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die äußere Stellung als Monarch. Auch die freundliche Ansicht von Welt und Menschen überzog hie und da ein nebelhafter Schatten. In der Unterredung mit Sulzer fragte er, wie es mit den unter seiner Leitung stehenden Schulen gehe? Jener antwortete:,,Seitdem man auf Rousseau's Grundsaß, daß der Mensch von Natur gut sei, fortgebaut habe, fange es an, besser zu gehen.“ „Ah, sagte der König, mon cher Sulzer, Vous ne connoissez-pas assez cette maudite race, à la quelle nous appartenons" 1). Aber, welche Erinnerungen mussten Glasow, Pretsch, Dehsen?), de Prades, Ferber, von der Trenck, v. Schaffgotsch, v. Warkotsch, v. Walrawe, v. Görne, Herzog Karl von Württemberg, selbst Voltaire auf ihn zurückgelassen haben? Auch an fremden Höfen hatte er nicht immer mit der Lauterkeit zu thun. Vielleicht haben grade die Throne das Unglück, mehr die Nachtseite der Menschheit kennen zu lernen! Sonst hatte Friedrich eine sehr praktische Ansicht von der Welt: „Sich einbilden, sagt er, daß alle Menschen Teufel sind, aufs Wüthigste seinen Grimm an ihnen auslassen, ist das Traum.. gesicht eines wilden Menschenfeindes; sich die Menschen insgesammt als Engel denken und ihnen die Zügel schießen lassen, ist die Grille eines schwachköpfigen Kapuziners: glauben, daß sie weder alle gut, noch alle böse find, die guten Handlungen über ihren Werth belohnen,. die schlechten unter ihrem Verdienst bestrafen, Nachsicht mit ihren Schwachheiten haben und Menschlichkeit gegen Alle und Jede, heißt. handeln, wie es einem vernünftigen Menschen geziemt“ 3).

Selbst Männer, welche des Königs volles Vertrauen genoffen hatten, traf gegen das Ende der Regirung die durch sein hohes Alter erregte üble Laune oder Misstraun. Darum antwortete der Minister v. Herzberg *) dem Grafen v. Görß in Petersburg, welcher auch manche kränkende und unverdiente Depesche erhielt: Ew. Exzellenz würden getröstet sein, wenn Sie die Antworten lesen könn

1) Nicolai Anekdoten Heft 3. S. 274.

2) S. oben Bd. 1. S. 424.

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3) Oeuvres de Fréderic II. R. de Pr. Publiées du vivant de l'Auteur. Berlin 1789. T. 2. p. 209, am Schlusse der Dissertation sur les Raisons d'établir ou d'abroger les lois.

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ten, die ich auf Alles erhalte, was ich in der besten Absicht vorschlage, und was denn doch öfters einige Tage später befolgt wird“ '). Auch der Oberpräsident v. Domhardt machte in seinen leßten Lebensjahren auf gleiche Art die bitterste Erfahrung 2).

Auf den Rand eines Konzeptes zu einer künftigen Verordnung für verschiedene Provinzen, die er vollziehen sollte, schrieb der König eigenhändig:,,schon wieder eine Verordnung, man schreibt sich bald die Finger ab; mehr Execution und weniger Verordnung“ 3).

Den 7. Jul 1780 an einen Statsminister: „Euer Bericht vom 6. dieses ist Mir zwar zugekommen; den darin gethanen Vorschlag wegen des Kriegsraths N. bei der N.'schen Kammer approbire Ich aber nicht so obenhin, sondern Ich muss die eigentlichen Umstände davon zuvor näher wissen. Warum wollen sie den weg. haben? Was hat er gemacht? Ist er krank, was fehlt ihm? Was für Krankheit hat er? Und was ist das für ein junger Bursche, den sie wieder in seine Stelle nehmen wollen? Schickt er sich dazu, hat er was gelernt und versteht er was? Überdem ist dorten bei dem Cameralwesen nicht viel zu thun, und kann daher der alte so gut dableiben und das Seinige verrichten, als ein solcher junger Mensch: welches Euch also hiedurch zu erkennen geben wollen, und bin übrigens 2c.“ ^).

