Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Als der polnische Reichstag den 1. September 1766 sich ver. sammelte; da legten die Minister der drei beschüßenden Höfe für die Dissidenten Fürworte ein '), welche großen Widerwillen fanden: Wien rüstete die Waffen, blieb aber ruhig, als Friedrich mit Katharine, den 23. April 1767 sich noch inniger verband 2). Darauf bilden die Dissidenten, den 23. Jun, unter Fürst Karl Radziwill's Vorsitz und im Schuße russischer Waffen eine sogenannte Generalkonföderazion. Den 5. Oktober wird ein außerordentlicher Reichs. tag nach Warschau berufen, und Alles aufgeboten, durch Gefeßeskraft die Akatholiken den Katholiken ganz gleich zu stellen: am lautesten widersprachen die Bischöfe Cajetan Soltyk von Krakau und Masfalski von Wilna; der König Stanislaus fand sich in der größesten Verlegenheit; Russland aber bediente sich der Rechte des Stärkeren

1) Friedrich an einen auswärtigen Gesandten, den 24. Sept. 1766: Ich finde nöthig, Euch hierdurch bekannt zu machen, wie daß Ich mit dem Russisch Kaiserl. Hof conveniret bin, daß derselbe durch seinen zu Warschau habenden Ambassadeur den Prinzen von Repnin einige energique representationes an die nächst zu versammelnden diete in Pohlen thun, und deshalb ein schriftliches Memoire dahin einreichen werde, daß die sogenannten Dissidenten in Pohlen hauptsächlich als auch protestantischer Religion von der bisherigen höchst ungerechten Bedrückung und von Gewaltthätigkeit der dasigen katholischen Clerisey und deren Anhänger befreiet, auch dieselbe in ihren vormals rechtlich erhaltenen privilegien und Freiheiten restituiret werden, welches alsdann Mein Ministre Benoit daselbst convenablement mit appuyiren wird." Die Memoiren und Deklarazionen, welche der preußische, der ruffische, der großbritannische, der dånische und der schwedische Gesandte in Warschau zu Gunsten der Dissidenten im Jahre 1766 und 1767 überreicht, findet man in de Martens Recueil. T. 1. p. 340 ff.; eben daselbst auch Manifeste des Dissidens de la grande et petite Pologne, en conséquence de leur Confédération. 1767.“ Vollständig beisammen stehen alle, diese Angelegenheit betreffende diplomatische Urkunden in der Histoire des Révolutions de Pologne,

T. 1. 2.

[ocr errors]

2) Als die Utrechter Zeitung sagte, Preußen habe die polnische Gränze überschritten, da erklärte Friedrich den 12. März 1767, daß iene Nachricht falsch und unwahr sei; wie denn kein Mann von Meinen Truppen in Polen eingerückt ist, noch auch einrücken wird, wofern die Österreicher sich nicht in das Spiel meliten."

und Fürst Repnin, welcher nicht so leise und schlau, wie der verstorbene Graf Keyserling zu Werke schritt, ließ die Bischöfe Soltyk von Krakau und Joseph Zaluski von Kiow, den Woywoden von Krakau Grafer Benzeslaus Rzewuski und seinen Sohn Severin Starosten von Delin, sammt einigen andern Vornehmen, in der Nacht des 13. Oktober 1767 aufheben und einzeln nach Sibirien abführen: Adam Corvin Krasinski Bischof von Kamiéneç und Andere entwichen dem Ungemach. Nun wurden unter Preußens Beiwirkung nicht nur die Dissidenten, den 24. Februar 1768, in alle Rechte durch Ruslands Willen eingeseßt '), sondern auch die ganze Grundverjafung der Republik festgestellt.

So unmäßige und schrankenlose Gewalt der fremden Macht führte zur Verzweiflung. Adel und Geistlichkeit regen das Volk mf; Frankreich schürt die Flamme an, ohne wesentlichen Beistand

gewähren. ). Es bildet sich zu Bar, in der Wohwodschaft Po dalien, den Türken nahe, im Mai, die berühmte katholische Gegen. fonföderation unter dem Grafen Michael Krasinski, neben welchem Joseph Pulawski und der mächtige Franz Potocki hervorragten, die heftigsten Gegner der Czartoryski und ihrer Reformen. Alle neuere Gesetze für die Kraft des Thrones sollen aufgehoben, der König-soll gestürzt, das ganze Joch des fremden Einflusses abgeworfen werden. Da flchet Stanislaus Augustus Katharinens Beistand an. Rus

1) Russland schloss mit der Republik Polen den 24. Febr. 1768 in Wars schau drei Verträge ab: 1) Tractatus 'perpetuus inter Rempublicam Polonam et imperium totius Russiae; 2) Actus separatus primus, quo immunitates et praerogativae Graecorum Non-Unitorum et Dissidentium, Civium et Incolorum in Ditionibus Serenissimae Reipublicae Polonae et annexis Eidem Provinciis, continentur; 3) Actus separatus secundus, in quo Serenissimae Reipublicae Polonae Leges Cardinales perpetuo duraturae, nec ullo unquam tempore immutandae, Materiae praeterea Status, quae in Comitiis liberis omnium consensu decerni debent, continentur," Wenk Codex T. 3. p. 651–713.

