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Sechstes Buch.

Friedrich der Große

in

seinen späteren politischen und landesvåterlichen Sorgen.

Friedr. d. Gr. IV.

„, Quant à ma méthode de ne me point ménager, elle est toujours la même; plus on se soigne, plus le corps devient délicat et foible. Mon métier reut du travail et de Paction; il faut que mon corps et mon esprit se plient à leur devoir. Il n'est pas nécessaire que je rive, mais bien que j'agisse; je m'en suis toujours bien trouve.“

Oeuvres posth. T. 9. p. 328.

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I. Friedrich erwirbt Westpreußen.

Volen, das einst so mächtige, nach allen Seiten hin Achtung gebietende, ist uns in den drei schlesischen Kriegen als ein ganz müßiger Zuschauer bei den Welthändeln in seiner Nähe erschienen. Erst ein trauriges Schicksal gegen Ende des vorigen Jahrhunderts hat ten Bewohnern des Landes den wahren Patriotismus wieder gegeben and dieser wieder hat ihnen die Theilnahme der Menschheit gewonnen. Iber, alle heldenmüthige Tapferkeit, alle erhabene Hingebung und Selbstverläugnung ist abermals in unsern Tagen fruchtlos gewesen, zum Beugnisse dessen, wie schwer es den Nazionen werde, wenn nicht gar unmöglich, nach dem Falle, dem allemal selbst verschuldeten, wieder ich zu erheben, und zur heilsamen Lehre den Geschlechtern der Menichen, daß nur Wachsamkeit und Fortschritt auf dem Wege des Entwidelungsganges den politischen Tod vermeide.

Ein halbes Jahrtausend hatte Polen geblüht und geherrscht, as das alte piastische Haus der erblichen und unumschränkten Köige mit Kasimir dem Großen 1370 erlosch '). Sein Nachfolger und Schwestersohn Ludwig von Ungarn bestätigte und vermehrte die Berrechte des Adels in Polen, wie in Ungarn und bewirkte auf mem Reichstage, 1382, daß die Polen die Wahl Sigismunds von Euremburg zu seinem Schwiegersohne und Nachfolger in beiden Königreichen genehmigten. Doch unmittelbar nach seinem Tode, 1386, brach der sarmatische Adel sein Wort, übertrug die Krone Ludwig's ungerer Tochter, der Prinzess Hedwig und nöthigte dieselbe 2) zur

1) Kasimir der Große überging seine nächsten piastischen Vettern die Her joge von Masovien und Cujavien, auch die Herzoge von Schlesien, und hielt seinen Schwestersohn für den würdigsten König. 2) Eie war schon mit Herzog Wilhelm dem Ehrgeizigen von Österreich, jungitem Prinzen Leopolds des 3. verlobt.

Vermälung mit Jagello, Großherzog von Lithauen, welcher dies Land mit Polen vereinigen und dem Heidenthume entsagen wollt Er nannte sich seit der Taufe Wladislav 2. und wurde den 17. F bruar 1386 als König von Polen in Krakau gekrönt.

Obgleich Polen und Lithauen fortan unter Einem Köni standen und 1569 auch förmlich zu Einem Reiche verbunden wu den; so hebt hier doch schon eigentlich Polens Verderben an: 1 aus der reinen Erbmonarchie ein Wahlreich geworden war; den Jagello's Wahlvertrag (Pacta conventa), mit den Großen de Reichs geschlossen, wurde auch von allen seinen Nachfolgern b schworen. Bald gelangte der Adel noch dahin, durch Landboten ode Deputirte sich zu vertreten. So entstanden die Reichstage und de König durfte endlich kein Geseß geben, in wichtigeren Dingen nicht entscheiden, ohne Einwilligung der Stände. Alle Beamte, auch di Minister, waren nur dem Reichstage verantwortlich und das Hee stand unter zweien, von dem Landesherrn unabhängigen Krongroß feldherren: einem polnischen und einem lithauischen. Nur die Bür ger von Thorn, Krakau, Wilna und Lublin hatten das Recht, Land güter zu besitzen, welche, da sonst nur dem Adel das Besizrecht au dieselben zustand, schlechthin adlige Güter hießen. Es fehlte den Lande ein kräftiger Bürgerstand; freie Bauern') kannte man ga nicht: es gab nur Herrn und Knechte."

