Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

5) Nach gutem oder schlechtem Schlafe.

§. 1666. Wenn sensitive Personen in der Nacht, bevor ich sie in die Dunkelkammer führte, gut geschlafen haben, so ist dieß immer für mich ein ungünstiges Vorzeichen. Wenn ich Mörgens von der Frl. Zinkel (458) oder Azmannsdorfer erfahren hatte, daß sie gut geschlafen, so konnte ich sicher seyn, daß sie in der Dunkelkammer nicht besonders gut sehen würden. Da sie als Sensitive ohnehin immer sehr unruhig schlafen, so sagte mir Erstere eines Morgens, daß sie (971) in der verflossenen Nacht nur dreimal aufgewacht sey; dieß nannte sie eine sehr gute Nacht, da sie sonst unzähligemale aufwacht. In letterem Falle fühlte sie den ganzen Tag über alle sie umgebenden Gegenstände und Personen nach allen ihren Polaritäten und Eigenthümlichkeiten viel weiter und stärker, als nach gutem Schlafe. Und so war es denn auch mit ihrem Gesichte, als ich sie in die Finsterniß brachte; sie sah an jenem Morgen um vieles schwächer, als an andern Tagen. Diesen Umständen nach weiß sie es immer genau voraus, ob sie an irgend welchem Tage zu Beobachtungen von Odlicht gut geeignet ist, oder nicht.

Einsmals war ich Abends mit Frl. Zinkel (781) in der Dunkelkammer mit Versuchen beschäftigt, wobei sie gute Sehkraft bewies. Zufällig wurde ich abgerufen und mußte sie einige Zeit allein lassen. Da dieß länger dauerte, als ich vermuthet hatte und sie in der Finsterniß ohne Beschäftigung saß, schlief sie auf dem Sofa ein und lag so wohl über eine halbe Stunde. Als ich wieder kam und die Arbeit fortseßen wollte, fand ich ihre Sehkraft so sehr herabgestimmt, daß ich das Geschäft für diesen Tag endigen mußte. Der kurze Schlaf hatte solchen Einfluß auf sie gewonnen, daß er ihre sensitive Reizbarkeit ganz bedeutend verringerte.

§. 1667. Wenn ich in der Dunkelkammer einige Zeit neben B. Blahusch (46) saß, meine Rechte neben ihrer Linken, so wurde sie von Schläfrigkeit befallen, nach oben entwickelten Gesetzen; sobald dieß eintrat, verringerte sich ihr Sehvermögen, es wurde dunkel um sie her. Schon die bloße Schläfrigkeit also reichte hin, ihre Sehkraft bedeutend herabzustimmen.

Indem also nicht blos guter Schlaf, sondern der Schlaf überhaupt das allgemeine Befinden der Sensitiven zeitweilig bessert, vermindert er ihre Sensitivität und dieß kann uns vorläufig als ein wichtiger Fingerzeig zur Beurtheilung der Natur dieses Nervenzustandes dienen.

6) Die Katamenien.

§. 1668. Die Periode der Menstruation ist von dem größten Einflusse auf die odische Empfindlichkeit, ich habe dessen für die Gefühle schon oben v. Reichenbach, der sensitive Mensch. 11.

