8. März 1913. In Ucbereinstimmung hiermit hat das Königl. Eisenbahn-Zentralamt in Berlin gelegentlich der Versuchsfahrten mit der im Oktober 1911 von Henschel & Sohn in Kassel gelieferten So-Lokomotive Nr. 1101 Halle zur Erprobung ihrer Leistungsfähigkeit festgestellt, daß sich die Lokomotive den Lokomotiven der Gattung Ps auch in starken Steigungen als überlegen erwiesen hat. Nach Ausweis der Indikatordiagramme kann der Kessel mit etwa 35 bis 40 vH Füllung der Dampfzylinder bei der für die Lokomotive festgesetzten Grenzgeschwindigkeit von 110 km/st bis auf seine Grenzleistung von rd. 1700 PS; ausgenutzt werden. Steigung zu (s. S. 382)1) und kann auf Flachlandstrecken zu 0,67 für die S10, und zu 0,70 für die Ps im Mittel angenommen werden. Bei geringerer Belastung wird der Wirkungsgrad natürlich wieder kleiner; er ist beispielsweise für die S10v mit einem Wagengewicht von 200 t und 100 km/st Geschwindigkeit auf der Wagerechten nur noch gleich 0,45. Im übrigen ist der Vergleich der beobachteten und der berechneten Dampfverbrauchzahlen sowie der Leistungen schwierig, weil es sich bei den Versuchen meist um Durchschnittswerte zwischen zwei Aufenthalten handelt, die Voraussetzung der Rechnung, gleichförmige Fahrgeschwindigkeit und gleiche Steigung bei dauernd voller Ausnutzung des Kessels, also nicht vorliegt. Meist wird wegen des Fahrplanes die Lokomotive nur auf den Steigungen bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und darüber hinaus angestrengt, in der Wagerechten dagegen seltener. Da nach früheren Ausführungen für Verbundwirkung im günstigsten Fall ein Dampfverbrauch von 6,2 kg für 1 PS-st und entsprechend bei einfacher Dampfdehnung von 6,75 kg/st angenommen wurde, würde auf Flachlandstrecken (n 0,67 bezw. 0,70) der kleinste Dampfverbrauch für 1 PS-st am Zughaken für die Lokomotiven der Gattung S10. 9,25 kg 6,2 0,67 Pg.. 6.75 9,65 kg ου betragen, also ebenfalls in den beobachteten Grenzen liegen. Demnach würde die Kohlenersparnis der Sio, im gleichen Dienst mit der Ps auf derartigen Strecken nicht erheblich sein können, nämlich etwa 4 bis 5 vH betragen. Die Ueberlegenheit der S10 liegt eben hauptsächlich in ihrer größeren Leistungsfähigkeit; sie ist daher für hohe Fahrgeschwindigkeiten bis 100 km/st und darüber die gegebene Maschine. 6) Anwendung der Belastungskurven auf die Berechnung der Fahrzeiten von Eisenbahnzügen. Unter der Grundgeschwindigkeit eines Fahrplanes versteht man die Fahrgeschwindigkeit, welche der Zug in der Regel nicht überschreiten soll2); sie wird der Berechnung der regelmäßigen Fahrzeit auf wagerechter gerader oder schwach gekrümmter Bahn zugrunde gelegt. Die Fahrzeit auf der Steigung, die sich aus dieser Geschwindigkeit ergeben würde, wird entsprechend der Belastung und Leistungsfähigkeit der Lokomotive, also mit Rücksicht auf die zulässige Geschwindigkeit verlängert. Welche Geschwindigkeiten auf den Steigungen zulässig sind, ergibt sich aus den Darstellungen der Belastungsgrenzen. Man wird die Grundgeschwindigkeit nicht so groß wählen, daß der schwerste, für den Fahrplan in Betracht kommende Zug von der schwächsten Lokomotive, die für seine Beförderung noch in Frage kommt, gerade noch ohne 1) Bei voller Ausnutzung der Lokomotiven mit demselben Zuge auf allen Steigungen nimmt nach vorstehenden Zusammenstellungen mit zunehmender Steigung die indizierte Grenzleistung wegen der größeren Füllungen ab, der Wirkungsgrad aber nahezu im gleichen Maße zu. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß die Nutzleistung sich nur wenig ändert, wie unter 1) festgestellt wurde. 