Wie das herannahende Alter auch in der Philosophie des Königs eine Veränderung erzeugt, d. h. in dem Systeme, von welchem aus er die Freuden und den Schmerz des eigenen Lebens angeschaut; das spricht er selbst am Treffendsten in einem Briefe an le Catt, im November 1761, boi Übersendung einer poetischen Epistel '), aus: „Ich beschäftige mich mit meinem Mark Aurel

1) Historische und politische Denkwürdigkeiten des Gräfen v. Gdrß. Thl. 1. S. 357.

2) v. Domhardt Leben von Jester in den Beiträgen zur Kunde Preußens. Königsberg 1817. Bd. 1. Heft 1. S. 23.

3) (Kdnigs) Historische Schilderung von Berlin. Berlin 1799. Thl. 5. Bd. 2. S. 77.

4) a. a. D. S. 76.

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5) Es ist hier die Epître à Catt" Oeuvres posth. T.8. p. 3 ges meint. Sie ist aber De Breslau en Janvier 1762" unterschrieben; doch stimmt der Inhalt mit dem Briefe überein.

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und mit meinem Zeno. Das passt zu meinem Alter, zu meiner Lage und zu allen Gegenständen, die mich umringen. Sie sind hei ter und wollen mit Recht die Täuschungen nicht verlassen, die Jh. nen schmeicheln; daher gebe ich Ihnen denn etwas in Epikur's Manier. In Ihrem Alter hatte auch ich ihn zum Lehrer; aber ich fürchte sehr, Sie werden, wenn Sie in dem meinigen sind, zu Zeno und zu unsern andern Stoikern kommen. Diese geben uns wenigstens ein Schilf, um uns darauf zu stüßen, wenn das Unglück uns nie. derschlägt, da Epikur nur im Schoße des Glückes Aufnahme finden fann. So hat denn Alles seine Zeit. Sie sind in der, die Blumen und Früchte hervorbringt; ich aber in der, wo die Blätter ab fallen, und die Früchte vertrocknen ').

Wie gebrechlich aber auch die Behausung der großen Seele zu werden anfing, woraus eben wohl das Misstrauen und der Argwohn in der Verwaltung, das Abstoßende und das Lästige im Umgange hervortraten, und die veränderte Ansicht von der Welt, und Menschen, und von Lebensfreuden; - von der alten Weise thätig zu leben wich der greise Landesvater nicht. Das spricht er selbst um. ständlich aus in einem Briefe an Voltaire, vom 7. September 1776: Vielleicht, heißt es daselbst, giebt es Leute in der Welt, denen ich zu lange lebe und die meine Gesundheit deshalb verläumden, weil sie glauben, wenn sie viel davon reden, so könnte ich den gefährli den Sprung wohl so geschwind machen, als sie es wünschen. Lud wig der 14. und 15. ermüdeten durch ihre lange Negirung die Geduld der Franzosen. Ich stehe nun 36 Jahre am Ruder; vielleicht mis brauche ich, wie sie, das Privilegium zum Leben, und bin nicht ; gefällig genug, dann aufzubrechen, wann man meiner überdrüssig‐ ist. Die Methode, mich nicht zu schonen, habe ich noch, wie sonst. Je mehr man sich in Acht nimmt, desto empfindlicher und schwächer wird der Körper. Mein Stand verlangt Arbeit und Thätigkeit; mein Leib und mein Geist beugen sich unter ihre Pflicht. Daß ich lebe ist nicht nothwendig, wohl aber, daß ich thätig bin. Dabei habe ich mich immer wohl befunden. Indess schreibe ich diese Methode niemand vor, und begnüge mich damit, sie für mich zu befolgen" ").

1) Supplément aux Oeuvres posth. T. 3. p. 40.

2) Oeuvres posth. T. 9. p. 327.

Mit welcher Freude der König seine landesväterlichen Sorgen geübt und die Erfolge derselben betrachtet; auch das ersieht man aus seinen Briefen an Voltaire. „Meine Hauptbeschäftigung, schreibt er demselben, den 16. September 1770, besteht darin, daß ich in den Provinzen, zu deren Beherrscher mich der Geburtszufall gemacht hat, die Unwissenheit und die Vorurtheile bekämpfe, die Köpfe aufkläre, die Sitten anbaue und die Leute so glücklich zu machen suche, als es sich mit der menschlichen Natur verträgt, und als es die Mittel erlauben, die ich darauf wenden kann").

