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zu machen, daß nun der deutsche Kaiser und der König von PreuBen, aus gegenseitiger Eifersucht, um Katharinens Gunst und Bündniff buhlen; also offenbar gegen dieselbe in Schatten treten. —

Joseph überzeugte sich auf dieser Reise, daß die Kaiserinn von Russland auf ein Bündniss mit dem Hause Österreich einen größern Werth lege, als auf das bisher bestandene mit Preußen, welches auch nicht erneuert wurde, weil sie auf dieser Seite für ihr griechisches Projekt nichts erwarten konnte, indess der deutsche Kaiser, nach seiner Mutter Tode, allen Beistand hoffen ließ '); sowie er selbst sich schmeicheln durfte, Roms und Italiens sich zu bemächtigen und das abendländische Kaiserthum herzustellen. Wirklich waren, Katharine selbst und Potemkin ganz für den gefälligen Gast; Graf Panin dagegen hielt die preußische Verbindung, solange die zwischen Österreich und Frankreich noch bestehe, dem allgemeinen europäischen Besten immer für ersprießlicher. Auch hatte Friedrichs Größe und seine wahrhaft treue Ergebenheit für Katharine bei dem Kriege mit den Türken und mit Polen, ihr eine so dauernde Verehrung abge. wonnen, daß für die alte Neigung sich immer noch einige Wärme fand. Der König dachte sie zu frischem Leben anzufachen, als er seinen Neffen Friedrich Wilhelm auch nach Petersburg reisen ließ.

Graf Görß hatte schon im Jun 1780, als er zuerst und von Vertrauten nur erfuhr, daß Joseph mit Katharinen in Mohilew zusammen kommen würde, dem Könige angerathen, auch den Prinzen von Preußen am russischen Hofe erscheinen zu lassen 2). Friedrichs trug den Besuch seines Thronerben der Kaiserinn sofort an

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1) Siche des Grafen Gdrß Mittheilungen in v. Dohm's Denkwürdig= keiten. Bd. 2. S. XIV der Zusäße und Berichtigungen zum ersten Bande.

2) Graf Gir' Mittheilungen in v. Dohm's Denkwürdigkeiten. Bd. 2. S. XVI ff. der Zusäße und Berichtigungen zum 1. Bande und der 1. Theil von den historischen und politischen Denkwürdigkeiten des Grafen v. Gör. Stuttgart 1828. 8." selbst, welcher seine Unterhandlungen in Friedrich's Aufträgen wegen der baierschen Erbfolge, dann seine Sendung nach St. Petersburg in der Zeit, wo die bewaffnete Neutralität zu Stande kam, wo Katharine und Joseph sich verbanden, wo der deutsche Fürstenbund unterzeichnet, und das griechische Projekt beschlossen wurde, erzält..

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und es wurde verabredet, daß Friedrich Wilhelm gegen die Mitte des Septembers alten Stils nach St. Petersburg kommen sollte. Der König aber verwechselte den alten mit dem neuen Kalender und ließ den Prinzen etwas zu früh abreisen. Von Königsberg fertigte derselbe einen Kammerherrn ab mit einem Schreiben, in welchem er seinen Besuch nochmals ankündigte. Die Kaiserinn gab in ihrer Antwort zu erkennen, daß sie ihn erst gegen den 26. August (6. September) erwarte, weil sie selbst bis dahin auf dem Lande lebe') und auch ihre und des hohen Gastes Wohnung in der Nesidenz dann erst zur Aufnahme bereit sein könnten. Also musste sich der Prinz von Preußen unterweges etwas verweilen. Graf Gör reiste ihm bis Narwa entgegen und überreichte ihm eine meisterhafte schriftliche Schilderung des russischen Hofes 2), als Wegweiser durch die höchst verschiedenen, zum Theil einander feindlich widerstrebenden Karaktere. Wie geistreich treffend auch der gewiegte Diplomat die schwer erforschliche Kaiserinn (welche selbst auf ihren preußisch - gesinnten. Sohn und dessen Gemalinn, wie auf den eigenen Prinzipalminister eifersüchtig war), wie treffend diese und den allgewaltigen Potemkin, den Vizekanzler Grafen Ostermann, den alten Bezkoy, Grafen Ivan Czernichef, Marschall Gallißin, Oberstallmeister Narischkin, den jungen Liebling Lanskoy, und die anderen zur nächsten Hofumgebung gehörigen Personen · schildern mochte; so blieb der Aufenthalt in Petersburg doch für Friedrich Wilhelm ein eben so peinliches, als bedenkliches Geschäft. Die schon bestehende Freundschaft mit dem Großfürsten Paul freilich würde noch fester geknüpft, Graf Panin und die meisten Großen waren, "feiner liebenswürdigen Persönlichkeit mehr und auch inniger, als dem Kaiser Joseph zugethan; die Kaiserinn selbst dagegen und Potemkin fanden sich durch ihre weitaussehenden Entwürfe auf das Morgenland schon zu sehr befangen und an Österreich hingegeben, als daß für den alten unwandelbaren Bundesgenossen noch ein recht

1) Bei v. Dohm a, a. Q. S. XIX.

