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Über den Offizier, als adligen und wissenschaftlich gebildeten Mann ist oben die Rede gewesen. Er war fastenmäßig vom Bür gerstande geschieden, sowie er auch dem Soldaten als ein Wesen ganz eigener Art gegenüber stand. Nimmt man noch dazu, daß im Großen und Ganzen das Cälibat in dem Offizierkorps herrschte; so kann man sich den Offiziergeist in Krieges- und Friedenszeiten leicht vorstellen. Sollte man auch nicht von selbst zu der Wahrheit kommen, daß der durchaus auf sich und auf seines Gleichen, besonders in kleineren Garnisonen beschränkte Offizier einen Zeitvertreib werde gesucht haben, der wenig erbaulich sein konnte; so würde man durch die Reglements, Patente und ähnliche Königliche Erlasse darauf hin

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regimenter zu Fuß, 3 Regimenter oder Corps' Feldartillerie und Pioniers, 18 Garnison-Regimenter oder Corps' zu Fuß, 3 besondere Corps› Cadets, Jäger zu Fuß, Garnisonartillerie, 5 vormals sächsische Regimenter, 12 Freibataillons, 13 Regimenter Kürassiers, 12 Regimenter Dragoner, 10 Regimenter Husaren, 4 Kompagnien Jäger zu Pferde, 6 Grenadierbataillons: an Fußvolk, 173 Bataillons und 154 Grenadierkompagnien betragen 169,954 Mann; an Reiterei, 228 Eskadrons betragen 38,562 Mann; zusammen 208,516 Mann. Diese Accurate Vorstellung der sämmtlichen K. Pr. Armee mit illuminirten Kuvfern nebst einer kurzgefassten Geschichte aller K. Pr. Regimenter ist auch noch Nürnberg 1783. 8. 2 Fl. 30 Xr. wieder erschieJob. Friedr. S. (Seyfart) Kurzgefasste Geschichte aller K. Pr. Regimenter, welche bei dieser dritten Auflage bis in den Mai 1762 fortgeseht worden. Nürnberg, in der Raspischen Handlung. 1762. 130 S. gr. 8. mit einer Generalliste der sämmtlichen Pr. Armeen im J. 1760. Instanzien - Nachricht des Pr. Militär- Etats auf das J. 1786. Frankf. u. Lpz. (d. h. Breslau bei Meyer) 4 Gr.; ist nur dieses eine Mal erschienen; in 11 Abschnitte getheilt; s. v. Massenbach's Militärische Monatsschrift. 1786. Bd. 3. S. 123. Zuwand der K.Pr. Armee im J. 1787 und kurzgefasste Geschichte dieses Heeres von seiner Stiftung an bis auf die jeßigen Zeiten. Breslau bei Meyer, 252 S. 8. 12 Gr. Dieser Almanach wurde 1778 bis 1789, Anfangs ohne Nennung des Druckortes und des Verf. (Kammerfect. Streit in Breslau), ohne Königl. Genehmigung, mit lat. Lettern gedruckt. Nachher nannte sich der Verleger; aber das Privileg der Himburgischen Stamm- und Rangliste nahm seit 1789 den Absah an fich. Die Himburgsche,,Kurzgefasste Stamm und Rangliste aller Regimenter der K. Pr. Armee von deren Stiftung bis Ende 1783" erschien zuerst 1784, auf die in einem merkwürdigen Kabinetsschreiben dem Buchhändler Christian Friedrich Himburg ertheilte Erlaubniss.

getrieben, zu bemerken, daß der Becher und die Spielkarte, das Schuldenmachen und viele Rencontres und Duelle in der Armee müssen vorgekommen sein. Über die Völlerei haben wir schon oben eine klassische Kabinetsördre an den ruhmvollen Kommandör des vor. trefflichen Dragonerregiments Baireuth mitgetheilt. Das Spiel wurde wiederholentlich „bei Ehre und Reputation“ vom Könige verboten; Offiziere, welche spielten, sollten beim Avancement zurückgesezt werden; — auf das Patent vom 6. April 1726 und dessen Deklarazion vom 31. Dez. 1728 bezog sich das,, Erneuerte und erläuterte Patent zu Verhütung der Schulden bei den Capitains und subalternen Officiers, auch Unterofficiers und gemeinen Soldaten, Berlin, den 7. April 1744 '); worauf den 4. Jul 1746 das ge schärfte Patent wider die unerlaubten Schulden derer Officiers folgte 2).

Über die Duelle blieb die Gesetzgebung mit Absicht zweideutig. So heißt es in dem Dragonerreglement Thl. 9, Titul 7, Articul 9: Wann ein Officier eine Lacheté begehet, oder auf sich was fizen hat, und nicht ein braver Kerl ist; Alsdann der Obriste solches melden soll, und Se. K. M. wollen einen solchen Officier cassiren; Dieserwegen aber das Duell - Edict 3) nicht aufgehoben werden soll; sondern S. K. M. confirmiren es in diesem neuen Reglement, und weisen die Kriegesgerichte aufs Neue darauf an.“

1) Mylius C. C. M. Cont. 2. Nr. 12. p. 181.

