Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

1

[ocr errors]

Der Minister v. Herzberg, welchen Friedrich den 9. Jul rufen ließ, und welcher die leßten fünf Wochen in Sans Souci blieb, sagt'), er könne mit den gewöhnlichen Gesellschaftern des Königs, dem Marquis Lucchesini, General Grafen Görz, General und Oberstallmeister Grafen Schwerin, Oberst Grafen Pinto, die sie ihn damals täglich drei bis vier Stunden sahen, bezeugen, daß Friedrich, obgleich so geschwollen und von der Wassersucht angegriffen, daß er sich nicht allein aus seinem Stuhle bewegen konnte, worin er Tag und Nächte zubrachte, ohne die Bequemlichkeiten eines Bettes ertragen zu können; und obgleich er sichtbar ganz außerordentlich litt, daß er dennoch nie das geringste Zeichen von Schmerz oder Unbehaglichkeit blicken ließ, sondern immer seine heitere, zufriedene und ruhige Mine behielt, und, ohne je von seinem Zustande oder vom Tode zu reden, sie, die Gesellschafter immer auf das Ange nehmste und Vertraulichste über die Zeitläufte, die Literatur, die alte und neue Geschichte, und vorzüglich über den Landbau und die Kultur der Gärten, welche er noch immer anlegen ließ 2), unterhielt. Sein beständiger und täglicher Lebenslauf war dieser: daß, nachdem

-

1) Historische Nachricht von dem lehten Lebensjahre, in den Huit Dissertations que Mr. le Comte de Hertzberg a lues dans les assemblées publiques de l'Académie Royale des Sciences, tenues pour l'anniversaire du Roi Frédéric II. dans les années 1780-1787. Berlin 1787. gr. S. p. 278.

2) Als der König sich in den letten Monaten seines Lebens am frischen Obste erquickte, so fiel es ihm ein, in der Gegend des Neuen - Palais' noch sieben Talut- Mauern aufführen und an dieselben die besten Arten von Pfirsichen, Pflaumen und Kirschen pflanzen zu lassen. Er ließ zu dem Ende den Hofgårtner Eckstein rufen, um sich mit ihm wegen der Länder, aus welchen er die Obstbäume wollte kommen Lassen, zu besprechen. Als der Gärtner in das Krankenzimmer trat, hatte der König schon eine ganze Menge Bäume aufschreiben und bestimmen lassen, woher sie kommen sollten. Er ließ dieses Verzeichnisĩ dem Eckstein vorlesen und fragte, ob es so gut wäre? Der aber hatte bei der Wahl allerlei auszuseßen. Friedrich ließ also Alles nach des Gårtners Gutachten umåndern und bat ihn dann, ja Alles recht gut und bald zu besorgen. Kletschke a. a. D. S. 94. 95.

1) Durch seine Gesandtschaft in Konstantinopel ließ sich der König häufig Orans gen und Feigenbäume, auch Weinstöcke aus der Türkei kommen.

er Abends und Morgens die Depeschen seiner Gesandten, und die militärischen und Zivil-Berichte seiner Generale und Minister gelesen hatte, er des Morgens um 4 oder 5 Uhr, nach der Menge der Geschäfte, seine drei Kabinetsräthe einen nach dem andern zu sich hereinkommen ließ '), und dem Einen die Antworten (welche er nachher dem Minister v. Herzberg zustellen ließ) auf die Depeschen jedes seiner Gesandten diktirte, den beiden Andern aber die Befehle und Antworten an die Statsminister und Generale, über Krieges-, Finanz- oder Justiz-Sachen, wie auch die Antworten auf die unendliche Menge Briefe und Bittschriften von Privatpersonen, und alles dies, wie der Minister v. Herzberg sagt, mit einer solchen Genauigkeit und Ordnung, daß die Kabinetsräthe nur die Titel, Formalitäten und Datum hinzuzuseßen hatten. Wenn dies Ge schäft um sieben oder acht Uhr geendigt war, ließ er den Kommandanten von Potsdam, den G.-L. v. Rohdich hereinkommen, und nach ihm seine Adjutanten, um ihnen die militärischen Befehle und was die Garnison jeden Tag thun sollte, mündlich vorzuschreiben 2).

Erst nachdem er so seine königlichen Pflichten erfüllt hatte, sah er auf einige Augenblicke den Wundarzt, und zuweilen einen Arzt, um das Nöthigste für seinen Zustand zu besorgen.

Um 11 Uhr ließ er seine fünf Gesellschafter kommen und. urterhielt sich mit ihnen bis es Zwölf schlug, wo er sie entließ und sein Mittagsessen allein einnahm, welchem er wie den übrigen Dingen, dieselbe Aufmerksamkeit bis ans Ende widmete 3).

