Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Geschichtsdarstellung und an die offen dargelegten Sonnenflecken in dem Leben unsers Helden und wir wiederholen doch, daß der Stat im Großen und Ganzen, damals sich wohlbefunden und daß er, geachtet von Innen und von Außen, und selbstständig, in seiner Gesammtentwickelung rüstig fortgeschritten sei. Denn Friedrich be herrschte im hohen Alter die Verhältnisse, wie er sie in seiner Jugend als Kronprinz übersehen, in der Fülle der Manneskraft über sie geboten; aber sowie er selbst am leßten Tage seiner Regirung gekleidet war, wie am ersten, sowie seine Lakaien und Jäger in dem halbhundertjährigen Schnitte ihrer Livreen einhergingen, so blieb auch die ganze preußische Armee immer gekleidet, wie sie bei dem Antritte seiner Regirung gekleidet war'): er mochte die Verände rungen nicht. Und, sowie er das Äußere ließ, wie es war; so be hielt auch die ganze militärische Verwaltung, nicht minder als die ganze bürgerliche den alten Karakter bei, in welchem sie sich eben geltend und herrschend gemacht, indess während seiner Regirung Alles um ihn her sich ins Unglaubliche geändert und zu noch Unglaublicherem vorbereitet, da sein siebenjähriger Krieg mit den bei den andern wichtigsten Begebenheiten des 18. Jahrhunderts: der Befreiung Amerika's und der französischen Revoluzion in dem allerengsten Zusammenhange steht. Ist der König tadelnswerth, daß er die Verfassung seines Landes, in der Alles Eine Kette war, nicht

vigilante sur quelques points, y est relâchée et méprisable sur beaucoup d'autres. Elle n'est, en comparaison de celles des Romains, qu'un enchaînement de choses de forme, de demi-moyens, de correctifs, de supplémens vicieux; ces troupes mal-constituées ont eu des guerres heureuses, mais elles doivent ces succès à l'ignorance de leurs ennemis, à l'habileté de leur roi, à une science toute nouvelle de mouvemens, dont il a été le créateur. Qu'après la mort de ce prince, dont le génie seul soutient l'édifice imparfait de sa constitution, il survienne un roi foible et sans talens, on verra dans peu d'années le militaire prussien dégénérer et décheoir; on verra cette puissance éphémère rentrer dans la sphère que ses moyens réels lui assignent, et peut-être payer cher quelques années de gloire." Oeuvres militaires de Guibert. A Paris 1803, T. 1. p. 89-91.

1) Nur eine neue Halsbindefaçon für die Offiziere kommt Urkundenbuch Thl. 4. S. 225. Nr. 42 vor.

selbst noch erneuert in dem Sinne der Ernte, die aus den Saten seines Jahrhunderts reif zu Tage lagen? Wir antworten darauf nur, daß Friedrich, wenn er auch seiner eigenen Politik nichts vergab, doch keinen Strahl der Wahrheit von den Gränzen seines Ge bietes abgewehret, daß er vielmehr aufgemuntert zu freiem Genusse des selbstständigen Glaubens, Forschens und Schauens, ja, daß er in seinen eigenen Schriftwerken Gedanken entwickelt und ohne Hehl ausgesprochen, welche in vielen Ländern als gefährlich noch jezt verfolgt werden dürften; in dem seinigen aber das Volk erzichen halfen, und reif und mündig machen zu einer großen bürgerlichen Reformazion. Das neue Amt des Reformators selbst über sich zu nehmen, dazu war Friedrich, wenn er auch wirklich schon die Zeit erfüllet sahe, zu betagt. Er durfte sein Haupt getrost zur Ruhe legen. Wenn die Sat so wohl, wie durch ihn, bestellet ist; so sendet die Vorsicht auch, früher oder später, immer aber gewiff, die gedeihlichste Erntezeit.

