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des Königs von Preußen, bezeuget und verbürget; auch durch meh rere Familienverträge erneuert war. Sein Recht gründete sich auch auf die goldene Bulle, welche die Erbfolgereihe und die Untheilbarfeit des Gebietes in den Kurhäusern bestimante; endlich auch auf den vierten Artikel des westphälischen Friedens, welcher dem Pfälzischen Zweige den Heimfall des neunten Kurfürstenthums zusicherte').

Außer Kurpfalz traten Kursachsen und Mecklenburg - Schwerin mit Erbansprüchen auf: der Kurfürst von Sachsen forderte, laut des Rechtes seiner Mutter, der verwitweten Kurfürstinn Marie Antomie, einzigen Schwester des Verstorbenen, alle Alodien, welche er zu 47 Millionen Gulden anschlug. Mecklenburg forderte die Landgrafschaft Leuchtenberg, kraft der Belehnung, welche Herzog Heinri 1612 von Kaiser Marimilian empfangen.

Ohne Rücksicht auf diese Erben sprach der Kaiser, welchem der Seuz des Reiches und seiner Verfassung obgelegen, unbefugt die gonze baiersche Verlassenschaft an, ließ gleich 16 Bataillone, 20 Es. Ebronen und 80 Kanonen in Niederbaiern und in die Oberpfalz einrücken, und schloff, so gute Vorkehrungen hatte er getroffen, schon vier Tage nach des Kurfürsten von Baiern Tode, mit dem feilen Geschäftsträger des Kurfürsten von der Pfalz, Baron v. Ritter, Wien eine Abkunft *), den 3. Januar 1778, durch welche Karl Theodor die bessere Hälfte von Baiern an Österreich abtrat. Auch vollzog der Kurfürst, eingeschüchtert, den 14. Januar in München, die Abkunft seines Gesandten, ohne die Urkunden eingesehen zu haben, auf welche der kaiserliche Hof seine angeblichen Rechte stüßte, der nun auch den König von Preußen von jener Abkunft und der Besitznahme ganz Niederbaierns benachrichtigte. Die Antwort aus Berlin vom 7. Februar sprach sich bestimmt dahin aus, daß Brandenburg-Preußen, als Glied des Reichs und als Bürge des west. zhälischen Friedens, welchen es (fammt allen übrigen Reichs. grundgeseßen) zu Hubertsburg bekräftigt '), bei der Zerstückelung

1) Considérations sur le droit de la Succession de Bavière. 1778. Fevrier, in de Hertzberg Recueil. Vol. 2. 1789. p. 1-24.

2) Comte de Hertzberg Recueil. Vol. 2. 1789. p. 162.

3) Artikel 19 des Hubertsburger Friedens; f. de Hertzberg Recueil T. 1. 1790. p. 306.

eines Kurstates, ohne Mitwirkung des Reiches, wesentlich betheiligt sei').

Das übrige Europa kümmerte sich um Baiern, wie um Polen nicht. Großbritannien und Frankreich waren, Amerika's wegen, gegen einander beschäftigt; Russland hielt den Blick auf die Türkei gerichtet; Friedrich war der einzige Wächter. Auch hatte er nicht müßig zugesehen, bis es in Wien beliebte, sich seiner zu erinnern3). Er hatte gleich auf frischer That gehandelt.

Als er am 3. Januar den Tod des Kurfürsten von Baiern erfuhr, war er seines Entschlusses, wie Österreichs Absichten gewisss. Nur wünschte er Auskunft, ob und in welcher Art der Wiener Hof mit dem Verstorbenen und mit dessen Lehenserben unterhandelt? und ob Kurpfalz oder die übrigen Agnaten der Gewalt zu widersprechen und die Hülfe des Reichs zu suchen Neigung hätten? Dies zu erfahren, ohne daß jemand seine Bemühung merke, ließ er noch desselben Tages den General - Major Grafen v. Görß von Potsdam nach Berlin rufen und fertigte ihn an dessen Bruder, Oberhofmeister am Weimarschen Hofe ab, wo dieser die Erziehung des ErbHerzogs und dessen Bruders beendet. Der König hatte eine günstige Meinung von ihm, obgleich er ihn nur einigemal gesehen. Ohne in Friedrichs Dienst zu stehen, nahm der deutsch gesinnte Mann die in aller Art schwierige Sendung über sich 3). Er sollte

1) de Hertzberg Recueil. Vol. 2. 1789. p. 55.

2) Note du Prince de Kaunitz addressée au Baron de Riedesel, le 20. Janv. 1778, a. a. D. p. 54.

