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man hier nicht einig werden konnte; so wurde der Kongress in Bucharest, den 17. Oktober erneuert, ohne die vermittelnden Gesandten: doch zerschlug sich auch diese Unterhandlung den 15. Februar 1773; der Krieg erneuert sich und wird unter abwechselnden Erfolgen fortgeführt. Endlich findet sich der Großvezir Muschin Zadé sammt der heiligen Fahne in Schumla umzingelt, Mustapha ist getorben und sein Bruder, der neue Sultan Abdul Hamid schließt durch seinen Abgeordneten Resmi Achmed Efendi ') im Lager des Feldmarschalls Romanzow, des Transdanubiers, zu Kainardsché 2), fünf Stunden von der Donau, den 21. Jul 1774, Frieden, was Katharinen doppelt erwünscht kam. Sie gewann, zu der großen polnischen Erwerbung, die Unabhängigkeit der Tartaren in der Krim, im Budschack und Kuban, den Besitz der Festungen Kertsch und Jenikale in der Krim und des Kastels Kinburn an der Dnieper-Mün dung; die freie Schifffahrt auf dem Hellespont, dem Propontis und Archipel; und fünftehalb Millionen Rubel Kriegeskosten. Jemelka Pugatschew, ein gemeiner Kosake, der sich im Oktober 1773 für Peter den 3. ausgegeben, konnte nun mit Macht angegriffen werden. Er hatte die Kosaken am Don und Jaik, welcher Fluss seitdem Ural genannt wurde, in den Bezirken von Orenburg und Kasan aufgeregt und selbst unter den russischen Großen viele Zustimmung gefunden. Nun wurde der kühne Empörer eingefangen und den 21. Januar 1775 in Moskau hingerichtet.

So vereinigte sich Alles, die Kaiserinn im Junern und von Außen mit Hochachtung gebietenden Erfolgen zu bekränzen, wodurch sich Friedrich in seinen politischen Rücksichten auf Russland immer mehr entschieden fand.

Die polnischen Angelegenheiten schwebten noch zum Theil. Österreich nahm mehr, als ihm bewilligt war; um Verhältniff in die Erwerbungen zu bringen, folgte Preußen nach und nahm die alte und Die neue Neße, ehemals Gebiete dek Neumark, zu Pomerellen hinzu3), welches neue Land „Netdistrikt" genannt wurde, 139 Q.-M.

1) Derselbe, welcher 1763 in Berlin gewesen, und dann der ganzen von ihm beschriebenen Krieg mitgemacht.

2) In der Bulgarei, unweit Silistria.

3) Oeuvres posth. T. 5. p. 117.

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mit beinahe 150,000 Einwohnern, von welchen der Geheimer v. Brenkenhoff zu Inowraclaw, den 22. Mai 1775, in des Kön Namen die Huldigung empfing; der Hof von Warschau hatte! les, auch Waffenmärsche unter General Krusczewski vergebens gegen aufgeboten 1).

v. Brenkenhoff hatte schon im September 1772 bei der Be nahme von dem Neßdistrikte, ohne königliche Erlaubniss, die Gr zen zwei Meilen über die Bestimmung weiter hinausgerückt, die Lubcozinischen Güter der preußisch gesinnten Generalinn S zewska mit einzuschließen. Friedrich genehmigte dies nicht nur! fällig 2), sondern ließ kurz darauf noch zweimal die Gränzpfä mit großer, mehr als politischer Umsicht der Verhältnisse unverm weiter rücken '). Der polnische Hof führte in St. Petersburg schwerde über das immer eigenmächtigere Umsichgreifen der Preu und Österreicher und die Kaiserinn Katharine schrieb darüber, 26. Mai 1774 abmahnend an den König, bemerkte in ihrem Br auch, wie die deutsche Kaiserinn, statt mit dem Sobrucze - Flusse Gränze zufrieden zu sein, bis zum Seret vorgedrungen. Fried führt in seiner höflichen Antwort vom 27. Jun für sich an, er nur, um wieder Gleichheit in das von Österreich gesti

1) (Meißner) v. Brenkenhoff's Leben. S. 114 f. Das Patent an Stånde und Einsassen der ehemaligen Pohlnischen Distrikte an Neke zur Huldigung in Inowraçlaw, vom 22. April 1775 steht Mylius N. C. C. M. Bd. 5 e. p. 129. Nr. 21.

2) (Meißner) v. Brenkenhoff's Leben S. 110. 111.

