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Mai 10.

73. W. von Münchingen und Hier. Gerhard an Chr.:1) Schreiben des Markgfen. Albrecht. Vermittlungsversuche im Fürstenrat. am Mittwoch den 8. Mai vormittags wurde allen Reichsständen in die allgemeine Reichsversammlung angesagt und hier vom Mainzer Kanzler vorgebracht, es sei von einem Knaben ein Schreiben des Markgfen. Albrecht an alle Reichsstände übergeben worden; die kfl. Räte seien der Meinung, man solle es annehmen und verlesen.

Der Fürstenrat trat ab, worauf Österreich bei den Geistlichen den Beschluss erzwang,") das Schreiben sei nicht anzunehmen, jedenfalls nicht ohne Wissen des Kgs. Allein die Kflen., denen dies berichtet wurde, blieben bei ihrem Entschluss, so dass Zasius und die ihm anhängende geistliche Bank weichen mussten. Das Schreiben wurde verlesen und wer wollte, konnte davon bei der Mainzer Kanzlei Abschrift bekommen, wie beil. zu sehen.3)

Am gleichen Tage wurde post prandium in den Ausschuss angesagt, jedoch wieder abgesagt.

Am Donnerstag den 9. Mai versammelte sich der Ausschuss morgens um 6 Uhr. Österreich proponierte mit langer Ausführung, es sei hievor ein Bedenken des Fürstenrates dem kfl. Rat zugestellt worden unter Nennung der beiden Punkte, in welchen die fürstlichen Räte selbst noch strittig seien. Diesen sei dagegen auch das kfl. Bedenken zugestellt worden, bei dessen Beratung sich nun zeige, dass die Sache immer weitläufiger werde. Nachdem sich dann die Stände der A. K. deutlich erklärt und auch die Geistlichen einige Additionen gemacht, hätten Österreich, Bayern und Jülich in den letzten Tagen mit den Geistlichen verhandelt, um es womöglich zur Vergleichung zu bringen. Die Geistlichen seien jedoch dabei geblieben, dass dem Kurfürstenrat in den beiden strittigen Punkten die gespaltene

73.) Mai 7 hatte Chr. an seine Räte in Augsburg unter anderem geschrieben, sie sollten ihm ihre Meinung berichten, wie die Post mit möglichst geringen Kosten einzurichten sei; an der von Pfalz gelegten Post von Augsburg nach Heidelberg die Hälfte der Kosten zu tragen, sei ihm ganz ungelegen. Mai 14 befahl er ihnen dann, sie sollten immer der ordinari post erwarten und uns bei derselben was wochenlich gehandelt wurdt, zukommen lassen. Or. St. Partikularsachen (112, 3).

2) Mit einer Stimme Mehrheit. Pass. Prot. f. 50.

3) Über das Schreiben des Markgfen. vgl. Voigt, Markgf. Albrecht 2, 228

mit 220; Bucholtz 7, 223.

Meinung referiert werden solle; und hetten [die Geistl.] gleich- Mai 10. wol sonst an etlichen orten etwas enderung und additiones weiter hinzuzusetzen, auch in dem unserm [A. K.] uberreichten bedenken 3a) etlich puncten auszulassen begert, welche sie [Öst., Bay., Jül.] als mitler und underhendler gleichwol zu concilieren und zu vergleichen auch understanden; aber die gaistlichen uf irem fürnemen verharrt und begert, solchs dem gemainen ausschutz zu referieren, darmit volgends durch Brandenburg und Wirtemberg solchs an die andern der A. C. auch bracht möchten werden. Diese Änderungen und Additionen1) referierten sie also dem Ausschuss und ihnen, und begehrten von ihnen beiden, dies den anderen Ständen mitzuteilen, mit dem Vorbehalt der Geistlichen, dass sie mit ihren Additionen sich im Punkt der Freistellung und der Jurisdiktion in nichts wollten begeben haben.

Brandenburg und Wirtbg. erwiderten, die Stände der A. K. hätten nach dem langen Aufzug erwartet, dass die Geistlichen die Zeit nicht mit den schlechten Änderungen zugebracht, sondern Weg und Mittel zur Vergleichung der zwei Hauptpunkte gesucht hätten; sie sollten sich neben den Additionen auch in anderen Punkten erklären. Würde der Punkt der geistlichen Jurisdiktion in fremden Fürstentümern deutlich gemacht, so würden einige Punkte von selbst fallen und viele Additionen beseitigt; so wie die Geistlichen wollten, könne dieser Punkt keineswegs eingegangen werden. Daruf sie uns nochmals begegnet, das diser punct under inen zu kainer vergleichung bracht mögen werden, sonder eingestellt worden, ob die churf. darinnen weg fünden möchten, und so es bei inen auch nicht gefunden würt, alsdann wer zu verhoffen, die ro. kü. mt. wurde den friden von wegen dises punctes nicht zerschlagen lassen.

