Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Fanustempel nicht aufs Neue öffnen: seine Finanzen sind erschöpft, fein Heer nicht wieder kampfgerüstet '), er braucht mehr als das ganze übrige Europa Ruhe 2), und da England ihn verrathen '), Österreich in blinder Abneigung sich immer noch von ihm entfernt; ss sucht er, um nicht ganz allein zu stehen, an Russland treu und fest zu halten '). Er kommt der Kaiserinn entgegen; sie trägt den Schwarzen-Adlerorden mit Behagen und, da Baron von Golz, der vertraute Freund des Kaisers Peter, ihr als preußischer Gesandter widerwärtig war, so rief ihn Friedrich ab. Der neue Diplomat, Graf Viktor Friedrich von Solms wurde überaus gnädig empfangen'); er brachte bald in Petersburg den folgenreichen Bund vom 11. April 1764 mit dem Grafen Panin zu Stande ). Beide Theile verbürgten sich auf 8 Jahre ihre Besizungen in Europa; für den Fall der Noth versprachen sie, 10,000 Mann zu Fuß und 2000 Reiter zu stellen, oder statt dessen, wenn der König am Whein, die Kaiserinn von der Krim her sollte angegriffen werden, Rusland 400,000 Rubel, Preußen 480,000 Thlr. Hülfsgelder zu zahlen). Der geheime Artikel dieses Bündnisses lautet: „In Erwägung, daß es im gemeinschaftlichen Interesse Ihrer Majestäten des Königs von Preußen und der Selbstherrscherinn aller Reußen ist, daß die Wahl der polnischen Krone frei bleibe, und daß keine Familie des erblichen Thrones dieses Landes sich bemächtige; verrichten sich besagte Majestäten gegenseitig auf die feierlichste Weise durch diesen geheimen Artikel, nie zuzugestehen, daß man die Repu

1) Oeuvres posth. T. 5. p. 38.

2) Oeuvres posthumes T. 5. p. 5-7.

3) a. a. D. p. 7-16; oben in unserm Werke Bd. 2. S. 304. 305. 308, 4) Oeuvres posth. T. 5. p. 19.

5) 1770 wurde aus St. Petersburg geschrieben, die Kaiserinn von Russland lasse dem preußischen Gesandten, Grafen Solms solche Ehrenbejeigungen widerfahren, wie sie gegen andere Gesandte nicht üblich seien; f. Mosers Europ. Völkerrecht. 4. Tbl. S. 50.

§ Der Allianztraktat vom 11. April 1764 findet sich in Wend's Codex T. 3. p. 481 und in de Martens Recueil etc. A Gottingue 1791. T. 1. p. 89.

1) Oeuvres posth. T. 5. p. 20.

blik ihres freien Wahlrechts beraube. Sie verpflichten sich ebe falls, durch alle ihnen zu Gebote stehende Mittel, den Entwu der Begründung eines erblichen Thrones in diesem Lande z bekämpfen, mit Gewalt jedes Unternehmen dieser Art zurückzi stoßen und übereinstimmend zu handeln (mit den Waffen in de Hand, sofern es nothwendig sein sollte), um die Verfassun und die Grundgeseße der polnischen Republik zu erhalten“ ') Auch waren beide Mächte (in einer andern, an demselben Tage ab geschlossenen geheimen Konvenzion )) einig geworden, den Grafe Stanislaus Augustus von Cioleck Poniatowski '), Erbtruchseß vo Lithauen, auf den polnischen Thron zu erheben *). Derselbe wa zuerst durch den englischen Gesandten Ritter William in St. Peters burg bei Hofe eingeführt worden, hatte den 11. Januar 1757 bei de Kaiserinn seine erste Audienz als Gesandter der Republik Polen ge habt und dann, nach Soltikow, in besonderer Gunst bei ihr ge standen. Friedrich zeichnete ihn schon im März 1764 durch den Schwarzen - Adlerorden aus; auch stellte er an der polnischen Gränze ein Heer auf und verheelte die Bestimmung desselben nicht. Rus sische Waffen waren seit dem Kriege in Polen hin und her gezogen

1) Wenck . a. D. p. 486; bet de Martens a. a. D. p. 94. 2) Oeuvres posth. T. 5. p. 20.

3) Geb. den 17. Januar 1732; sein Vater war 1762 als Kastellan von Krakan gestorben und ein genauer Freund des unglücklichen Königs Stanislaus Lesczinski gewesen, welcher 1766 in Nancy starb; seine Mutter war die Prinzess Constanze Czartoryska.