Also, die preußische Armee war, wie sie war, die beste, so lange der alte Zeitgeist allgemein herrschte; als aber in Frankreich, wo nach dem siebenjährigen Kriege der Herzog von Choiseul, und späterhin de Saint-Germain nochmals Friedrich's Heereseinrichtung, Stock und Fuchtel, als wesentliche Verbesserungen aufnahm '), das crste Volksheer in Europa erschien; da traten Friedrich's Schöpfungen, ohne wesentliche Verschlechterung, in Schatten und sie erlebten die, jest vielleicht (in den Wegen der Vorsehung) als ein Glück

[ocr errors]

1) S. oben Bd. 2. S. 331; — v. Behrenhorst Betrachtungen. 2. Abth. 1798. G. 332; Mémoires ou Souvenirs et Anecdotes par M. le Comte de Ségur T. 1. p. 136. 137. 142: „Lorsqu'il parut une ordonnance de M. de Saint-Germain, qui changeait la discipline et infligeait aux soldats français le châtiment des coups de plat de sabre, la cour, la ville et l'armée disputaient avec acharnement pour et contre cette innovation: les uns la vantaient, les autres la blâmaient avec emportement; le bourgeois, le militaire, les abbės, les femmes mêmes, chacun dissertait et controversait sur cet objet. Tous ceux qui s'étaient engoués de la discipline allemande avec tout autant de chaleur qu'ils s'étaient précédemment enthousiasmés pour les modes anglaises, soutenaient qu'avec des coups de plat de sabre notre armée égalerait promptement en perfection celle du grand Frédéric."

Friedr. d. Gr. IV.

22

zu preisende Schmach von 1806, wie das einem jeden Abgestorbenen begegnet. Denn der 14. Oktober jenes Jahres hat eben fogut seine tiefere Bedeutung, als Friedrich's Sieg bei Rossbach und als Friedrich Wilhelms des Dritten Einzug in Paris')!

3. Die bürgerliche Verwaltung.

Es ist oben im Zusammenhange von der innern Verfassung des preußischen Stats die Rede gewesen; darum geben wir jezt, nur der Übersicht wegen, noch einige Nachrichten.

Der von Kurfürst Joachim Friedrich, den 5. Januar 1605 ge stiftete wirkliche Geheime Statsrath in Berlin bestand zu Friedrich's Zeit aus den vier Departements: des Krieges, der auswärtigen Angelegenheiten, der Finanzen, Domänen und Polizei, und der Justiz. Sie vereinigten in sich die Verwaltung aller Landestheile; so jedoch, daß jede Provinz ihre besondere Verfassung hatte.

1) Sowie König Friedrich Wilhelm der Dritte der alleinige Ur beber des Gesezes vom 9. Dkt. 1807 ift '); eben so hat Er eigenhåndig die umfassende Kabinetsordre in Ortelsburg ausgearbeitet '), in deren Verfolg die Reorganisazionskommission unter Scharnhorf's Vorsiße das Weitere besorgte 3). „An den Ufern der Memel und des Pregels wurden die Umrisse gezeichnet, deren kühne Ausführung den preußischen Fahnen den Sieg verlich, fie vor die Thore von Paris führte, die rheinische Mark mit dem preußischen Stat vereinigte, und ihm seine verlorenen älteren Provinzen größtentheils wiedergab").

1) S. oben Bd. 1. S. 438 und Bd. 3. S. 567.

2) Dieses merkwürdige, Ortelsburg den 1. Dez. 1806 erlassene „Publikam dum, wegen verschiedener Missbräuche bei der Armee" findet man in „Die Zeiten oder Archiv für die neueste Statengeschichte und Politik. Heraus: gegeben von Christian Daniel Voß, Prof. zu Halle. Halle 1807. Stück 3. März 1807. S. 465–472. S. 471 heißt es: „So lange der Kries dauert, wird der Unterofficier und Gemeine, wenn er sic durch Gewandtheit und Geißt es gegenwart besonders gut aus zeichnet, fogut Officier, wie der Fürst; nur der, welcher Verbrechen begangen hat, ist vom Officierrange ausger schlossen."

3) S. oben Bd. 3. S. 568.

4) (v. Voyen) Darstellung der Grundfäße der alten und der gegenwärtigen Preuß. Kriegsverfaffung, S. 35.

1

[ocr errors]

Der dirigirende Minister von Schlesien versah die Finanzen, Domänen und die Polizei jener Landschaft für sich. Den ganzen Statsrath leitete der König, weniger persönlich, als durch Kabinetsbescheide, zu welchen aber, in der Regel, erst das Gutachten des Departements gefordert wurde.

Die Provinzialbehörden des Statsraths waren die Krieges. und Domänen-Kammern, welche von dem Generaldirektorium abhingen, und die Regirungen (oder Justizkollegia), welche unter dem Großkanzler standen.

Die auswärtigen Angelegenheiten und das Kriegesdepartement konnten, ihrer Natur nach, nicht provinzenweise verwaltet werden; I auch hat der König nie einen eigentlichen Kriegesminister gehakt. - Das Kabinetsministerium aber, wie das Departement der auswärtigen Angelegenheiten seit Friedrichs des Zweiten Zeiten gewöhnlich hieß, sonderte dieser König noch schärfer von den übrigen Ministerien ab; denn er ließ nur solche politische Gegenstände in den Statsrath gelangen, welche auf die Landesverwaltung näheren Bezug hatten.