3a) nr. 71 n. 3.

4) Diese Abänderungsvorschläge der Geistlichen sind im Passauer Protokoll f. 245 ff. zu dem Ausschussentwurf von Mai 2 (nr. 71 n. 2) am Rand verzeichnet. Im §: es sollen auch die stende nach herlichkeiten und gerechtigkeiten Zusatz: lehenschaften; ebenso nach Zinsen: und zehenden. In dem aufgenommenen § 12 des Fürstenrates Abs. 1 nach weltlichen obrigkeiten Zusatz: lehenschaften; nach gulten Zusatz: oder zehenden. Abs. 2 nach gülten Zusatz: zehenden, nuzbarkaiten, gefellen und gerech tigkaiten. Nach gehalten werden wird der fl. § über Litis pendenz eingefügt. · Abs. 3 nach gelegen Zusatz: und keinem andern furstenthumb oder stand des reichs zugehorig. Abs. 4 Z. 3: oder noch entsetzt wurde Zusatz: daz doch nit sein solle. Im kfl. §: als auch den ständen nach: sein weltliche oberkeit Zusatz: lehenschaft.

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Mai 10.

Hierauf beriefen sie post prandium die anderen evangelischen Gesandten, berichteten das im Ausschuss durch Österreich, Bayern und Jülich vorgehaltene und zogen die Sache in Beratung.

Und dieweil die gaistlichen so lang zusamengangen, etlich tag in beisein der andern weltlichen die sachen beratschlagt und doch in den hauptpuncten gar nichts sich erclert oder auf unser anhalten ercleren wellen, sonder expresse vorbehalten, wa in irn additionibus und unsern zugesezten enderungen sie etwas willigen wolten oder wurden, so solte solchs doch in alweg beiden strittigen puncten oder darinnen [nicht]") prejuditial sein, so haben wir darus muessen erachten, das sie sich etwas mit einander auf unser fürgenomen mitel entschlossen wurden haben, welches sie uns aber nach der zeit nicht offnen, sonder understeen wurden, noch weiter zu treiben, und derhalben unser notturft erforderte, dester bestendiger auf unserm bedenken auch zu verharren, ut ita clavus clavum, dolus dolum truderet, und obgleich ire additiones und enderung, so sie uns fürgehalten, der substantia an im selbs gar nichts geben oder nemen, und hinwider etliche wort in dem letsten der evangelischen inen zugestellten bedenken hinzugesetzt, die man nicht zu streiten entschlossen und wol nachzugeben gewesen, so hat doch gemainlich der A. C. verwandten stend botschaften für ratsam angesehen, das von dem uberraichten bedenken mit nichten nach der zeit zu schreiten sein sollte, sonder das (nach undertheniger danksagung gegen obgemelten underhendlern fürgewendten fleiss und gehapte mühe, auch ausfierung der ursachen, warumb man von solchem concept nicht wol zu schreiten wisse, fürnemlich aber das uf unser fürgeschlagen mitel sich die gaistlichen mit dem wenigsten nit vernemen hetten lassen oder hingegen ainich furschlag theten) zu begern und daruf zu verharren, das solchs bedenken dem churfürstenrat also uberantwurt und zugestelt und das durch den referenten neben und mit ubergebung gemelts bedenken von wegen der evangelischen expresse vermeldt und angeregt wurde, das sie sich mit mehrgemeltem irem bedenken des churf. rats bedenken in substantia anhengig gemacht, dem auch anhengig weren; allein aber hetten sie etliche notwendige artikel, so zu dem religionfriden notwendiglichen gehörig, addiert und sonst an etlichen orten ir gemut etwas leuter declariert und erclert; wa aber von den churf. räten in etlichen puncten, doch salva substantia, milterung gesucht solten werden, wolten sie sich, a) Fehlt im Or. b) Korrigiert statt: underthenigster.

was gegen Gott dem allmechtigen und mit gutem gewissen zu Mai 10. verantwurten, nachzugeben und zu willigen sein möchte, mit dem churfürstenrat gern verner vergleichen.

Freitag den 10. Mai nachmittags wurde dies dem Ausschuss referiert. Und das darumb geschehen, dieweil den pfaffen im fürstenrat der churf. rat ganz suspect und sie allein darumb mit denen dreien underhandlenden fürsten Österreich, Gilch und Beiern, so sie noch uf ir seiten haben, practiciert, das sie sich für mitler angeben solten, auf das die sachen in den churf. rat nicht gelangten, in welchem wir auch dreu churf. heuser hetten, mit denen wir vertreulich handlen und reden, auch mit inen communiciern mechten, so wir under den andern dreien gar kein hetten, dem in disem faal sicherlich zu getrauen were, auch die ro. kun. mt. in dem allem das haupt und principal sein wurde, und was vor disen nachgeben oder bewilligt solte werden, das wurde volgends schwerlich durch die drei churf. rate wider erholt werden mögen.

