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jurium communiam theilhaftig sind") in Sachen zweier Christen unter sich zugelassen werden sollen ').

Die katholischen’Einwohner machten in Westpreußen bei weitem die Mehrzahl aus; die erste abgesonderte Zählung im Jahre 1784 ergab 203,721 katholische und 122,201 evangelische Christen. Die leßteren waren seit 50 Jahren sehr bedrängt gewesen, ihre Kirchen, im Caminer Kreise z. B. geschlossen und weggenommen. Ganz besonders hatte das päbstliche Breve vom 7. September 1766 ihren Zustand sehr verschlimmert. Aber Friedrich's Notifikazionspatent 2) verkündete allen Glaubensgenossen gleiche Duldung und beschränkte die Gerichtsbarkeit der katholischen Geistlichkeit3) darauf: die Amtsvergehen der katholischen Geistlichen zu bestrafen, die Streitigkeiten ihrer Glaubensgenossen unter sich, welche sich auf die innere Verfassung ihrer Kirche beziehen, zu schlichten, die Ehescheidungen*) in ihren Gemeinden zu berathen. Die Westpreußische Regirung wachte, nach ihrer Instrukzion3) darüber, daß,,Niemand der Westpreußischen Vasallen oder Unterthanen ohne ihren Konsens in den Klosterstand aufgenommen werde"; späterhin forderte sie noch einen besonderen Lizentzettel des Kammerdepartements °).

Die Bischöfe behielten 24,000 Thlr. Einkünfte, die Äbte 7000 Thlr.). Zur Bezahlung der 150,000 Thlr. Schulden des liebenswürdigen, als Dichter und als Gesellschafter ausgezeichneten Fürstbischofs Ignaz Krasiçki überwies der König (den 29. November 1774) 50,000 Thlr. aus den eingezogenen geistlichen Gütern.

1) Reskript an das Kammergericht vom 12. Dkt. 1775, Mylius N. C. C. M. Bd. 5 e. p. 241. Nr. 45.

2) Berlin, den 28. Sept. 1772, Mylius N. C. C. M. Bd. 5 b. p. 451. Nr. 49.

3) a. a. D. p. 455.

4) Für die evangelische Kirche ist das Edikt gegen die Missbräuche der überhand genommenen Ehescheidungen, d. d. Berlin, den 17. Nov. 1782 merkwürdig; Mylius N. C. C. M. Bd. 7. Nr. 50. S. 1614.

5) Vom 21. Sept. 1773. §. 4. Nr. 14, Mylius N. C. C. M. Bd. 5 c. p. 2141. Nr. 52.

6) Reskript vom 10. Febr. 1775; Mylius N. C. C. M. Bd. 5 e. p. 45. Nr. 6. 7) S. Friedrichs Brief an Voltaire vom 29. Febr. 1773 in den Oeuvres complètes de Voltaire. Basle 1792. T. 77. p. 14.

Die Evangelischen konnten sich nun für ihre lange unbefriedigten Bedürfnisse Gotteshäuser (in Flatow, Zempelburg, Vandsburg, Lob. sens, Schneidemühl) bauen; ja, der König sorgte selbst, aus besonderer Liebe zu den Protestanten, für neue Kirchen und Bethäuser in Westpreußen und dem Nezdistrikte auf eigene Kosten ').

Die Zahl der katholischen Festtage wurde, wie in Schlesien '), durch Unterhandlungen mit Rom, vermindert; für die würdige Ruhe der Sonn- und Feiertage in Westpreußen überhaupt verordnete der König:,, daß alles Dasjenige, wodurch der Gottesdienst, welcher fürnemlich auf diese Tage sowohl öffentlich in den Kirchen, durch Anhörung des Wortes Gottes, Singen und Bethen, als auch in den Häusern durch allerhand christliche Übungen gepflegt werden muß, gehindert wird, abgeschaffet, und zu dem Ende alle Gewerbe und Handthierungen, es sey in den Städten oder auf dem platten Lande, eingestellet, die Kram-Laden geschlossen, keine Märkte gehalten, noch auch sonst einige Eß- und Trink-Waaren, ehe und bevor Nachmittags die Glocke fünf geschlagen, verkaufet werden sollen. Insonderheit müssen auf den Sonn- und Festtagen keine große Gastmale und Lustbarkeiten gehalten, noch weniger Hochzeiten angestellet, fürnemlich aber in den Wein, Bier-, Zunft Häusern und anderen Orten, wo geschenket wird, keine Gäste geseßet, noch Wein, Bier, Brandtwein vor 5 Uhr Nachmittags verschenket oder verkaufet werden, ausgenommen, was reisende Leute, oder auch sonst die Kranken zu ihrer Erquickung bedürfen.“ ,,Alle Spiele, so von dem Glück dependiren, müssen des Sonn- und Festtages gänzlich eingestellet werden. Diejenigen Spiele hingegen, so in einer Leibes. übung bestehen, oder sonst erlaubet sind, werden nicht eher, als nach 5 Uhr Nachmittags verstattet, und müssen daneben mäßig und zwischen wenig Personen, auch nicht bis in die späte Nacht gebrauchet, fürnemlich aber dabei alle verdächtige Gesellschaft von liederlichen Frauens-Volk und andern Personen vermieden werden." Weil auch der Gottes-Dienst fast überall auf dem Lande und in den Dörfern sehr. schlecht und kaltsinnig verrichtet wird; So wird hiermit verordnet und festgeseßet, daß die Prediger auf dem Lande,

