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angethan. Er lag in einer, mit einem schwarzen Teppiche bedeck. ten Feldbettstelle, als die Offiziere der Garnison, welche um 11 Uhr zur Parole nach Sans-Souci beschieden waren, die Erlaubniss erhielten, in das Trauerzimmer einzutreten. Sie vergoffen tausend, tausend Thränen, als sie ihren Herrn so vor sich sahen. Schmerz lich rührend war die Wehmuth in dem Blicke und der Gebärde dieser Krieger, welche, als in Noth und Tod bewährte Söhne ihrem Bater Kindesthränen weinten und als Familie ihn umstanden, wie er oftmals fie in Stunden der Gefahr als heilige Schar erkannt. In gleicher Stimmung weilten unter ihnen des neuen Königs Söhne, der Kronprinz Friedrich Wilhelm und Prinz Ludwig ') mit Gedanken, wie die Bahre eines solchen Fürsten geben muss.

Abends acht Uhr wurde der König von zwölf Unteroffizieren des Ersten Bataillons Garde in den Sarg gelegt und auf einem achtspännigen Leichenwagen nach dem Schlosse in der Stadt gebracht. Vorauf ritt der Adjutant vom ersten Bataillon Garde; zu beiden Seiten des Wagens gingen die zwölf Unteroffiziere; nachfolgten nur drei Wagen, in welchen die Generale v. Rohdich und Graf Schwerin, die beiden Ärzte Frese und Engel, die beiden Kammerhusaren Neumann und Schöning saßen. Der stille Zug ging zum Brandenburger Thore hinein, wo sich viele Offiziere anschlossen, die, in Ehrfurcht und Liebe sich hier versammelt hatten und dem großen Todten mit gesenktem Blicke das Geleite gaben 2).

Alle Straßen von Potsdam waren mit Menschenhaufen über. füllt. Aber, wie noch lebende Augenzeugen sich erinnern, daß, so oft der König lebend von dem Schloffe zu Berlin unter die unsäg. liche Einwohnerzahl wie ein Heiliger getreten, vor seinem Anblick Aller Athem stockte und Tempelstille herrschte; so lag als er

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Stunden nach seinem Tode abgedruckt. Dieselbe war von Napoleon mit nach Paris genommen worden und befindet sich nun wieder auf der Kunstkammer, wo sie auch früher wär. Wir haben 1829 in dem Nachlasse des Dr. Heinrich Meyer in Berlin einen, auch von Edstein herrührenden Wachsabgusf von Friedrichs Todtenmaske, ein in aller Art einziges Bild dieses Königs gesehen, wissen aber nicht, wer fie auf der Aufzion erstanden.

1) v. Massenbach a. a. D. S. 10. 2) v. Massenbach a. g. Ô. S. 12,

jezt zur Todtenwohnung einzog, Ruhe der Mitternacht auf seinem Volke; nur hie und da ein schwerverhaltenes Schluchzen und der Seufzer: „Ach, der gute König!"

An demselben Eingange des Schlosses, auf der Mittagsseite, von welchem aus der Selige am 17. April nach Sans Souci ab. gegangen war, wurde er jest von vier Obersten') empfangen und in dem Audienz Zimmer die Nacht hindurch bewacht. Am andern Tage stand er von Morgens 8 Uhr an unter dem daselbst befindlichen Baldachin in Parade, einfach, ganz wie im Leben bei festlicher Gelegenheit angethan; das dünne eisgraue Har etwas gepudert und in kunstlose Locken gelegt. Ruhig sinnender Ernst sprach aus den erbleichten Zügen des Gesichtes. Krückstock, Degen und Scherpe lagen über Kreuz auf einem Taburete neben ihm ). So war er

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1) v. Borch, v. Hahnefeldt, Graf Pinto, v. Rider; s. Kletschke a. a. D. S. 21.

2) Alle drei lagen auch auf dem Leichenwagen beim Begräbnisse. Der Krückstock findet sich jeht in der Kunsikammer zu Berlin 1), eben so eine von seinen Scherpen 2) und der Degen, welchen Friedrich in den Feldzügen und im Frieden getragen. Über diesen Degen ist viel Streit gewesen. Napoleon hat ihn, nach dem 18. Bulletin, sammt Scherpe, Ringkragen und Schwarzen - Adlerorden, am 24. Okt. 1806, in den Zimmern von Sans Souci gefunden und dem Invalidenhause in Paris geschenkt 3), wo er vom Gewölbe des Doms der Invaliden

1) E. oben Bd. 1. S. 388.

