Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[ocr errors]

Das Fußvolk verdankte dem Fürsten von Dessau sehr viel, ganz Europa staunte es an. In dem ersten schlesischen Kriege feuerten die Preußen, in Folge der ausdauernden Übung und der eisernen Ladestöcke gewaltig mit dem kleinen Gewehr; den Österreichern waren noch die hölzernen Ladestöcke hinderlich. Aber die Tage von Molwiß und Czaslau hatten auch hier den Gesichtskreis erweitert. Selbst die Infanterie wurde zweckmäßiger unterrichtet. Kunstgerechte Bildung hatte der preußische Offizier im Jahre 1740 noch so wenig, daß ihm selbst die geringste Schulsprache abging. Was z. B. Kolonne sei, kümmerte ihn so wenig, daß, als befohlen wurde in Kolonnen zu marschiren, die ehrlichen Helden zusammentraten und sich im Vertrauen fragten:,,wat is denn nu Kolunnige?" dann aber sich damit beruhigten: „ch wat! Ik folge op min Voddermann, wo deh hinmarschirt, ik och 1)."

66

Alles trieb der König selbst. Den 28. März 1743 traf er in Neiße ein, sahe die schon begonnenen Festungserweiterungen und legte den 30. März, unter großen Festlichkeiten, den Grundstein zum Fort Preußen. Auch Brieg, Glogau, Cosel und Glah wurden besser befestigt. Schon den 21. Jul besuchte er Schlesien wieder zur Truppenmusterung und zur Besichtigung des Festungsbaues in Neiße.

[ocr errors]

Die durchgreifende Erneuerung aller Truppentheile ersieht man. am besten aus den neuen Dienstvorschriften. Friedrich 1. hatte zwar schon eine unvergleichliche Adlige, Schweizer- und Weiße Garde gehabt; das übrige Heer aber war der Willkür der Befehlshaber überlassen geblieben. Sein Sohn gestaltete dann das Heer gleichmäßig, las die Kriegsreglements der vornehmsten europåischen Mächte und, da das ausführliche spanische ihm am bes sten gefiel; so verfasste er, mit des alten Dessauers und einiger anderer Generale Hülfe, 1726, ein neues Preußisches Kriegesreglement, in welchem Bewaffnung, Kleidung, Übung der

über ihre spätere Vernachlässigung s. Friedrichs Abhandlung Du Mi

litaire.

1) (v. Berenhork) Betrachtungen über die Kriegskunst. Leipzig 1798. 2. Abth. S. 30.

Handgriffe und der größere Dienst fammt der Ökonomie genau beschrieben waren. Im Jahre 1743 nun gab der König der Infanterie, den 1. Jun; den Cavallerie - Regimentern den 13. Jul; den Dragonern, den 1. Jul; den Husaren, den 1. Dez. neue Reglements, welche sehr umständlich und gründlich ausgearbeitet was ren; aber, wohl verwahret und an keinen gezeigt wer den sollten ')." Neue Krieges artikel bekam die Armee den 16. Jun 17492)."

1740 war von Reinhardt General, Feld - Kriegeskommissar ; Hans Jürgen Detlef von Massow wurde den 4. Mai 1741 zum Generalmajor ernannt und zum Chef der Montirungsangelegenheis ten gemacht mit dem Karakter eines Generalfriegeskommissarius. Der König war mit diesem Manne sehr zufrieden und beförderte ihn 1750 zum Generallieutenant.

Einen Generalstab hatte Friedrich jetzt noch nicht3); in den Geschäften desselben ging ihm — dem Alles allein ordnenden, leis tenden, übersehenden *), - Graf Schmettau zur Hand, den er den 4. Mai 1741 als Obersten und Flügeladjutanten in Dienste nahm und welcher, 1743, zum Generalmajor und 1744 zum Generalquartiermeister ernannt, nun alle, in dieses wichtige Amt einschlas gende Arbeiten ausschließlich trug. Erst im Winter des Jahres 1756 bildete der König, auf Schmettau's wiederholte Vorstellungen, einen kleinen Generalstab, bestehend aus einem Generalquartiermeisterlieutenant, dem Obersten von der Ölsniß, einem sehr hoffnungsvollen Manne, der aber schon den Tag nach der Schlacht von

1) Neue Auflagen dieser Reglements erschienen den 1. Mai 1764. Das Marschreglement und das Ökonomiereglement haben wir leider nicht erlangen können.