3) Mémoire historique de la Négociation en 1778 pour la succession de la Bavière, confiée par le Roi de Prusse Frédéric le Grand au Comte Eustache de Goertz. Francfort sur le Mein 1812. 156 S. gr. S. und Paris 1812 (Die lettere Ausgabe soll von Barbé - Marbois besorgt sein; sie ist wegen der berichtigenden Anmerkungen dem ersten Drucke vorzuzichen). Eine der wichtigsten diplomatischen Schriften, so unterrichtend und anziehend, als ruhmvoll für den König und für den Gesandten seiner Wahl, welcher hier geistreich selbst die eigenen Geschäfte darstellt. Zur Belohnung seines wichtigen Dienstes wurde Graf v. Gdrß schon den 8. Mai 1778 zum wirklichen Geheimen Stats= minister und Grand Maitre de la Garderobe ernannt. (s. oben Bd. 1. S. 423). Er war den 5. April 1737 in der hessischen Herrschaft Schlit geboren und ißt den 7. April 1821 in Regensburg gestorben.

insgeheim zu Karl Theodor eilen; machte sich vorerst nach Regensburg auf und erreichte glücklich München auch, ohne den ganz an Österreich hingegebenen Kurfürsten nur irgend wie gewinnen zu können. Das Dringendste war nun, sich zum Herzog zu begeben, der auch schon seinen Minister v. Hofenfels in München, der Wiener Konvenzion beizutreten befohlen hatte. Der edle Diener hatte Gegenvorstellun gen gemacht. Erneuerte Befehle seines Herrn drängten; indeff empfing er von Graf Görß Eröffnungen. Sofort reist v. Hofenfels dem Herzoge, der nach München unterweges war entgegen, und vermag ihn zu der Erklärung an den preußischen Gesandten, daß er, im Vertrauen auf den Beistand des Königs, die Zersplitterung Baierns nie unterschreiben werde. Nun kam Friedrich's Unterhändler unter verdecktem Namen, am 6. Februar Abends nach München zurück und stieg im Gartenpalais der verwitweten Herzoginn Clemens, des Kurfürsten Schwägerinn ab, welche edle und entschlossene Frau den Vertrag mit Bien nur kummervoll ertragen. Mit ihr, mit dem Herzog von Zweibrücken und dessen Ministern, auch mit dem französischen Gesandten Vergennes wurde sorgsam Rath gepflogen. Herzog Karl August Christian') von PfalzZweibrück lehnte den für ihn in München angekommenen Orden des goldenen Vließes, in welchem der Kurfürst öffentlich erschien, von sich ab und erklärte seinen Widerspruch in Wien und bei dem Reichstage. Alle Lockungen des kaiserlichen Hofes blieben bei ihm und seinem trefflichen Minister v. Hofenfels unfruchtbar. Uneigennüßig hülfreich, wie Friedrich selbst auf Jülich und Berg, welche bei dem Erlöschen des Hauses Pfalz-Sulzbach mit Kurfürst Karl Theodors Tode, für Brandenburg erledigt wurden, zu des Herzogs Gunsten verzichtete); mussten seine Briefe denselben gegen jegliche

Auch in den Historischen und politischen Denkwürdigkeiten des Gra= fen v. Görh" (Stuttg. bei Cotta 1828. S. Thl. 1.) sind des Grafen v. Gör Unterhandlungen in Friedrich's Aufträgen wegen der baierschen Erbfolge geschildert.

1) Geboren 1746; regirender Herzog seit 1775.

2) S. oben Bd. 1. S. 187. 188. Friedrich hätte seine Ansprüche auf Julich und Berg erneuern können, weil Kurpfalz und Frankreich zur Zeit des fiebenjährigen Krieges den Vertheidigungsbund gebrochen, welchen Friedrich mit ihnen für die Bürgschaft Schlesiens geschlossen, welche

übelwollende Einflüsterung schirmen. An die Herzoginn Clemens 1) schrieb der König:,,Ah! Madame! que n'étiez-Vous Electeur, nous n'aurions pas vu arriver les honteux évènements, dont tout bon Allemand doit rougir jusqu'au fond du coeur“2). Und da Kurbrandenburg, nicht der einzelne vergängliche Monarch, die deutsche Freiheit und Verfassung zu schüßen auf sich nahm; so schloff der Prinz von Preußen sich seines Oheims Unterhandlung an '). Ja die Krone Frankreich billigte laut des Herzogs Erklä. rung *), durch welche er des Kurfürsten Konvenzion förmlich widersprach und den Beistand des ganzen Reiches aufrief, und erneuerte den Subsidienvertrag mit ihm. Herzog Karl empfing von Preußen, den 28. März, die Bürgschaft der Hausverträge ') und das Ber

der König jest erneuert zu sehen wünschte; s. de Goertz Mémoire p. 116; Flassan Diplom. fr. T. 6. 1809. p. 222.