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3) v. Brenkenhoff theilt in einem Briefe an den Minister v. d. Hi Bromberg den 13. März 1773, demselben im Vertrauen" zwei binetsordres an ihn, Potsdam, den 15. Dez. 1772 und Potsdam, 28. Januar 1773, abschriftlich mit, um sich zu rechtfertigen, daß indem er an die neueingegränzten Unterthanen Coctur-Salz verka keinen Eingriff in das Privilegium der jüdischen Gesellschaft" ( er die königliche Detroi nennt) gethan habe, nach welchem nur die polnisch gebliebenen Länder mit fremdem Salz versehen durfte. Meißner, welcher die beiden karakteristischen Befehle des Königs Brenkenhoffs Leben leider nicht mitgetheilt hat, welche aber noch t banden sind, berechnet a. a. D. S. 111 ff. den Umfang dieser spåte eigenmächtigen Erwerbungen.

Berhältniff der Erwerbungen zu bringen, die ihm ursprünglich zuge. prochene ganze Neße im vollen Sinne des Wortes besetzt habe ').

Da Russland eifersüchtig und Polen schwierig war, die neuen Abtretungen auf rechtlichem Wege zu gewähren; so musste man für den Fall der Noth in den Waffen bleiben; doch blieb der Süden und Westen von Europa in einer für die nordischen Mächte so vortheilhaften Lage, daß die östlichen Angelegenheiten in Ruhe zu Ende gebracht werden konnten. Preußen und Polen schlossen 1775 den 24. Mai einen sogenannten Conventions-Zoll-Tariff, welcher noch jest in soweit zur Ausführung kommt, als der im Jahre 1816 mit Ruffland wegen Polen abgeschlossene Handelsvertrag nichts Abweichendes anordnet; und endlich kam zwischen eben diesen beiden Mächten den 22. August 1776 auch der Gränzvergleich 2) in Warschau zu Stande, nachdem Preußen, auf Russlands Vorstellungen, einen Theil des Goplosees, das linke Ufer des Flusses Drewenz und einige Dörfer in der Nähe von Thorn, überhaupt 66 Ortschaften mit 7166 Einwohnern an Polen zurückgegeben 3).

Friedrich's spätere Erwerbungen in Polen schienen bei der russischen Kaiserinn keinen ganz günstigen Eindruck zurückgelassen zu haben. Frankreich suchte davon Vortheil zu ziehen; selbst der Fürst Kauniß uzte die Gelegenheit, Zwietracht zu hegen; der König aber fandte einen Bruder Heinrich, den 20. März 1776 zum zweiten Male nach St. Petersburg, die Verbindung beider Mächte aufs Neue zu befestigen. Glich schon die liebenswürdige Persönlichkeit dieses gro

1) Die beiden Briefe des Monarchen findet man in (Graf v. Gdrt) Mémoires et actes autenthiques; auch in den Oeuvres posthumes T. 5. p. 116-117 geschieht dieser Vorgänge Erwähnung.

2) de Martens Recueil des principaux traités d'Alliance etc. A Gottingue 1791. T. 1. p. 497. 498.

3) Den durch diese Rückgabe entstandenen Verlust an Einkünften von etwa 15,500 Thlr. deckte der König gleich wieder durch die für 199,000 Thlr. erkauften Güter Münsterwalde, Langefuhr und Neuschottland. v. Holsche fagt in seiner Geographie und Statistik von West-, Süd- und Neu-Ostpreußen Thl. 3. S. 150, der Neßdistrikt habe durch die Zurückgabe einiger Kujavischen Städte, Ämter und adligen Güter in der Gegend des Goplo-See's über 28,000 Seelen verloren.

ßen Prinzen jede Verstimmung leicht wieder aus; so gab ein Trauerfall in der kaiserlichen Familie Anlass, seine Verdienste in noch glänzenderem Lichte zu offenbaren. Es starb nämlich, bald nach seiner Ankunft, die Großfürstinn Natalie Aleriewna bei der Entbindung von einem todten Kinde '). Prinz Heinrich tröstete und beruhigte den sehr gebeugten Großfürsten Paul und gewann späterhin feinen Vorschlägen zu einer neuen Ehe mit der 1828 verstor benen verwitweten Kaiserinn eine willige Aufnahme: ein wichtiges Ereignis für den König von Preußen, welcher auch die erste Ehe angelegentlich zu Stande gebracht hatte, um in Ruff land Theilnahme und Anhänglichkeit für den Berliner Hof zu gewinnen 2).

