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lich geschiehet,' sondern Sie müssten billig bei dem Besißstande bis zum Austrag der Sache gelassen, und die Streitigkeit müsste mit dem Herrn Erbstatthalter entweder gütlich oder rechtlich, sowie es die Verfassung des Stats mit sich bringt, aus. und abgemachet werden." ,,Wir können uns nicht vorstellen, daß Eure Hochmögenden, oder sonst ein wohlgesinntes Mitglied des Stats gesinnet sein sollte, die Erbstatthalterschaft wieder ganz abzuschaffen, oder sie so einzuschränken, daß nur die bloße Vorstellung einer eitlen Würde davon übrig bliebe. Hoffentlich wird vielmehr ein jeder einsehender Bürger des dortigen Stats sich dankbarlich erinnern, daß die ganze Republik vornehmlich durch den unerschütterten Muth, die außer ordentliche Klugheit, und selbst durch das Blut der vortrefflichen Fürsten des Hauses Oranien-Nassau gestiftet, seit zwei Jahrhun derten erhalten und aus den größten Gefahren errettet worden; ja, daß selbst in den Zwischenzeiten, wenn man die Statthalterschaft zuweilen aufgehoben, die Republik sich schlechter befunden, und durch innerliche Unruhen so zerrüttet und an den Rand des Verderbens gebracht worden, daß, um sie davon zu befreien, man immer wieder zu Wiederherstellung der Statthalterschaft Zuflucht nehmen müssen. Wir wissen zwar wohl, daß sie zuweilen abgeschafft worden, aus gewissen Besorgnissen für die öffentliche Freiheit; aber ohne zu unter suchen, ob selbige gegründet gewesen, oder nicht, so kann eine dergleichen Furcht bei jeßigen Zeiten wohl nicht mehr mit Grunde entstehen, da eine so gerechte und standhafte Politik in Europa die Oberhand gewonnen, daß alle Mächte auf die Erhaltung der andern wachen, und kein Stat mehr den gänzlichen Umsturz des andern zu geben, vielweniger dazu beitragen wird. Wir würden der erste sein, der, wenn dergleichen in oder gegen Holland versucht werden wollte, dagegen arbeiten und streiten würde; wir können aber von dem Herrn Erbstatthalter und dessen nächsten Erben versichern, daß Sie gewiss niemals etwas gegen die Freiheit, noch sonst gegen das Wohl der Republik, womit das Ihrige selbst ganz unzertrennbar verknüpfet ist, vornehmen, noch einmal gedenken, sondern vielmehr die Erbstatthalterschaft und Ihr hohes Amt jederzeit nach dem Sinn und dem System von Euren Hochmögenden und der vereinigten Republik führen, und sich niemals davon entfernen werden, worüber wir jederzeit gern

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:| und öffentlich die Gewähr leisten wollen. Wir können solches um so viel zuverlässiger thun, je mehr wir die edlen Gesinnungen und Grundsäge des Herrn Erbstatthalters und seiner Gemalinn, wie auch diejenigen kennen, welche sie ihren Kindern einflößen, und je - mehr wir ihnen selbst bei jeder Gelegenheit aurathen, ihr ganzes Glück und Wohl auf der Freiheit, der Einigkeit und dem größten Flor der dortigen Republik, und besonders auf einem vollkommenen Einverständniss mit Euren Hochmögenden zu bauen. Eben dieses erfordert das Verhältniss unseres Stats gegen den dortigen, und wie Eure Hochmögenden solches unserer Einsicht und vieljährigen Erfahrung wohl zutrauen werden, so hoffen wir, daß Sie die Vorstel lungen, welche wir Ihnen anjeho thun, bloß als eine Folge unserer wohlgemeinten und freundnachbarlichen Gesinnungen, wie auch des Antheils, den wir uns nicht entbrechen können an dem Schicksal eines uns so nahe verwandten fürstlichen Hauses zu nehmen, ansehen, nicht aber dahin deuten werden, als ob wir uns in Jhre innere Angelegenheiten mischen, und der sowohl erworbenen als befe. ftigten Freiheit Ihres Stats zu nahe treten wollten." ,,Wie nun alles, was wir bishero angeführet, so einleuchtend ist, daß es wohl nicht dem geringsten Zweifel unterworfen sein kann; so ersuchen wir Eure Hochmögenden inständigst und angelegentlichst, bei , den dortigen Unruhen ernstlich ins Mittel zu treten, und solche standhafte Maßregeln zu nehmen, daß zuförderst die dort jeßt so ge: wöhnliche heftige und nachtheilige Schriften sowohl gegen die Erbstatthalterschaft, als von beiden Seiten, durch welche die Verbitterung nur vermehret und angeflammet wird, scharf verboten, unterdrücket und bestrafet werden, da es denn in unseren benachbarten Landen ebenfalls sogleich geschehen soll; daß den Verfolgungen und persönlichen Beleidigungen des Herrn Erbstatthalters und derjenigen, die seine Freunde sind, nachdrücklicher und gesetzmäßiger Einhalt geschehe; daß jeder hervorkeimenden Neuerung, wie auch den daraus natürlich entstehenden Unruhen und Factionen möglichst vorgebeugt werde; daß man suche zwischen dem Herrn Erbstatthalter und den jenigen Personen, die ihm zuwider sind, eine Versöhnung und Einig. | keit zu stiften; daß man den Herrn Erbstatthalter bei dem ruhigen Besize aller Rechte und Vorzüge, die er bishero gehabt, ferner lasse, und ihm keine willkührlich entziehe, auch die bishero entrissene zurück

