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1786 Kommandör des Regiments Garde war'), besonders gequält, fast wie Gefangene lebten. Man muss darüber die Augenzeugen in Blick auf Gesinnung und Streben“ einsehen, welche auch erzäh. len, wie drei Gardeoffiziere, v. Woltersdorf, v. Taubadel und v. Borch, bloß, weil sie Mittags den 25. Januar 1776 bis den andern Morgen halb 4 Uhr ohne Urlaub nach Spandau gefahren waren, vom Wagen ins Gefängniss wandern und ein halbes Jahr sizen mussten. ,,Die drei arretirten Offiziere vom ersten Bataillon, schreibt v. Wi. nanko an v. Briest, Potsdam, den 23. Jul 1776, find endlich losgegeben. Der König war ziemlich gnädig, als sie sich meldeten. Er hat in der Ovalkammer gesessen, die Füße in einen Mantel geschlagen, im Gesicht sehr blass und abgefallen. Der arme alte Mann! wenn er doch nur zu unserer nächsten Exerzierzeit besser werden wollte."

Bei der strengsten Mannszucht wurde auch der kleine Dienst mühsam geübt und der König achtete ihn der eigenen, wichtigen Aufsicht nicht zu gering, während er die Kleinigkeitskrämer im Dienst unter den Infanterieoffizieren „Stiefelettenmajore," unter den Kavallerieoffizieren,,Sattel- oder Stiefelmajore" nannte 2). In untergeordneten Diensten hielt er solche Offiziere für sehr brauchbare Ererziermeister; aber in höheren Stellen duldete er sie nicht; und er hat Generale und Bataillonskommandöre von der Front entlaffen, wenn sie sich, ohne Talent, so hoch verstiegen hatten. Wie die geistreichen Befehlshaber der Armee ihre Bildung und Weihe erhielten und dadurch aus der Sphäre des militärischen Handwerkers ganz hervorgehoben wurden, haben wir schon gesehen.

Noch bei König Friedrich Wilhelms des Ersten Lebzeiten hatte der alte Dessauer 1740 die, auch durch ihre Schwere wirksameren

1) Ernst Gottlob v. Scheelen trat Anfangs Januar 1773 an des G.-M. Otto Heinrich v. Lagdehnen (s. Urkundenbuch Thl. 3. S. 259 ff.) Stelle. Er scheint, auch nach der K.-D. an den Major v. Gößen vom 10. April 1772 (Urkundenbuch Thl. 4), vom Könige sehr vorgezogen worden zu sein. v. Scheelen's Hårte gegen die Soldaten wird noch jest oft mit Widerwillen genannt.

2) Salderns Leben von Küfter. S. 83. 84.

eisernen Ladstöcke, statt der sehr zerbrechlichen hölzernen erfunden '); 1773 veranlasste Prinz Friedrich von Braunschweig die zylindri schen Ladstöcke, welche das zweimalige Umdrehen der konischen erspar ten und machten, daß der Soldat jede Minute fünfmal schießen und das sechste Mal laden konnte, da er bisher vier bis fünfmal ge schossen. Der Lieutenant v. Freytag, welcher 1801 Oberst und Kommandör des Infanterieregiments v. Besser war, gab 1781 das trichterförmige Zündloch am Gewehre des Fußvolks an2), bei welchem kein Pulver auf die Pfanne zu schütten nöthig ist: nun musste in der Minute sechsmal geschossen und das siebente Mal geladen werden; auch seßte das Gewehr mit trichterförmigem Zündloche den Soldaten in den Stand, bei Nachtgefechten ungehindert, wie bei Tage zu feuern. Und, wie v. Seydliß die preußische Reiterei vervollkommnet; so lebten in v. Saldern und in v. Möllendorff neue Pfleger für das Fußvolk auf. Ja, die französische Regirung glaubte ihr Heer durch das preußische Exerzizium und selbst durch den preußischen Stock und die Fuchtel ohne Friedrich's Geist reformiren zu können. Eine Hauptforge wurde auf die Artillerie gewandt, deren Bewegungen, enger mit denen des Fußvolks und der Reiterei verbunden, eine eigene Taktik erzeugten. Als Chefs dieser Waffe sind der 1755 verstorbene General der Infanterie v. Linger 3), der 1777 verstorbene G.-L. v. Dieskau *) und der 1785 verstorbene 6.-M. Georg Ernst v. Holtendorff') berühmt, nach welchem der

1) Barnhagen v. Ense Biographische Denkmale. Thl. 2. Berlin 1825. S. 146.