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2) Mémoire remis à S. A. R. Msgr. le Prince de Prusse le 23. Août 1780 à Narva lors de Son voyage à la Cour de Russie, in v. Dohm’s Denkwürdigkeiten Bd. 2. S. XXI bis XXXIX der Zusäße und Berichtigungen zum 1. Bande.

theilnehmendes Gefühl zurückgeblieben wäre. Friedrich's königlicher Abgeordneter wurde der Kaiserinn sogar lästig und sie kürzte den Besuch ohne Rücksicht ab, und ohne ihm das Vergnügen des großfürstlichen Geburtstages, am 25. Oktober, noch zu gönnen ').

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Der preußisch russische Bund wurde also, Österreich zu gefal. len, nicht erneuert. Doch wollte Katharine auch eben nicht mit dem Könige brechen. Also hielten beide nordische Mächte sich in gleichgiltigem Verkehre; ganz lau: ja, als der Großfürst, 1782, unter dem bedeutungsvollen Namen eines Grafen vom Norden," mit seiner Gemalinn eine Reise durch Europa machte und längere Zeit in Wien verweilte; so durfte er Berlin, an welches sich seine schönsten Erinnerungen knüpften, nicht besuchen.

Panins Ungnade und Tod vernichtete das preußische Ansehen in St. Petersburg völlig und die beiden Kaiserhöfe ́verbündeten sich, obgleich der förmliche Vertrag, der Unterzeichnung wegen, nicht ab. geschlossen wurde, welche Katharine, wie zwischen Fürsten gleichen Ranges forderte, was Joseph, als durch die Wahl der Kurfürsten erhobener deutscher Kaiser nicht zugestehen wollte. Doch hinderte das die gegenseitige gute Absicht nicht. Die Artikel, über welche man, zu gegenseitigem Schuße und zur Bürgschaft beider Staten einig war, wurden in eigenhändig vollzogenen Briefen ausgesprochen, ohne Truppenzahl und Dauer der Verbindung weiter zu bestimmen 2). Die unmittelbare Folge war, daß Katharine ihre Absicht auf die Krim vollführte und Sahim Gheray zum Chan erwälte, welcher dann zu Gunsten seiner Beschüßerinn, ungern, abdankte, entfloh und in Woronesch gefangen gehalten wurde. Auch hatte sich schon im September 1783 der Fürst Heraklius von Georgien, auf Kosten der Türkei, den Russen unterworfen. Das Alles empörte den Sultan; aber, da Kaiser Joseph seine ganze Macht für Katharine aufzubieten drohete; so überließ die Pforte den 8. Januar 1784 die Krim als Königreich Taurien, in welchem Potemkin Generalgouverneur wurde, und die Kuban (seitdem Kaukasien genannt) sammt der Insel Taman feierlich dem Petersburger Hofe. Joseph hätte sich gern auch durch die Wallachei und Moldau besser abgeründet; aber

1) v. Dohm a. a. O. Bd. 2. S. XX.

2) Coge a. a. D. S. 443 f.

Russland wusste das zu wehren, sowie Frankreich ihn, durch die jen seits der Donau gelegenen Landschaften sich zu vergrößern, hin derte'). Auch mochte das Kabinett von Petersburg mit Preußen öffentlich nicht brechen, selbst als Graf Panin 2) für dasselbe nicht mehr sprechen konnte.

Der große König war nicht müßig. Als die Zusammenkunft in Mohilew ihm bedenkliche Folgen offenbarte, knüpfte er in London wieder an und schuf sich neue Gegenkräfte. Mylord Clarendon, welcher schon 1745 als Herr Thomas Villiers und als englischer Gesandter am sächsischen Hofe den Dresdener Frieden sehr vortheilhaft für Preußen hatte vermitteln helfen, unterstüßte gegenwärtig aufs Neue seine Wünsche, und erbat und erhielt dafür den 2. November 1782 dieselbe Wappenzierde, welche Lord Hyndford für den Breslauer Frieden sich gewünscht 3).

