiden Polen mit Lichtmassen beseßt; ihre und meine Hände, meine Figur, Magnetstäbe erkannte sie leuchtend, und so entschieden, daß sie z. B. in meinem Gesichte nach einander auf mein Verlangen nach den hellsten Stellen zutreffend greifen konnte, nach der Stirne, dem Kinn u. s. w. Aber auch ihr war der Anblick nicht klar; sie sah auch nur Lichtklumpen ohne wohlbegrenzte Gestalt, aber doch schon besser und bestimmter als Frau Fenzl. Am Magnete konnte sie nicht bloß beide Pole als flammend unterscheiden, sondern auch die Stahlmasse in ihrer Odgluth. Finger erkannte sie hellleuchtend, doch wenn sie sie auseinander spreizte, vermochte sie sie mit geschlossenem Auge nicht als getrennt zu erkennen, sondern die Helle blieb geballt. — Frau Cecilie Bauer (72) sah ebenfalls Odlicht mit verschlossenen Augen; Magnete, meine Hände, meine Figur, die umherstehenden Geräthe, Kasten, die Zimmerwand gewahrte sie alle mit Bestimmtheit und führte meine Hand nach der Richtung hin, wo sie sich in der That befanden. Sie sah nicht mit Klarheit, sondern mit verschwimmenden Contouren, aber fie erkannte doch Alles, was sie bezeichnete, mit Richtigkeit. — Frl. Beyer (293), die merklich höher sensitiv und jetzt eben in Menstruen war, sah mit verschlossenen Augen besser, als Obige. Alles was ich ihr vorzeigte, erkannte sie so leicht, und so nahezu genau, daß sie einen Augenblick mit Verwunderung glaubte, mit verschlossenen Augen im Finstern eben so gut zu sehen, als mit offenen. Wir stellten dann Vergleichungen an, die ergaben, daß

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sie doch mit geschlossenen Augen etwas undeutlicher sah, als mit offenen; doch war dieser Unterschied sehr auffallend unbedeutend, so daß er ziemlich genauer Prüfungen bedurfte, bis sie ihn bestimmt zu ermessen im Stande war. Dabei machte sie die bemerkenswerthen Beobachtungen, daß sie nur dann einige Augenblicke nichts sehe, wenn sie die Augen so eben schließe, auch daß, wenn der Gegenstand vor ihren geschlossenen Augen hinweg genommen werde, er in ihrem Gesichte nicht ebenso plößlich verschwinde. Beide Angaben folgen mit Nothwendigkeit aus den Geseßen der Fortleitung des Odes, wie ich sie oben entwickelt habe und aus der weit langsameren Fortbewegung desselben als der des gemeinen Lichtes. Sie legen auch ein Zeugniß ab für die Genauigkeit dieser Beobachterin, die begreiflicher Weise keine Vorstellungen von der innern Natur dieser Dinge hat.

Es ergibt sich demnach, daß die Sensitiven, je nach Maßgabe der Höhe ihrer Sensitivität, in der That mehr oder minder deutlich Odlicht auch mit verschlossenen Augen wahrnehmen. Ich werde an diese Thatsache später weiteres anreihen.

13) Augengläser.

§. 1677. Professor Endlicher (70) trug gewöhnlich Augengläser, und ging so mit Hrn. Professor Fenzl zu mir in die Dunkelkammer. Ich hatte zuvor seine Sensitivität im Gefühle genau durchforscht und konnte darnach schon voraus wissen, in welchem Maaße er für Lichterscheinungen empfänglich seyn mußte. Zu meinem Befremden wollte aber mein Maßstab dießmal nicht recht zutreffen und mein sensitiver Candidat sah nur schwach und sehr viel weniger, als ich mir von ihm Rechnung gemacht hatte. Da machte Hr. Dr. Fenzl die Bemerkung, daß Endlicher vielleicht noch die Brille trage und ob diese nicht etwa hier hinderlich sey? Ich glaubte nicht, daß dieses schaden könne, im Gegentheile meinte ich, seine Sehkraft müsse dadurch hier wie beim Tageslichte durch Gläser unterstüßt werden. Doch nahm Endlicher versuchsweise die Brille ab, und siehe da, der Erfolg widerlegte mich kläglich. Denn Endlicher sah nun sogleich recht gut Odlicht und ganz proportional dem Grade seiner Sensitivität überhaupt. Ich hatte einige erhebliche Momente übersehen. Das Glas reflektirt nämlich einen großen Theil des Lichtes, den es empfängt, einen andern Theil absorbirt es und nur einen dritten Theil läßt es durch. Beim gemeinen Tageslichte, wo überall Ueberfluß an Lichtstrahlen ist, kommen diese Verluste nicht viel in Rechnung und es bleibt stets mehr als genug für den Bedarf unseres Auges übrig. Anders aber ist es bei Odlichte. Bei seiner ganz außerordentlichen Schwäche, mit der es ohnehin mit unserem Sehapparate, und zwar auch von Sensitiven, kaum noch und nur mit Hülfe von Dunkelkammern zu erreichen ist, verträgt es

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