1) Marie Anne Charlotte Amalie, Witwe den 9. August 1770 von Herzog Clemens Franz de Paula von Baiern.

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2) Wir haben oben, Bd. 3. S. 329 ff., umständlich (gegen die grundlose Sage) dargelegt, daß Friedrich, troß seiner französischen Erziehung, von Karakter, auch in der Politik rein deutsch gewesen, wie noch folgende Stelle aus Valori's Mémoires T. 1. p. 153 zeiget: „Il me demanda (fagt der französische Gesandte, indem er von seiner Unterredung mit dem Könige in Mähren 1742 spricht) ce que nous faisions encore en Westphalie, qu'apparement c'était pour faire les dominateurs en Allemagne; qu'il était prince d'Allemagne, et qu'il ne le souffrirait pas."

3) Friedrich zum General Grafen v. Görk, als dessen Bruder den Herzog Karl veranlasst an den Prinzen von Preußen zu schreiben:,, C'est un conseil bien sage que Votre frère a donné au Duc. Remettez sur le champ la lettre à mon neveu: à mon âge, il est trop important pour l'intérêt du Duc, de se concilier l'amitié du Prince de Prusse: je ne puis que l'approuver et je n'aurois pu lui donner un meilleur conseil; " de Goertz Mémoire historique. p. 82. 113. 4) Friedrich hatte dem Herzog Karl eigenhändig geschrieben:,, surtout qu'on ne fasse rien sans l'aveu de la France;" de Goertz Mémoire.

p. 86. 5) Diese Hausverträge findet man in der von dem herzoglichen geheimen Archivar Bachmann verfassten Zweibrückischen Dedukzion Vorlegung der fidei kommissarischen Rechte des Chur- und fürftlichen Hauses Pfalz.“ Urkunden S. 132, 141, 55,

sprechen, das pfälzische Haus bei seinen Rechten auf die ganze baiersche Erbschaft gegen die ungerechten Ansprüche des Hauses Österreich mit aller Macht zu schüßen. Dagegen gelobte er: ohne des Königs Billigung in dieser Sache nichts abzuschließen ').

Wir müssen noch bemerken, daß dieser Gang der baierschen Erbschaft in Berlin nicht durchaus genehm gefunden wurde. Prinz Heinrich, welchen wir in Petersburg zur Theilung Polens die erste Hand bieten sahen, und der im siebenjährigen Kriege am guten Ausgang fast verzweifelte ") hätte gern, statt neuer verhängnissvoller Fehde, mit Österreich gemeinschaftliche Sache machen mögen *). Graf Görz bemühete sich zwar, dem großen Prinzen zu erörtern, wie heilsam es für Preußen sei, die deutschen Fürsten zur Einigkeit des Ganzen unter seiner Leitung zu verbinden ‘): doch scheint es, nicht ganz mit Erfolg; denn noch 1780 finden wir ihn in Spaa mit Kaiser Joseph die Theilung Deutschlands freundschaftlich besprechen). Friedrich's Mäßigung sahe weiter; seine Politik war groß und rein): die Rolle des Protektors und Vertheidigers des deutschen Reiches dünkte ihn der vortheilhafteste Gewinn für seine Monarchie; so nimmt er, um so größerer Ruhm für ihn, die Waf

1) de Goertz Mémoire p. 145.

2) S. oben Bd. 2. S. 245.

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3) (de la Roche-Aymon) Vie privée, politique et militaire du Prince Henri de Prusse. p. 189. Comte de Goertz Mémoire historique. p. 147 ff. Prinz Heinrich fand es vortheilhafter für den König:

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de donner les mains à un mezzo-termino ou accommodement;" a. a. . p. 148. 150.

4) Wirklich befahl Friedrich schon den 31. März 1778 seinem Kabinetsministerium,,de travailler à une association des Cercles." Die merkwürdige Antwort der Minister vom 3. April siche unten Beilage 9.

5) de la Roche-Aymon p. 216.

6),,Aber zugleich gab Friedrich's Benehmen den Beweis, daß es in Europa noch eine hdhere Politik als die des platten Egoismus gab. Wer hat seitdem eine ähnliche Uneigennüßigkeit, wer bei den ihm gemachten Anerbietungen zu eigner Arrondirung eine ähnliche Erhebung über die Vorurtheile des Zeitalters wiedergeschen?" Heeren Handbuch der Geschichte des Europ. Statensystems. 3. Ausg. 1819. G. 458.

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