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dem Mittel zu schreiten, zu welchem sie durch das Herkommen so vieler Jahrhunderte und durch die klare Bestimmung der Reichsgesebe genugsam berechtiget sind, nämlich ein Bündnisf unter sich zu errichten, welches zu Niemandes Beleidigung gereichen, sondern lediglich den Endzweck haben soll, die bisherige geseßmäßige Verfassung des deutschen Reichs in ihrem Wesen und Bestande zu erhalten. Nach diesen Grundsäßen verbinden sich diese Fürsten, auf ihr altdeutsches fürstliches Ehrenwort, alle und jede, sowohl die hierin verbundenen, als auch jede andere Reichsstände, bei ihrem rechtmäßigen Besitzstande durch alle rechtliche und mögliche Mittel zu erhalten, und gegen jede widerrechtliche Gewalt sie zu schüßen. Die verbundenen Fürsten wollen deshalb in wahrer und genauer Freundschaft leben, und sich Alles, was einem jeden schädlich oder nüßlich sein könnte, im Vertrauen eröffnen und mittheilen. Sie wollen besonders alle dienliche Mittel anwenden, daß die Reichsversammlung in beständiger Thätigkeit erhalten, über alle dahin gebrachte Angelegenheiten berathschlaget und beschlossen, auch die Erledigung der Rekurse befördert werde. Ferner, dahin Bedacht zu nehmen, daß die beiden obersten Reichsgerichte in geseßmäßige Ordnung gebracht und darin erhalten, auch immer mit geschickten, redlichen, tapfern Männern beseßt sein mögen. Wenn jemand, wer er auch sei, die verbündeten Fürsten, oder auch jedes andere Glied des Reichs, von welcher Religion es sei, geistlichen oder weltlichen Standes, in seinem wirkli chen Besitzstande mit eigenmächtigen Ansprüchen, mit Säkularisazionen und Entgliederung hoher und niederer geistlicher Stifter, mit willkürlichen und aufgedrungenen Vertauschungen von alten erblichen Landen, den Reichs- und Hausverträgen und den Traktaten zuwi. der, beunruhigen und die Übermacht dazu missbrauchen wollte, so verbinden sich die vereinigten Fürsten, daß sie alle reichsgesetzmäßige Mittel und auch alle ihre habende Kräfte dahin anwenden wollen, um solchen Missbrauch der Gewalt und Übermacht abzuwenden, ein jedes Mitglied des Reichs bei seinem Besißstande, und das gesammte Reich bei seiner in dem westphälischen Frieden, der Wahlkapitulazion und den Reichsschlüssen begründeten Verfassung zu erhalten und zu handhaben. In jedem besondern Falle wollen die verbündeten Fürsten sich über die alsdann erforderlichen Mittel auf das schleunigste berathschlagen, entschließen und vereinigen, auch sich dazu im Vor

aus, ein Jeder nach seinen Kräften und Umständen, so viel als möglich vorbereiten und einrichten" ').

Diese Mittheilung, an welcher auch der Prinz von Preußen großen Antheil nahm 2), fand im Reiche allgemeinen Anklang. Nur Fürst Kauniz klagte fälschlich über ungerechte Beschuldigungen und strebte, durch Rundschreiben an alle österreichische Gesandten bei deutschen Höfen 3) seinem Kaiser Vertrauen und Achtung zu erwerben. Bergebens; Josephs Willkür hatte gar zu sehr gekränkt: die Fürsten wandten sich voll Zuversicht nach Berlin und Friedrich wusste dieser Ehre werth zu bleiben.

Mit Kursachsen und Hannover wurden zunächst genauere Unterhandlungen angeknüpft, zu welchen beide Fürstenhäuser den Grafen v. Zinzendorf und den Statsminister v. Beulwiß als anßerordentliche Bevollmächtigte mit eben so ruhmwürdig rascher Entschlossen. heit nach Berlin sandten, als Friedrich liebenswürdig des letzteren Abneigung vor dieser Reise wegen Ungeläufigkeit in der französischen Sprache, dadurch hob, daß er auf gute Art zu erkennen gab ein deutscher König werde über eine deutsche Angelegenheit mit einem deutschen Statsmanne sich nur deutsch unterhalten *).

Den 29. Jun begannen also die Konferenzen zwischen den beiden preußischen Kabinetsministern und dem hannöverischen und sächsischen Gesandten auf den Grund des Entwurfes, welchen v. Beylwiß mitgebracht hatte und welcher schonender gegen den Kaiser und dessen neuere Anmaßungen abgefasst war, als v. Herzberg's hei Seite gelegte Arbeit.

