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ab, sondern verfolgte auch seine Reise über Neiße nach Brieg weiter. Zwischen der schlesischen Revüe und dem Potsdamschen Manövre war sein Befinden mehr als erträglich. Dieses Potsdamsche berühmte Herbstmanövre schien diesmal wieder ganz besonders glänzend zu werden; de La Fayette war zu demselben auch wieder aus Schlesien mit zurückgekommen; auch die Herzoge von Braunschweig, von York'), von Kurland wohnten ihm bei; der König selbst aber konnte nur noch den 10. Sept. die Artillerieübungen bei Berlin halten: seine lehte Erscheinung in der Hauptstadt. Den 18., drei Tage vor dem großen Herstmanövre, klagte er über Schmerzen in den Füßen, und am Abend um 8 Uhr beim Schlafengehen führte er dieselben Klagen, wiewohl er den Tag über, und besonders bei Tafel, sehr aufgeräumt gewesen war. Des Abends um 10 Uhr aber bekam er einen heftigen Anfall von Stickfluff, worüber er hätte den Geist aufgeben müssen, wenn man ihm nicht bald durch Brechmittel, warmen Thee, Lavements und Wärme zu Hülfe gekommen wäre. Um Mitternacht war dieser Zufall glücklich gehoben; der König konnte sich wieder ins Bett legen, welches er, um nicht zu ersticken, verlassen hatte, und verfiel nun bald in einen festen und ruhigen Schlaf. Am Morgen bekam er aber das Podagra, und dies war die Ursache, daß er dem Manövre nicht in -Person beiwohnen konnte 2). So sehr diese Anfälle auch seinen

1) Friedrich sagte zu dem Leibarzt Zimmermann von dem Herzoge von York, der damals in Hannover residirte: Ich liebe ihn so zdrtlich, wie ein Vater seinen Sohn lieben kann“1). Det Herzog von York befchligte 1793 und 1794 eine britische Armee in Flandern und wurde 1795 oberster Befehlshaber der englischen Armee, für welche mit ihm eine neue Zeitrechnung beginnt. Das Reglement, welches die britische Armee seit 1789 befolgt, ist dem preußischen nachgebildet. 2) Der in Kopenhagen geborene berühmte Kupferstecher Joh. Friedrich Elemens kam 1787 nach Berlin, um für den Kunsthåndler Pascal die große Platte 2) nach Joseph Cuningham's Gemålde: Friedrich den Zweiten zu Pferde vorstellend, zu stechen, wie der König nach dem Ma= novre seiner Truppen in zahlreichem Gefolge nach Potsdam zurückkehrt. Der Augenblick der Vorstellung ist, wie der König, in Beisein des Herzogs von York und anderer fremder Offiziere, dem G. - L. v. Mil

1) Zimmermann über Fr. d. Gr. Leipzig 1788. 1. S. . 23.

2) 26 Zoll hod), 33 3. breit.

Friedr. d. Gr. IV.

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schon geschwächten Körper angriffen; so ließ er sich doch die drei Manövretage stets in das Speisezimmer führen und ertheilte, in Beisein der fremden Fürstlichkeiten und Generale den anwesenden Chefs und Kommandörs die Parole und Disposizionen '). Dem Generalmajor v. Rohdich hatte er die Musterung der versammelten Regimenter, das Manövre selbst dem Prinzen von Preußen auf getragen.

Vom Podagra genas der erhabene Pazient zwar wieder nach einigen Wochen, aber er kränkelte doch stets fort, behielt von jest an einen beschwerlichen, nur mit wenigem Auswurf verbundenen Husten, er hatte immer innere Beängstigungen und konnte manche Nacht nicht im Bette aushalten. Hiezu gesellete sich unwillkürlicher, häufiger Schlaf am Tage, und Schlaflosigkeit in der Nacht, und nach und nach äußerten sich die Vorboten der Wassersucht, bald in der Brust, bald im Unterleibe und in den äußern Theilen: die Verdauungswerkzeuge waren schwächer als jemals 2).

Aber, wie nahe auch dem Ziele seiner irdischen Bestimmung; immer rüstig und unverdrossen besorgt Friedrich die Verwaltung, durchaus nicht anders als in gesunden Tagen. Der deutsche Fürstenbund, der Vertrag mit Nordamerika und was wir sonst oben

lendorff seine Befehle ertheilt. Da sich unter den 40 Personen1), welche dieses Bild in sehr karakteristischer Treue darstellt, außer den preußischen Prinzen und Generalen auch der Gen. Chazot aus Lübeck, der französische Gen. Bouillé, der Gen. Greenville, Gen. Cornwallis, Gen. Sir Robert Boyt, Oberst Lenox, Oberßt Ramsden und der Marquis de La Fayette befinden, welche gleichzeitig nur im Herbste 1785 in Potsdam waren; so scheint der Künfler den König als Theilnehmer an dem großen Potsdamschen Herbsmandore im September dieses Jahres zu geben, was wir mit unsern beglaubigten Nachrichten im Texte nicht in Einklang zu bringen vermögen.