Als nun Österreich, Bayern und Jülich im Ausschuss obige Resolution der Evangelischen gehört und vernommen hatten, dass Brandenburg und Wirtbg. als Referenten keinen weiteren Bescheid hätten, besprachen sich die drei noch einmal mit den Geistlichen, und liessen schliesslich nach lang gehapter disputation und zusammenstossung der köpf Brandenburg und den Wirtbgern. durch Dr. Zasius und Dr. Hundt anzeigen, Österreich und Bayern wollten noch einmal allen Fleiss zur Vergleichung der beiden strittigen Punkte aufwenden; die Evangelischen möchten sich noch etwas gedulden. Sie erwiderten, sie müssten es bei ihrem Befehl lassen; ein kleiner Verzug werde den anderen Ständen nicht zuwider sein; sollte man aber die Sache aufhalten wollen, müssten sie ihr Bedenken dem kfl. Rat, der sich über den Verzug im Fürstenrat beschwere, für sich vortragen.

Damit schieden sie von ihnen um 3 Uhr; der andere Teil des Ausschusses blieb bis nach 5 Uhr bei einander. Was sie beschlossen, wird der Verlauf zeigen. Dr. Hieronymus hörte heute abend, dass sie den von ihnen [Evang.] gestellten Artikel der Jurisdiktion) zu einer Limitation laut beil. Abschrift bringen möchten.") Lässt es sich nicht weiter bringen, so könnte man, 5) nr. 71 n. 3, Zusatz B.

6) Vgl. nr. 76 n. 2 (die ältere Form). Nach dem Pass. Protokoll waren vor allem Jülich und Bayern, auf näheren Bericht hin aber auch der Kg. für

Mai 10. nach Gerhards Meinung, diesen Artikel annehmen, der wurde gleich in religionfriden oder cammergerichtsordnung gesetzt, allein das er vim constitutionis publicae am cammergericht und sonsten behielte, und dass auch die Freistellung durch die Additionen, die Chr. schon geschickt wurden,') erreicht würde. 1555 Mai 10.

Mai 13.

St. Reichstagsakten 14 e. Or.

74. Chr. an seine Räte zu Augsburg:

Augsburg,

Übergabe zweier Bedenken an den Kg. Mahnung zur Vorsicht. erhielt ihr Schreiben vom 7. d. M.; sie sollen auch berichten, wie die beiden Bedenken 1) dem Kg. übergeben werden könnten, und den A. K.-verw. Ständen mitteilen, dass Chr. noch der Meinung sei, dass, wenn man über den Artikel der Religion verhandelt, das Bedenken von den A. K.-verw. Ständen dem Kg. consiliums weis übergeben werden sollte. Lässt sich sonst die Verhandlung seit seinem Abschied gefallen. Sie sollen sich soweit als möglich an ihre Instruktion und schriftlichen Bericht halten. Göppingen, 1555 Mai 12.

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Ced.: Erhielt auch ihr Schreiben vom 10. d. M.; lässt es sich gefallen; doch wollend ir euch in votando kaldsinnig und nit zu vil affectioniert, doch one begeben der warheit und zuwider euers von uns habenden bevelchs, erhalten; dan als wir bericht, in unserm abwesen euch zugleich uns) aufgelegt soll werden, ir die redelfierer auf der evangelischen seiten sein.

St. Religionssachen 10 k. Konz. Ced. eigh. Or. St. Reichstagsakten 14 e; präs. Mai 14; vgl. Kugler 1, 354.

75. Chr. an v. Gültlingen und Hornmold:

Bitte der Gff. von Helfenstein um einen Prädikanten zur Durchfüh rung der Reformation.1)

Gf. Sebastian von Helfenstein war bei ihm hier und teilte

diesen Ausweg, die Jurisdiktion bis zur endlichen Vergleichung zu suspendieren.
Der Kg. liess mahnen, dass die Geistlichen, wenn nicht bald Friede zwischen
Ksr. und Frankreich geschlossen würde, wohl noch unleidlichere Mittel bewilligen
Hierauf wurde dann der neue Artikel vorläufig festgestellt.

müssten.

7) nr. 71 n. 3.

74. 1) nr. 55 und Druffel IV, 558.

2) Vgl. Druffel IV, 595 und oben nr. 50a n. 4.

75. 1) Über die Reformation im Helfensteinischen Gebiet, besonders auch über die Verhandlungen mit dem Stift in Wiesensteig vgl. Veesenmeyer, Von

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