22) Frankreich und England, welche damals, wie in den neuesten Zeiten gegen Russland waren, scheueten sich doch, demselben für Polen förmlich entgegen zu treten; fie theilten mit Friedrich die Abneigang vor einem allgemeinen Kriege.

Friede, d. Gr. IV.

sische Truppen sprengen die in eine Generalkonföderazion verwandelte katholische Konföderazion in Bar so leidenschaftlich aus einander, daß sie dem fliehenden Grafen Potocki und einem Haufen anderer Konföderirten bis auf türkisches Gebiet nachseßen und die kleine Krimische Stadt Balta in Brand stecken. Die Polen und ihre Freunde in Konstantinopel wussten diese Vorgänge in noch grelleres Licht zu stellen. Die Kosaken, hieß es, seien den flüchtigen Konföderirten immer weiter, 16 Stunden hinter Balta, bis nach der tatarischen Stadt Dubassor, 10 Stunden von Bender nachgefolgt. Da schreit die Bevölkerung der türkischen Hauptstadt nach Rache; die ohnmächtige Regirung, welche die günstigste Gelegenheit im Siebenjährigen Kriege verträumt, lässt sich von der eigenen Menge, von den Polen und von den Franzosen zur Unzeit in die Waffen bringen 1). Der einsichtsvolle Großwezir Muchsin Zadé wird abgesest; sein unfähiger Nachfolger Hamza Pascha 2) begegnet dem rusfischen Gesandten, nach einem gehaltenen Divan, wider allen Anstand hart und lässt ihn endlich sogar in die sieben Thürme gefangen seßen. Ohne auch nur im Mindesten gerüstet zu sein, erkläret Sultan Mustapha der 3. dem Petersburger Hofe, den 30. Oktober 1768, den Krieg '), welcher die Kaiserinn Katharine erst zum vollen Bewusstsein ihrer Hülfsmittel brachte, die morsche Hinfälligkeit der Pforte zu Wasser und Lande offenbarte, die Theilung Polens veranlasste und dadurch für ganz Europa von den unsäglichsten Fol gen wurde.

1) Mr. de Vergennes wurde unmittelbar nach der von ihm bewirkten Kriegeserklärung der Pforte von seinem Gesandtschaftsposten abberufen und durch den Chevalier de Saint-Priest erscht. Im Unmuth kam er nach Versailles und sagte zu dem Herzoge v. Choiseul: „La guerre a été declarée à la Russie, et telle était la volonté du Roi, que j'ai exécutée dans tous ses points; mais je rapporte les trois millions qu'on m'avait envoyés pour cela; je n'en ai pas eu besoin." ,,Catherine II., dans son dépit, appelait Mr. de Choiseul le Souffleur du Mustapha." Flassan Diplomatie française. 1809. T. 5. p. 83. 82..

2) Er starb nach 28 Tagen und hatte Emin Pascha zum Nachfolger. 3) Wesentliche Betrachtungen oder Geschichte des Krieges zwischen

den Osmanen und Russen in den Jahren 1768 bis 1774 von Resmi

Ungern sahe Preußen sich in neue Fehden verwickelt. Aber tren hält Friedrich an Ruffland, offen spricht er zu der Pforte '): „daß er der Kaiserinn Katharine seiner Verbündeten zwar Subsidien, aber keine Truppen geben, und daß es ihm allezeit höchst angenehm sein werde, das gute Vernehmen zwischen beiden Reichen durch seine guten Officia wieder herzustellen, indem es ihm nicht anders als sehr leid thun müsse, daß es zwischen ihnen, um so geringer und nichtiger Ursachen willen, zum öffentlichen Bruche kommen solle." Zugleich giebt er der Pforte zu erkennen: „daß, wann ja der Krieg ausbräche, er vielleicht zwei oder drei Officiers als Volontairs zur russischen Armee schicken würde 2), welche aber vor keine Hülfe von

Achmed Efendi 1), aus dem Türkischen überseht und durch Anmerkungen erläutert von Heinr. Friedr. v. Diez, Königl. Preuß. Geh. Legazionsrathe und ehemaligen außerordentlichen Gesandten und bevoll= mächtigten Minister des Königs am Hofe zu Konstantinopel. Halle und Berlin 1813. 307 S. gr. 8.