2

-

§. 1534 Erwähnung gethan. Ganz dasselbe gilt auch für das Gesicht. Frauen in diesem Zustande haben ein ohne Vergleich größeres Sehvermögen, als in gewöhnlichen Tagen. Dieß ist der Zeitpunkt, wo man mit ihnen arbeiten muß, wenn man so glücklich ist, sie in demselben bekommen zu können. Es ist dieß aber nur schwer zu erlangen, in den meisten Fällen geradezu unmöglich. Doch ist es mir gelungen, eine genugsame Anzahl Erfahrungen einzufammeln, um zu festen Ergebnissen zu gelangen. Ich kann hier freilich die Zeugen meiner Beobachtungen nicht wohl namentlich aufführen, man wird mir aber auch ohne dieses den Glauben nicht versagen. Die Versuche wurden mit sechs verschiedenen Frauen und Mädchen angestellt. N. N. a (4) brauchte gewöhnlich in der Dunkelkammer zwanzig Minuten, bis sie ihre Hände licht erkannte; als ich aber in ihren Menstruen nur eben die Fensterlucken geschlossen hatte, sah sie fast unverzüglich die Leuchten ihrer Finger. N. N. b (775) bedurfte gewöhnlich eine halbe Stunde, bis sie sah: in Menstruen fand ich sie schon nach ein paar Minuten ihrer Hände, meines Kopfes, der Gypskrystalle, selbst der schwächeren Magnete ansichtig. Ich hatte ebendieselbe (141) zu verschiedenen Zeiten meine Magengrube im Finstern beschauen lassen, sie hatte ihre Stelle aber kaum heller gesehen, als meine übrige Brust. In Menstruen jedoch sah sie da einen thalergroßen Fleck, der sich durch sein Licht sehr auszeichnete. — N. N. c (488, 555) erschien gewöhnlich nach Fensterluckenschluß die ganze Dunkelkammer nacht und schwarz; in Menstruen dagegen hatte diese Schwärze einen eigenthümlich weißlichen Schleier; einige Minuten nachher bildeten sich aus diesem heraus die lichten Gestalten ihrer Hände und aller odleuchtenden Gegenstände um sie her. Ihre Finger, über welche sonst die Leuchten nur um die Hälfte hinausgingen, erschienen jezt dreifach so lange beflammt; und während sie sonst reichlich mit Nebel und Rauch besetzt schienen, löste sich jezt diese in eine klare reine Odflamme auf. N. N. d (54) brauchte gewöhnlich über eine Stunde in der Dunkelkammer, bis sie zu sehen anfing; in Menstruen sah sie nach einer Viertelstunde jeden ihrer Finger so lange beflammt, als er selbst war. — N. N. e (205) war gewöhnlich, wenn sie von Schnupfen befallen war, unbrauchbar in der Dunkelkammer und sah dann fast nichts; als dieß sich einmal in den Katamenien zutrug, sah sie zwar nicht so klar wie sonst in diesem Zustande, aber sie sah doch so gut, als in den Tagen gewöhnlicher Gesundheit; die Katamenien hatten daher dem Schnupfen so zu sagen die Wage gehalten. N. N. f (633) fah an den Wänden der Dunkelkammer gewisse schattenähnliche Erscheinungen, von welchen ich später reden werde, gewöhnlich nur auf zwei Spannen Abstand; in Menstruen aber gewahrte sie dieselben auf beinahe zwei Schritte Entfernung.

[ocr errors]
[ocr errors]

Die Sehkraft war bei der Einen, N. N. e (205), schon nahe vor den Menstruen, die sich durch angelaufene Füße voraus ankündeten, gewachsen;

bei der Andern, N. N. b (258), zeigte sie sich am ersten Tage derselben am stärksten; bei der Dritten, N. N. d (54), erreichte sie erst am zweiten Tage die größte Stärke. Bei der zweiten hatten die Blutungen den regelmäßigsten Verlauf und die bei ihr vorkommenden Erscheinungen kann man als die normalsten betrachten. Bei ihr (258 458) war die Sehkraft regelmäßig am zweiten Tage schon sehr gesunken, und am dritten kaum noch von gewöhnlichen Zeiten verschieden.

Bei N. N. b (560 506) kamen selbst mitten im Verlaufe der Katamenien,. wo sie überaus sensitiv war, Intermittenzen und Remittenzen, und zwar öfters ziemlich zahlreich, vor. Sie traten schnell ein und verschwanden nach einer oder zwei Minuten wieder. Diese Erscheinung hängt also nicht nothwendig mit der Schwäche der Sensitivität zusammen, wenn sie gleich ihr häufiger sich zugesellt, sondern sie tritt selbst bei den höchsten Graden der edischen Reizbarkeit ein und beruht also auf andern Ursachen, als auf sen= fitiver Schwäche.

