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gen den Willen des Königs sich angereihet, bei welchem Belling in Ungnade fiel. Auch scheint Blücher's damaliger Austritt aus der Armee, in die er nach Friedrichs Tode erst wieder aufgenommen wurde, in solchen Misshandlungen eines polnischen Priesters zu beruhen '). Ja, wir geben, auch ohne bis jest Beweise dafür zu ha ben, gern zu, daß selbst die Regirung, indem sie feindliche Vorräthe zerstörte und des Gegners Kräfte brach, gewaltsame Werbun gen nicht hemmte und, wie im siebenjährigen Kriege, durch Finanzspekulazionen 2) den Aufwand der ganzen Unternehmung sich erleich.

logne. T. 2. p. 119, wo die Generale v. Belling und v. Thadden (von Rulbière T. 4. p. 215 in gleicher Art angeklagt) großer Gewaltthätig. keiten beschuldigt, die Subalternoffiziere und Soldaten aber der Planderung und Räuberei geziehen werden. Der Brief schließt:,,Dans une situation aussi déplorable, Sire, nous avons lieu de nous flatter, que Votre Majesté, persuadée de la vérité des faits que nous lui exposons et que nous sommes en état de prouver par des actes authentiques, se laissera toucher au récit des traitemens cruels, dont nous sommes les victimes. Nous ne doutons point, qu'elle ne soit justement indignée de l'abus criminel que ses généraux ont osé faire de sa puissance et de son nom pour ravager une province étrangère et libre, qui croyoit pouvoir se féliciter d'être dans le voisinage d'un aussi grand roi. Nous ésperons en-fin, qu'en désavouant leur conduite tyrannique, Votre Majesté daignera du-moins mettre fin à leurs concussions et à leurs violences, et que, si elle ne fait pas rendre à la province ce qu'ils lui ont enlevé de force, elle voudra bien y rétablir le calme et la sûreté publique, et justifier ainsi la confiance que nous avons dans sa générosité. "

1) Barnhagen v. Ense Biographische Denkmale. Th. 3. S. 14. v. Blůcher trat damals (f. oben Bd. 2. S. 268) als Rittmeister aus dem preußischen Dienste, verheirathete sich mit der Tochter des Freiherrn v. Mehling, welcher als Generalpachter der Herrschaft Flatow zu Pottlih im Neßdistrickte wohnte, und trieb die Landwirthschaft, wo zu er das Vorwerk Gresonse in Afterpacht nahm, bis er nach Friedrichs Tode zu den Waffen zurückkehrte.

2) Ludw. v. Baczko erzält in der Geschichte seines Lebens (Königsberg 1824. Bd. 2. S. 130-133), der König habe noch gegen Ende seiner Regirung die Provinz Preußen mit Düttchen, der Scheidemünze, überschwemmt und auf des Präsidenten Bitte dieses zwar eingestellt; nun aber, den Ausfall von vierteljährlich 19,500 Rthl. zu decken, einen Juden gegen eben so viel Abgabe, veranlasst, Albertsthaler zu 6

Friedr. d. Gr. IV.

terte, der Republik manches Wehe bereitet. Weiter aber wird der Geschichtschreiber in seinem heiligen Berufe nicht gehen dürfen. Das haben drei angesehene Männer, Johannes v. Müller, v. Dohm und Manso gethan, indem sie dem Gerüchte und einigen sehr unsichern Schriftstellern folgten. Der große Geschichtschreiber der Schweiz sagt '): „Bald nach diesem bewegte sich das österreichische Heer. Die Konföderirten schmeichelten sich mit Hoffnungen. Auf der andern Seite näherten sich preußische Truppen, als für einen Kordon wider die in Polen wüthenden Epidemien. Friedrich trieb von den großpolnischen Woywodschaften Tribute ein, doch nur als Entschädigung des Aufwandes, den zu machen ihre schlechte Polizei ihn veranlasse. Man sah hierauf mit Bedauern, daß er 12,000 Familien ihrem Vaterlande entriss, um sie nach der Mark und in Pommern auf seine Kolonien zu verpflanzen; daß er unter dem Titel des Königs und der Republik Polen silberne und goldene Münzen von weit geringerem Gehalte prägen ließ, und jedermann diese nehmen musste, von dem seine Unterthanen etwas kauften, indeff er für aufgehäufte Vorräthe kein anderes, als gutes altes Geld nahm; daß er durch nene Zölle den Handel belästigte, und daß im Augenblick fast allgemeiner Hungersnoth in Europa die polnischen Kornspeicher be raubt und gesperrt waren. So stieg der Druck und die Noth in Großpolen, daß das Volk scharenweise mit Weibern und Kindern, begleitet von Kapitularen aus Gnesna, nach den Wäldern Lithauens und nach der österreichischen Gränze floh; viele fielen unterweges durch Räuber oder Feinde oder durch ihren Jammer erschöpft; im Vaterlande wurden die grauen Eltern, weil sie die Auswanderung nicht verhindert hätten, gebunden und misshandelt; wer Töchter hatte, musste eine Anzahl derselben, mit Aussteuer versehen, für die preufischen Kolonien liefern."