2) Mylius C. C. Contin. IV. p. 155.

3) General Du Moulin war den 26. Sept. 1729 zum Generalquartiermeister ernannt worden und blieb auch bis an seinen Tod 1756 im Genusse dieses Amtes, obgleich Friedrich allein besorgte, was in den Generalquartiermeisterberuf gehörte (s. Schmettau's Leben S. 282.), bis er den Grafen Schmettau heranzog.

4) Einen Dienstbrief des Königs an Oberst Du Moulin vom 3. Febr. 1741 findet man in,, Helden-, Stats- und Lebensgeschichte. Theil 1. S. 718.

Prag von den Panduren erschossen wurde, und vier Quartiermeisterlieutenants; Schmettau blieb Generalquartiermeister 1).

Es ist wohl hie und da gesagt worden, daß Friedrich Alles, was nicht zur Linie gehört, nur wenig beachtet habe, und es ist eben so wahr, daß er die Befehlshaberstellen in den Festungen ges brechlichen Stabsoffizieren aus der Linieninfanterie anvertraute, welche, in der Wissenschaft von Vertheidigung der Plåge ganz unkundig waren, als daß er Ingenieure, Mineure und Artilleristen im Avancement und auch sonst wenig begünstigte und förderte 2); auch legte er in die festen Plåge nur schwache Besatzungen, meis stentheils unsichere Leute; indess wirkte Friedrichs Persönlichkeit überall so beselend, daß auch in den minder beachteten Waffen sehr treffliche Männer das Heer verherrlicht und den Ruhm der Krone Preußen befördert haben. Wie groß der König selbst aber in Belagerung fester Plåge gewesen, und wie ganz Europa auch von seis nen eigenthümlichen Verbesserungen im Geschüßwesen gern gelernt, werden wir unten verschiedentlich zu zeigen Gelegenheit finden.

[ocr errors]

1) Schmettau's Lebensgeschichte von dessen Sohne. Berlin 1806. S. 344. 1758 wurde Capitaine v. Gaudi, der seit der Schlacht von Rossbach nicht mehr ganz beliebt war, Capitaine des Guides. Den Tag vor der Schlacht von Liegniß vertraute der König dem Lieutenant Heinr. Wilh. Anhalt die Feldplankammer an, der dann rasch befördert, aber, nach mehrjähriger Vakanz, erst den 24. Mai 1765 zum Generalquartiermeißter ernannt wurde.

2) Seydel's Nachrichten von vaterländ. Festungen. Bd. 4. S. 24. — Ein preuß. Ingenieurkorps giebt es erst seit 1728; vorher nur Handwerker. 1728 zählte das Ing. - Korps 39 Offiziere und Conductors (d. h. Seconde - Lieutenants) an deren Spiße Oberßilieut. v. Wallrave stand. Friedr. II. fügte 1740 den 40. Offizier hinzu; bei seinem Tode zählten die Ingenidrs 62 Offiziere. An des G. M. v. Wallrave Stelle trat 1748 G. M. v. Seers; 1757 folgte ihm Oberst v. Balby, nach dessen Abgange das Corps bis 1789 keinen wirklichen Chef gehabt hat.

Der zweite schlesische Krieg.