Katharine hatte den Prinzen Heinrich für sein Benehmen in den Tagen des Unglücks aufs Neue hochachten müssen. Sie sahe es ungemein gern, daß er sich nun auch der Wiedervermählung ih res Sohnes annahm. Anfangs Jun reiste der Großfürst, im Ge folge des Marschalls Grafen von Romanzow, des Prinzen Kurakin, des Grafen Nikolaus Soltikow und des Boyaren Narischkin von Sarskoe-Selo nach Berlin ab. Tages darauf der Prinz Heinrich. In Riga, wo beide sich vereinigten, trafen schon Briefe von der Kaiserinn ein für den König und für den Prinzen und für die Prinzessinnen von Württemberg: die drei letteren sollten eingehän diget werden, wenn das Herz ihres Sohnes sich für die Prinzess Sophie Dorothee Auguste bestimme 3).

Friedrich machte zu dem Empfange des willkommenen Gastes in aller Art viele Anstalten. Selbst schöne Linden, welche vor Bür gerhäusern in Berlin standen, kaufte er, um sie nach Sans - Souci schaffen zu lassen; die Zahl der Pagen wurde vermehrt, acht neue Lakaien wurden angenommen und der General - Licut. v. Lentulus ging mit einem ganzen Gefölge dem russischen Thronerben bis Me

1) Diese Tochter des regirenden Landgrafen Ludwigs des 9. von HessenDarmstadt und leibliche Schwester der Prinzeß von Preußen, starb den 26. April 1776, 21 Jahr alt, im 3. Jahre ihrer Vermålung. 2) Oeuvres posth. T. 5. p. 101.

3) Vie de Catherine II. Impératrice de Russie. Avec six portraits gravés en taille-douce. A Paris 1797. T. 2. p. 106.

mel entgegen1), um ihn im Namen des Königs daselbst zu empfangen und nach Berlin zu begleiten, wo er den 21. Jul eintraf 2). Der König ging dem Großfürsten bis vor seine Wohnung entgegen. Bout Petrowitsch sagte:,,Sire, die Beweggründe, welche mich von bem äußersten Norden bis in diese glücklichen Gegenden führen, find das Berlangen, Sie der Freundschaft zu versichern, welche für im mer Russland und Preußen ́vereinigen foll, und die Sehnsucht, eine Brinzess zu sehen, welche auf den Thron der Moskowiter zu steigen bestimmt ist. Judem ich sie aus ihren Händen empfange, wage ich es, Ihnen zu versprechen, daß diese Fürstinn mir und der Nazion, über welche sie regiren wird, um so theurer ist. Endlich erlange ich, was ich solange gewünscht habe: ich kann den größten der Helden, die Bewunderung unserer Zeit und das Staunen der Nachwelt betrachten.“ — Der König erwiderte: „Ich verdiene so große Lodeserhebungen nicht, mein Prinz; Sie sehen in mir nur einen alten inflichen Maun in weißen Haren; aber glauben Sie, daß ich mich sehr glücklich schäße, in diesen Mauern den würdigen Erben eines mächtigen Reiches, den einzigen Sohn meiner besten Freun tinn, der großen Katharine zu empfangen“ 3).

1) Blick auf Gesinnung und Streben (aus einem Briefe, Potsdam, den 13. Jun 1776) S. 61. 56. Büsching erzält in der Karakteristik Friedrich's 2. S. 286, der G.-L. v. Lentulus habe bei der Reise zum Empfange des Großfürsten nicht gute Wirthschaft gehalten und das durch des Königs Kaltsinn sich zugezogen und darüber den Abschied gefordert. Indes hat v. Lentulus doch noch den baierschen Erbfolge= frieg mitgemacht und ist erst im J. 1779 aus dem preußischen Dienste getreten.

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2) Denkmünze auf die Ankunft des Großfürsten von Russland in Berlin 1776. Hauptseite: Der Preußische Genius empfängt von dem Russischen das Bild des Großfürsten, um es im Tempel der Freundschaft aufzuhängen, an welchem man lieset: , Fridericus Rex Amicitiae." Kehrseite. Ein Dlzweig umschließt die Worte:,, Dextris Hospitio Junctis." Abschnitt: „D. XXI. Jul. A. MDCCLXXVI. Paul Petrow. M. D. Berolinum Ingressus.“ (Bestellt bei Loos.) 3) Auch Peter der Große ist im Jul 1697 und im Oktober 1712 auf der Reise nach Karlsbad, auch im November auf der Rückkehr von dort in Berlin gewesen; Kaiser Alexander zuerst 1805; auch Kaiser Nikolaus und dessen Sohn der Großfürft Thronfolger.

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