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so schrieb Voltaire den 27. April darüber an d'Alembert: „Il ne serait pas mal, mal, que Frédéric se mît au rang des souscripteurs; il me doit cette reparation, et vous êtes le seul, qui soyez à portée de lui proposer cette bonne oeuvre philosophique;" und er war entzückt, wie ganz Frankreich, über die schmeichelhäften Briefe '), mit denen der König 200 Friedrichsd'or zu der Statue gab 2). Darum gehören die Worte hieher, mit welchen er, den 20. August, dem beständigen Sekretär der französischen Akademie, Duclos, seinen Dank für die seltene Ehre aussprach: „, Monsieur, je présente mes très-humbles remercimens à l'Académie; elle n'a considéré que l'honneur qui rejaillit sur sa littérature, dont elle est le modèle et la protectrice; elle encourage les beaux arts en mettant dans ses archives la lettre d'un roi qui apprit d'elle à écrire si purement notre langue. La part que j'ai dans cet évènement si honorable pour les gens de lettres, me fait sentir combien d'autres en sont plus dignes que moi, et cette justice que je dois me rendre, augmente encore ma reconnaissance."

Friedrich dachte zugleich auch an des andern Freundes Denkmal; d'Alembert aber antwortete bescheiden, wie ein weiser Denker: „Ich will nur einen Stein auf mein Grab mit den Worten: „Le Grand Frédéric l'honora de ses bontés et de ses bienfaits “ 3).

„Der Mensch, schreibt der König, den 21. Nov. 1773, an Voltaire, hangt ganz von der Zeit ab, in der er in die Welt kommt. Ich bin freilich zu früh hineingeschickt worden; indeff bedaure ich das nicht: habe ich doch Voltaire gesehen. Und, kann ich das jezt nicht mehr; so lese ich doch seine Werke." So schmeichelhaft folgt nun wieder Brief auf Brief; bis Voltaire auf's Neue der alten Schmerzen gedenkt und mit Ausfällen auf den König zu Felde zieht. In dem satirischen Gedichte vom Jahre 1774, welches „die Tak. tik" überschrieben ist, sagt er gradezu:

1) Oeuvres posth. T. 11. p. 84. 87, die Briefe vom 28. Jul u. 18. Auguft `1770, fammt den darauf bezüglichen Briefen von d'Alembert_a, á. O. T. 14. p. 113. 120, die Briefe vom 6. Jul und 12. August 1770. 2) d'Alembert's Brief an Voltaire vom 21. Def. 1770.

3) Oeuvres posth. T. 14. p. 121.

,,Je hais tous les héros, depuis le grand Cyrus
Jusqu'à ce roi brillant, qui forma Lentulus;

On a beau me vanter leur conduite admirable,

Je m'enfuis loin d'eux tous, et je les donne au diable"1).

Noch mehr, er hatte die Keckheit, über diese Satire an Friedrich zu schreiben:,,Quoique je vous aie donné à tous les diables, Vous et Cyrus, et le Grand Gustave etc“ 2). Darauf erwiderte der König: „Sie gleichen mit Ihrer Beredtsamkeit dem berühmten Redner Antonins in Rom, der seine Prozesse, wenn sie auch ungerecht waren, so zu führen wusste, daß er sie alle gewann. Ich bin Ihnen für Ihren Haff gegen mich sehr verbunden und bitte Sie, ihn ja fortzusehen, da er die größte Gunst ist, die Sie mir erzeigen können. Bald werden Sie mich am vollen Tage überzeu gen, es sei Nacht“3). Aber, er wusste zu verzeihen und zu vergessen. „Sie sind, wie Sie sagen, zufrieden (schreibt er ihm wenige Monate darauf ')), wenn man Sie nur nicht hafst; und ich kann mich nicht enthalten, Sie zu lieben, obgleich Sie manche kleine Untreue gegen mich begangen haben. Nach Ihrem Tode wird Niemand Sie ersehen und die schöne Literatur in Frankreich wird zu Grunde gehen. Die Liebe zu den Wissenschaften wird meine leßte Leidenschaft sein" ").