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gebe, künftig aber die Angelegenheiten des Stats mit ihm, so wie es die alte Verfassung desselben mit sich bringet, in Einigkeit und mit allerseitiger Zufriedenheit besorge und vollstrecke"

1).

Indess der König so sanftmüthig zu den immer anmaßlichern Staten in Holland sprach, rieth er dem Prinzen von Oranien im Vertrauen, durch Edelmuth sich Achtung und Zuneigung zu erwer ben: „Mit diesen, sagte er, werden Sie, gleich Ihren großen Vorfahren, von Denen abzustammen auch ich mir zur Ehre rechne, Anseine sehen und Einfluss in alle Geschäfte genug haben" "); Nichte aber forderte er auf, ihren Gemal von leidenschaftlichen Rath, gebern und Entschlüssen abzuhalten: „Nicht beffer, sagte er, könne sie ihm zu Hülfe kommen, als wenn sie durch gefälliges und einnehmendes Betragen ihm die Herzen gewinne; nur diese Eroberun gen schicken sich für eine geistvolle liebenswürdige Dame" ").

Des Königs Zuspruch war vergebens. Die Patrioten machten immer größere Forderungen: Herzog Ludwig von Braunschweig, der Königinn von Preußen Bruder, musste im Oktober 1784 seine Ehrenämter niederlegen und nach Deutschland gehen; der Erbstatt halter selbst wurde, als ihm den 8. September 1785 der Oberbefehl über die Truppen im Haag genommen war, genöthigt, diesen seinen gewöhnlichen Siß zu verlassen. Friedrich wandte sich noch verschie dentlich für die hart, bedrängten Oranier an die Staten von Holland und Westfriesland; aber Alles ohne den mindesten Gewinn. Die erhißten Gemüther hatten kein Gehör für die Stimme der Weisheit und Billigkeit des alten Monarchen und als Friedrich Wilhelm 2. gleich nach seiner Thronbesteigung, den 2. Septem ber 1786, den Grafen Görß als außerordentlichen Gesandten nach Holland schickte und, statt besonnener Umkehr zur Ruhe, auch seine Schwester persönlich gekränkt sahe; da unterwarf er durch 24,000 Mann unter dem Herzog von Braunschweig in wenigen Wochen die Re publik, welche im 16. Jahrhunderte allen Anstrengungen Phi

1) de Hertzberg Recueil. T. 2. 1789. p. 400-403.

2) v. Dohm Denkwürdigkeiten. Bd. 2. S. 261.

3) a. a. D. S. 262.

lipps 2., und im 17. Jahrhundert den Waffen Ludwigs 14. widerstanden, nun aber weder fähige Führer, noch bestimmte Zwecke *hatte ').

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X. Friedrich schüßt die Württemberger gegen ihren Herzog.