4) Flassan sagt, in der Histoire de la Diplomatie française. Paris 1809. T. 5. p. 426, nachdem er von den vergeblichen Bestrebungen des französi schen Gesandten M. de Paulmy in Polen gegen den russischen Thronkandidaten gesprochen:,, Cet évènement détruisit presqu'entièrement l'influence de la Cour de Versailles en Pologne. La France fut, en général, peu favorisée dans sa prétention de donner des rois à cette république; et si on excepte l'élection du Duc d'Anjou, en 1573, le cabinet français échoua en 1674, lors de l'élection de Sobieski, qu'elle n'appuya qu'après avoir manqué le dessein de faire élire le Prince de Condé ou le Duc d'Enguien. En 1697, le Prince de Conti, concurrent d'Auguste III., fut rejeté; et en 1733, l'ancien Roi Stanislas Lesczinski fut encore repoussé par la prépondérance des cours de Pétersbourg et de Vienne,"

und auch nach dem Frieden für den Fall der Noth zurückgeblieben. Xan rückten 10,000 Mann auf Warschau los, wo sich im Mai in Reichstag versammelte, diesmal als Konföderazion, damit das Liberam veto der vielen Widersacher fruchtlos bleibe. So hatten es Poniatowski's Oheime, der Palatin August und der Kanzler Michael Czartoryski eingeleitet. Für die preußische Geschichte nicht unbedeutend ist es, daß die Republik Polen auf dieser Reichsver sammlung, an welche der Berliner Hof den Fürsten von Carolath als Ehrenbotschafter abgesendet, endlich den so lange versagten preufischen Königstitel anerkannte '), womit nun bloß der Pabst und der deutsche Orden zurückblieben 2).

Jm August 1764 versammelte sich eine zweite polnische Konföde. razion und den 7. September wurde der neue König, unter den russischen Waffen, gewählt, und unter demselben Schuße den 25. November gekrönt. Die Gesandten beider Antheil nehmenden Nach. barstaten waren der wichtigen Begebenheit ungemein förderlich gezesen). Friedrich widmete dem neuen Monarchen folgende freund

1) Den 27. Mai 1764. Articulus ex Constitutionibus a Confoederatis Statibus Reipublicae Polonicae in Comitiis Convocationis 1764 Anni latis, super agnitione Tituli Regis Borussiae in de Hertzberg Recueil des Déductions etc. 2. Edition. Berlin 1790. Vol. 1. p. 317; Wend hat im Codex T. 3. p. 498 neben der lateinischen übersehung auch das volnische Original. Eben so erkannte Polen damals erst den russischen Kaisertitel an.

2) Friedrich der Große stand noch 1786 als Marchese di Brandenburg im Römischen Statskalender. Der Kardinal Pacca, apostolischer Nunjius in den Rheinlanden, residirend in Köln, vermittelte auf den Wunsch des damaligen preußischen Ministers im westphälisch - rheinischen Kreise, v. Dohm, daß P. Pius 6. dem Könige von Preußen, den 5. April 1788, den Königstitel zugestand; s. oben Bd. 2. S. 195. Unm. 1; de Hertzberg Recueil. 1789. T. 2. p. 473; Denkwürdigkeiten Sr. Eminenz des Kardin. Bartholom. Pacca über seinen Aufenthalt in Deutschland in den Jahren 1786 1794 in der Eigenschaft eines apostolischen Nunzius in den Rheinlanden. Von ihm selbst ge= schrieben. Aus dem Ital. nach dem so eben in Rom erschienenen Original. Augsburg 1832. gr. 8. 21 Gr. Der deutsche Orden ist mit Anerkennung der Krone Preußen immer noch zurück.

[ocr errors]

3) Über den großen Einfluss der russischen Gesandten Hermann Karl Gra

und das ist nicht Verwandtschaft ist;

mehr als billig.