2) S. oben Bd. 2. S. 365 (in dem Leben des Fürsten Leopold von Anhalt - Dessau.)

3) v. Lingers Vorgänger, der G. M. v. Kühlen blich 1715 bor Stralsund.

4) Biographische Beiträge zur Geschichte der beiden Inspektors der såmmt. lichen Artillerie, v. Dieskau und v. Holhendorff findet man in Mars. Eine allgemeine militärische Zeitung. Bd. 1. Berlin 1805. S. 241; Bd. 2. S. 49. 191.

5) Den 21. Januar 1767 in den Adelstand erhoben; er war ein Sohn des bekannten Generalchirurgus Dr. Holzendorff, welcher an Friedr. Wilbelms 1. Hofe sehr vielen Einfluss hatte und dann gegen das Ende der Regirung dieses Königs doch in Ungnade fiel; s. (Königs) Militärisches Pantheon. Bd. 2. S. 178.

Friedr. d. Gr. IV.

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König den Obersten Ditmar') an die Spiße der gesammten Artillerie stellte. Von den Festungsbauten ist mehrmals die Rede gewesen. Hier also nur die Bemerkung, daß Friedrich auch in diesem Fache rasch mit der Zeit fortschritt. Montalembert wurde 1761 mit seiner Reformazion der Befestigungskunst fertig; aber, da er kein Ingenieur von Profession - Keiner von der stabilen Zunft war; so sette sich das französische Ingenieurkorps hartnäckig dagegen und er durfte erst 1776 seine Fortification perpendiculaire drucken lassen. Friedrich bekam durch seinen Gesandten in Paris ein Exemplar, erkannte sogleich die Vortheile des neuen Systems und wandte es theilweise bei seinen Festungsbauten an. Die meiste Aufmerksamkeit widmete er mit großen Kosten den schlesischen Pläßen: Schweidniß, Silberberg, Glah, Neiße, Kosel; — die Bauten von Lyk), Grabow und Graudenz zeigen, daß Friedrich auch von dieser Seite große Wachsamkeit für nöthig gehalten. Die historische Wichtigkeit von Kolberg machte, daß er diese Festung, 1770, durch verschiedene neue Werke verstärken ließ. Kenner wollen jedoch behaupten, daß diese erweiterten Anlagen ihrem Zwecke nur ungenügend entsprochen 3).

Als im Jahre 1783 eine neue Art von Kanonen im Auslande -war erfunden worden; so wünschte der König durch seinen Freund, den ehemaligen Statsminister Freiherrn v. d. Horst hinter dás Geheimniff zu kommen, welcher ihm auch anderweitige Nach. richten aus Wien und aus Versailles mittheilte *).

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3) Joachim Nettelbeck Bürger zu Kolberg. Eine Lebensbeschreibung 3. Bändchen. Leipzig 1823. S. 40.

4) Au Ministre d'Etat Baron de Horst, à Halden '). Je sens bien, qu'il vous sera extrêmement difficile de pénétrer le sécret de la nouvelle invention des canons de. Mais d'autant plus glorieux vous sera-t-il, si vous trouvez moyen de l'approfondir. Aussi suis-Je persuadé, que ces difficultés même vous serviront d'aiguillon puissant à tenter l'impossible pour Me rendre ce service et vous pouvez être assuré de Ma reconnoissance. En at

1) Im Fürstenthum Minden.

Also, das Land empfand nichts Nachtheiliges von dem hohen Alter seines Königs. Nur er war der Entbehrende, wenn anders der große Mann die unvermeidliche Bürde der Jahre so empfunden hat, wie sein Äußeres und die Verhältnisse ihn mitleidswürdig dar stellen mochten. Wenn Friedrich auch seinen Anzug, vom Haupte bis zu den Füßen immer mehr verabsäumte '), und durch übermäßigen Gebrauch des spanischen Tabacks Gesicht und Kleider vernachlässigte; das Feuer der Augen behielt die durchdringende Schärfe, die sanfte Anmuth und verschönte das von Alter und Sorgen gebeugte Haupt.,, Ses yeux trop durs dans ses portraits, fagt der Prinz von Ligne, mais tendus par le travail du cabinet et les fatigues de la guerre, s'adoucissoient en écoutant ou racontant un beau trait d'élévation ou de sensibilité" 2).