2) Gleim bekam vom Herzog Friedrich August von Braunschweig den 25. Aug. 1786 den Hut, welchen der König in seiner lezten Lebenszeit und noch den Morgen vor seinem Ende auf seinem Haupte getragen. Eben so bes kam Gleim 1787 durch den ehemaligen Geh.: Kämmerier Gericke dieje nige Scherve, welche Friedrich den fiebenjährigen Krieg hindurch getras gen hatte und welche derselbe in der Garderobe aufzuheben befohlen. Kös nig Fr. W. 2. schenkte diese Echerpe den Kammerleuten und Gleim ließ Ringe zum Andenken für seine Freunde daraus verfertigen; s. Körte in Gleim's Leben. S. 233. 236.

3) Potsdam war unberührt geblieben; der Hof hatte sich in solcher Eile ges Alüchtet, daß nichts fortgebracht worden war. Es fand sich daselbst der Degen des großen Friedrich, seine Feldbinde und sein Ordensband. Navo leon nimmt das Alles an sich. Dies sind Tropaen, spricht er, die ich allen Schagen des Königs von Preußen vorziche. Ich will fie an meine alten Soldaten von den Feldzügen in Hannover senden, will sie dem Gous vernör der Invaliden geben, der sie als ein Zeichen der Siege der großen Armee und der Rache aufbewahren wird, die sie wegen der unglücklichen Schlacht bei Rossbach genommen hat."" Mémoires du Général Rapp,

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den ganzen Tag zu sehen. Tausende waren, auf die Trauerkunde, vom Lande, von den kleinen Städten, aus Berlin herbeigeströmt, um den einzigen Landesvater Einmal noch im Sarge zu betrachten. Es war ein rührender Anblick, die Hülle des Geistes zu sehen, deffen Thaten ewig in der Weltgeschichte leben werden, und welche eher den Gebeinen eines Kindes, als denen eines Mannes ähnlich war; nur das Angesicht bewahrte das leßte augenscheinliche Bild von seiner Größe. Bei dem Anblicke des übrigen trauete man sei uen Augen nicht, daß diese Handvoll Knochen solcher wunderbaren Kraft zum Wohnplah habe dienen können ').

Wahre Trauer füllte alle Herzen; und, wenn auch der Ein zelne hie und da Missvergnügen empfunden, wenn auch manches Unbequeme in der Verwaltung gefühlt wurde: jeßt durchbebte das ganze Volk der entseßliche Schlag eines solchen Verlustes. Ein König war gestorben, der, was er auch Menschliches an sich trug, weit, weit hervorragte über die gewöhnlichen gekrönten Häupter, der, grade so lange, wie sein großer Geistesverwandter, Karl der Große, 46 Jahre am Ruder gesessen, mit einer Kraft, mit einem Blicke,

herabhangend aufbewahrt wurde. Da machte der G.- M. v. Hinrichs, von Halle aus, im Julihefte des politischen Journals von 1807 und in v. Archenholz' Minerva, August 1807 bekannt, daß Friedrich's Degen nicht im Hôtel des Invalides zu Paris sei; der Oberst und Kommander des v. Robdichschen Gardegrenadierbataillons v. Hahnefeldt habe, als er bei des Königs Paradesarge die Wache gehabt, seinen Degen an die Stelle des von Friedrich gelegt und diesen genommen: die Witwe des in Schlesien verstorbenen G.-L. v. Hahnefeldt ließ durch den Gouvernementsauditdr Wischke in Neiße (Polit. Journal II. S. 855) erwidern, daß des Gen. v. Hinrich Äußerung falsch sei. 1814 hieß es, Friedrich's Degen habe sich in Paris nicht gefunden; aber er ist wirklich zurückgebracht worden und 1815 hat Blůcher Napoleon's, bei Genappe erbeuteten Degen dem Kadettenkorps in Berlin geschenkt.

1) Nähere Beleuchtung der Lebensgeschichte des Freih, v. d. Trenck. Laue fanne 1788. S. 28.

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Aide de Camp de Napoleon. Edition originale. Paris 1823. p. 73.
Beilage 16. Nach der Bossischen Zeitung. Berlin 1824 Nr. 189
hat Napoleon auch eine Klingel, von dem Tische des großen Königs in Sans,
Souci mitgenommen und in seinem Testamente wie die Weckeruhr, feinem
Sohne vermacht.

Friedr. d. Gr. IV.

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mit einem Willen, wie, solange die Geschichte denkt, wenigen Sterblichen eigen waren. Friedrich war nicht mehr, welcher die Zierde und der Stolz, der Vater und Erzieher, der wohlthätige Freund und Genius seines Volks gewesen: das wusste selbst der Einfäl tigste, das fühlte selbst der Stumpfsinnigste wohl. In diesem Sinne hatte Preußen eine wahre Landestrauer.