v. Dohm sagt '):,,Die Pest diente dem Könige von Preu

prågen und nach Polen abzusehen, welchen unwürdigen Vertrag Friedrich Wilhelm 2. gleich bei seiner Thronbesteigung vernichtet.

1) Vier und zwanzig Bücher allgemeiner Geschichten besonders der Eu ropäischen Menschheit. Tübingen 1810. Bd. 3 (Buch 23. Kapitel 11) S. 391.

2) Denkwürdigkeiten meiner Zeit. Hannover 1814. Th. 1. S. 478.

fen zum Vorwande, Truppen in die ihm zunächst gelegenen polni. schen Provinzen einrücken zu lassen. Auch diese misshandelten grau. sam die unterdrückten Einwohner; sie nahmen ihnen Lebens-Mittel aller Art, Rindvieh und Pferde, zuleßt auch die Jugend beiderlei Geschlechts gewaltsam weg. Die jungen Bursche wurden zum Kriegesdienste gezwungen, die Mädchen mussten von den Eltern mit Bieh, Geld und Geräth, nach Vorschrift ausgesteuert werden und wurden dana in preußischen Landen an Männer, welche sie verlangten, verheirathet." Noch sagt von Dohm zu dieser Stelle in einer Note: "So ungern man sich überzeugen mag, daß solche Barbarei von Friedrich wirklich verübt sei, so sind die Klagen über dieselbe doch zu laut und zu allgemein geworden, als daß man ihre Wahrheit bezweifeln könnte. Man hat behaupten wollen, diese Gräuel seien ohne Wissen des Königs verübt worden. Aber wer, der nur irgend einen Begriff von Friedrichs Regirungsart hat, wird dieses glaublich finden? -"

Manso endlich, welcher in dem ersten Theile seiner Geschichte des preußischen Stats vom Hubertsburger Frieden bis zur zweiten Pariser Abkunft 1) wiederholt hatte, was seine Vorgänger beweislos hingeschrieben; widerruft das im dritten Theile und sagt3): „Die Berpflanzung zwölftausend polnischer Familien in's Preußische ist unstreitig ein Irrthum und als solcher mehrmals gerügt worden. Ich bin jedoch heute noch nicht im Stande, die Quelle dieser sonderbaren, von Johannes v. Müller und Andern für wahr genom. menen Sage nachzuweisen." Johannes v. Müller nun nennt gar keine Quelle, aus der er geschöpft, und v. Dohm beruft sich auf das öffentliche Gerücht. Judeff scheinen beide doch wirklichen Vorgängern, einem Polen und einigen Franzosen nachgefolgt zu sein. Es erschienen nämlich im Jahre 1785 in Warschau ohne Namen des Verfassers und in polnischer Sprache „Betrachtungen über das Leben Johann Zamoyski's" "), eines 1605 als Kanzler und Großfeldherr verstorbenen gelehrten und sehr patriotischen Polen, eine

1) Frankfurt a. M. S. 28.

2) a. a. D. S. 527.

3) Uwagi nad zyciem Jana Zamoyskiego Kanclerza, í Hettmanna W. K." elo.

Schrift, welche die damalige politische Lage Polens berührt und leidenschaftlicher Erbitterung gegen Ruffland und Preußen abger ist. Der ungenannte Verfasser (Staszir ist sein Name, dem P sterstande angehörig) nennt sich „einen bei der Theilung Polens: das preußische Joch gerathenen Sklaven.“ Schlözer gab in Statsanzeigen ') eine Stelle aus jener polnischen Schrift, und t scheint Johannes v. Müller vor Augen gehabt zu haben, was allgemeinen Ton in seiner Darstellung betrifft; die einzelnen Ar ben, von 12,000 Familien z. B., kommen auch vom Hörensagei

