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als schönstes Erbe ließ. Wie er in der Sat des großen Kurfürsten den wahren Stein der Weisen aufgefunden; so hat er ihn uns auch nicht ohne Trost vermacht. Denn, als die große Zeit die rechte Hülfe brauchte, da ist des großen Friedrich's Geist beschworen und zum Führer aufgerufen worden.

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VI. Die Danziger Irrungen.

Danzig und Thorn waren bei der ersten Theilung Polens auf

Russlands, Englands und Hollands Antrieb nicht an Preußen gefallen. Das brachte den beiden Städten selbst den größten Scha. den; Friedrich empfand fortdauernden Verdruss darüber, und, da a meinte, daß die spröden Bürger durch Beschränkung ihres Handels und Gewerbes fügsamer werden, von ihrer,, fortdauern. den Opiniatreté") ablassen möchten; so ließ er sich und seine Diener wohl etwas mehr als billig gehen, ohne sich seines Zwecks 1 zu freuen.

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Thorn hatte, nach dem Abtretungsvertrage, sein ganzes Gebiet behalten sollen; Preußen verstand darunter aber bloß das ursprüng. liche Weichbild'), ohne die späteren Erwerbungen, welche es für sich nahm. Daß der Verkehr der Bürger durch die neue Nachbarschaft ‚ungemein eingeschränkt" worden, spricht der König selbst aus, um

1) K.-D. an die Westpreußische Kammer vom 12. Mai 1776 im 4. Urkundentheile.

2) Weichbild heißt so viel als Stadtrecht und kommt her von dem altdeutschen, von dem lateinischen Worte vicus') abstammenden weich oder weih = Schloff, Dorf, welches schon Ulfilas hat, und von dem alten bild oder Recht, welches in Unbild und in billig fortlebt; f. Wachter's Glossarium Germanicum. Lipsiae 1757. Fol. T. II. p. 1845; Haltau's Glossarium Germanicum. Lipsiae 1758. p. 2052.

1) Daher ist Braunschweig aus Brunonis vicus entstanden.

die Behörden zur Milderung anzuweisen '). Von den fremden Mächten hatte Thorn auf nichts zu rechnen; seine Klagen verhallten denselben ungehört. Bei Danzig war das anders. Russland hatte die Rolle des Vermittlers übernommen und gefiel sich, gegen Preußen, in derselben, ohne der Stadt wesentlich zu helfen, welcher Friedrich gleich bei der Besißnahme von Westpreußen Neufahrwasser nahm, den einzig noch schiffbaren Theil des Hafens, welchen Danzig, nachdem das Nordergat versandet war, auf einem Grunde angelegt, den das nachbarliche Kloster Oliva ihm abgetreten. Diese Abtretung aber, sagte Preußen, sei ohne Genehmigung des Königs von Polen, als Landesherrn, und des Pabstes, als geistlichen Oberhauptes, nicht gültig gewesen, weshalb der jezige Landesherr den Hafen zurück zu nehmen Recht und Vollmacht habe 2). Russland stimmte ein; die Gegengründe) fanden kein Gehör, und der König eignete sich mit dem Hafen den Zoll und die Hafengefälle an, erhöhete den Zoll, ließ die aus- und einlaufenden Schiffe strenge untersuchen und fügte, wie er selbst sagt, „um die Danziger zu chicaniren“ “), noch allerlei Unbilden mehr hinzu, aus Verdruff, daß sie sich seiner Herrschaft nicht gefügt. Ja, um sie, bei ihrem noch fortdauernden obstinaten Betragen auf mehr biegsame gewierige Gedanken zu bringen," wollte er ihnen,, den Zugang ihrer Bedürfnisse auf eine obzwar entfernte, doch nachdrückliche Weise erschweren z und hierzu fand er „vor das schicklichste Mittel" (was aber nur ein flüchtiger Gedanke blieb), „die Radaune, welcher Fluff der Stadt das einzige füße Waffer giebt, abzuleiten" ").

1) K.-D. vom 26. März 1774 an die Westpreuß. Kammer im 4. Ürfundenbuche. S. 85. Nr. 178.