1) Potsdam den 9. Nov. 1768. Noch kurz vor der Kriegeserklärung der Pforte hatte Friedrich in Konstantinopel, zur Beseitigung des Ausbruches der Feindseligkeiten, diplomatische Versuche gemacht; s. v. Hammer Geschichte des Osmanischen Reiches. Band 8. Vom Belgrader Frieden bis zum Frieden von Kainardsché, 1739-1774. Peft 1832. S. 324.

2) Die Offiziere, welche der König damals 2) in der Russischen Armee den Feldzug mitmachen ließ, waren: der Oberst Prinz Wilhelm von Braunschweig, des Königs Neffe, der Oberfilieutenant von Usedom, der Major v. Pfau und einige andere. Der Prinz Wilhelm farb den 24. August 1770 in Bessarabien an einer Entzündung, nachdem er sich noch den 7. Aug. bei dem Siege über die Türken am Flusse Kagul unter Romanzow ausgezeichnet. Er hinterließ ein unvollendetes Heldengedicht Die Eroberung von Megiko durch Ferdinand Cortez in 12 Gesängen 3). v. Usedom ift 1792 den 10. April als G.-L. und Chef des 7. Husarenregiments (Stammlifte v. 1806. S. 268) geftorben. v. Pfau ist den 13. Jul 1794 als General vor dem Feind geblieben und der Kaiserlich - Königliche Generalfeldm. Dagobert Graf v. Wurmser hat ihm 1796 ein Denkmal errichtet *).

"

1) E. oben Bd. 2. G. 433-435.

2) E. Veilage 2.

3) S. Friedrichs Brief an Voltaire v. 30. Oktober 1770 in den Oeuvres complètes de Voltaire. Basle 1792. T. 76. p. 241.

4) (G. L. v. Valentini) Erinnerungen eines alten preußischen Offiziers aus den Feldzügen von 1792. 1793. 1794. S. 98.

Truppen angesehen werden könnten." In einer andern Depeche sagt der König '):,,Was Mir in dem türkischen Manifest wider Russland insbesondere nicht gefällt, ist, daß in solchem die rechtmä ßige Wahl des Königs in Polen selbst angefochten werden will, und es daher fast das Ansehen gewinnet, als ob die Absicht der Pforte auf seine Absetzung gerichtet, und dieselbe solchen bei einigem glücklichen Fortgang ihrer Waffen vom Thron zu seßen suchen dürfte. Hierzu kann Ich aber nach Meiner Alliance mit Russland ohnmöglich still schweigen, weil Ich nach solcher den König auf dem Thron zu mainteniren Mich verbunden habe. Daher es Mir sehr nahe gehet, den König in Polen in dem Manifest der Pforte mit eingeflochten zu finden, weil Ich, obschon die Sachen mit den Dissidenten Mir sousten nichts angehen, dennoch den König auf dem Thron zu mainteniren in gedachter Meiner Alliance Ich ausdrücklich garantiret habe." Noch nachdrücklicher wiederholt er der Pforte einen Monat später 2):,,daß er dem König in Polen die Krone garantiret und folglich nicht hoffen wolle, daß die Pforte ihre Absichten auf seine Abseßung gerichtet habe; widrigenfalls er genöthiget sein würde, für ihn zu agiren und sein einmal gegebenes Wort zu erfüllen." Bei dem Allen räth Friedrich auf allen Seiten zum Frieden, welcher in seiner Lage bei weitem das Wünschenswertheste blieb 3).

Im Februar 1769 war die russische Armee unter dem General en Chef Prinzen Gallißin versammelt, früher als die Türken; doch

1) Berlin, den 21. Dez. 1768.

2) Berlin den 19. Januar 1769.

[ocr errors]

3) Den 7. April 1769 schreibt der König: Ein Trupp Confederirter hat leht von Neuem excesses auf Meinem territorio ausüben wollen; nachdem sich aber ein Commando von Meinen Truppen ihnen widerseht, so find sie von solchen überwältiget und gefänglich eingezogen worden. Ich werde sie eine Zeitlang fißen, und sodann wieder leufen lassen." Also wollte der König nur in seinem Poëme:,, La Guerre des Confédérés "1) gegen die Polen zu Felde ziehen, und sein Gebiet durch einen Kordon sichern 2).

1) S. oben Bd. 3. S. 556.

2) S. Urkundenbuch. Thl. 3. S. 238 Nr. 43. 44; S. 239 Nr. 45; S. 240 Nr. 48; S. 233 Nr. 30; S. 234 Nr. 31.

« ZurückWeiter »