Marie Theresie batte feit dem Berliner Frieden alle ihre Kräfte

gegen Frankreich und Baiern gerichtet. Belle-Isle und Broglio waren vor Karl von Lothringen im Jun 1742 bis unter die Kanonen von Prag zurückgezogen, wo es ihnen an allen Bedürfnissen fehlte, während sie 70,000 Feinde um sich gelagert fahen. Sie fordern freien Abzug mit allem Kriegsgeråthe; die Königinn von Ungarn aber, von dem englischen Gesandten bestimmt, will unbes dingte Ergebung. Es hatte den 3. Februar dieses Jahres Lord Carteret in London, an Robert Walpole's Stelle, das Ruder der Geschäftsführung bekommen, ein kriegerisch gesinnter Freund des Hauses Österreich, für welches wir seinen Herrn auch gleich in den Waffen sehen werden. Ohne Englands Einfluss håtten Franz Stephan und Herzog Karl die in Prag eingeschlossenen Franzosen und Baiern abziehen lassen. Die schwer bedrängten vertheidigen sich mit tapferer Einsicht. Maillebois will im Oktober mit 50,000 Mann zu Hülfe kommen; ihm geht Karl von Lothringen entgegen; während Fürst Lobkowiß die Verbündeten mit 10,000 Mann beob achtet. Broglio stellt sich mit 12,000 Mann bei Tepliß auf; vers gebens. Maillebois soll nichts Gewagtes unternehmen: er zieht nach Baiern zurück; Karl von Lothringen folgt ihm und beide nehmen daselbst Winterlager. Broglio wird Befehlshaber des Mailleboisschen Heeres: Belle-Isle aber bekommt den Befehl, Prag auf jeden Fall zu råumen1). Ein gefährlicher Auftrag; aber der Feldherr ist einsichtsvoll, das Heer tapfer. Die Franzosen brechen in der Nacht vom 16. Dezember auf mit 11,000 Mann zu Fuß und mit 3000 Reitern, abgehungert und schlecht gekleidet. Alles Kriegesgeråth, auch 30 Geschüße und 6000 Zugpferde werden mitge

1) Der Kardinal Fleury hatte ihm gar geschrieben:,,la paix, Monsieur, à quelque prix que ce soit!" Marie Therefie aber verwarf die zwischen Belle-Isle und ihrem Gen. v. Königseck eröffneten Friedensverhandlungen. S. Mém. de Valori T. 1. p. 169.

nommen; nur die Schwachen und Kranken bleiben zurück. Lobkowiß wurde überlistet; er schadete wenig; aber Frost und Hunger rafften 1200 Mann dahin, ehe Eger erreicht war; noch mehr starben hier an Erschöpfung. Der in Prag zurückgelassene General Chevert fapitulirte mit Lobkowig den 26. Dezember und zog ab.

Die österreichischen Waffen find hoffnungsvoll und ermuthigt. Herzog Karl siegt den 9. Mai 1743 in dem Treffen bei Simpach über die Kaiserlichen, dringt über Jser und Donau bis München vor; Karl 7. entflieht und Baiern huldigt im September der Kdniginn von Ungarn und Böhmen.

Die Franzosen stehen am Rhein; sie werden noch hier nicht ungestört rasten. Georg II. will auch Vortheile erringen: er låsst durch seine Flotten Ludwigs des 15. Schiffe und Kolonien neh men, zieht selbst den Degen') und besiegt mit einem aus Englåndern, Hannoveranern und Österreichern?) gebildeten Heerhaufen (der sogenannten pragmatischen Armee), den Marschall Noailles, am 27. Jun, bei dem kurmainzischen Dorfe Dettingen, in der Nähe des Main's. Die Franzosen eilen über den Rhein zurück; der Kaiser bittet um Frieden: England und Österreich aber träumen von wichtigeren Erfolgen, um so mehr, da Holland Geld und Mannschaft bietet, und Sardinien, wie Sachsen 3), dem Worms ser Vertrage beitritt, welchen England, Österreich, Holland am 13. September 1743 geschlossen *). König Georg schrieb an Marie Theresie bedeutungsvoll:,, Madame, ce qui est bon à prendre, est bon à rendre." Der Brief fiel in Friedrichs Hånde"), der wohl auf seiner Hut war. Da kam zu gelegener Zeit ein kaiserlicher Gesandter nach Berlin. Es war derselbe Seckendorf, der oben vielfach besprochen worden ist. Von Carl dem 6. des uns

1) Unter ihm befehligte Lord Stair. 2) Die Österreicher führte Neipperg.

3) M. Therefie verband sich mit Sachsen den 20. Dez. 1743, Wend T. 1. p. 722; noch genauer bestimmte der Vertrag vom 13. Mai 1744 die Bürgschaft ihrer Länder; auch Schlesiens. S. Faber's (d. i. Leucht's) Europäische Statskanzlei. Thl. 88. S. 296.

4) Wenck, I. p. 677.

5) Hist. de m. t. T. 2. p, 51.

« ZurückWeiter »