2) Preuves et Défense des droits du Roi sur le port et le péage de la Vistule. 1773, in de Hertzberg Récueil. Vol. 1. 2. édit. p. 363–392. Der Minister v. Herzberg hat auch alle preußische Statsschriften in dieser ganzen Angelegenheit bis 1784 hin geschrieben, welche man a. a. D. p. 408-449 findet.

3) Gedanken vom Eigenthumsrecht des Danziger Hafens. 1773. 4) Urkundenbuch. Thl. 4. S. 66. Nr. 129.

Wie der

5) Urkundenbuch. Thl. 4. S. 61. Nr. 116; S. 63. Nr. 121.
König den Handel der Stadt Danzig beschränkt, f. Moser's Europ.
Völkerrecht. Thl. 7. S. 620-654.

Das führte bald zu bittern Händeln, immer nur zu größerem Schaden der von fremder Macht ganz umschlossenen Bürger, welche in ihrer Wehrlosigkeit mit Haff und kleiner Rache an den Preußen sich zu befriedigen suchten, und, als sie die veränderte Politik des rusñschen Hofes merkten, Friedrich's Unterthanen und Behörden an1 maßend kränkten, auch, was sie selber litten, in Petersburg mit ☛ Übertreibung klagten. Endlich schien es gar, als fordere die Stadt den König offenbar heraus. Sie hielt, was sie die ganzen zehn Jahre nicht gewagt, den 25. April 1783, zwei preußische Schiffe auf der Weichsel an, die aus dem Marienburger Werder Getraide herab nach Schellmühle führten, um das nie besessene Stapelrecht geltend zu machen. Denn bis dahin hatten die jeßt preußischen, ehemals sammt Danzig polnischen Ortschaften ihr Verkehr untereinander auf der Weichsel, die Stadt vorbei, frei getrieben. Nun be gehrte man: die preußischen Unterthanen sollten ihre Güter nicht auf der Weichsel nach Belieben holen und verfahren, sondern auf dem Markt der Stadt die eigenen Waren zu Kaufe stellen und die benöthigten fremden suchen. Vorstellungen der königlichen Behörden, auch der Minister fruchteten nichts; es mussten preußische Truppen in das Danziger Gebiet rücken und den Verkehr sperren.

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Die Krone Polen suchte die Versöhnung, die Kaiserinn von Russland trat als Vermittlerinn auf; die Diplomaten der vier Mächte versammelten sich; so wurde die kleine Fehde zu einer Angelegenheit der europäischen Kabinette; die streitenden Theile legten der Welt ihr Recht vor Augen. Danzig zeigte würdevollen Muth; doch ohne sonderliche Frucht. Endlich 1784 den 7. September schlossen der preußische und russische Gesandte in Warschau den Vertragsvergleich, welchen Danzig den 22. Februar des folgenden Jahres unterschrieb: Es sollte ihm der Ausfuhrhandel zur See aus. schließend verstattet, die Einfuhr über Neufahrwaffer aber beiden Theilen gehören; doch wurde dem Magistrat der Stadt, zur Erhaltung des Gleichgewichts erlaubt, von allen Waren preußischer Unterthanen diejenigen Zölle und Transitogebühren, die er davon zu nehmen für gut finden würde, zu erheben, welche aber die preußischen Zollgefälle nicht übersteigen sollten ').

1) de Hertzberg Recueil T. 1. p. 444.

Das half den Danzigern wenig, da ihr Handel durch den preußischen Impost sehr bedrückt war und ihre Lage blieb wesentlich dieselbe, bis zur zweiten Theilung Polens, wo der preußische Generallieutenant v. Raumer, den 7. März 1793 die Stadt blockirte, welche den 7. Mai dem Könige von Preußen huldigte, und bald in treuer Bürgertugend mit den älteren Landsleuten glänzend zu wetteifern Anlass fand, worüber die Königinn Luise ihrem Vater aus Königsberg, den 15. Mai 1807 die unsterblichen Worte schrieb: „Die Belagerung von Danzig geht gut, die Einwohner benehmen sich außerordentlich; sie erleichtern den Soldaten die großen Lasten, indem sie ihnen Wein und Fleisch in Überfluff reichen: sie wollen von keiner Übergabe sprechen hören; sie wollen lieber unter Schutt begraben werden, als untreu an dem König han. deln; eben so halten sich Kolberg und Graudenz. Wäre es mit allen Festungen gewesen -“ 1).