Auch der französische Hof, Ludwig's des 16. redlicher Sinn und seines Ministers de Vergennes Klugheit durchschauten Josephs Unzuverlässigkeit und seine unbedachte Hingebung an Russland. Sie warnten ihn vergebens und sprachen ihren Unmuth unverholen aus. Auch theilten sie diese Ansicht dem Berliner Kabinette offen mit *). Friedrich sah eine solche Annäherung seines alten, natürlichen Bundesgenossen, insofern derselbe sich von Österreich lossagen wollte, gern. Gegen die, nach seiner Ansicht weit aussehenden griechischen Entwürfe aber suchte er so wenig fremden Beistand, daß er in Konstantinopel seit dem Frieden von Kainardsché selbst nur einen Geschäftsträger, Namens Gaffron hielt, um von dem Gange der Begebenheiten unterrichtet zu werden, nicht auf sie einzuwirken und

1) Flassan Dipl. fr. T. 6. p. 360. 361.

2) Graf Panin war seit 1770 Ritter des Schwarzen - Adlerordens. Er flarb den 31. Måt¡ 1783.

3) S. oben Bd. 1. S. 218 und S. 444. In Burke's Peerage and Baronetage. London 1829. S. 152 steht: ,, Lord Clarendon, being ambassador at the court of Berlin, in 1782, was created a baron of Prussia by his Prussian Majesty." Doch scheint diese Nachricht auf einem Missverständnissse zu beruhen.

4) Flassan Dipl. tr. Paris 1809. T. 6. p. 354. Friedr. d. Gr. IV.

in Petersburg Eifersucht zu wecken. Gaffron') hatte freilich kei nesweges den Divan zur Abtretung der Tatarei ermuntern, noch den dagegen arbeitenden fremden Gesandten widersprechen sollen; aber, er wurde abberufen 2), und im Januar 1785 selbst nach Spandau gefangen geschickt, als Russland ihn des offenbar übelwollenden Widerstrebens zieh '). Friedrich, der im Fürstenbunde die ihm näher liegenden deutschen Angelegenheiten schirmte, wollte mit der Kaiserinn nicht brechen; und, obwohl sie (1783) auf seine Anfrage wegen ihrer Allianz mit Österreich, in besonderer Rücksicht auf den alten, gegen Schlesien gerichteten Bund vom 22. Mai 1746, jede bestimmte Mittheilung mied; so begnügte er sich doch mit der allgemeinen Versicherung, daß sie gewiss nichts eingehen werde, was ihren freundschaftlichen Gesinnungen gegen ihn zuwider sei *).

Friedrich war also sicher, so lange er lebte, in dem reichen Schaße seines großen Geistes Schuß und Beistand immer noch genug zu finden. Aber sein gränzenloser Patrioteneifer dachte weiter; daß er den Erben seiner Krone entblößt von der im russischen Bunde ausgewirkten Hülfe lassen sollte, „das machte ihm Kopfbrechens und gegen die zukünftigen Übel, wenn er nicht mehr wäre, Mittel aufzufinden, das nannte er den Stein der Weisen, welchen zu entdecken ihm am Herzen liege," den er aber bisher noch nicht aufgefunden zu haben, in dem klassischen Briefe vom 23. April 1781 seinen Kabinetsministern klagte '). Wunderbar, daß der einzige Mann außerhalb für seine Preußen suchte, was er ihnen selbst

1) 1776 den 10. Januar hatte der preuß Gesandte Major v. 3egelin') bei dem Großvezier seine Abschiedsaudienz und stellte ihm zugleich den 2c. Gaffron, als Chargé d'Affaires seines Königs vor. An Gaf• fron's Stelle kam Heinrich Friedrich (v.) Diez 2) im Jun 1786 als preußischer Gesandter in Konstantinopel an; f. v. Diez übersehung von Resmi Achmed Efendi Geschichte des Krieges von 1768-74. S. 33. 2) v. Regin hatte dasselbe unverschuldete Schicksal; s, oben S. 15. 3) v. Dohm Denkwürdigkeiten. Bd. 2. S. 42-44.

4) a. a. D. S. 52.

5) Wir haben dieses herrliche Denkmal, seiner ungemeinen Schönheit we gen, schon oben Bd. 1. S. 450. 451. mitgetheilt.

S. oben S. 15.

2) S. oben Bd. 3. S. 551, Nr. 25.

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