1) Schdning, Friedrich der Zweite. über seine Person und sein Pris vatleben. Berlin 1808. S. 24 ff.

2) Schöning a. a. D. S. 28 und Selle Krankheitsgeschichte des Höchfitseligen K. v. Pr. Friedrichs des Zweiten. Berlin bei Mylius 1786. . 14 ff.

1) Bon allen diesen Personen sind nur noch des K. v. Preußen Mai, und der Marquis de La Fayette am Leben,

von seinen leßten politischen Bemühungen gemeldet, bezeugt, wie nachdrücklich er auch noch als Greis nach Außen hin gestrebt, gehandelt. Das Innere bedachte er in den sieben leßten Monaten seines Lebens, wie im Augenblicke der Thronbesteigung. Alle entwor fene und beschlossene Unternehmungen zur Landeswohlfahrt wurden ausgeführt und vollendet. Drei Millionen Thaler waren für diese Zwecke bestimmt. Aber der Unermüdliche im Wohlthun ging noch viel weiter, wie er immer that, sowie die Umstände und unvorhergesehene Fälle es heischten. Das vorige Frühjahr hatte große Überschwemmungen der Weichsel, Warthe und Oder verursacht; Friedrich ließ sogleich die Dämme herstellen, und wies eine halbe Million Thaler an, um den armen Landleuten ihre Verluste zu erleichtern und die Wiederherfellung ihrer Ländereien möglich zu machen. In den Jahren 1785 und 1786 war die Ernte in allen nördlichen Ländern sehr geringe and weniger als mittelmäßig gewesen; der König aber ergriff so schnelle Maßregeln, daß der Getraidepreis in seinen Staten nicht zu hoch stieg und daß noch eine sehr ansehnliche Kornausfuhr aus den Häfen von Memel, Königsberg, Elbing und Danzig nach Schwe. den und Dänemark möglich war.

Troß seines qualvollen und hoffnungslosen Zustandes entzog er sich seiner großen Bestimmung keinen Augenblick. Er las alle Berichte seiner auswärtigen Minister, diktirte alle Morgen von vier bis sieben Uhr die unmittelbaren Antworten auf die Depeschen, und unterhielt den ordentlichen Briefwechsel mit seinem Kabinets- oder auswärtigen Departements - Ministerium über alle Gegenstände der großen Politik'). Dieselbe genaue und tägliche Korrespondenz hat er mit den Ministern des Justiz- und des Finanz- Departements unterhalten; und er selbst, ohne einen Minister oder General, führte den ganzen Theil der militärischen Korrespondenz, indem er seinen Ka binetsräthen und Adjutanten die bis zum lezten Augenblicke des

1) Des Ministers Grafen v. Herzberg Historische Nachricht von dem lehten Lebensjahre K. Friedrichs II. von Preußen. Vorgelesen in der öffentlichen Versammlung der Ak. d. W., den 25. Januar 1787, deutsch abgedruckt in der Berlinischen Monatsschrift. 1787. 3. Stůď. März. S. 242 ff, Das franz. Original erschien u. d. Z. Mémoire historique sur la dernière année de la vie de Frederic II. Berlin 1787; wieder abgedruckt in den Huit Dissertations. p. 271-302.

Bewusstseins durch Geist und Gesinnung klassischen Befehle in die Feder sagte, und dabei die kleine Noth des ihm unbekauuten armen Unterthanen in dem entlegensten Winkel seiner Monarchie eben so wie die Ehre der eigenen Krone zu Herzen nahm.

Nur die Revuen und die gewöhnlichen Reisen durch das Land konnte der König im Jahre 1786 nicht mehr halten und das war die einzige und erste allgemeine Kunde von der Hülflosigkeit seines Zustandes '). Zu dem Herbstmanövre in Schlesen wurden die drei Adjutanten Oberst v. Hanstein von der Infanterie, Oberst v. Prittwiß von der Kavallerie, Hauptmann v. Rüchel (im Solda tenwitz,,die heiligen drei Könige" genannt) abgesendet. Diese Kommissarien bekamen noch am 13. August, so überhäuft von Leiden der König auch war, von ihm persönlich Beurlaubung und genaue Belehrung über ihre Aufträge. Dem Flügeladjutanten Obersten v. Prittwiß trug er ganz besonders auf, in Landeshut die vornehmsten der Kaufmannschaft zu sprechen und sie sämmtlich des Andenkens ihres Königs zu versichern und in seinem Namen ihnen alles mögliche Gute zu wünschen 2).