2) In $66 der Bau- und Betriebsordnung wird diese Geschwindigkeit als regelmäßige Höchstgeschwindigkeit bezeichnet. Ueberanstrengung des Kessels bei ungünstigem Wetter (Wind) auf der Wagerechten befördert werden kann, sondern mindestens 5 km/st kleiner, damit ein gewisser Ueberschuß der Zugkraft zur Beschleunigung des Zuges vorhanden ist und es nicht zu lange dauert, bis die Grundgeschwindigkeit erreicht ist. Von diesem Gesichtspunkt aus scheint nach Abb. 7, S. 382, die Lokomotive der Gattung S6 in einem Fahrplan, in welchem schwere D-Züge von 480 t Wagengewicht mit einer größeren Grundgeschwindigkeit als etwa 85 km/st befördert werden müssen, nicht mehr geeignet zu sein. Dagegen kann die Lokomotive der Gattung S10 für diesen Zug und eine Grundgeschwindigkeit von 90 bis 100 km/st nach Abb. 6, S. 381, noch verwendet werden. Die Lokomotive der Gattung P、, Abb. 8, S. 382, kommt wegen der mit den hohen Kolbengeschwindigkeiten und der Zweizylinderbauart im Zusammenhang stehenden unangenehmen und ihre Bauteile stark angreifenden Erschütterungen bei hohen Geschwindigkeiten dafür nicht in Frage; diese Bauart sollte auf Personenzüge mit Grundgeschwindigkeiten unter 85 km/st beschränkt bleiben. Liegen in einer Schnellzugstrecke eine oder mehrere Steigungen 1: 100 von größerer Länge, so kommt die Lokomotive der Gattung S. für die Beförderung so schwerer Züge nach Abb. 7 überhaupt nicht mehr in Frage, sondern nur für Züge von höchstens 36 bis 40 Wagenachsen. Die im vorstehenden ermittelten Belastungsgrenzen und die dargestellten Belastungskurven für eine Anstrengung der Lokomotive bis an die Grenze der Kesselleistung gelten, wie gesagt, nur für gleichförmige Fahrgeschwindigkeiten. Die Bewegung eines Eisenbahnzuges ist aber in den seltensten Fällen, und auch dann nur vorübergehend, gleichförmig, meist also verzögert oder beschleunigt. Diesem Umstande muß man bei der Berechnung der Fahrzeiten von Eisenbahnzügen Rechnung tragen. Berechnete man die Fahrzeit auf Steigungen für die Geschwindigkeit, die nach der Belastungskurve, also nach der Zuglast und Zugkraft der Lokomotive, im Beharrungszustande zulässig ist, so würde. man unnötig lange Fahrzeiten erhalten. Meist fährt der Zug mit einer erheblich höheren Geschwindigkeit in die Steigung ein und vermag diese vermöge seiner Wucht mit einer größeren mittleren Geschwindigkeit zu überwinden, als der Leistungsfähigkeit der Lokomotive allein zukommt. Es fragt sich nun, wie groß der Zeitgewinn durch die Ausnutzung der lebendigen Kraft des Zuges, also durch die Verzögerung der Geschwindigkeit, und entsprechend der Zeitverlust durch Beschleunigung, beispielsweise beim Anfahren, ist, wenn die Fahrzeit für eine gleichförmige Geschwindigkeit (Grundgeschwindigkeit) bestimmt worden ist. Die zulässige Belastung einer Lokomotive auf einer gegebenen Steigung nimmt, wie auch aus den Belastungskurven ersichtlich ist, mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit ab. Diejenige Fahrgeschwindigkeit, bei welcher die zulässige Belastung gleich der wirklichen ist, ist die für diese Last und Steigung zulässige größte Beharrungsgeschwindigkeit. Der Ueberschuß der zulässigen Belastung über die wirkliche bei kleineren Geschwindigkeiten, mit dem Widerstand für 1 t Wagengewicht multipliziert, ist die verfügbare beschleunigende Zugkraft der Lokomotive. Diese Zugkraft, durch die Masse des ganzen Zuges geteilt, ist die Beschleunigung für diese Last, Steigung und Geschwindigkeit. Man kann demnach aus den Belastungskurven, wenn die Zuglast und die Steigung gegeben sind, die Beschleunigungskurven als eine Funktion der Fahrgeschwindigkeit zeichnerisch herleiten. Die Beschleunigungskurven verlaufen ganz ähnlich wie die Belastungskurven. Die Beschleunigung p, bei einer Zugkraft am Umfange der Treibräder gleich der Reibung zwischen Rad und Schiene ist bis zu der größten Fahrgeschwindigkeit an der Reibungsgrenze v, nahezu