1) K.-D. v. 5. Olt. 1776.
?) S. oben Bd. 1. S. 341.

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außer denen Sonntags-Morgen - Predigten, auch Nachmittags ihre Zuhörer, jung und alt in die Kirchen kommen lassen, und selbige nicht allein aus der vorgehaltenen Predigt examiniren, sondern sie auch in dem Catechismo unterweisen, und zur Übung eines christlichen Lebens und zu guten Exempeln und Ermahnungen anführen sollen, und soll die Obrigkeit jedes Orts die Unterthanen, jung und alt, dazu mit Ernst anhalten, auch selbst bei solchen gottseligen Übungen sich einfinden" 1).

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Diese Sorge, durch Kirche und Schule ein sittlicheres Leben anzuregen 2), und die Leute auf dem platten Lande und in den Städten zu mehrerer Arbeitsamkeit, Reinlichkeit und Ordnung zu gewöhnen und sie durch Beispiele aufzumuntern3), konnte nur heilsame Früchte tragen. Auch das unablässige Bemühen, Allen, nach damaligen Begriffen, gerecht zu sein, Alle durch erhöheten Wohlstand zu beglücken, war von dem gesegnetesten Erfolge gekrönt und der treue Landesvater siegte über die zum Theil sehr stiefmütterliche Natur Westpreußens so, daß sich bis zu seinem Tode die Feuerstel len in den Städten um 1179, die ländlichen um 1291 mehrten: das beste Lob auf den Monarchen, der, was er in der Ferne, von seinem unsterblichen Potsdam angeordnet, an Ort und Stelle prüfte. Denn, mit Ausnahme der Kriegesjahre 1778, 79 und des Todesjahres 1786, kam er jährlich im Monat Jun nach Mockerau, welches Dorf bei dem Einflusse der Offa in die Weichsel zwischen Graudenz und Marienwerder, 14 Meile von jenem, 3 Meile von diesem entfernt gelegen ist, wo 1776, 1781 und 1783 alle in Preußen liegende Truppen, 32,000 Mann zu Fuß und 12,000 Reiter im Lager versammelt standen ) und wo Friedrich jedesmal

1) Publicandum vom 4. März 1775 in Mylius N. C. C. M. Bd. 5 e. Nr.11. p. 67-70.

2) Merkwürdig genug hatten also damals auch in Polen die Geistlichen, als die eigentlichen Träger des Kultus, den äußerlichen Gottesdienst verfallen lassen. Wir wissen nicht, ob sie auch hier die Schuld von sich abgewälzt. Auf Friedrich den Großen werden sie dieselbe doch nicht geschoben haben?

3) K.-O. v. 7. Jun 1775.

4) 1804 im Jun haben diese Revůen bet Mockerau juleht statt gefunden. König Fr. Wilh. 2. hat sie 1789 und 1791; König Fr. Wilh. 3. 1800,

drei bis vier Lage verweilte in einem einfachen Fachwerksgebäude mit einem Strohdache, welches er sich gleich 1773 auf dem Freischulzengrunde hatte aufführen lassen. Derselbe Adlerblick, mit welchem er die Truppen sah, durchforschte auch die ganze innere Verwaltung und alle Landesangelegenheiten, da ihm die Beglückung von Bestpreußen eine Lieblingssorge war 1), die ihn noch in den leßten Tagen seines Lebens beschäftigte '); denn, sowie er im Augenblicke der Befihnahme als Landesvater hehr und außerordentlich in der neuen Landschaft erscheint, so giebt er wenige Wochen vor seinem Ende) (nachdem er schon über sieben Millionen Thaler) auf die Provinz gewandt), noch 700,000 Thlr., den Wasserschaden wieder gut zu machen, bedenkt die fehlenden Kirchen und Schulen '), spricht, im Kampfe mit dem Tode, den Behörden seine Zufriedenheit aus), und die Freude, „daß die Preußen anfangen, etwas industrieuser und aufgeklärter zu werden, und daß die Fabriken Fortgang haben""). Nur Ein Versprechen ist er sich selber schuldig geblieben, nach welchem er dem großen Forscher"), der gegen den

1802 und 1804 gehalten; s.,,Die Revûen in Westpreußen und im Graudenzer Kreise" (vom Geb. Reg.-Rathe Roscius in Marienwerder). 1830. 13 S. 8.