So blieb wesentlich Alles bis ans Ende, wie es einmal geordnet war. Ja, Friedrich machte, im Kampfe mit dem leßten, undesieglichen Feinde noch Entwürfe für das nächste Jahr. Er ließ den General Anhalt kommen, um ihm die großen militärischen Einrich

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1) Se. K. M. ze. haben zu resolviren gerubet, zu denen Frühjahrs- Revues für dasmahl nur bloß Dero Adjudanten abzuschicken, weshalben denn auch nur allein für derselben Wagen acht Vorspann Pferde auf jeden Relais erfordert werden. Sonsten sind die Reisetage die nehmlichen, wie vorm Jahr, als den 5. Juni von Stargardt nach Conih, und so weiter nach Graudenz und Mockerau, von wo sodann den 10. Juni die Rückreise wieder angetreten, und wie gewöhnlich bis anhero fortgescht werden wird. Höchüdicselben lassen dieses also Ders Westpreußischen Kammer hiedurch bekannt machen, um sich darnach zu achten, und solche Vorkehrungen zu machen, daß die für den Adjudantenwagen erforderliche 8 Vorspann Pferde auf jeden Relais sowohl bei der Hin- als Rückreise durchgehends in Bereitschaft gehalten wer den. Welches sie also ihres Orts ordentlich zu besorgen, auch mit de nen andern Kammern, die es trifft, sich darüber gehörig zu concertiren hat. Potsdam, den 13. Mai 1786.“

2) Rüchels Leben von Fouqué Thl. 1. S. 67.

tungen zu Errichtung der Freibataillone'), zur Mobilmachung der Armee im Fall eines Krieges und Ähnliches der Art vorzuschreiben. Die Statsminister v. Hoym und v. Werder, sowie den Geheimen Rath Schüß aus Pommern rief er zu sich, um mit ihnen die neuen Entwürfe zur Ürbarmachung, Verbesserung und Fabrikenanlegung zu besprechen, welche im Jahre 1787 in den verschiedenen Provinzen ausgeführt werden sollten: vorzüglich war es auch dabei wieder abgesehen auf den Lieblingsplan, neue Dörfer anzulegen, Sümpfe auszutrocknen und in den dünne bevölkerten Landstrichen die Volksmenge zu vermehren. Ein besonderes Wohlgefallen machte ihm die Ausführung seiner Jdee, 300 Schafe und Böcke aus Spanien kommen zu lassen, um die Nace in unsern Schäfereien zu verbessern. Da die Schafe einige Tage vor seinem Tode durch Potsdam gehen sollten, so erwartete er sie mit Ungeduld, um einige davon nach Sans-Souci, und, wie er sich ausdruckte, „zum Besuche zu sich kommen zu lassen" („pour s'en faire rendre visite")). Solche Thätigkeit machte das Gegengewicht zu den Schmerzen der Krankheit!

Ehe wir das bittere Wort der Auflösung des großen Königs aussprechen, gedenken wir noch, wie er, dessen Lebensmorgen in die Zeiten tiefer politischer Ruhe fiel, in der Nähe des wichtigsten Umschwungs aller Dinge die Erde verlässt.

Nordamerika hat sich von dem Mutterlande losgesagt und die Apostel seines Geistes in alle Welt entsandt. Frankreich sieht

1) 1786 errichtete K. Friedrich der Zweite drei leichte Infanterieregimen ter: v. Chaumontet in Schlesien, v. Arnauld in Preußen, und das Schweizerregiment v. Müller in Wesel, welches aber 1787 nach Magdeburg marschirte.

Um in diesen Regimentern angestellt zu werden, kamen viele Offiziere nach Potsdam. Auch v. Gneisenau meldete sich damals in Potsdam und wurde bei dem leichten Inf. Reg. des G. - M. v. Chau montet als Lieutenant angestellt, woraus dann 1787 die Niederschlesïsche Brigade mit gebildet wurde. Eben so trat v. York auf den Vorschlag des Fürsten v. Hohenlohe, bei dieser Vermehrung der Armee, als Major in die preußischen Dienste (bei dem Regimente des Obersten Arnauld de la Perriere) wieder ein.

2) Graf Herzberg a. a. D. in der Berl. Monatsschrift. . 250.

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