[ocr errors]

1) Statt daß seine Kabinetsråthe sonst des Morgens um 6 oder 7 Uhr zu ihm kamen, verlangte er sie jeht immer des Morgens um 4 Uhr. "Mein Zustand (dies waren die ewig denkwürdigen Worte, mit welchen der König ihnen diese Neuerung ankündigte) nöthiget mich, Ihnen diese Mühe zu machen, die für Sie nicht lange dauern wird. Mein Leben ist auf der Neige; die Zeit, die ich noch babe, muss ich benüßen. Sie gehöret nicht mir, sondern dem State."" Zimmermann über Fr. d. G. S. 163, 164,

2) Mémoire historique sur la dernière année de la vie de Frédéric II. R. de Pr. Lû dans l'assemblée publique de l'Académie de Berlin le 25. Janvier 1787. Par le Comte de Hertzberg.

3) Herr Major Blesson besitt 48 Küchenzettel von Friedrich dem Gr., theils eigenhändig korrigirt, theils selbst geschrieben und mit Bemer

Friedr. d. Gr. IV.

17

Nachmittags seßte er sich bisweilen auf seine Terrasse in die Sonne; allemal aber unterzeichnete er mit großer Aufmerksamkeit alle ́Depeschen und Briefe, die er am Morgen diktirt hatte, und die seine Kabinetsräthe gegen die Zeit erpedirt haben mussten. Dann ließ er die Gesellschafter gegen fünf Uhr wieder rufen und behielt sie bis Acht bei sich, wo er sie zum Abendessen entließ. Den übrigen Theil des Abends brachte er damit hin, daß er sich von seinem Lektör Dantal aus Cicero, Plutarch und andern Klassikern des Alterthums oder der neuern Zeit vorlesen ließ, endlich wieder sich mit den nen eingegangenen Depeschen beschäftigte und dann des wenigen Schlafes genoss, welchen sein Zustand ihm vergönnte ').

Dantal schloss sein Amt, Sonntag den 30. Jul, indem er aus Voltaire's Précis du Siècle de Louis XV. vorlas '); das Leßte,

kungen verschen '), vom 18. Januar 1768 bis 8. August 1786. Unter Beilage 15. findet der geneigte Leser vier solcher Speisezettel, vom 3., 4., 5. und 8. August 1786, d. b. aus den leßten Lebenstagen, sammt der Korrektur genau abgedruckt.

1) v. Herzberg Historische Nachricht, und Zimmermann über Friedrich den Großen.

2) Les Délassemens littéraires ou Heures de lecture de Frédéric II. par C. Dantal ci-devant son Lecteur. Elbing chez Hartmann 1791. 135 S. 8. Wir sehen den ganzen Schluff des interessanten Buches her: p. 133,,Juillet. le 3. Lundi depuis 8-9 heures, du siècle de Louis XIV. jusqu'à la mort de Louis XIV. et l'exil de son Confesseur Le Tellier; le 6. Jeudi depuis 7-9 heures, jusqu'à l'article de l'Empereur Yontching; le 8. Samedi depuis 8-9 heures, fin de cet ouvrage et le commencement du précis du siècle de Louis XV. où j'ai lu jusqu'à l'histoire du Cardinal Dubois. NB. Ici la lecture fut encore souvent interrompu par le sommeil du Roi; le 15. Juillet Samedi depuis 7-8 heures, jusqu'à la prise de PortoBello par les Anglois; le 16. Dimanche depuis 8-9 heures, jusqu'au siège de Tournai excl.; le 17. Lundi depuis 8-9 heures, jusqu'à la guerre en Italie pour Dom Philippe et de sa mort; le 21. Vendredi depuis 8-10 heures, jusqu'aux supplices sanglans en Angleterre depuis la mort de Charles-Edouard; le 22. Samedi de

1) Vei Tische machte der König zu den einzelnen Gerichten Bleistiftzeichen, um mit dem Küchenmeister Noel nach dem Essen darüber zu sprechen. Dies sen Küchenmeister Noel hat Friedrich zur Danksagung für ein neuerfundes nes Gericht Bombe à la Sardanapale," ein langes Gedicht gewidmet, welches man in den Oeuvres posth. T. 7. p. 50 findet.

[ocr errors]

was der König selbst gelesen, war das Leben Heinrich's des Vierten und das Leben der zwölf ersten Kaiser von Sueton, überseßt ron de la Harpe, lauter geschichtliche Gegenstände.