So war die Verfassung Polens, als bei dem Tode Sigis munds 2. August, des leßten Jagellonen, der Reichtstag 1573 der 16. Mai Heinrich von Valois zum Könige wälte, welcher, de dritte Sohn Heinrichs 2. und Bruder Karls des 9. von Frankreich alle, nach und nach in der Verfassung eingetretene, den Monarchen beengende Veränderungen beschwur; den 18. Jun aber schon in seind Heimath zurückkehrte.

Eigentlich war schon jezt die Würde des polnischen König thums vernichtet, weil die Pacta conventa als Statsgeseß verordneten: es solle die Krone wälbar sein und niemals ein König sich einen Nachfolger geben; es solle alle zwei Jahre ein allgemeiner Reichstag sein; es solle jeder edle Pole bei der Königswahl eine Stimme haben; es solle jeder Unterthan von dem Eide der Treue

1) v. Grevenih Der Bauer in Polen. Berlin 1818.

enthunden sein, wenn der König die Vorrechte verleße. Hier ist eine Hauptwurzel von Polens Verderben zu suchen. Die über. söwänglichen Adelsrechte, welche an keinem heilsamen Gegengewichte ich wahrhaft verstehen lernten, führten zu innern Parteiungen und Umtrieben, und erleichterten, ja sie veranlafsten die Einmischung der Nachbarn; auch blieb das Land in seiner bürgerlichen und militärischen, wie in seiner politischen Entwickelung zurück, während in den andern europäischen Staten die königliche Macht sich recht feststellete, bie mittelalterlichen Adelsvorrechte schwanden, der Landesherr bestimmte Abgaben erhob und immer schlagfertige Heere hielt, Festun gen baute, das Volk bildete, den Stat schirmte. Der polnische Adel gefiel sich in seiner übelverstandenen Willkür, welche unter Johann 2. Kasimir, 1652, die Verfassung dahin abänderte, daß nun jeder einzelne Landbote auf dem Reichstage durch sein „Nie pozwalam" (,, ich erlaube es nicht"), das ,,Liberum veto" genannt, jeden Beschluss umstoßen und den zum Weltgespötte gevordenen polnischen Reichstag auflösen konnte. „Polen, sagte das Sprichwort, besteht nur in der Verwirrung" 1).

In dringenden Gefahren bildete der Adel eine Konfödera. zion, d. h. einen Bund von unbegränzter Vollmacht, in welchem tie Mehrheit der Stimmen entschied und welcher mit dem Ende der Gefahr auseinander ging. Vom Könige geführt, hätte die Konföderazion Heil gebracht, so wurde sie missbraucht gegen ihn, das Spiel der fremden Mächte. Den richtigsten Blick in den innem Zustand dieses unglücklichen Landes, gewähren des zweimal tom Throne getriebenen Königs Stanislaus Lescinzki Schrift: Die freie Stimme des Bürgers" ") und die Beschreibungen der en Polen ungemein günstigen französischen Schriftsteller 3).

1),, Polonia confusione regitur!"

2),,La voix libre du Citoyen on Observations sur le Gouvernement de Pologne."

3) Claude-Carloman de Rulhière Histoire de l'Anarchie de Pologne et du démembrement de cette République. Suivie des Anecdotes sur la révolution de Russie, en 1762, par le même auteur. Paris 1807. 4 Voll. 8. (vergleiche die Kritik von Dupont de Nemours in den Europäischen Annalen. 1812. Stück 8.9. Als Fortschung diefes wichtigen, aber nur bis 1772 herabgebenden Werkes ist erschienen

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