konstant. v, ergibt sich aus den Belastungskurven und ist bekanntlich von der Zuglast und der Steigung unabhängig (s. S. 381). p, ist somit die größte, überhaupt erreichbare Beschleunigung für diesen Zug, in der Wagerechten (p') größer als in deutscher Ingenieure. Cln 20 21 1 = vs t― C (v2 — v1) rt 2 - b v (22); v' und p sind auf die Wagerechte bezogen. ?, ist, wie gesagt, tür alle Steigungen und Belastungen gleich. - bv, g Man hat demnach nur nötig, die größte Beschleunigung p an der Reibungsgrenze für die Wagerechte zu ermitteln, und zwar bei beliebiger Zuglast, sowie die entsprechende gleichförmige Geschwindigkeit v, und die größte Geschwindigkeit v, an der Reibungsgrenze aus der Darstellung der Belastungskurven zu entnehmen, um für alle Untersuchungen über die Beschleunigung und Verzögerung der Fahrgeschwindigkeit von Eisenbahnzügen in den Geschwindigkeitsgrenzen ༡: 2 Pr 2, < v < 10 den Festwert C zu erhalten. Dieser hängt somit nur von der Bauart der Lokomotive ab. vo' — tr Pr' In den Geschwindigkeitsgrenzen 0 < v < v, ist die Beschleunigung nahezu konstant, nämlich p = Pr ; Zeit und Weg sind dafür in der bekannten Weise zu ermitteln: 27 Pr Pr Führt man für p, in diese Gleichungen die Konstante C aus Gl. (22) ein, so erhält man für die Untersuchungen über das Anfahren von Eisenbahnzügen folgende Gleichungen, von denen weiter unten Gebrauch gemacht werden soll: v2 = 2 p, l ; 8. März 1913. t し somit Vr し oder und Vg 60 t 60 (21 +12) Von Gl. (23) wird Gebrauch gemacht, wenn der wagerechte Anfahrweg so kurz ist, daß die Geschwindigkeit v an der Reibungsgrenze nicht erreicht werden kann, sondern nur eine Geschwindigkeit <v, nach Gl. (24). Für die anschließende Beschleunigung auf der Steigung bis v, gelten Gl. (25) und (26). Von da ab muß von den Gleichungen (20) und (21) Gebrauch gemacht werden. Unter vo in Gl. (25) ist die größte zulässige Beharrungsgeschwindigkeit auf der Steigung zu verstehen. Gl. (25) und (26) können somit auch auf das Anfahren in Steigungen bis zur Geschwindigkeit v, Anwendung finden. In diesem Falle ist v 0. Cln (1 C In (x с t in min; 7 in km; v in km/st Aus den beiden Gleichungen (20) und (21) folgt, daß Zeit und Weg der Beschleunigung bestimmt sind, sobald Anfangs- und Endgeschwindigkeit gegeben sind. Gewöhnlich sind aber der Weg oder die Länge der Steigung und die Anfangsgeschwindigkeit gegeben, und es wird nach der Fahrzeit und der Endgeschwindigkeit gefragt. Es handelt sich also in diesem Fall um die Auflösung transzendenter Gleichungen, die für den praktischen Gebrauch unbequem ist. Da sich die Formeln durch einfachere, auch nur annähernd gleich genaue kaum ersetzen lassen, wird zur Vereinfachung der Rechnung folgender Weg eingeschlagen. x Setzt man das Verhältnis der jeweiligen Fahrgeschwindigkeit zu der zulässigen und bekannten gleichförmigen V + (x1 X) t ›] = c [in 01 22 20 Aus der Vereinigung der Gleichungen (20) und (21) folgt anderseits V? x)+x] für x < 1, also für Beschleunigung, 1) + x] >> x > 1, » » Verzögerung, V1 (23) (24) (25) (26). V 2 min 12 X1) 10 Abb. 10. Hülfskurven zur Berechnung der kürzesten Fahrzeit aus den Belastungskurven für die Schnellzug- und Personenzuglokomotiven der Gattungen S10 und P ̧. C In c[in ( ī Y1 Y2 (27). 