So schwindet von den Genüssen des Königs einer nach dem andern dahin: immer freudenloser werden die noch wenigen Tage seines Daseins hienieden. Aber, die Eine große Idee, welche sein ganzes Leben bewegt: sein Volk zu beglücken durch geseßmäßige Freiheit, durch allgemeine Aufklärung, durch unverwüstliche Sorgen und. Mühen; diese große Idee, mit der er die Zügel der Herrschaft kühn und kräftig aufgenommen: sie bleibt ihm, nachdem alle andere Gedanken schon verstorben, alle andere Genüsse schon ausgegangen sind, bis in dem Kampfe der Auflösung das freie Bewusst. jein gebunden wird.

Prophetisch singt Friedrich in der Epistel an den Marschall Keith:

,, Oui, finissons sans trouble et mourons sans regrets
En laissant l'univers comblé de nos bienfaits,
Ainsi l'astre du jour au bout de sa carrière
Repand sur l'horison une douce lumière,

Et ses derniers rayons qu'il darde dans les airs,
Sont ses derniers soupirs qu'il donne à l'univers."

Folgendes find einige der leßten Strahlen von Friedrichs landesväterlichen Sorgen:

Den 1. August schreibt er an den Kammerpräsidenten Freiherrn von der Golz in Königsberg: „Vester, besonders lieber Getreuer. Ich bringe in Erfahrung, daß auf der Seite von Tilsit annoch ein großer Morast zu defrichiren sei, das Terrain soll zu Meinen Ämtern gehören. Ihr habt dahero mit dem fördersamsten einen Anschlag machen zu lassen, wie viel Kosten zum Defrichement dieses Bruches erfordert werden, wie viel Kosten zum Etablissement der darauf anzuseßenden Leute nöthig sind, und wie viel dieses solchergestalt urbar gemachte und bebauete Bruch einbringen werde. Die Bauern, welche da angeseßt werden, müssen ihre Güter alle eigen

puis 8-9 heures, jusqu'à la description du Climat de l'Inde; le 29. Samedi depuis 8-9 heures, jusqu'à l'article de Dupleix incl.; le 30. Juillet Dimanche depuis 8-9 heures, jusqu'à l'interrogatoire de Robert Damiens, tenu le 6. Mars 1757 pour avoir attenté à la personne du Roi."

thümlich haben, weil sie keine Sclaven sein sollen. Es ist ferner die Frage, ob nicht alle Bauern in Meinen Ämtern aus der Leibeigenschaft) gesetzet, und als Eigenthümer auf ihren Gütern ange sezet werden können? Ich erwarte darüber Eure Anzeige, was das für Difficultäten haben könne, und bin Euer gnädiger König“ 2).

Den 5. August: Se. K. M. befehlen dem Magistrat allhier (in Potsdam), das Vorgeben des hiesigen Bäckers Schröder, daß er die Einhundert Wispel Roggen und funfzig Wispel Waizen, auf welche er in anliegender Vorstellung einen Freipass nachsucht, zum Betrieb seiner Profession, aus Westpreußen kommen lassen und allda kaufen wolle, näher zu eraminiren und darüber pflichtmäßig zu berichten."

Den 6. August: „Mein lieber Generalmajor v. Gößen. Aus Eurer Anzeige vom 1. dieses habe Ich die Nachrichten ersehen, welche ihr aus Böhmen in Erfahrung gebracht habt; allein das sind lauter Windbeuteleien: denn wenn sie da marschiren lassen, so geschiehet es bloß darum, daß die Leute an dem Festungsbau arbeiten sollen. Ich bin übrigens Ever wohlaffectionirter König“ *).

Den 10. August, an den Chef des Kadettenkorps' in Berlin: ,, Mein lieber General v. Mosch. Die unterm gestrigen Datum eingeschickte Liste von denen Cadets, so in der Armée placirt werden können, erhaltet Ihr hierbei zurück. Ihr müsset Mir eine andere Liste schicken, und darin auch Pommern mit aufseßen, und damit Ich darunter aussuchen kann, müssen mehrere in dieser Liste aufgeführet sein. Ich bin 2." "). 2.““).

[ocr errors]

Ce 10. d'Août. A Son Altesse Royale la Duchesse de Brunsvic: Mon adorable Soeur, le Médecin de Hanovre a voulû se faire valoir chez Vous, ma bonne soeur; mais la ve rité est, qu'il m'a été inutile. Les vieux doivent faire place

1) Die eigentliche persönliche Leibeigenschaft der Bauern in den Do månen wurde schon durch Herzog Albrecht aufgehoben: es werden also hier die Scharwerksbauern verstanden, welche kein Eigenthum besaßen und sich in hülfsbedürftiger Lage befanden.

2) Ludw. v. Baczko und Theodor Schmalz Annalen des Königreichs Preußen. Königsb. u. Leipz. 1792. 1. Quartal. S. 10.

3) Urkundlich.

4) Urkundlich.

« ZurückWeiter »