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fing der Tatarchan Kirim Ghirai 1), vielleicht der einzige Mann ven Salent, dessen der Sultan sich rühmen konnte, die Operazionen immer an; aber er wurde, als er die Linien der Russen durch. brechen wollte, geschlagen. Der Verlust war unbedeutend; doch dem Sieger wuchs der Muth; er geht über den Dniester, dringt auf der Bahn der Ehre vor und triumphirt bei Choczim abermals. Es fehlt dem Heere der Unterhalt und Gallißin zieht sich wieder von Choczim ab, über den Dniester zurück. Diesseits des Bogs stellt er sich, Mitte Jun, auf und lässt ganz Polen offen; doch weiß kein Kürfenführer das zu nußen. Auch die Konföderirten kämpfen hie und da in Polen vortheilhaft; und als der Großwezir sein Heer versammelt hat, dringt Gallişin mit neuer Kraft jenseits des Dniefers vor und schlägt den Feind bei Choczim, den 13. Jul. Nochmals gehn die Russen rückwärts, weil beiden Theilen Hungersnoth verderblich schien; doch folgte auf die neuen Siege vom 9. und vom 7. September der Fall von Choczim. Zwar nußte Gallizin nicht raschen Laufs das Glück der Waffen. Aber Katharine durfte stolz dem Ausgang trauen. Ihre Flotte, nach dem Mittelmeer bestimmt, but im Oktober schon den Sund berührt und wenn sie auch in Jr. land überwintert, so wird sie künftiges Jahr im Archipel den Griedea gute Hoffnung bringen, vom Joch der Türken frei zu werden.

Wie treu es Preußen auch mit Russland meinen mochte; so giftige Erfolge konnte Friedrich nur mit Sorglichkeit betrachten, die noch Wichtigeres ohnen ließen. Darum sieht er es nicht ungern, daß der Wiener Hof sich nähert. Kaiser Joseph 2., seit seines Baters Franz' des 1. Tode, den 18. August 1765 Mitregent der österreichischen Erblande, hegte längst schon das Verlangen, den großen Gegner seiner Mutter persönlich kennen zu lernen. 1766, dis er eine Reise durch Böhmen und Sachsen machte, um die Gegenden zu sehen, welche der Schauplaß des leßten Krieges gewe

1) Wir haben dieses ausgezeichneten Mannes schon oben Bd. 2. S. 294 gedacht. Wie im fiebenjährigen Kriege Friedrich, so strebte jest Frankreich, durch seinen Residenten Baron v. Tott, ihn gegen Russland in die Waffen zu bringen, welcher zum Unglücke des Sultans leider schon im April 1769 starb; f. Resmi Achmed Efendi Wesentliche Betrachtungen E. 105 und die Mémoires du Baron de Tott (T. 2. p. 127 F.), welcher ihn auf diesem Kriegeszuge begleitete.

fen und da er auch durch Torgau geben wollte, ließ er dem Kön turch seinen Gesandten am Berliner Hefe,,sein besonderes Verk gen bezeigen, daß er ihn bei dieser Gelegenbeit gern selbst sehen 1 persönlich kennen lernen möchte"). Marie Therese und Fi Kaunit aber fanden solche Zusammenkunft nicht vassend. »འི Kaiser, sagt Friedrich, fühlte einigen Verdruß über diese Weigeru und eröffnete dem Könige von Preußen, daß er schon Mittel find werde, die Unhöflichkeit gut zu machen, zu der ihn seine Pädag: gen zwängen" "). Die russischen Erfolge führten endlich beid Monarchen die erwünschte Zusammenkunft herbei. Kaiser Jose reiste den 19. August 1769 von Wien nach Schlesien ab. Da sich alles Zeremoniel verbeten hatte; so fügte Friedrich sich in sei Wünsche. Joseph hatte in seinem Gefolge den Herzog Albrecht v Sachsen Teschen, den Oberstallmeister Grafen von Dietrichstein, 1 Generale v. Ayasas, Loudon, Siskowiß, Nostih und Miltig, au einige Kammerherrn; Feldmarschall Graf v. Lacy war nach Nei vorausgegangen, wo der Graf v. Falkenstein, unter welchem Nam der Kaiser reiste, den 25. August halb 12 Uhr Mittags über J gerndorf und Neustadt anlangte. Er fuhr gradesweges nach d Residenz des Königs 3), ohne erst in seiner Wohnung abzusteige Friedrich eilte, sammt dem Prinzen von Preußen, dem Prinzi Heinrich und dem Markgrafen von Anspach ihm entgegen; aber war kaum einige Stufen der Treppe hinabgestiegen, als der Kais ihm schon in den Armen lag. Der König führte seinen erhabene Freund an der Hand in den Sal; Joseph aber sagte: „Nun sel