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2) Mylius C. C. M. Cont. 3. Nr. 14. p. 75. Umständlich handelt über dies sen Gegenstand das Königl. Preuß. Kriegesrecht oder Vollständiger Inbegriff aller derjenigen publicirten Gefeße, Observanzen und Ge= wohnheiten, welche bei der K. Pr. Armee zu beobachten sind. Von dem Auditör Georg Friedrich Müller. Berlin bei Haude und Spener 1760. 8. 812 S. Legt und 263 S. Beilagen. S. 441-454. 3) Erlassen den 6. August 1688 (Mylius C. C. M. Thl. 2. und erläutert den 28. Jun 1713 (a. a. D. Nr. 27). vom 17. Sept. 1652 findet man im Mylius a. a. D. dem Corpus Juris Militaris Novissimum, oder Neuestes Kriegesrecht 2c. Leipzig bei Fritsch, 1724. gr. 4. S. 461 (In diesen schäßba= ren Sammlungen stehen einige wichtige Verordnungen, welche im Mylius fehlen, z. B. die vortreffliche Kriegsgerichtsordnung Kdnig Friedrich's des Ersten" vom J. 1712 (S. 523-552) und die dazu gehörige „Auditeur-Jußtruction" vom J. 1712 (S. 552-566).

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Abth. 3. Nr. 14)
Das Duelledikt
Nr. 8; auch in

In dem, 1784 erschienenen Entwurfe eines Gesetzbuchs für die preußischen Staten wurde, zur Vermeidung der Duelle, die Einführung von Ehrengerichten vorgeschlagen; aber, das Allge. meine Landrecht hat dieselben nicht beliebt, sondern die Duelle der Adligen und der Militärs mit den schärfsten Strafen belegt, während es die Herausforderung der Bürgerlichen gradezu als einen Versuch zum Morde ansieht ').

Der mildere Geist, welcher hier den Entwurf des Geseßbu. ches von 1784 bezeichnet, ist ein Wiederschein dessen, was Friedrich als Dichter und als Philosoph über den Zweikampf ausgesprochen. In seiner Abhandlung über die Gründe, Geseße einzuführen oder abzuschaffen, spricht der König umständlich über die Duelle von dem rechtlichen Standpunkte aus 2). In der Epistel an den General von Still aber,,Sur l'emploi du courage et sur le vrai point d'honneur" singt der Dichter:

,,Ah! qu'avide de sang l'implacable vautour
Tombe sur la colombe ou sur la tourterelle,
En déchirant leur sein de sa serre cruelle,
Disperse dans les bois leurs membres palpitans,
Tous les vautours sont nés pour être des tyrans:
Mais vous, ô Prussiens! vous êtes tous des freres,
Respectez vos foyers, vos pénates, vos peres,
Ces intérêts sacrés qui sont communs à tous;
Arrêtez vos fureurs et suspendez vos coups;
Cette terre, inhumains, qui vous sert de patrie,
Se voit avec horreur de votre sang rougie" 3).

Der gemeine Mann konnte, bei seiner Zusammenseßung aus der ganzen Welt und aus der Hefe des Landes, keinen erfreulichen Anblick gewähren. Furcht vor zum Theil grausamen Strafen sollte

1) Allgem. Landrecht. Thl. 2. Tit. 20. §. 686. 689. Die K.-D. v. 29. Fe bruar 1780 an das Ober- Collegium - Medicum verpflichtete alle Ärzte, von jedem Duell, wovon sie bei Ausübung ihrer Praxis Kenntniss erhalten, der Obrigkeit Anzeige zu thun (Mylius N. C. C. M. Bd. 6. p. 1914. Nr. 8). Diese Verordnung ist durch K.-D. v. 28. April 1803 an den Großk. v. Goldbeck aufgehoben worden.

2) Oeuvres de Fréderic publiées du vivant de l'Auteur. T. 2. p. 208. 209. 3) a. a. D. T.4. p. 103.

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die frechen Übelthäter bändigen. Das führte den Offizier zur schauderhaften Rohheit, den sittenlosen Soldaten zu der schlauesten Ver. schmißtheit. Beides musste auf die guten Landeskinder einen sehr üblen Eindruck machen und konnte selbst für die übrige Masse des Volks nicht ohne nachtheilige Folgen bleiben. Die feinfühlenderen Seelen wurden durch die gehäuften Spießruthen, Stockprügel und andere Züchtigungen im tiefsten Innern verwundet.