Wenn wir den betheiligten polnischen Biographen als Zev in einer so wichtigen Sache verwerfen; so können wir noch t weniger auf Thiébault's Erinnerungen 2) geben, welche `gleich ihrem Erscheinen von Friedrich Nicolai *) und dann auch von hannes v. Müller *) nach Gebür als seicht, und unzuverlässig a fertigt wurden. Thiébault sagt aber'), ohne Beweis, wie Jol nes v. Müller's 12,000 Familien dastehen: Friedrich habe 15 L lionen Livres leichte Dukaten unter polnischem Stempel schla lassen; eine kleine Hyperbel, deren Gewicht den leichtfertigen 2 moirenschreiber eben sowenig kümmert, wie den Pater Jesuiten Zamoyski die Leidenschaftlichkeit seines wenigstens leicht verz lichen Hasses.

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Mr. de Peyssonel sagt in seinem bekannten Buche, wek er dem Könige Ludwig dem 16. und der Nazionalversammh überreichte: „Frankreichs politische Lage und seine gegenwärti

1) 1788. Nr. 46.

2) Mes souvenirs de vingt ans de séjour à Berlin p. Mr. Thiéba A Paris 1804.

3) Berlinische Monatschrift. Oktober 1804. \

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Bergleiche

4) Allgem. Literatur-Zeitung (Gesammte Werke. Thl. 11.) 5) Mes souvenirs. 4. édition. 1827. T. 4. p. 130. 133. v. Ledcbur's Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des preußisc Stats. Bd. 1. Heft 2. Berlin 1830 S. 119 den interessanten Auf Friedrich der Große, Thiébault und der Rezensent in den Blättern literarische Unterhaltung. 1828. Nr. 296 298, von Karl H. S. R denbeck über Friedrichs vermeinte Grausamkeiten gegen die Polen Jahre 1770, bisher die einzige Untersuchung in dieser nicht glei giltigen Sache.

Verhältnisse mit den übrigen Europäischen Mächten"'): „Der König von Preußen nahm den ihm zugefallenen Theil von Polen in Besitz. Er befahl, daß alle Städte und Dörfer seiner neuen Provinzen eine gewisse Anzahl mannbarer Mädchen stellen sollten, denen die Eltern zur Morgengabe ein Federbett, 4 Kissen, 1 Kuh, 3 Schweine und drei Dukaten in Gelde reichen mussten. Diese Mädchen ließ der König in die Brandenburgischen Staten vertheilen, um deren Bevölkerung dadurch zu befördern." So diplomatisch aber auch diese Berechnung klingt; so hat es, dem Berichter. statter leider doch nicht gefallen, seinen Gewährsmann oder seine Quelle zu nennen. Da er indess die Handlung nach der ersten Theilung Polens und in die von Preußen eingenommenen Landschaften Westpreußen und den Neßdistrikt verseht: so dürfen wir wenigstens versichern, daß in den, glücklicherweise noch vorhandenen jämmtlichen Kabinetsordres des Königs an die Personen und an die Behörden, welche jene beiden Gebiete preußisch eingerichtet und verwaltet haben, auch nicht die mindeste Spur eines solchen Befehls, die eigene neue Provinz, für welche wir den König von Anfang an so überaus väterlich haben sorgen sehen, auf Kosten einer älteren, so überschwänglich hart zu berauben.

So bliebe uns denn noch Rulhière übrig, der für den ganzen Gegenstand allerdings der bedeutendste Name ist. Seine diplo matische Stellung am russischen Hofe bot ihm wohl manche günstige historische Gelegenheit dar und deshalb schrieb er seine Geschichte der Anarchie Polens im Auftrage seiner Regirung, von welcher er auch dafür zwanzig Jahre lang, bis an seinen Tod 1791 ein ansehnliches Ehrengehalt bekam. Erst Napoleon ließ das Werk 1807 durch Daunau in Druck geben. Rulhière nun ist v. Dohm's Gewährsmann für die gewaltsam weggenommenen Mädchen, indem er sagt: „Die geringste Ausstattung eines Mädchens musste in einem Bette, zwei Schweinen, einer Kuh und drei Dukaten bestehen.“ Glücklicherweise aber heißt es auch bei diesem Erzähler wieder nur): On assure aussi, que dans la Posnanie chaque

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1) Deutsche Überschung. Frankfurt a. M. 1790. gr. 8. Thl. 1. S. 94 f. 2) Histoire de l'Anarchie de Pologne. T. 4. p. 215. Flassan sagt in der Histoire générale et raisonnée de la Diplomatie française. Paris 1809. T. 5. p. 423. Note 1: , semble que Rulhière

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