"

1) Den 26. Jun 1766 schreibt der König an einen auswärtigen Gefant ten: Ich hatte Euch vermittelst Meines Schreibens vom 16. diese praeveriret, wie es im Werk wdre, daß Ich mit dem Römischen Kai fer bei Gelegenheit einer ganz kurzen tournée, so er aus Böhme nach Sachsen bis Torgau machen würde, eine entrevue haben dürft‹. Jch avertire Euch aber hierdurch, daß es sich mit dieser entrevu wieder zerschlagen hat, indem man solche visite, obschon nur vo Höflichkeit, wegen des Ceremoniels, decliniren wollen.“ Wir er innern bei dieser Gelegenheit an den Besuch König Friedrich Wil belms 1. bei Kaiser Karl 6.; f. oben Bd. 1. S. 161.

2) Oeuvres posth. T. 5. p. 28. 40.

3) Der König wohnte auf dem bischdflichen Schlosse.

ich meine Wünsche erfüllt, da ich die Ehre habe, den größten König und Feldherrn zu umarmen;“ dieser verseßte: „er sehe diesen Sag als den schönsten seines Lebens an, denn er werde die Epoche

Bereinigung zweier Häuser ausmachen, die zu lange Feinde gewesen seien und deren gegenseitiges Interesse es erfordere, sich einander eher beizustehen, als aufzureiben." Der Kaiser antwortete:

für Österreich gebe es kein Schlesien mehr“'). Abends 6 Uhr machte Friedrich dem Kaiser den Gegenbesuch. Die komische Oper gefiel beiden Monarchen nicht: sie verließen das Theater, um auf das Schloss zur Unterhaltung zurückzukehren. Die folgenden drei Bormittage wurden den Truppenübungen gewidmet. Die preußi schen Generale v. Seydlik, v. Tauenzien, v. Lentulus und der Oberst 2. Anhalt genossen vorzüglich des Kaisers Gnade, in dessen Gefolge : besonders Loudon hervorragte. Von den Truppen erwarb sich die Reiterei, namentlich das Seydlißische Regiment Kürassiere die allgemeine Aufmerksamkeit. Während eines Manövers wurde dem Könige ein Brief von der Kaiserinn-Königinn gebracht; Friedrich las iha, kässte ihn und überreichte ihn dem Kaiser.

Beim Ausgehen sahe man die beiden Häupter des deutschen Reiches Urm in Arm. Die Abende gingen in vertraulichen Ge sprächen hin. Joseph ließ auf eine sehr gute Art etwas davon fallen, daß, solange seine Mutter lebe, er sich nicht schmeicheln dürfe, einen hinlänglichen Einfluss zu erlangen; jedoch verhele er nicht, daß bei der jeßigen Lage der Sachen, weder er noch seine Mutter zugeben würden, daß die Russen in dem Besiße der Moldau und Wallachei blieben"); auch schlug er dem Könige, auf den Fall eines Krieges zwischen England und Frankreich, eine strenge Parteilosigkeit für Deutschland vor; eben so wollten sie sich jeder Einmischung bei morhergesehenen andern Unruhen enthalten. Diese Übereinkunft wurde den 28. August unterzeichnet, von Friedrich mit weiser Um icht; denn, weit entfernt, den Österreichern blind sich zu vertrauen, glaubte er sich doch, des drohenden russischen Übergewichtes wegen, versehen zu müssen. Er fühlte noch allzusehr die Schläge, welche Rusland im leßten Kriege ihm beigebracht: also konnte es in sei.

1) Deuvres posth. T. 5. p. 40. 41. 2) Oeuvres posth. T. 5. p. 41.

nem Interesse nicht liegen, an der Vergrößerung einer so furchtba ren und gefährlichen Macht selbst zu arbeiten '). Darum kam die österreichische ähnliche Lage überaus erwünscht. Auch schieden die beiden deutschen Monarchen ungemein zufrieden von einander. Friedrich schenkte dem Kaiser in Neiße noch ein prächtig gebundenes Exemplar der,,Einfälle des Grafen Moriß von Sach. sen" "). Als Joseph auf der Rückreise nach Glatz kam, fragte der Kommandant: ob Se. Majestät die Festung zu sehen befohlen? Der Kaiser aber antwortete: „er habe schon so viel Schönes gesehen, daß er nichts mehr verlangen könne" 3).

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1) Oeuvres posth. T. 5. p. 42. 43 und p. 39: Des progrès aussi rapides alarmoient également les alliés des Russes, et les autres puissances de l'Europe. La Prusse avoit à craindre, que son allié, devenue trop puissante, ne voulut avec le temps lui imposer des lois comme à la Pologne. Cette perspective étoit aussi dangereuse qu'effrayante." Als 1765 der russische Gesandte v. Saldern nach Berlin kam, den König hoffährtig zu einem Bündnisse zu vermögen, welches ihm nicht zusagte, da entließ Friedrich ihn mit der möglichften Kaltblütigkeit, en l'assurant qu'il seroit toujours l'ami des Russes, mais qu'il ne seroit jamais leur esclave." Oeuvres posth. T. 5. p. 21.