Die Porzellanmanufaktur in Berlin hatte Voltaire's wohlgetroffene Büste geliefert. Friedrich schrieb mit eigener Hand darunter,,Viro immortali"; und der gefeierte Sänger dankte mit der einnehmendsten Schmeichelei:,,Sire, je reçois dans ce moment le buste de ce vieillard en porcelaine. Je m'écrie en voyant l'inscription, dont je suis si indigne:

Les rois de France et d'Angleterre

Peuvent de rubans bleus parer leurs courtisans;
Mais il est un roi sur la terre

Qui fait de plus nobles présens,

1) Oeuvres de Voltaire. Gotha 1785. T. 14. p. 242; vergl. damit Friedrich's Brief an Voltaire vom 16. Febr. 1774 in den Oeuvres posth. T. 9. p. 214; auch p. 212 den Brief vom 10. Februar.

2) Oeuvres complètes de Voltaire. Edit. de Basle. T. 77. p. 52.
3) Brief vom 29. Mår; 1774, in den Oeuvres posth. T. 9. p. 217.
4) Den 13. Sept. 1774, in den Oeuvres posth. T. 9. p. 229.

Je dis à ce héros, dont la main souveraine

Me donne l'immortalité :

Vous m'accordez, grand homme, avec trop de bonté,
Des terres dans votre domaine" 1).

So hörte Friedrich niemals auf, das, nach seiner Ansicht, glänzendste Gestirn der Zeit zu verherrlichen, zu preisen; ja, was viele Briefe bezeugen, ihm zu schmeicheln. Seit 1767, wo Vol. taire mit der Kaiserinn von Russland in Verbindung trat, mochte der König Manches in seinen Briefen auf die gelegentliche Mittheilung nach St. Petersburg berechnen; aber, er verhelte ihm auch die Unschicklichkeit nicht, mit welcher Voltaire jenes „Licht des Nordens" immer nur seine Kaiserinn nannte.

Doch alle diese kleinen Fehden waren so vorübergehend, daß sie, wenigstens des Königs Juneres kaum dauernd zu berühren vermochten, dessen Seele für Voltaire's großen Geist bis au's Ende nur hohe Bewunderung, als bleibenden Ton, fühlte. Das spricht sich in allen Äußerungen des Königs, selbst in den bittersten Augenblicken des Unmuths aus. Wir verweisen darüber auf seine gesammten Briefe und geben nur Kunde von Voltaire's leßten Lebenstagen und von Friedrich's Sorge: für sein Gedächtniss. Kaiser Joseph besuchte, den 17. Jul 1777, auf der Rückkehr von Paris, nur Haller, den deutschen Dichter und Gelehrten, mit vieler Huld, in Bern; vor dem Schlosse von Ferney aber ging er nahe vorüber, ohne den französischen Patriarchen des Grußes zu würdigen. Diese Gleichgültigkeit verdenkt Göthe dem Kaiser sehr 2); auch in Potsdam wurde sie nicht mit Wohlgefallen vernommen. Wäre ich an des Kaisers Stelle gewesen, sagt Friedrich in dem Briefe vom 13. August 1777 an d'Alembert, ich wäre nicht durch Ferney gereist, ohne den alten Patriarchen zu hören, um wenigstens zu sa

1) Diesen Brief vom Januar 1775 findet man in den Oeuvres complètes de Voltaire. Basle 1792. T. 77. p. 97. In dem Commentaire historique p. 81 heißen die Verse:

,,Vous êtes généreux. Vos bontés souveraines

Me font de trop nobles présens.

Vous me donnez sur mes vieux ans

Une terre dans vos domaines."

2) Dichtung und Wahrheit. Thl. 3. (Werke Thl, 19) S. 62,

gen:,, ich habe ihn gehört und gesehen"). Dafür tröstet er selbst diesen Patriarchen königlich und mit vieler Freundschaft: „Ich habe in Berlin eine öffentliche Bibliothek bauen lassen, schreibt er ihm noch in demselben Jahre; Voltaire's Werke logirten vorher zu unanständig. Alexander der Große legte Homer's Werke, wie billig, in das sehr kostbare Kästchen, welches er unter andern von dem Darius erbeutet hatte 2). Und ich? nun ich bin kein Alerander der Große und habe auch von keinem Menschen Beute gemacht, wohl aber, nach meinen geringen Kräften, das bestmöglichste Behält nis für die Werke des Homer in unserm Jahrhundert erbauen lassen “ 3).