Ganz anders, wie die holländische Fehde, nahm der König den

Streit zwischen dem Herzog Karl von Württemberg und den Ständen des Landes im Jahre 1764 auf, als es auf die Rechte und Freiheiten des Volkes ankam. Der Herzog Karl hatte sich in frü her Jugend des großen Königs Gunst erworben und in den ersten Jahren seiner Regirung die in der Schule zu Berlin und aus Friedrich's Fürstenspiegel 2) geschöpften Lehren befolgt. Dann wurde car eigenmächtig, brach die Landesverträge und ergab sich sinnloser Unzucht und Verschwendung. Im siebenjährigen Kriege schloff er sich ohne Talent, in blindem Hasse gegen Preußen den Franzosen m und kämpfte persönlich mit. Das Land verschuldete; seine Gemalinn 3), die einzige Tochter der Markgräfinn von Baireuth, musste

(1) Historische und politische Denkwürdigkeiten des K. Pr. Statsministers Job. Eustach Grafen v. Görß, aus dessen hinterlassenen Papieren entworfen. Stuttg. 1828. Thl. 2; An Introduction to the history of the Dutch Republic for the last ten years reckoning from the year 1777. London 1788 (Verf. ift Sir J. Harris, damals englischer Gesandter im Haag); Mémoire sur la Revolution de la Hollande par le Citoyen Caillard (damals französischer Chargé d'Affaires im Haag), abgedruckt in Histoire des principaux évènements du regne de Fréd. Guillaume II. roi de Prusse; et tableau politique de l'Europe depuis 1786 jusqu'en 1796, contenant un précis des révolutions de Brabant, de Hollande, de Pologne et de France, p. L. P. Ségur, l'ainé, Ex-Ambassadeur. Paris 1800. T. 1. 2) S. oben Bd. 1. S. 465. 475. 476.

3) Prinzess Elisabeth Friederike Sophie, des großen Königs Nichte, gebo= ren 1732, vermålt den 26. Sept. 1748. Das Misvergnügen der bei

sich von ihm trennen. Endlich brachten die Stände eine gerichtliche Klage bei dem Reichshofrathe in Wien an, wobei England, Preußen und Dänemark sich besonders der Sache des Landes Württem berg annahmen, als Bürgen der Württembergischen protestantischen Kirchenverfassung gegen etwanige Eingriffe der katholischen Herzoge; denn Herzog Karl war, wie sein Vater, katholisch ').

Daß nun Württemberg dem großen Friedrich vor allen die Rettung seiner Verfassung verdanke und die Freiheit der evangeli. schen Kirche, das haben noch jüngst erst die im Drucke erschienenen Urkunden und die vor der Welt ausgesprochene Anerkennung der Geretteten dankbar dargelegt 2). Der König hatte 1764, nachdem er die Vermittelung angenommen, den Grafen Gebhardt Werner von der Schulenburg - Wolfsburg ') nach Stuttgart abgesandt. An diesen schrieb er den 7. Mai 1765: Nachdent Wir aus Eurem allerunterthänigsten Berichte vom 27. v. M. ersehen haben, daß der Herzog mit seinen Anforderungen an das Kirchengut fortfährt und sich durch keine Remonstrationes des Kirchenrathes von seinem Vorsatze abwendig machen will: so haben Wir den v. Rhod (preußischen Gesandten in Wien) anderweitig instruirt, dem Fürsten Colloredo die rechtlichsten Vorstellungen deshalb zu erneuern und ihm geradeheraus zu erklären, daß wir über die Einschränkung des Herzogs in seinem despotischen Verfahren eine prompte und unparteiische Erkenntniff des Reichshofraths erwarteten, und daß, wenn solche nicht erfolgete, Wir uns mit allem Ernst dawider setzen, die Stände überhaupt, in

den Herrschaften war schon zu Anfange des Jahres 1757 so weit gekommen, daß die Trennung im folgenden Jahre unvermeidlich war. 1) S. oben Bd. 3. S. 184.

2) Theilnahme Friedrichs des Großen an den Streitigkeiten zwischen Herzog Karl von Württemberg und den Ständen des Landes. Eine Sammlung von (gegen 60) ungedruckten Briefen des Königs und andern Aktenstücken 1). Herausgegeben und mit Einleitungen und Erläuterungen versehen von Prof. Dr. Mohl in Tübingen. Tübingen bet Ofiander 1831, 332 S. gr. 8. 1 Thlr. 12 Gr.

3) Cosmar und Klaproth Statsrath. S. 464.

1) Auch die vollständigen Berichte des pr. Gesandten Grafen Schulenburg an seinen Hof und die darauf bezüglichen Reskripte.

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