1) S. die Kabinetsordre vom 14. Jul 1773 im Urkundenbuche Thl. 4. S. Beilage 8.

3) Kabinetsordre vom 1. Jul 1786.

4) Durch die Kammer in Marienwerder vertheilte Friedrich die außeror dentlich bewilligten Gelder. Vom 1. Jun 1775 bis 1786 find solche dem Generaldirektorium den 10. Januar 1799 mit der bedeutenden Sumine von.... 5,916,822 Thlr. 78 Gr. 114 Pf.

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nachgewiesen. Dazu kommen für 177},
laut der dem Gen.-Dir. den 13. April
1784 eingereichten Nachweisung . . . . 1,134,640
und für 1789 vom 1. Jun bis zum Tode
des Königs Friedrichs II. . . . .

686,096

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überhaupt 7,737,560 Thlr. 20 Gr. - Pf. oder 63 Sgr.

5) K.-D. vom 19. u. 30. Jul 1786.

6) K.-D. an die Kammer vom 12. August 1786.

7).-D. vom 16. Jun 1786; f. Beilage 8 d.

8) Nikolaus Kopernikus, geboren den 19. Febr. 1473 in Thorn, studiete in Krakau Medizin; farb den 24. Mai 1543 als Kanonikus zu Frauen

Augenschein, gegen tausendjährige Saßungen von Pythagoras und Ptolemäus an, já selbst gegen graue Prophetenworte') den reinen Sphärenklang des wahren Weltsystemes vorgetragen, ein Denkmal widmen wollen 2).

Und damit könnten wir diesen Gegenstand verlassen, wenn nicht noch eine Sage zurück wäre, welche in diesem Zusammenhange nicht unerwähnt bleiben darf.

Da die erste Theilung Polens, eine der bedeutendsten Begebenheiten des vorigen Jahrhunderts, nicht ohne Waffenhülfe vollführet werden konnte; so wird man schon im Voraus überzeugt sein, daß die unglücklichen Polen neben der entscheidenden Hauptsache, noch allerlei Drangsale werden erfahren haben, welche allezeit im Gefolge von Kriegesheeren gehen. Auch erhellet aus den Antwort schreiben, welche Friedrich auf die Klagen der Woywodschaften Kulm und Marienburg 3) über die von seinen Völkern unter Generalmajor v. Belling 4) und G.-M. v. Thadden verübten Ausschweifungen gegeben), daß allerdings an das große Leiden mancherlei kleine, ge

burg. Sein unsterbliches Riesenwerk erschien nach 36jährigem Forschen in seinem Todesjahre: „De Revolutionibus orbium coelestium. Nürnberg 1543. (Revoluzion heißt in der Astronomie die Bewegung der Gestirne um einander; die Bewegung eines Geßtirns um seine Achse dagegen heißt Rotazion).

1) Josua 10, 12. 13.

2) S. Friedrich's Brief an Grimm vom 16. Dez. 1783, Oeuvres posth. T. 12. p. 87. An Voltaire schreibt der König den 11. Dez. 1773: ,,Es war billig, daß ein Land, das den Kopernikus hervorgebracht hat, nicht länger in jeder Art von Barbarci schmachtete, in welche mẳchtige Tyrannen es gestürzt hatten." Indeffen hat der wissenschaftliche Verein zu Warschau in dieser Hauptstadt dem großen Aftronomen im Mai 1830 eine Bildsäule von Erz errichtet.

3) Den 12. Def. 1772 schrieben die polnischen Palatinate Posen, Kalisch und Gnesen an den König v. Preußen wegen der von seinen Truppen ausgeschriebenen Lieferungen. Die Antwort, Potsdam v. 21. Dez. 1772 findet man in Moser's Eurov. Völkerrecht. Th. 7. S. 115.

4) Gen. v. Belling wurde vom Gen. v. Lossow abgelöst.

5) Die Antwort des Königs findet man im Mercure historique et politique. T. 170. p. 592; der Brief selbst aber, des Sénateurs de la Prusse - Polonoise au Roi de Prusse, en date du 5. Février 1771 ficht in (Ferrand) Histoire des trois demembremens de la Po

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