Friedrich hatte schon in der Heiterkeit der frischen Lebenskraft an seine Gruft gedacht und auf den Höhen von Sans Souci, wo man von der Südostseite des Schlosses sich der schönsten Aussicht freut, bestattet werden wollen '), auch in seinem letzten Willen so verordnet 2). Aber die Gruft auf den Terrassen schien nicht ganz würdig zu sein und der neue König wählte dafür den Plah neben Friedrich Wilhelms des Ersten Ruhestätte unter der Kanzel in der Garnisonkirche zu Potsdam. Dahin sette sich der Zug den 18. Abends 8 Uhr in Bewegung, begleitet von den Generalen und Of fizieren, von dem Magistrate der Stadt und von des verstorbenen Königs Hofstat. Zwei Prediger gingen der Leiche entgegen und begleiteten sie, indem die Orgel: „Dein sind wir, Gott, in Ewig. keit" mit gedämpften Tönen spielte, bis zum Eingang des Ge wölbes *).

1) S. oben Bd. 1. S. 414.

2),, J'ai vecû en Philosophe, et je veux être enterré comme tel, sans appareil, sans faste, sans Pompe, je ne veux être, ni dissequé, ni embaumé, qu'on m'enterre à Sanssouci au haut des Terrasses, dans une sepulture, que je me suis fait préparer. Le Prince de Nassan Morice a été inhumé de même dans un Bois proche de Cleves." (Johann Moris Fürst von Nassau-Siegen verwaltete als brandenb. Statthalter die Proving Cleve, machte, um die Hauptstadt Cleve herum viele Verschönerungen an Gartenanlagen; das eine halbe Stunde davon entfernte sogenannte „Berg und Thal“ richtete er nicht nur zu seinem Vergnügen, sondern auch zu seiner Grabessätte ein. Er starb 1679; sein Leichnam wurde hier zwar beigesett; aber bald darauf nach Siegen gebracht).

3) Die umständliche Beschreibung s. bei Kletschke a. a. D. S. 26-29. Es hat jemand folgende Bildnissunterschrift auf den König gemacht: Hic cujus laus maxima Fridericus II. Borussorum rex, armis Caesar, pace Augustus, in republica gerenda Vespasianus, philosophia Marcus, vita Antoninus, regum exemplum, sine exemplo maximus."

دو

Der üblichen Gedächtnisspredigt wurde in der ganzen Monarchie die Stelle aus 1. Chronikon 18, 8 zum Grunde gelegt: „Ich habe Dir einen Namen gemacht, wie die Großen auf Er. den Namen haben" '). Das feierliche Leichenbegängniss fand den 9. September 2) in der Garnisonkirche zu Potsdam statt, wobei un ter Flöten und Saitenspiel eine lateinische Trauerkantate vom Marquis Lucchesini, von Neichardt in Musik gesezt, gesungen wurde. Es wurde dieses Ehrenfest grade so eingerichtet, wie es bei Friedrich Wilhelms des Ersten Tode war gehalten worden 3).

Wie Preußen um seinen Landesvater, so trauerte die Welt um ihren Helden. „Wir wissen, sagt Johannes v. Müller, aus mehreren Provinzen, Republiken und Königreichen, daß, als die so oft fälschlich ausgebreitete Nachricht nun gewiss wurde, von den Thronen bis in die Hütten, von den grauen Zeitgenossen seiner er

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1) Eine,,Anzeige der durch den Lod Friedrichs des Zweiten, K. v. Pr. veranlassten Schriften" findet man in der Allgemeinen Deutschen Bibliothek. Berlin bei Nicolai 1788. Bd. 80. Stů 1. S. 258–283 und zwar 1) Profaische Schriften, 2) (68) Poesien. Unter den vielen Leichenpredigten ist die von Niemeyer in Halle bei Weitem die vorzüglichste. Der Oberkonsistorialrath Sack in Berlin hatte den Auftrag bekommen, eine Notifikazion aufzusehen, welche gedruckt im ganzen Lande von den Kanzeln abgelesen, und wodurch Friedrich's Tod sowohl, als auch der neue Regirungsantritt den Gemeinden bekannt gemacht werden sollte. Die Todesnachricht, welche die Berliner Zeitung Sonnabend den 19. enthielt, hatte der Minister v. Herzberg abgefasst.

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2) Die Kaufmannschaft in Breslau hielt am 9. Sept. 1786 ihre Gewilber und Läden verschlossen und versammelte sich in dem großen Sale ihres Zwingerhauses zu einer feierlichen Rede, welchen die Generale und Minister, sammt vielen Standespersonen beiwohnten; s. Rede, welche am Tage des folennen Leichenbegångnisses des hochseligen Kdnig Friedrichs II. in der Versammlung der Breslauischen Kaufmannschaft gehalten worden, von dem Hof- und Kriminalrath Berger, als Syndikus der Kaufmannschaft." Breslau, den 9. Sept. 1786. 15 S. 8. S. 2.

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3) Mylius N. C. C. M. Bd. 8. Nr. 50. S. 141.. Reglement zu dem Leichenbegångnisse Sr. Höchstseligen Majestät Friedrichs des Zweiten K. v. Pr., so zu Potsdam gehalten werden soll. Gegeben zu Berlin, den 3. Sept. 1786. 3 Bogen Folio.

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