§. 1669. N. N. 7 (122) litt, während sie in Menstruen bei mir in der Dunkelkammer war, an öfters sich wiederholenden Schwindelanfällen. So oft fie von einem solchen ergriffen wurde, hörte ihr Sehvermögen gänzlich auf, die Dunkelkammer versank für sie in Nacht. Sowie der Schwindel vergangen war, stellte sich unverzüglich das Sehvermögen wieder her. Die Dauer dieser Odblindheit dauerte jedesmal nicht länger als eine halbe Minute. N. N. 8 (497) fah in gewöhnlichen Zeiten die Polarflammen von Magneten und Krystallen nur einfarbig; in Menstruen erkannte sie in diese Farbe eine Iris eingehüllt, die durch sie hindurch leuchtete.

So weit meine Erfahrungen bis nun reichen, so sind die Katamenien, als ein normaler Gesundheitszustand betrachtet, das größte mir be kannte Steigerungsmittel der Sensitivität, namentlich aber für das Sehvermögen.

7) Die Schwangerschaft.

§. 1670. Unmittelbar reiht sich die Schwangerschaft hier an; ich habe sie in allen Stücken in Bezug auf Sehkraft von Odlicht den Katamenien vollkommen gleich gefunden. Während der Jahre, über welche gegenwärtige Untersuchungen fortgesezt wurden, kamen vier von den Frauen, die sich daran betheiligten, in die Hoffnung. Die Versuche, die ich mit ihnen in dieser Periode anstellte, bewiesen, daß die sensitive Reizbarkeit sehr erhöht und immer derjenigen gleich war, die ich an den Menstruen bei ihnen wahrgenommen hatte. Sie dauerte auch nach der Entbindung noch einige Monate in ziemlich gleicher Stärke fort, und ich bin versucht zu glauben, daß sie nicht abnehmen wird, so lange die Mutter ihre Kinder an der Brust nähre.

Ueber letteres habe ich jedoch noch nicht hinreichend zahlreiche Beobach tungen sammeln können und kann es daher vorläufig nur als sehr wahrscheinlich aufstellen.

§. 1671. Eine von diesen Frauen, (506) die gewöhnlich im Finstern sehr gut Odlicht sah, kam eines Tages zu mir in die Dunkelkammer. Zu ihrem und meinem nicht geringen Erstaunen war sie beinahe odblind; sie sah nicht einmal die stärksten Odlichterscheinungen. Vier Wochen nachher kam sie wieder zu mir und sah nun so gut, als je zuvor. Als sie gar nichts sah, war sie ebenso gesund als jeßt, sie hatte nur über etwas eingenommenen Kopf geklagt. Als ich mit Fragen in sie drang, um die Ursache dieses räthfelhaften Gesichtswechsels zu ergründen, theilte sie mir den Umstand mit, daß sie einige Tage zuvor ihr Kind, das sie an der Brust genährt, davon weggenommen und entwöhnt hätte. Da nun die Schwangerschaft und das Säugen die sensitive Reizbarkeit erhöhen, so scheint in der Entwöhnung, welche einen rückwärts gehenden Akt dieser Art ausmacht, ein Grund zu liegen, welcher auch gegen die Sensitivität wirkt, so sehr, daß er sie zeitweilig aufhebt. -Diese Beobachtung bedarf der Vervielfältigung, wozu ich bis jetzt Gelegenheis nicht fand.

8) Die Ohnmacht.

§. 1672. Frl. Zinkel (360) gerieth während einer Arbeit in der Dunkelkammer schnell in eine Ohnmacht und fiel in einiger Entfernung von mir zu Boden. Ich bemühte mich, sie zur Besinnung zu bringen. Als ihr das Bewußtseyn zurückkam, war ihre erste Aeußerung eine Verwunderung und ein Bedauern darüber, daß ich die Dunkelheit unterbrochen und Licht ins Zimmer gelassen, d. h. die Arbeit unterbrochen habe. Dieß war aber nicht geschehen, ich hatte nicht geöffnet und die schwärzeste Finsterniß umgab uns beide. Sie aber sah beim Weichen der Ohnmacht so außerordentlich stark alles Odlicht im Zimmer, alle Maschinen, Kasten, Tische, Geräthe und Zimmerwände, wie an einem trüben Tage oder im Dämmerlichte, daß sie im ersten Augenblick glaubte, es sey Tageshelle darin. Diese Helle war aber nur eine odische und ehe eine Minute verfloß, schwand sie ihr wieder aus dem Gesichte, wie ihr Befinden rasch sich wieder herstellte.