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2) Das Buch ist, solange der Kaiser lebte, nicht von seinem Nachttische gekommen aber, als er starb, klebten noch alle Blätter am goldenen Schnitte fest zusammen; s. Meusel Vermischte Schriften und Bemerkungen. Erlangen 1816. S. 44. - Mes Rêveries. Ouvrage posthume de Maurice Comte de Saxe, Duc de Curlande et de Sémigalle 1), Maréchal Général des armées de Sa Maj. très - chretienne: augmenté d'une histoire abrégée de sa vie et de differentes pièces qui y ont rapport p. Mr. l'Abbé Pérau. Amsterd, et Leipz. 1757. 2 Voll. en 4. et 1 Volume de Plans. Die Rêveries (deutsch u. d. T. „Einfälle des Grafen M. v. Sachsen) betreffen ausschließlich die Kriegeskunft, worüber der große Feldherr die erste Stimme hatte, da et vor Friedrich 2. den Szepter der Kriegskunst in Europa führte.

3) über diese Zusammenkunft in Neiße siche die Berliner Zeitung, Stüd 97 ff.; Spies Münzbelustigungen. Thl. 4. S. 349 f., wo die Zei tungsnachrichten zusammengestellt sind. Am merkwürdigsten bleibt indess, was Friedrich selbst im 5. Bande der H. W. S. 40 ff. darüber fagt; auch erinnern wir an seinen Brief an Fouqué, vom 7. Septem=

1) Beilage 3.

Auf die Art sehen wir einen seltsamen Bund im Werden gegen den Koloff, vor welchem der unscheinbare Halbmond immer mehr verdlich. Denn nun fing auch die russische Flotte unter Aleris Or. low im Archipel zu siegen an: die Admirale Spiridow und Elphinflone überwanden Hassan Pascha, den 5. Jul 1770 bei Scios; El. phinstone, Greigh und Dugdale verbrannten, zwei Tage drauf die feindliche Flotte in der Bay von Tschesmé an der natolischen Küste, and in der Bay von Napoli di Romania auf Morea vernichtete Drlow die leßten türkischen Schiffe: sodaß Griechenland die Sonne ter alten Freiheit schon zu schauen meinte '): der russische Contreabmiral Elphinstone, ein hochherzig wagender Brite, war mit seinem Schiffe bis in die Straße der Dardanellen gegangen und hatte, unter Trommel- und Trompetenschall im Angesichte Konstantinopels eine Tasse Thee getrunken '); vielleicht hätte der bestürzte Sultan ich ergeben: Orlow: wollte so Kühnes nicht versuchen. Nun erst übernahm es Tott, die Dardanellen wenigstens gegen die erste Überraschung zu beschüßen *).

ber 1769, in welchem selbst schon des zugesagten Gegenbesuchs gedacht wird. Auch sprechen zwei Briefe von le Fevre (einem Augenzeu= gen) an Formey, Neiße, den 26. August und den 2. Sept. 1769, in Formen's Souvenirs d'un Citoyen. T. 2. p. 145, über die merkwürdige Zusammenkunft in Reiße.

1) Die Griechen auf Morea waffneten sich wirklich und fochten mit den Russen gemeinschaftlich, was die Türken grausam råchten. Doch hatte Katharine keine sonderliche Meinung von ihnen:,,Les Grecs, schreibt fie an Voltaire, den 9. Oft. 1770, Les Grecs, les Spartiates ont bien dégénérés; ils aiment la rapine mieux que la liberté. Ils sont à jamais perdus, s'ils ne profitent point des dispositions et des conseils du héros, que je leur ai envoyé." Oeuvres complètes de Voltaire. Basle 1792. T. 78. p. 117. Auch Friedrich verachtet sie, wo er von ihnen spricht, z. B. Oeuvres posth. T. 11. p. 288. 2) Rulhière T. 3. p.476.

3),,Si la catastrophe de Tchesmé humilioit l'orgueil Ottoman, les Ministres de cet Empire dûrent bientôt s'occuper d'un intérêt plus pressant; une prochaine famine menaçoit la capitale. En effet, la destruction de la flotte Turque, en abandonnant l'Archipel aux Russes, empêchoit l'approvisionnement de Constantinopel: l'ennemi pouvoit encore forcer le détroit, se présenter à la pointe du Sérail, saccager la ville, dicter la loi au Grand - Seigneur. La con

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