20 Die Größen 7, vo, vi und C, also auch x1 und yı, sind gegeben; demnach ergibt sich y aus Gl. (27). Um nun die entsprechenden Werte von x2 und v2, somit auch t zu finden, bedient man sich der Kurven für die Hülfsgröße y = f (x) nach obiger Gleichung in Abb. 10, der für jeden beliebigen Wert von y der zugehörige Wert von x und umgekehrt unmittelbar ohne Rechnung entnommen werden kann. 7 ist nun die Fahrzeit auf der Steigung bei der zulässi V0 gen Beharrungsgeschwindigkeit vo und werde mit t bezeichnet, zum Unterschiede von der wirklichen Fahrzeit t; es ist also 8 6 4 2 2 4 6 (29), 10 V2 t ett t. (28). t ist der Zuschlag zu der bekannten Fahrzeit t bei einer Beschleunigung oder der Abzug von der Fahrzeit t bei einer Verzögerung der Fahrgeschwindigkeit. Nun ist nach Gl. (21) 8 с t t C (x2 V2 C (U9 - 01) VO It t t C (x2 mithin bestimmt, sobald x und xi ermittelt sind. Es sind nunmehr alle Grundlagen des Verfahrens ge 0,2 0,4 0,6 0,8 1 = 10 1,2 14 b) Verzögerung, x>1: vo für die jeweilige Zuglast und Steigung zulässige gleichförmige größte Fahrgeschwindigkeit in km/st veränderliche Fahrgeschwindigkeit in km/st V t Fahrzeit bei der Geschwindigkeit vo in min ±4 At Zuschlag zur Fahrzeit für Beschleunigung oder Abzug von der Fahrzeit für Verzögerung t=t± 4t wirkliche (kürzeste) Fahrzeit in min vo t Weg in km; gegeben: 1, vo, vr, v1; gesucht: t, 1t, t, ez 60 Gleichungen: y= 10 ctz d a) Beschleunigung: vr größte Geschwindigkeit an der Reibungsgrenze ti Fahrzeit von v 0 bis v = vr t2 » » v = Vr » V = V1 t = t1 + t2; 7 = 71 + l2 Wagerechte für das Anfahren von v 0 bis v = v1 v= v r t r (1) 120 60 Z Vo 16 = <1 [In (x ι 60 = yi 1:n Gefälle: vo" = ro' + 47; de To' für die Wagerechte "o" für das Gefälle 18 3 t=t+4t= ctg S 60 [In (1 − x) + x] · Aus x1 wird yi 20 bestimmt und mit der Hülfskurve für x2 gefunden, also auch 2 = x2 At = [x2 - x1] und etg & 60 2,0 2,2 2,4 2,6 n 6500 60 + 3 [aj − 29] 1) + x] ctg S 60 in km/st ctg & 60 t = t At. geben, mit Hülfe der Belastungskurven und der Gleichungen (20) bis (29) die kürzesten Fahrzeiten von Eisenbahnzügen und deren Fahrgeschwindigkeiten an allen Stellen der geraden oder schwach gekrümmten Bahn, an denen ein Neigungswechsel stattfindet, zu berechnen, sobald die Gattung deutscher Ingenieure. C 3,6 pr 104 36 18,9 C = 3,6 Pr Pr Die Zugkraft am Tenderzughaken der Lokomotive S10 beträgt nach Zusammenstellung 13, S. 381, bei 36 km/st Geschwindigkeit an der Reibungsgrenze rd. 8300 kg; 480 3,1 rd. 1490 kg, ; v in km/st, In der auf 1 t Wagengewicht bezogene Widerstand der Wagen auf der Wagerechten bei dieser Geschwindigkeit nach Abb. 5, S. 380, beträgt 3,1 kg, also der Widerstand des Wagenzuges 179. 36 0,1.055, 90 8300 1490 = 6810 kg. Die Lokomotive mit Tender wiegt 143 t. Die Masse des ganzen Zuges ist somit 1000 und die Beschleunigung rd. 63500 in sk. 6810 63 500 18,9 0,1055 с Der Zeitzuschlag für das Anfahren beträgt demnach 0,778 179 At 2,32 min. 60 Im Anschluß an dieses Ergebnis sei bemerkt, daß sich fast genau derselbe Festwert C rd. 180 auch für die Heißdampf-Personenzuglokomotive der Gattung Ps ergibt. 8 (Schluß folgt.) 0,778 C. Z. 1893 S. 1585, Brauer: Kraft- oder Gewichtseinheit? (Zuschrift); Z. 1894 S. 1482, Grübler: Vorschläge zu absoluten Maßen für die Technik; Z. 1903 S. 1573, Grübler: Maß und Gewicht in der Technik; Z. 1904 S. 1754: Definition des Kilogramms als Krafteinheit, Eingabe des Vereines deutscher Ingenieure an das Reichsamt des Innern; Z. 1905 S. 1297: Grübler: Definition des Kilogramms als Krafteinheit (Zuschrift); Z. 1905 S. 1616, Baumann, Runge: Zum absoluten Maßsystem (Zuschriften); Z. 1905 S. 1888: Definitton der Krafteinheit, Verhandlung des Vorstandes des Vereines deutscher Ingenieure ; Z. 1906 S. 308: desgl.; Z. 1906 S. 310: desgl., Verhandlung des Technischen Ausschusses des Vereines deutscher Ingenieure. Eisenbau-Anstalten auf dem Gelände der Ausstellung errichtet wird, von den Architekten Taut und Hoffmann in Gemeinschaft mit der Eisenbaufirma Breest & Co. in Berlin entworfen worden ist. Auch die Ausführung des Baues liegt in den Händen der letztgenannten Firma, die außerdem die eisernen Hallen für die wissenschaftliche Abteilung, für die Kunstausstellung und die zweite Maschinenhalle nach eigenen Entwürfen herstellt. |