In alten Zeiten verwalteten die Rentkammern das herrschaftliche Vermögen. Als aber das Steuerwesen (für das Militär) nicht mehr jährlich von den Ständen bewilligt wurde; so besorgten auch dies die Rentkammern. Der große Kurfürst aber bildete die Verwaltung bedeutend weiter aus, indem Heer und Akzise ein ganz neues Kollegium, das Kriegeskommissariat veranlassten, während die Amts- und Finanz- Kammern die Einkünfte von den Ämtern und die Steuern für den Ziviletat verwalteten. Friedrich der Dritte errichtete den 12. Jun 1699, um die Domänen ergiebiger zu ma chen, das Domänendirektorium. Damit waren alle Keime zu der Ver waltung eines States gegeben, der auf Ökonomie und stehendem Heere ruhen sollte. Friedrich Wilhelm der Erste, welcher seinem großen Sohne die Stätte bereitete, baute auf der Bahn seiner Vorgänger umsichtig weiter. Ohne Geld konnte er die Armee nicht nach Wunsche gestalten. Darum ließ er sich die Haus- und Statswirthschaft so sehr am Herzen liegen, daß er, der doch wahrlich die Wissenschaften nicht begünstigte, in Halle den ersten europäischen Lehrstuhl für die Statswirthschaft stiftete und mit Simon Peter Gaffer beseßte. Er auch schuf aus dem vorhandenen Generalfinanz

direktorium und aus dem Kriegeskommissariat das Generaldirek torium, welches seit dem 8. Jun 1723 aus der Königlichen Küche gespeist wurde, wenn die Geschäfte sich bis um 1 Uhr Mittags aus. dehnten, damit Alles abgearbeitet werden könnte. Friedrich hob diese kollegialischen Speisungen auf. Er war überhaupt kein Freund von langen Sizungen und sagte einmal: „Wenn Arbeiter fleißig sind, können sie ihre Arbeiten des Morgens in kurrenten Sachen in drei Stunden verrichten; wenn sie sich aber Historien erzählen, oder Zeitungen lesen, so ist der ganze Tag nicht lang genug“ 1).

Unter den Provinzialbehörden wirkten in den Kreisen, als Organe der Regirungen die Untergerichte; als Organe der Kammern die Krieges- und Steuerräthe in den Städten, die Landräthe auf dem platten Lande. Die steuerräthlichen Inspekzionen und die landräthlichen Kreise findet man in Büsching's und in Leonhardi's geographischen Werken aufgezählt. Wie der König bei der Erwerbung von Westpreußen das Ermeland an Ostpreußen gegen den Marienwerderschen Kreis vertauscht 2); eben so ordnete er in demselben Jahre (1772) den westlichen Theil des Zaucheschen Kreises, unter dem Namen des Ziesarschen Kreises, unter die Verwaltung der Magdeburgischen Landeskollegien, wofür er den Luckenwaldeschen Kreis der Kurmark zulegte 3). Lauenburg und Bütow wurden im Kammerwesen zu Hinterpommern, im Justigwesen zu Westpreu

1) Klaproth und Cosmar Der Königl. Preußische und Churfürstl. Brandenburgische Wirkliche Geheime Stats-Rath. Berlin 1805. S. 211. 2) S. oben S. 58, 60.

3) Diez Archiv Magdeburgischer Rechte. Magdeburg 1781. Theil 1. S. 74; die darüber sprechenden Urkunden, namentlich die Kabinetsordre vom 18. und das Reskript vom 22. Sept. 1772 stehen in den Beilagen von S. 171 an. Vom Zaucheschen Kreise wurde derjenige Theil, welcher jenseits der sogenannten Bache bei dem sächsischen Dorfe Briesen, Grdningen und Wollin mit eingeschlossen, bis an die Bukau diegt, fiatt des Luckenwaldeschen Kreises, zum Herzogthum Magdeburg verlegt, weil beide Kreise dadurch den Landeskollegien näher gebracht wurden, mithin besser unter Aufsicht gehalten werden konnten. Ge nauere Nachricht von der bei diesem Tausche getroffenen Einrichtung findet man in Büsching's Vollständiger Topographie der Mart Brandenburg. S. 332.

« ZurückWeiter »