Der einhellige Eifer beschleunigte das wichtige Geschäft so, daß schon den 23. Jul dem Könige zu seiner großen Freude der von

1) v. Dohm Denkwürdigkeiten Bd. 3. S. 48.

2) Der Prinz Heinrich war mit dem Fürstenbunde unzufrieden.

3) Vom 13. April, 11. Mai und 23. Jun 1785; s. Reuß Deutsche Statskanzlei. Bd. 10. S. 395.

4) v. Dohm Denkwürdigkeiten. Bd. 3. S. 77. v. Dohm hat diese Äußerung des Königs dem Minister v. Beulwiß in Hannover selbst mundlich mitgetheilt.

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den vier Bevollmächtigten unterzeichnete Traktat ') vorgelegt werden konnte, welcher wesentlich Folgendes enthält: „Die drei Kurfürsten wollen in wahrer und genauer Freundschaft leben, in solcher sich die Befestigung des Reichssystemes, nach den Reichsgeseßen, zum unveränderlichen Augenmerk nehmen und zu dem Ende ein vollkomme. nes Einverständniss unterhalten, sich Alles, was jedem schädlich oder nüßlich sein könnte, mittheilen und darüber rathschlagen; fie wol. len sich kräftigst dahin bearbeiten, daß die Reichsversammlung in geseßmäßiger Thätigkeit erhalten, die Rekurse erlediget und alle unerhebliche Weiterungen und Willkürlichkeiten vermieden werden; desgleichen wollen sie für Erhaltung der Reichsgerichte bei gesetzmäßiger Ordnung und für Beförderung einer ganz unparteiischen Rechtspflege wachen; auch dahin sich verwenden, daß die Reichs. kreise in ihrer Konsistenz, Integrität und Verfassung in keiner Art verlegt werden; vorzüglich wollen sle mit allem Nachdruck dahin sich bearbeiten, daß sämmtliche Stände des Reichs bei ihren Landen und Gerechtsamen, auch Haus-, Familien- und Sukzessions - Verfassungen unbeschwert und ungekränkt belassen und dabei auf keine Weise beunruhiget werden. Sollten die sich verbindenden Kurfürsten bemerken, daß in dem einen oder andern Stücke der Reichsverfassung und den reichsständischen Gerechtsamen entgegen gehandelt, oder etwas dagegen beabsichtiget würde; so wollen sie sich sofort in ihren Maßregeln vereinigen und durch alle konstituzionsmäßige Mittel ein solches zu hintertreiben suchen, und über die etwa weiter erforderlichen kräftigen und wirksamen Maßregeln sich unter einander verstehen und selbige mit allem Nachdruck und möglichster Thätigkeit zur Ausführung bringen. Jeder Stand, ohne Unterschied der Religion, soll dieser Verbindung beizutreten eingeladen und mit freundschaftli chem Vertrauen aufgenommen werden."

An den edlen und freisinnigen Kurfürsten von Mainz Karl

1) Den Traktat des Fürstenbundes sammt den dazu gehörigen Alzessionsakten und Geheimen - Artikeln hat zuerst v. Dohm in seinen Denkwürdigkeiten Bd. 3, S. 185-219, durch besondere Vergünstigung des weiland Statskanzlers Fürsten Hardenberg, nach beglaubigten Abschriften der im Königl. Archive zu Berlin aufbewahrten Originale bekannt gemacht.

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Freiherrn v. Erthal, der dem äußern Range und dem innern Karakater nach zu den bedeutendsten Regenten im Reich gehörte und ein etreuer Anhänger der preußischen Politik war, wurde der Freiherr

v. Stein, damals Bergrath in der Grafschaft Mark, mit dem gün• stigsten Erfolge abgeschickt; Herzog Karl von Zweibrücken und sein : Bruder Prinz Maximilian schlossen sich dankbar an; mit inniger Zustimmung traten ferner Markgraf Karl Friedrich von Baden und Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau bei; die Fürsten Friedrich Albert von Anhalt-Bernburg und Karl Georg Lebrecht von Anhalt - Köthen folgten nach; so Landgraf Wilhelm der 9. von Hessen - Kassel, Markgraf Karl Alexander von Anspach - Baireuth, Herzog Ernst 2. von Sachsen-Gotha, Herzog Karl August von Sachsen - Weimar, die Herzoge von Mecklenburg Friedrich Franz von Schwerin und Adolph Friedrich von Strelit, Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig - Wolfenbüttel, Herzog Friedrich von York als Fürstbischof von Osnabrück 1).