Man kann sich's denken, welcher Verlust Voltaire's Tod für den König war. Sieben und zwanzig Jahre hatte Frankreich seinen ersten Dichter, seiner Schriften wegen, aus dem Vaterlande verbannt *). Endlich erlangte Necker von Ludwig dem 16. zu Anfange des Jahres 1778 die (wenn auch nur stillschweigende) Erlaubnis für ihn, nach Paris zu kommen. Voltaire wollte sein neues Trauerspiel Alexius Komnenus auf die Bühne bringen. Die Einwohner der Hauptstadt vergötterten den so lange Entbehrten; er wurde bei der Aufführung seiner Irene gekrönt3) und

1) Oeuvres posthumes T. 11. p. 261.

2) Plinius Hist. nat. Buch 7. Kap. 30.

3) Dieser Brief vom 9. Nov. 1777 steht in den Oeuvres posth. T. 9.

P. 355.

4) „Profitant de quelques taches qui ternissaient légèrement le disque de cet astre brillant de notre littérature, le clergé par son influence, quelques vieux parlementaires enclins à la sévérités, un petit nombre d'anciens courtisans, partisans des antiques abus du pouvoir, avaient obtenu contre Voltaire non une condamnation ou même un ordre officiel de bannissement, mais des insinuations assez efficaces pour l'obliger à chercher son repos et sa sûreté dans l'exil." Ségur Mémoires ou souvenirs et anecdotes. T. 1. P. 187. 188. 5),,Jusque-là on avait vu des triomphes décernés avec justice aux grands hommes par le gouvernement de leur pays: le triomphe de Voltaire était d'un nouveau genre; il était décerné par l'opinion publique, qui bravait en cette occasion, pour ainsi dire, le pouvoir des magistrats, les foudres de l'Église et l'autorité du moFriedr. d. Gr. IV.

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starb') unter dem Jubel des Volks '); die Geistlichkeit aber verweigerte ihm ein Grab '). Da schrieb Friedrich auf den seltenen Todten, mitten in Böhmen, unter dem Waffengeräusche des Feldlagers eine Lobschrift für die Akademie der Wissenschaften in Berlin.

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viel sich auch Ihre theologische Brut Mühe giebt, heißt es in des Königs Briefe vom 1. Mai 1780 an d'Alembert, Voltaire'n nach dem Tode zu schänden; so sehe ich darin doch weiter nichts, als das ohnmächtige Streben einer neidischen Wuth, welche ihren eigenen Urheber mit Schande bedeckt. Mit allen den Stücken ausgerüstet, die Sie mir dazu geschickt haben, beginne ich jezt in Berlin die merkwürdige Unterhandlung wegen Voltaire's Seelenamt; und obschon ich keinen Begriff von einer unsterblichen Seele habe, so wird man doch für die seinige eine Messe lesen“). Das geschah. Mit aller Pracht wurde in der katholischen Kirche zu Berlin, am Jahrestage seines Todes 1780, Voltaire'n der feierliche Trauergottesdienst gehalten,

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narque 1). Malgré tous les efforts du clergé, des magistrats et de l'autorité, qui défendirent pour quelque temps au théatre de jouer les pièces de Voltaire, et aux journaux de parler de sa mort, Paris fut inondé d'un déluge de vers, de pamphlets et d'épigrammes, seules armes dont l'opinion pût se servir pour venger cet outrage fait à la mémoire d'un homme qui avait illustré sa patrie et son siècle").

1) Es giebt zwei Medaillen auf Voltaire, deren eine den 20. Febr., die andere den 20. Nov. 1694 als seinen Geburtstag angiebt; Palissot in feiner Eloge hält den 20. Februar für den richtigen: Voltaire selbst nennt in einem Briefe an Friedrich vom 25. November 1777 diesen Tag, den 25. Nov., als seinen Geburtstag ). Gestorben ist er den 30. Mai 1778.

2) Vergl. d'Alembert's Bericht an den König vom 1. Jul 1778 in den Oeuvres posth. T. 15. p. 85 und Mémoires ou souvenirs et anecdotes P. Mr. le Comte de Ségur. Paris 1826. T. 1. p. 186 ff. 3) Oeuvres posth. T. 15. p. 81 ff.

4) Oeuvres posth. T. 12. p. 51. Der hier benußte Brief bezicht sich auf d'Alembert's Schreiben vom 14. April 1780, in den Oeuvres posth. T. 15. p. 140.

1) Ségur T. 1. p. 200.

2) Ségur T. 1. p. 205.

3) Deuvres complètes de Voltaire. A Basle 1792. T. 77. p. 230.

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