schaftliche Zuschrift: Ew. Majestät müssen bedenken, daß, da Sie Ihre Krone durch Wahl und nicht durch Geburt erhalten haben, die Welt aufmerksamer auf Ihre Handlungen sein wird, als auf die Handlungen irgend eines andern Potentaten in Europa: mehr als billig. Da lezteres bloß eine so erwartet man von einem solchen nicht mehr (wie wohl viel mehr zu wünschen wäre!) als das, womit die Menschen gewöhnlich begabt sind. Aber von dem, welcher von Seinesgleichen von einem Unterthan zum König erhoben worden, von dem, welcher freiwillig gewählt worden über die zu regiren, die ihn wählten, erwartet man Alles, was nur irgend eine Krone verdienen und zieren kann. Dankbarkeit gegen sein Volk ist die erste Tugend eines solchen Monarchen, denn ihm allein, nächst der Vorsehung, hat er es zu danken, daß er Monarch ist. Ein König durch Geburt, der seines Standes unwürdig handelt, ist bloß eine Satire auf sich selbst: aber ein gewälter König, der seiner Würde nicht gemäß handelt, beschimpft auch seine Unterthanen. Ew. Majestät werden gewiff diese Wärme verzeihen: sie ist eine Wirkung der aufrichtigsten Achtung. Der liebenswürdigste Theil des Gemäldes ist nicht so sehr eine Lehre, was Sie sein sollen, als eine Prophezeihung, was Sie sein werden. ').

Der neue Polenkönig hatte, bei seinem besten Willen, und den vielen trefflichen Eigenschaften, eine sehr schwere Stellung. Der hohe Adel seines Landes liebte ihn nicht; das Gefühl der Freiheit wuchs in Polen um die Wette mit dem immer gefährlicheren Übergewichte der großen Nachbarinn, welche ihrer Seits auch mit dem Fürsten ihrer Wahl bald unzufrieden war, als die einflussreichen

fen Keyserling und Nikolaus Fürft v. Repnin 1), sowie des preußischen Ministerresidenten Benoit 2) in Warschau Einfluss auf die Wahl des Königs Stanislaus Augustus von Polen s. Mosers Europäisches Vdl, kerrecht Thl. 1. S. 213. ff.

1) Annual Register.

1) Fürst v. Revnin war bisher Russischer Gesandter in Berlin gewesen und langte von hier, im Dezember 1763 in Warschau, als zweiter Russischer Ges fandter an, den Grafen Keyserling zu unterstüßen.

2) Ihn zu unterstüßen traf den 8. Mai Fürst v. Carolath-Schönaich, als Königl. Pr. Botschafter in Warschau ein.

Fürsten Czartoryski in ihrem Vaterlande die alten Missbräuche abstellten, neue Auflagen erhoben, das Heer vermehrten: Polen mit Einem Worte auf den Weg führten, auf welchem die versäumte Gesammtbildung nachgeholt werden konnte. Eine solche Erhebung aus der Ohnmacht schien der herrschenden fremden Macht, auch dem Könige von Preußen ') unerlaubt. Die Kaiserinn Katharine begehrte bald eine, ihr sehr vortheilhafte Gränzberichtigung mit Polen, forderte von dem Könige und von der Republik einen Bund zu Truf und Schuß und suchte für die Dissidenten alle Rechte der Katholiken, selbst den Eintritt in den Senat. Das Lettere war das Schwierigste 2), und der Keim zu allem folgenden Unheil. Das Bolk rüßtet sich zur Gegenwehr und sucht in der Fremde um Hülfe an. Mokranowski, der Palatin von Masowien kommt nochmals nach Berlin, den Prinzen Heinrich dringender, als zuvor, zum Kö. nige für die bedrohete Nazion zu erflehen 3). Bergebens. Friedrich muss als König seines Volks nach ardern Gründen handeln. Auch die erschlaffte Pforte bietet wenig Aussicht. Der preußische Gesandte v. Rerin in Konstantinopel, war dem russischen Hofe nicht genehm; Friedrich rief ihn ab *) und schickte im Dezember 1765 den Major von Zegelin an dessen Stelle, einen sehr gewandten Diplomaten, welcher schon als Vizekommandant von Berlin seit dem Einfall der Russen und Österreicher sich zu bewähren Gelegenheit gefunden. Er soll aufs Baldigste die Anerkennung des Königs Stanislaus von Polen bewirken, um so mehr, da dem Sultan vorher kein Prinz vom Hause Österreich, sondern eben ein Piaft für die Krone Polen genehm geschienen; sein übriges Bemühen war auf friedliche Gesinnungen der Türken gegen Russland bei der Dissidentensache gestellt, welcher sich auch England sammt Dänemark und Schweden angenommen.

1) S. Beilage 1.

2)„, L'Impératrice de Russie demanda qu'on accordât aux dissidens le libre exercice de leur religion, et qu'ils pussent posséder des charges tout comme leurs compatriotes. Cette proposition fut la semence de tous les troubles et des guerres qui s'ensuivirent." Oeuvres posth. T. 5. p. 25.

3) (de la Roche-Aymon) Vie du Prince Henri de Prusse p. 165. 4) v. Regin kam Ende September 1766 nach Berlin zurück.

« ZurückWeiter »