An Denselben, den 11. Oktober 1773: „Nun bin ich schon länger als einen Monat von meinen Reisen zurück. Ich war in Preußen, um da die Leibeigenschaft aufzuheben, barbarische Geseze abzuschaffen, vernünftigere an ihre Stelle zu sehen, einen Kanal eröffnen zu lassen, der die Weichsel, die Neße, Warthe, Oder und Elbe mit einander verbinden soll, Städte wieder aufzubauen, die seit der Pest im Jahre 1709 wüst geblieben sind, Sümpfe von zwanzig Meilen auszutrocknen, und einige Polizei anzuordnen, die man dort nicht einmal dem Namen nach kannte. Dann habe ich in Schlesien meine armen Ignazier über die Strenge des römischen Hofes ge tröstet, ihrem Orden neue Kräfte gegeben und sie in verschiedene Provinzen getheilt. So erhalte ich sie und mache sie dem State nüßlich, da ich ihre Schulen zum Unterricht der Jugend angewandt wissen will, dem sie sich nun ganz widmen werden. Außerdem habe ich Anstalten getroffen, daß in Oberschlesien, wo noch unbebauetes Land war, sechzig Dörfer angelegt, und jedes mit zwanzig Familien besezt werden soll; ferner habe ich zur Beförderung des Handels Landstraßen durch die Gebirge anlegen, und eben daselbst zwei ab. gebrannte Städte wieder herstellen lassen, die vorher nur hölzerne Häuser hatten, nun aber von gebrannten Steinen und sogar von Quaderstücken gebauet werden sollen" ").

1) Oeuvres complètes de Voltaire. A Basle 1792. T. 76. p. 235; Friedrichs des Zweiten hinterlassene Werke. Aus dem Franz. überseht. Berlin 1789. Bd. 9. S. 329.

2) Oeuvres posth. T. 9. p. 203. In den Oeuvres complètes de Voltaire. A Basle 1792. T. 77. p. 37 ist dieser Brief,,A Potsdam, le 24. d'Octobre 1773" überschrieben.

An Denselben, den 5. Dezember 1775: „Ich bin Ihnen für den Samen, den Sie mir geschickt haben, tausendmal verbunden. Hätte man wohl geglaubt, daß unser Briefwechsel noch Tripto. lem's Kunst betreffen und daß es auf die Frage ankommen würde, wer von uns beiden sein Feld am besten baue? Indeff ist jene Kunst die erste von allen, und ohne sie gäbe es keine Kaufleute, keine Höflinge, keine Könige, Dichter und Philosophen. Nur das ist wahrer Reichthum, was die Erde hervorbringt. Wer seine Ländereien verbessert, ungebauetes Land urbar macht und Sümpfe aus. trocknet, der macht Eroberungen von der Barbarei, und verschafft Kolonisten Unterhalt. Diese arbeiten dann, da sie nun heirathen können, ganz frohen Muthes an der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts, und vermehren die Anzahl der betriebsamen Bürger.“

„Wir haben hier die künstlichen Wiesen der Engländer nachgeahmt, und es ist uns sehr gut damit gelungen, so daß wir nun ein Drittheil Vich mehr halten. Mit ihrem Pflug und ihrer Säemaschine ist es nicht so gut gegangen; für jenen ist unser Boden zum Theil zu leicht, und diese war für den gemeinen Mann und für den Bauer zu theuer."

Dafür haben wir es aber dahin gebracht, daß wir nun in unsern Gärten die Rhabarber ziehen. Sie behält alle ihre Eigenschaften, und lässt sich eben so gebrauchen, wie die orientalische. Wir haben in diesem Jahre zehntausend Pfund Seide gewonnen, und die Bienenstöcke um ein Drittheil vermehrt."

„Das sind meine Kinderklappern im Alter; denn solcher Freuden kann der Geist, wenn auch die Imaginazion erloschen ist, noch immer genießen" ').

An Denselben, den 7. September 1776: „Da wäre ich wie. der aus Schlesien zurück, wo ich so gut ein Ökonom gewesen bin, als Sie in Ferney. Ich habe Sümpfe urbar gemacht, Dörfer und Manufakturen angelegt, desgleichen einige abgebrannte Städte wieder aufgebauet" ").

An Denselben, den 4. September 1777: Ich komme aus Schlesien zurück, wo ich sehr zufrieden gewesen bin. Der Ackerbau

1) Oeuvres posth. T. 9. p. 306.

2) Oeuvres posth. T. 9. p. 329.

Friedr. d, Gr. IV.

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