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v. Dohm, welcher bei der Danziger Fehde im Namen des Königs die preußischen Rechte entwickeln und bekannt machen sollte, freute sich noch nach 30 Jahren des mäßigen und würdigen Tones, in welchem er dies, auf ausdrücklichen Befehl gethan. Friedrich wollte keine falsche und zu weit getriebene Behauptung aufgestellet wissen; es sollte den Danzigern ihr Unrecht glimpflich vorgehalten, aber Alles, was sie beleidigen könnte, sorgfältig vermieden werden und er war mit Dohms bescheidenem und mäßigem Vortrage fo zufrieden, daß er ihm in einem eigenen Schreiben dafür dankte 2).

1) Die Königinn Luise. Der Preußischen Nazion gewidmet (von der Frau v. Berg). 1814. G. 58. 2) v. Dohm Denkw. Bd. 2. S. 98. Dohm sollte, im Namen der Regirung, gegen das „Schreiben eines Weltbürgers" auftreten, als der Posdirektor Uhl zu Stolzenberg eine so genügende Widerles gung desselben einreichte, daß Dohm dieselbe nur mit einer Einleitung zu begleiten für nöthig fand '). Diese Schrift erschien bei Mylius in Berlin im Februar 1784 u. d. L. „Schreiben eines Elbingers an den reisenden Weltbürger." 95 S. 8. und 86 S. Einlei tung. Diese Einleitung hat v. Dohm in seine Denkwürdigkei ten seiner Zeit Bd. 2. S. 382-484 wieder aufgenommen.

1) v. Dohm Denkwürdigkeiten Bd. 2. E. 96.97.

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VII. Friedrich und der Pabst.

1782 unterhandelte der Berliner Hof mit dem heiligen Bater wegen des Diözesanrechtes des Erzftiftes Köln über die kleveschen Lande, welches Preußen bestritt. Unter mehreren Gründen zum Beweise der Unabhängigkeit der kleveschen Katholiken von Köln ward auch der 48. Paragraph des fünften Artikels aus dem westphälischen Frieden ) angeführt, nach welchem „, das Diözesanrecht und alle geist. liche Jurisdikzion sich innerhalb der Gränzen eines jeden Gebietes halten sollen." Der Pabst dagegen sagte ohne alle Scheu: „In dieser Sache kann nicht angeführt werden, daß laut dem fünften Artikel des westphälischen Friedens eine Absonderung geschehen sein soll; denn es ist bekannt, daß der heilige Stuhl diesen Frieden niemals anerkannt hat, gegen welchen Pabst Innozenz der Zehnte (Pamphili) protestirte, nicht nur mündlich durch seinen Nunzius Fabio Chigi (welcher nachher unter dem Namen Alexander der Siebente sein Nachfolger ward), sondern auch durch die Bulle,,Zelo Domus" ") vom 26. November 1648'). Da nun Se. Majestät ruhmwürdigst erklärt haben, sich den Geseßen, Rechten und der Ehre des heiligen Stuhles gemäß bezeigen zu wollen; so werden Sie erlauben, daß der heilige Bater nicht einen Grund annehme, welcher allem Diesen grade entgegen sein würde" ").

1) Die vollständigfte Sammlung der Aftenstücke des Westphälischen Friedens sind J. G. v. Meyern Acta pacis Westphalicae. Göttingen 1734. 6 Folianten; v. Meyern hat auch, Göttingen 1747, die genaueste Ausgabe des Westvhälischen Friedens selbst besorgt.

2) Ev. Johannis 2, 17; Psalm 69, 10.

3) Diese Bulle gegen den westphälischen Frieden vom 26. November 1648 ,,Zelo Domus Dei animum nostrum assidue commovente, in eam praecipue curam sedulo incumbimus etc." ist den 3. Januar 1651 feierlich bekannt gemacht worden. Man findet sie in dem großen Römischen Bullarium und in Lünig's Teutschem Reichsarchiv beim Jahre 1651.

4) Berlin. Monatsschrift von Gedike und Bießter. 1786. Auguft. S. 119 und Jun. S. 518.

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