Wir wissen es wohl, daß nicht nur die orientalischen Völker des Alterthums: Ägypter, Juden, Assyrer, Meder und Perser ihre Soldaten körperlich abstraften, sondern daß selbst die Griechen und Römer durch Xylokopia und Fustuarium, d. h. durch den Knüttel die militärische Disziplin erhielten; aber, wir wissen auch, daß die alten Germanen hierin höher standen und daß uns erst die Söldnerheere Stock, Spießruthen- und Steigriemenlaufen'), Fuchtel, Stripse, Lashes und wie die kriegerischen Ehrtriebe weiter heißen, gebracht haben. Auch freut sich Preußen, daß die Schlacht von Jena diese Schande nun davon genommen 2), während andere Armeen dem Alten getreu geblieben.

1) Nach der K.- O. v. 28. Sept. 1752 sollte bei der Kavallerie nicht mehr auf Steig-Riemen, sondern wie bei der Infanterie auf Spießruthen erkannt werden. Müllers Königl. Pr. Kriegesrecht. S. 739. Über leichtere Strafen in der preuß. Armee: am Pfahle stehen, auf dem Esel sihen, Holz tragen, krumm geschlossen werden, s. Kriegesdienst- Reglement für die Infanterie vom J. 1743. Thl. 9. Lit. 6. Art. 19. p. 340.

2) Fürft Blücher v. Walßtatt duldete seit 1794 schon bei seinem Regis mente nicht, daß ein Unteroffizier einen Stock führte, aus Besorgniss, der Husar könnte doch einmal dadurch betroffen werden. Und so wie dieser Menschenfreund auch in diesem Stücke vorwärts ging; so werden es auch viele Andere schon vor 1806 gethan haben. Wie Gneisenau der besseren Gesetzgebung voraufgegangen, beweist sein Schreiben an den König, vom Frühjahr 1803, über die Einfübrung der Pestalozzischen Lehrmethode ), und seine klassische Abhandlung Freiheit der Rüden" vom 9. Jul 1808 2).

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1) Bürgerblatt für Ofts und Westpreußen. 1809. 1. Jahrg. 3. Quartal, Nr. 3.

2) Der Volksfreund. Eine Wochenschrift zur Erholung, Belehrung und Vers besserung des Zustandes des Volks. Königsberg in der Degenschen Buch: druckerei 1808. Nr. 6.

In Friedrich's Zeit galt durchaus Schiller's Wachtmeister

sentenz:

,,Alles Weltregiment, muss er wissen,

Von dem Stock hat ausgehen müssen.“

Davon zeugen namentlich die, den 14. Jun 1749 ') von „Sr. K. M. in Preußen 2c. allergnädigst neu approbirten Kriegesartikel für die Unteroffiziere und gemeine Soldaten, sowohl von der Infan☛ terie, als auch Kavallerie, Dragoner und Artillerie" "). Selbst in Potsdam übte dieser, aus des alten Dessauers Schule übrig gebliebene Geist der Härte seine schnöde Herrschaft so, daß die neue Königinn Gemalinn Friedrich Wilhelm's des Zweiten, als sie die Kondolenzen und Gratulazionen in Potsdam aunahm, zu dem Ma. jor v. Kuniski, dem eben ernannten Kommandör des Ersten Ba taillons Königlicher Leibgarde sagte: „das Bataillon hat in keine `bessere Hände gerathen können, als in die Ihrigen; Ich wünsche,

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1) S. Urkundenbuch Thl. 1. S. 146. Nr. 378. 2) Mylius C. C. M. Cont. 4. Nr. 64. p. 155. Der große Kurfürßt verordnet, Potsdam, den 29. Januar 1688: Es ist bey unserer Milice (wie wir vernehmen) oftmalen bishero geschehen, daß die Soldaten oder gemeine Knechte, wann sie excediret oder sich vergriffen, alsofort zwischen die piquen geführet, und von denen Unterofficierern mit Stockschlägen und Prügeln gar übel zugerichtet werden. Ob uns nun zwar eben nicht bekannt, daß solches bei deinem Regiment geschehen; so haben wir doch dir hiermit bekannt machen wollen, daß wir dergleichen rigueur nicht billigen, und befehlen demnach dir hiermit in Gnaden, dahin zu sehen, daß solches bei dem Regimente hinführo abgeftellet, und jedermånniglich dahin angewiesen werde, sich dessen binführo bey Vermeidung anderer Verordnung zu enthalten. Daran ze.“ Mylius C. C. M. Thl. 3. Abth. 1. Nr. 57; Corpus Juris Militaris Novissimum. p. 497. Ein besonderer Abdruck aller brandenburgisch preußischen Kriegesartikel, von den ältesten, am 15. Januar 1656 1), vor unserm ersten epoche machenden Siege (bei Warschau) an bis auf die an des Königs Geburtstage 1808 an der Schwelle einer neuen Epoche bekannt gemachten, wäre ein willkommener Beitrag zur Karakteristik unsers, nun schon durch drei glänzende Perioden unßterblichen Heeres.

1) Mylius C. C. M. Thl. 3. Abth, 1. Nr. 25.

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