Ohnmacht ist also noch ein höheres Steigerungsmittel der Sehkraft als Menstruen und Schwangerschaft; aber es ist kein gesundes, sondern ein aus einem Krankheitszustande herrührendes.

9) Krämpfe.

§. 1673. Es ist eine schwierige Sache, die Sehkraft von Sensitiven in Krankheitszuständen zu beobachten, denn krank kann man sie nicht in die

Dunkelkammer bekommen. Und doch würde hier sehr viel Aufklärung zu schöpfen seyn. Spitalärzte würden da der Wissenschaft große Dienste leisten fönnen, wenn sie sich dieselbe angelegen seyn lassen wollten. Krämpfe, soweit ich von ihrem Verlaufe im Finstern Erfahrungen einsammeln konnte, sind ganz vorzugsweise geeignet, die Sehkraft zu steigern. Frl. Mair (75) hatte oftmals nächtliche Krampfanfälle. Wenn sie dann ohne Licht war, so sah sie die Leuchte des ihr gegenüberliegenden Magnets bei weitem verstärkt, größer, heller, die Polflammen länger, das ganze Hufeisen weißzglühend, in Feuer und Flamme, wie sie sich ausdrückte. Frl. Nowotny, Girtler, Weigand, Beyer, Sturmann, Aymannsdorfer, Frau Kienesberger sahen alle bei nächtlichen Krämpfen die Metallgeräthe in ihren Zimmern, Thüren und Fensterbeschläge, Schlüssel, Uhren, Messer, silberne Löffel, besonders aber Magnete vielfach heller und stärker leuchtend werden, als in ruhigen Zuständen. Die Frl. Reichel (15) sah ich mehrmals nach Krämpfen schon in der Abenddämmerung mit Magnetlicht, das sie sah, spielend beschäftigt.

Der Krampf ist also eines der wirksamsten Verstärkung 8mittel des sensitiven Sehvermögens.

10) Wärme und Kälte.

§. 1674. Wenn die Temperatur in der Dunkelkammer so weit sank, daß die Kühle mißbehaglich zu werden ansing, so sahen auch die höher Senfitiven nicht mehr gut die Leuchten des Odes. Frl. Zinkel (559, 1810) war einst bei mir Winterszeit in der Dunkelkammer, die ich zuvor gut hatte einheizen laffen. Sie sah auch, so lange es warm war, recht gut ihre Hände mit fingerlangen Flammen besetzt. Da ich aber das Feuer nicht unterhalten. konnte und sie in etwas leichten Zeug gekleidet war, so wurde es im Zimmer allmälig kalt und sie fing an, etwas zu frieren. Wie nun die Kälte im Zimmer zunahm, nahm die Sehkraft der Sensitiven gleichen Schrittes ab.

Die Kälte schwächt also das sensitive Sehvermögen und eine behagliche Wärme ist unerläßlich, um es in Kraft zu erhalten.

11) Der Katarrh.

§. 1675. Erkühlung, in welchen Formen immerhin sie vorkommen möge, und der daraus entspringende Katarrh haben überall großen Einfluß auf das sensitive Sehvermögen. Hr. Direktor Heinrich Löw (12) hatte in meiner Dunkelkammer ein gutes mittleres odsichtiges Auge entwickelt. Eines Tages ließ er sich wieder ins Finstere einschließen und zwar in Gesellschaft der Frl. Poppe, deren Sensitivität nur um weniges höher steht, als die

« ZurückWeiter »