Hatte der kinderlose, von den Geschwistern und von der Gemalinn entfernt lebende Mann seinen Hauptgenuss nach den Mühen des Tages im geistreichen Umgange mit Freunden, oder im traulichen und belehrenden Briefwechsel gefunden; so musste der greise König auch hierin entbehren und nach neuen Quellen suchen: eine schwierige Aufgabe für das hohe Alter!

Doch, ehe wir, wie der Kreis seiner Freunde allmälig sich auf. löst, berichten, begegnen uns zwei harte Familienschläge, welche sein zartes und weiches Herz bitter treffen. Einmal, der Tod seines höchstliebenswürdigen Neffen, des Prinzen Friedrich Heinrich Karl '), eines Sohnes von August Wilhelm, welcher 1767, als er sein Kürassierregiment aus der Garnison Kyritz nach Potsdam führte, in dem Dorse Proßen bei Ruppin, auf dem Gute des Gen. -Lieut. v. Kleist, von den Blattern befallen und den 26. Mai dahingerafft wurde). Der König hatte ihn 1763 nach Potsdam ge

tendant Je vous sais gré de vos lettres de Vienne et Versailles; et sur ce Je prie Dieu, qu'il vous ait en sa sainte et digne garde. Potsdam, ce 7. d'avril 1783.

1) Seine ganze hinterlassene Garderobe wurde an einen Juden für 400 Thlr. verkauft; f. Büschings Charakteristik S. 16.

2) Mémoire sur le Roi de Prusse. 1780. p. 55.

3) Geb. 1747 den 30. Dezember.

4) über des Prinzen Heinrich Leben, Krankheit, Tod und Begräbnis fiche Büsching Reise nach Kyrih, S. 154-162..

nommen '), zum Hauptmann im Bataillon Leibgarde gemacht und auf allen Reisen um sich gehabt, bis er ihn, eben in dem verhängnissvollen Jahre zum Obersten und zum Chef desselben Regiments erhob, welches auch sein Vater gehabt. Jest war er von der Trauernachricht so ergriffen, daß er, auf der Rückreise von der pommerschen Revie, in Bernau übernachtete, weil er vor Wehmuth nicht weiter fahren konnte 2). Friedrich beweinte den großen Verlust schmerzlich, wälte selbst die Textesworte Jesaias 55, 8.9 „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken 2c.“ für die Gedächtnisspredigt und schrieb eine herrliche Lobrede auf den frühe Vollendeten, welche den 30. Dezember in einer außerordentlichen Versammlung der Akademie der Wissenschaften vorgelesen wurde und zugleich in Druck kam3)...

Der andere Familienkummer war die Ehescheidung des Prinzen von Preußen *), in welchem wieder aufzuleben des unsterblichen Monarchen stolzer Wunsch war'), und welchen er deshalb auch all

1) Johann Heinrich Baron v. Andrié war Hofmeister des Prinzen Heinrich; s. Büschings Reise nach Kyriß S. 155. Es ist dieser Bar. v. Andrié auch als der einzige preußische Vicomte merkwürdig. Er wird in dem Vicomte-Diplom vom. 5. Dezember 1787 1) genannt,, Le Conseiller d'Etat de la Principauté de Neufchatel et Valengin et ancien Sous- Gouverneur de feu Son Altesse Royale Notre très..cher et très-aimé frère le Prince Henri de Prusse, le sieur Henri Andrié Baron de Gorgier." Das Wappen des Barons Andrić Vlcomte de Gorgier findet man in des Hofrath Kdhne Wappenbuch der preußischen Monarchie Bd. 2. Blatt 20 hinter den Grafen und vor den Baronen. Oberhofmeister des Prinzen Heinrich war, bis zu dessen Lode, seit 1757 der Oberfilieutenant Hans August v. Blumenthal 2), welcher 1786 den 2. Oktober in den Grafenßtand erhoben wurde und den 7. Dez. 1788 in Berlin starb; s. (Königs) Milit. Pan= theon. Bd. 1. S. 149; Bd. 4. S. 342.

2) Vergleiche Urkundenbuch Thl. 3. S. 227. Nr. 12. 13. 3) S. oben Bd. 1. S. 472; Bd. 3. S. 558.

4) Geb. 1744 den 25. Sept.

5) Friedrich sagte, er lebe in seinem Nachfolger wieder auf (,,qui le recommence“); s. den Anfang von de Hertzberg Mémoire histo

1) Er wurde an demselben Tage zum Kammerherrn ernannt.

2) Bruder des oben Bd. 3. S. 445 und 550 genannten Ministers Joachim Christian v. Blumenthal,

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