Also fehlten dem deutschen Fürstenbunde von den größeren weltlichen Regenten nur der Herzog von Württemberg wegen seines nahen Verhältnisses` zu Russland und Österreich, der Herzog von Oldenburg aus Rücksicht auf Russland und der sehr verschuldete Landgraf von Hessen-Darmstadt, welcher sich entfernt hielt, weil es von dem Kaiser abhing, eine kostspielige Debitkommission in sein Land zu schicken. In Kurköln und in Münster regirte Josephs Bruder, welcher wenigstens den Ideen des Fürstenbundes huldigte; Klemens Wenzeslaus von Kurtrier hatte nicht den Muth_beizutreten, obgleich er mit des Kaisers Eingriffen in die Kirchenfachen unzufrieden war: beide geistliche Kurfürsten sind auch eben so wenig, wie die kleineren weltlichen Fürsten und Herrn, eben aus Rücksicht auf ihr Verhältniss zu Wien, zum Beitritt eingeladen worden.

Friedrich erfuhr auch bei dem Fürstenbunde allerlei üble Nach

1) Nach dem westphälischen Frieden wechselte im Hochstift Osnabrück, dessen Einwohner gemischter Religion waren, immer ein katholischer und ein protestantischer Bischof, beide vom Domkapitel gewalt. Der protestantische musste allemal ein Prinz aus dem Hause BraunschweigLüneburg sein. 1764 wurde Prinz Friedrich Herzog von Vork, sechs Monate alt, gewalt.

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rede und Tadel: in seinem eigenen Lande besorgte man lästige und fruchtlose Verbindlichkeiten als Folge; in der Fremde machte man die Reinheit seines Strebens zweifelhaft'): aber, er erreichte und

1) Im August 1785 ließ der König des Ministers v. Herßberg

Erklå

rung der Ursachen, welche Se. K. M. v. Pr. bewogen haben, Ihren hohen Mitständen des Teutschen Reichs eine Association zu Erhaltung des Reichssystems anzutragen, und mit einigen derselben zu schlie Ben"), bekannt machen; und als der Wiener Hof dieser Erklärung eine (von dem Hofrath bei der Statskanzlei Anton v. Spielmann im September verfasste),,Prüfung der Ursachen einer Association zur Erhaltung des Reichssystems, welche von Sr. K. M. v. Pr. vorgelegt find" entgegenstellte; so schrieb v. Herzberg, im November im Namen seines Herrn die Réponse à l'Imprimé qui a paru à Vienne, sous le titre: Examen des motifs d'une Association etc.“ 2). Von Privatschriften ist die unmittelbar nach dem Abschlusse des Fürstenbundes erschienene „Über die K. Pr. Association zu Erhaltung des Reichssystems, von Otto v. Gemmingen, Reichsfreiherrn. Deutschland (Wien) 1785 (im Jul) die bekannteste, gegen welche der K. v. Pr. durch den Geh. Rath (v.) Dohm im Dezember 1785 die Schrift über den deutschen Fürstenbund abfassen ließ, welche der Verfasser in seine Denkwürdigkeiten (Bd. 3. S. 220-364) sammt der v. Gemmingenschen Schrift wieder aufgenommen. - Merkwürdig ist außerdem (Joh. v. Müller's) Darstellung des Fürstenbundes. Leipzig 1787. 8.; wieder abgedruckt im 9. Thle von J. v. Müllers såmmtlichen Werken. Tübingen 1811. 8. S. 11 ff. Auch die kleine Schrift Deutsch lands Erwartungen vom Fürstenbunde. 1789." 61 S. 8. (ohne Namen des Verf. und ohne Druckort) ist, wie man aus dem 1. Bande der Schweizergeschichte. Leipzig 1806, Vorrede S. LI. ersicht, von J. v. Müller. Er erhebt hier die Klage, daß der Fürstenbund, zufrieden: „den Bayrischen Låndertausch gehindert und Frankreichs Ansehen in Holland vernichtet zu haben, die wesentlichere Verbesserung in der Konstituzion des Reichs nicht bewirkt und alle gråuliche Gebrechen fortbestehen lasse. — In des Grafen v. Gdrß Historisch » politischen Denkwürdigkeiten, zu Ende des 2. Bandes, liest man, daß jener Diplomat als Kurbrandenburgischer Gesandter auf dem deutschen Reichstage im J. 1788 die Idee des Fürstenbundes (gegen Kaiser Josephs erneuerte Anmaßungen und Vergrößerungsversuche) zur weitern Reife zu bringen trachtete, und daß selbst die Schweiz, ja der Hof

1) Deutsch gedruckt in de Hertzberg Recueil T. 2. 1789. p. 292-301; die franz. Überseßung an demselben Orte S. 302-310.

2) de Hertzberg Recueil T. 2. 1789. p. 311-363. Die österreichischen Stats: schriften hat Reuß Deutsche Statskanzlei. Ulm 1786, Thl. 12 beisammen,

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